Jahre in Minuten
„Ich sehe ihn!" Anderson wird mit einem Mal sehr schnell und läuft vorn weg, bevor er am Ufer stehen bleibt. „Alucard!" Chiron runzelt die Stirn und sieht zu Pip, doch der zuckt nur mit den Schultern. „Wie gesagt, ich hab kaum eine Ahnung was hier abgeht. Gefühlt bin ich auch nur Deko, ich hätte bei meiner Freundin bleiben sollen." Seufzend sieht er nach vorn und verzieht das Gesicht. „Die arme wartet ganz allein... Und sie weiß nicht ob es uns gut geht." Der Zentaur legt den Kopf leicht schief, er macht sich Sorgen um andere. Ein Mensch? Er kennt sie eigentlich nur als Wesen die sich nur selbst am nächsten stehen! Vor allem wenn sie in der Hölle sind. „Vor allem wenn ich bedenke dass das ihr Meister ist der hier rumschwimmt!", fährt Pip fort und sieht zu Alucard, der aber wie in Trance zu sein scheint. Er bekommt das Rufen von Anderson gar nicht mit und versucht scheinbar den Schmerz, im Gegensatz zu fast allen andere, lautlos über sich ergehen zu lassen. „Er hat ihr das Leben gerettet, er hat uns allen irgendwie das Leben gerettet, oder zumindest Teile davon! Er ist uns allen verdammt wichtig und vor allem ihr. Und mir zerreißt es echt das Herz zu wissen dass sie weint und ich kann ihr nicht helfen." Der Söldner reibt sich über das Kinn und schüttelt den Kopf. Er fühlt sich dann doch ein wenig schuldig, denn man hat ihn ja eigentlich nicht gebraucht und er hätte bei ihr bleiben können.
„Du machst dir wirklich Sorgen um deine... Freundin. Ist das so etwas wie eine Gefährtin? Entschuldige mein Unwissen, ich komme hier nur selten raus und als Zentaur kommt man in der Menschenwelt nicht weit. Es gibt nur bestimmte Dinge die uns durch das Internet bekannt sind." Pip sieht überrascht zu ihm hoch, Chiron wirkt gar nicht mehr so hochnäsig wie vorher! „Uhm... ich denke schon. Aber bei uns gibt es halt verschiedene... Stufen? Also zuerst hast du die Freundin, die kannst du an sich wechseln ohne Probleme. Dann hast du eine Verlobte und dann die Frau, die man wirklich als Gefährtin sehen könnte. Also... als Äquivalent. Es gibt kein einfaches wechseln mehr, du hast wirklich nur diese eine Person." Chiron schnaubt kurz und schüttelt leicht den Kopf. „Ihr Menschen habt wirklich komplizierte Dinge, weißt du das? Ich meine- Bei uns ist es so, entweder du bist frei, oder du hast eine Gefährtin. Da gibt es nichts dazwischen. Und wenn du erwischt wirst wie du mit einem anderen das Band der Gefährten ausübst-" „Sag einfach betrügen, okay? Das andere ist echt hoch.", brummt Pip, wobei der Zentaur amüsiert schmunzelt. Menschen. „Wenn du jemanden betrügst während du eine Gefährtin hast, dann ist dass das offizielle Todesurteil. Natürlich braucht es Beweise und Zeugen, aber wenn jemand schuldig ist, dann wird der oder die auch umgebracht. Es gibt keine Entschuldigung um seinen Gefährten zu betrügen. Ihr habt euch bei vollster geistiger Gesundheit dafür entschieden dieses Band zu haben und genau deswegen sollte man sich das genauestens überlegen." Ein wenig harsch, diese Regeln, aber irgendwie kann Pip das vollkommen nachvollziehen. „Ich wünschte das wäre bei uns so einfach, aber jemanden deswegen umbringen ist bei uns in der Gesellschaft leider nicht wirklich anerkannt." Chiron nickt. „Eine Schande."
