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Joana wirkte angespannt, als sie gemeinsam mit Alexandra das Parlamentsgebäude verließ. Nach den heftigen Reaktionen von Presse und Interessengruppen auf die Ergebnisse der Ausschusssitzung hatten sich die beteiligten Politiker offensichtlich gezwungen gesehen, eine gemeinsame Pressekonferenz zu geben, um offene Fragen zu klären. Sehr zu Alexandras Freude hatte Stefan sie gebeten, Joana dabei zu begleiten. Offenbar war ihm aufgegangen, dass ihre Arbeitskraft auf einem Flohmarkt verschwendet war. Sicher, sie hatte die Reportage darüber in Rekordzeit geschrieben und alle Qualitätsansprüche erfüllt, doch man musste ihr angesehen haben, wie wenig Spaß sie daran gehabt hatte.

Der Termin jetzt war viel eher ihrem Interessengebiet entsprechend. Sie hatte sich weitestgehend zurückgehalten, da Joana alle Fragen gestellt hatte, doch sie war mehr als zufrieden mit dem Ergebnis. Joanas Fragen waren höflich, aber kritisch, und sie konnte erstaunlich stur sein, wenn statt einer klaren Ansage nur Politiker-Sprech zu hören war. Trotzdem wirkte Joana selbst nicht erfreut.

„Alles okay?", fragte Alex vorsichtig, als sie bei ihrem Auto angekommen waren.

Seufzend stellte Joana ihren halbleeren Kaffeebecher auf dem Autodach ab: „Ich mach es schon wieder, was?"

„Äh, ich weiß nicht? Du siehst ziemlich grimmig aus."

Sie lächelte entschuldigend: „Ich bin gar nicht so grimmig. Ich denke nur nach. Kathi hat mir schon öfter gesagt, dass mein Gesicht beim Nachdenken ziemlich angsteinflößend sein kann."

Alex grinste schräg: „Du denkst nach? Ich hatte eher den Eindruck, die Welt ginge gerade unter. Worüber denkst du denn nach?"

Eigentlich hätten sie sich auf den Weg zurück in die Redaktion machen sollen, doch die Sonne schien und der Frühling zeigte, dass er nicht mehr weit entfernt war, und es war das erste Mal, dass Alex alleine außerhalb der Redaktion mit Joana plaudern konnte. Wenn sich hier die Chance auftat, mehr über die schüchterne Frau zu erfahren, konnte ihr der straffe Zeitplan der Redaktion gestohlen bleiben.

„Über die Pressekonferenz", erklärte Joana. Auch sie wirkte nicht so, als hätte sie es besonders eilig: „Ist so eine Angewohnheit von mir. Direkt nach solchen Terminen gehe ich im Kopf immer alles durch, was ich gehört habe, und versuche, die besten Zitate schon rauszupflücken."

Lachend lehnte Alexandra sich an das Auto: „Und ich dachte schon, du denkst über sonst was nach. Nein, natürlich, unsere fleißige Joana ist immer bei der Sache."

Errötend lehnte Joana sich neben ihr an: „Worüber hätte ich denn sonst nachdenken sollen?"

„Oh, ich weiß nicht", meinte Alex und, da sie sich den Kommentar doch nicht verkneifen konnte, murmelte dann leise: „Vielleicht über Philipp?"

Augenblicklich verwandelte sich das Gesicht ihrer Kollegin in eine Tomate. Verärgert zog sie die Augenbrauen zusammen: „Jetzt fängst du auch noch damit an. Was ihr nur alle habt."

Gutmütig legte Alex ihr einen Arm um die Schultern: „Ist doch gut, ich will dich nur necken. Es ist halt schon auffällig, wie interessiert ihr beide an einander seid."

Joanas Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als sie gestand: „Ich finde Philipp ja schon toll. Aber ich weiß doch gar nicht ... vielleicht ist er ... er ist ja irgendwie der Chef, oder?"

Alexandra seufzte. Natürlich, das war richtig. Sie bezweifelte, dass heutzutage noch wirklich jemand etwas gegen Beziehungen zwischen Kollegen hatte oder gegen Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Angestellten. Trotzdem musste man vorsichtig sein. Stefan selbst hatte ja schon recht früh angedeutet, dass Philipp wohl irgendwelche Vorbehalte hatte, warum er keinen Schritt auf Joana zuging. Und sie dachte offenbar ähnlich. So einfühlsam wie möglich erwiderte sie: „Das verstehe ich. Wirklich. Es ist zwar nicht illegal, eine solche Beziehung einzugehen, aber manche sprechen dann vielleicht deinen zukünftigen Erfolgen ihre Legitimität ab."