Währenddessen geht Alexander verzweifelt in die Hocke, er kann ihn nicht hören. Nicht ein einziges Wort von ihm. Er ist auch zu weit entfernt als dass er ihn mit der Hand erreichen könnte. Warum wacht er nicht einfach auf und sieht oder hört ihn? Die schwarzen, langen Haare und der- Bart? Moment, ist das überhaupt Alucard? Aber er hat die Züge von ihm. Aber blaue Augen? Nein, da kann etwas nicht stimmen. Dennoch zieht es ihm zu dem Mann hin der nur mit der Oberlippe oberhalb des Flusses ist. Wo bleibt Ely nur? Sie sind doch schon so lange unterwegs! „Das ist Vlad, wenn ich es richtig ablese." Anderson dreht den Kopf zu Chiron, der auf ein Tablet hinunterblickt und dort etwas herumzuschieben scheint. Erst dann sieht er wieder nach vorn. Das ist also wirklich Alucard. Dieser anders aussehende Mann- Moment... natürlich! Er hat ihn doch auch so bei dem Angriff von Millenium gesehen! Das ist nur seine eigentliche Form, nicht die mit der er sonst herumläuft! Erleichterung durchflutet den Paladin, sie haben ihn wirklich gefunden. Novaria betrachtet den Pater, man kann jede einzelne Emotion an seinem Gesicht ablesen und im Augenblick ist er nur erleichtert dass man ihn gefunden hat. Wie lange ihr Gefährte und die anderen beiden wohl noch brauchen? Und ob sie überhaupt die Erlaubnis bekommen haben? Sie hat noch nie von einem Fall gehört in welchem eine Seele zurückgefordert wurde, aber Dinge passieren. Viele Dinge passieren. Warum also nicht auch so etwas?
Mit einem Grinsen sieht Elysia wie Pater Anderson unruhig am Ufer auf und ab geht. Es hat ein wenige gedauert sie zu finden, aber die restlichen Zentauren waren relativ nett und haben ihnen den Weg gezeigt. Zuerst hat Elysia sie zurückgeportet um Zeit zu sparen und dann haben sie sich mehr oder minder auf die Kollegen von Chiron verlassen müssen. Aber es sind gute Männer und Frauen, denn sie haben ihnen auch schnellere Wege gegeben als den offiziellen am Fluss entlang. Baskerville landet und die Werkatze springt von ihm runter, läuft zu ihnen hin und wird von Alexander schon fast nach oben gerissen als er sie hochhebt. „Hast du es? Hast du es geschafft? Die Erlaubnis- Wo ist sie!" Mit einem zufriedenen Grinsen schiebt sie ihre Hand in das Jacket rein und zieht einen Zettel hervor. „Wir mussten noch kurz warten bis die Tinte trocken ist." Denn entgegen aller modernen Dinge hier, so etwas musste er mit Feder und Tinte unterschreiben. Klassisch. Die grünen Augen leuchten auf und er drückt sie an sich, stellt sie dann auf den Boden und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. „Du bist der Wahnsinn!"
Er reißt ihr den Zettel aus der Hand und hält ihn Chiron hin. „Und? Kriegen wir ihn jetzt?!" Der Zentaur nimmt den Zettel entgegen und liest ihn sich durch, ehe er schmunzelnd zu Elysia sieht. „Du hast es wirklich-" „Nicht quatschen, wir brauchen seine Seele bevor sein Körper weg ist!", unterbricht Alexander harsch und bekommt dafür einen leicht gereizten Blick des Zentauren ab. Erst dann gibt er einen lauten Pfiff ab der Elysia die Hände auf die Ohren legen lässt, das tat dann doch ein wenig weh. Chiron sieht in eine Richtung und wenig später galoppieren zwei weitere Zentauren auf sie zu, beide weiblich. „Holt diese eine Seele raus, jetzt." Die beiden Frauen neigen nur leicht ihre Köpfe, ehe sie beide gleichzeitig in den Fluss steigen. Ihnen tut der quälende Inhalt nichts, dass ist das gute daran. Elysia sieht zu Baskerville, der sich aber zu Novaria gestellt hat, die ihm sanft über den Kopf leckt. Gut, dann eben nicht. Also sieht sie zu Pip, der grinst wenigstens breit. „Seras wird austicken vor Freude!" Sie lächelt ihn an und blickt nur kurz zum Pater, dem das alles nicht schnell genug gehen kann. Auch Pip feuert die beiden Frauen an und stellt sich neben den Paladin. Ah ja, sie freut sich wenn sie wieder zurück ist. Dann kann sie wenigstens wieder in ihrem Zimmer verkriechen oder sich vielleicht um Hans kümmern.
„Ich wollte meine Glückwünsche aussprechen." Chiron stellt sich neben sie und sieht auf sie runter, runzelt dann aber die Stirn. „Auch wenn der Anzug dir durchaus noch mehr Klasse verleiht als du sonst schon hast, du hattest doch vorher noch andere Klamotten an, oder täusche ich mich?" Elysia sieht an sich runter und dann zu ihm hoch. „Joa, eigentlich schon. Aber Lucifer wollte mich nicht nackt rumlaufen lassen nachdem er mich zweigeteilt hat. Und Lilith hat den an mich angepasst. Meinst du das geht so? Ich weiß nicht... ich fühl mich ein wenig... falsch angezogen." Der Zentaur schüttelt leicht den Kopf. „Es sieht gut an dir aus, Elysia. Vielleicht bist du für die Hölle wirklich ein wenig overdressed, aber nicht für das Date auf dass ich dich einladen würde. Wenn du gewillt bist einer Kreatur aus der Hölle die Chance zu geben." Ein Date. Sie und er. Freiwillig? „Das- Uhm... Ein Date? Wir beide?" Chiron schmunzelt und nickt. „Wenn du möchtest, ich zwinge dich sicherlich zu nichts." Elysia schluckt und sieht kurz zum Paladin, der es kaum erwarten kann bis sie ihn endlich rausgeholt haben. „Muss- Muss ich im Anzug auftauchen?" Lachend schüttelt er den Kopf. „Nein, musst du nicht. Meinetwegen kannst du auch ohne Klamotten auftauchen, immerhin bin ich für menschliche Verhältnisse ebenfalls nackt." Die Werkatze sieht an ihm runter und wieder hoch und presst die Lippen aufeinander, ehe sie seufzt. „Nur ein Ding, Chiron." Wie sagt sie das am besten? „Du erinnerst dich an Schrödinger, den kleinen Kater der immer bei mir ist?" Der Zentaur winkt ab. „Wenn er dein Sohn sein sollte, dann habe ich kein Problem damit." Schrödinger ihr- „Nein! Nein, darum geht es nicht." Sie lacht kurz unsicher und legt sich eine Hand auf den Nacken. „Er... ist an mich gebunden. Selbst hier in der Hölle. Lange Geschichte, aber er ist immer mit dabei."
Suchend sieht Chiron sich um und runzelt die Stirn. „Und warum sehe ich ihn nirgends?" In dem Moment kommt Schrödinger aus ihrem Körper raus und sieht zu ihm hoch. „Ich bin mir nicht sicher ob du damit klarkommst.", gibt er nur von sich und verschränkt die Arme. Chiron geht mit den Vorderbeinen wieder in die Knie und legt ihm eine Hand auf den Kopf. „Ich lebe in der Hölle, ich habe schon komischere Dinge gesehen, Kleiner." Mit diesen Worten sieht er zu Elysia und zieht die Augenbrauen hoch. „Ich habe noch keine Antwort, Elysia." Die kann sich das Grinsen nicht verkneifen und nickt leicht. „Gern." Mit einem zufriedenen Lächeln steht er wieder auf und holt sein Tablet erneut hervor. „Gibst du mir deine Nummer? Ich habe mein Handy Zuhause gelassen, ich kann es schlecht einstecken."
„Aber das Tablet?"
„Es hat Candycrush!"
„Touché."
„Außerdem ist es ein Arbeitswerkzeug, ich muss es also bei mir tragen sobald ich aus der Basis bin."
Elysia lehnt sich auf die Seite und sieht von der Umhängetasche zu ihm hoch. „Sexy Bauchtasche." Zwar mault er ihr nach, schmunzelt aber und beide sehen nach vorn als sie hören wie Pip ruft dass sie ihn gleich draußen haben. Die Zentauren ziehen den immer noch benommenen Alucard aus dem Fluss und lassen ihn am Ufer liegen, wobei Anderson sofort seinen Mantel auszieht um ihn über den nackten Körper zu legen. „NICHT! Das ist-" Chiron presst die Lippen aufeinander als der Pater es trotzdem macht und sie kommen ebenfalls zu ihnen, wobei der Mantel Alexanders zu brennen anfängt als er den Körper bedeckt. „-heiß und wird es verbrennen...", beendet Chiron seufzend den Satz und sieht auf die Seele hinunter, ehe er sich danebenlegt. „Was machst du da?!" Anderson traut dem hochnäsigen Kerl nicht, doch dieser erwidert seinen Blick emotionslos.
„Noch ist er in Trance und durchlebt seine schlimmsten Erinnerungen immer und immer wieder, meinst du dass das hier nur körperliche Folter ist? Blondchen, wir sind hier im siebten Kreis der Hölle. Und wenn du mich machen lässt, dann bekommst du ihn auch einigermaßen normal wieder zurück! Könnte halt ein paar Schäden wegen der Folter haben, aber ich glaube die hatte der auch schon vorher." „Chiron!" Elysia schlägt ihm leicht gegen den Oberarm, wobei er sie entschuldigend lächelnd ansieht. „Tut mir leid." Erst dann widmet er sich wieder der Seele und scannt mit seinem Tablet einen Code am Hals von Alucard, dessen Blick immer noch ins Leere geht. Zumindest sieht er ein wenig entspannter aus als in dem Fluss. Der Zentaur tippt ein bisschen herum, schiebt von links nach rechts und von unten nach oben, bis er ein letztes Mal drauftippt und die grünen Augen sich weiten als Anderson sehen kann wie der Code am Hals von Alucard verschwindet. Keuchend reißt dieser urplötzlich den Oberkörper nach oben, die blauen Augen weit aufgerissen. „Alucard!" Erschrocken und panisch dreht er den Kopf nach links und starrt den Paladin an. Dann aber schüttelt er den Kopf. „Nein... Nein! Nicht schon wieder!" Verängstigt rutscht er von dem Pater weg, der nicht weiß wie er darauf reagieren soll. „Keine Folter mehr! Bitte!" Tränen sind in den blauen Augen zu erkennen und erst nach ein paar Sekunden macht es Klick bei Alexander. Alucard ist noch der Meinung in der Folter zu sein. Er kann Realität von Folter nicht mehr unterscheiden.
„Alucard- Beruhige dich. Wir sind wirklich hier und kommen um dich zu holen. Zurück auf die Erde, raus aus der Hölle!" Anderson steht auf und geht ihm nach, doch Alucard rutscht trotzdem immer noch weg von ihm. „Das haben sie das letzte Mal auch gesagt- Und ich habe ihnen geglaubt!" Es bricht Anderson das Herz und irgendwann kommt Alucard nicht mehr weiter, da er mit dem Rücken gegen einen Felsen stößt. Panisch sieht er sich um und will aufstehen, schafft es aber noch nicht. „Alucard, ich verspreche es dir... wir sind es wirklich! Elysia ist auch hier und auch Pip! Schau!" Er deutet auf die anderen zwei, die sich da sicherlich nicht einmischen werden. Der Schwarzhaarige keucht noch ein wenig und sieht immer wieder zwischen den dreien hin und her. Ist es echt? Oder spielt man ihm wieder einen Streich? Schlussendlich geht Alexander noch einmal auf ihn zu, kniet sich vor ihn hin und nimmt ihn in den Arm. „Es ist alles gut, Alucard. Ich bin da." In den blauen Augen erscheint nur langsam die Realisation. Weitere Tränen steigen auf und laufen ihm schlussendlich die Wangen hinunter, bis er das Gesicht an der Halsbeuge des Paladin vergräbt und die Finger in das Shirt krallt. Und er weint. Die Erleichterung, dass all die Folter die für ihn schon jahrelang ging und nun vorbei ist, ist einfach nur überwältigend. Alexander drückt den Urvampir an sich und nickt leicht, streicht ihm über die nackte Haut am Rücken und hält seinen Hinterkopf fest. „Ich bin da, es ist alles wieder gut."
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