Das entlockte Joana tatsächlich ein Kichern: „Oh je, das erinnert mich an mein Studium. Legal und legitim, was sind die Unterschiede? Aber ja, genau das trifft den Kern. Nur, weil wir es dürfen, heißt es nicht, dass wir es auch tun sollten."

Vorsichtig hakte Alexandra nach: „Weißt du eigentlich, wie Philipp darüber denkt?"

Sofort war die Röte auf Joanas Wangen zurück: „Um Gottes Willen, nein. Ich habe nie auch nur im Ansatz mit ihm darüber gesprochen. Wenn es nach mir geht, wird er nie erfahren, dass ... naja, dass ich Interesse hätte."

„Und wenn er Interesse hat?"

Joanas Hände legten sich fest auf ihre Wangen. Alexandra erkannte die Geste nur zu gut. So reagierte sie auch immer, wenn man ihr etwas sagte, was sie nicht hören wollte, weil die Implikationen nur Chaos für die Zukunft bedeuteten. Es war interessant, dieselbe Reaktion bei Joana zu sehen. Als wollte sie sich die Ohren zu halten, um sich selbst vor einer unwillkommenen Wahrheit zu schützen.

„Das würde alles noch komplizierter machen", flüsterte Joana: „Ich meine ... ich bin absolut in der Lage, meine Gefühle zu kontrollieren und professionell zu bleiben. Aber ob er das könnte? Und ob ich es auch dann noch könnte, wenn ich wüsste, dass er meine Gefühle erwidert?"

„Also willst du es lieber nicht rausfinden?"

Unglücklich blicket Joana sie an: „Ich weiß es nicht! Wirklich, ich weiß es einfach nicht. Der Gedanke, dass er mich vielleicht auch mag, bringt mein Herz beinahe zum Bersten vor Freude. Aber wenn ich mir vorstelle, wie eine Beziehung aussehen könnte, wie das Leben in der Redaktion wäre. Was die anderen sagen würden, seine Chefs ... dann habe ich einfach nur Angst und glaube, es wäre besser, wenn wir beide für uns bleiben."

Das war ein wahres Wespennest, in das Alexandra da gestochen hatte. Sie fragte sich plötzlich, ob Chantal und Kathi und Sabine auch wussten, wie es um ihre Freundin stand. Ob ihnen klar war, wie unsicher und verwirrt Joana war, wie verschüchtert und verzweifelt? Eigentlich konnte sie sich das nicht vorstellen, denn es schien ja insbesondere Sabine und Katharina einen großen Spaß zu bereiten, Joana mit ihren Gefühlen für Philipp aufzuziehen.

„Ich weiß, ich bin kompliziert", sagte Joana plötzlich: „Sabine sagt mir das auch dauernd. Sie meint, ich soll einfach meinen Mut zusammen nehmen und Philipp sagen, was ich fühle."

Unwillig schüttelte Alex den Kopf: „So einfach ist das aber nicht. Wenn es im Leben genügt, dass man sich liebt, hätten wir alle deutlich weniger Probleme. Aber zu einer echten Beziehung gehört viel mehr. Ich verstehe total, dass du Bedenken hast. Mit einem Chef und Kollegen am selben Arbeitsplatz eine Beziehung zu führen, ist eben nicht leicht."

„Ich denke nur immer", erklärte die blonde Frau langsam: „Kathi kriegt das ja auch hin. Sie flirtet ganz unbeschwert mit Stefan und er mit ihr und es sieht so leicht aus. Und trotzdem liefern beide gute Arbeit. Da frage ich mich immer, ob ich nicht einfach alles komplizierter mache als nötig."

Angespannt biss Alexandra sich auf die Lippe. Das war gefährliches Territorium. Erstens konnte sie nicht riskieren, schlecht über Kathi zu sprechen, und zweitens wollte sie nicht zugeben, dass sie von Stefan gehört hatte, dass er es gar nicht ernst mit ihr meinte. Gleichzeitig wollte sie aber auch nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen und aus dem harmlosen Flirt mehr machen, als da wirklich war. Vorsichtig erwiderte sie: „Aber Katharina und Herr Winkler sind ja auch ganz andere Menschen. Er ist viel lockerer als Philipp, meines Erachtens auch zu locker. Und Katharina war schon immer ... offen. Sie folgt ihrem Herzen und kümmert sich wenig um die Meinungen anderer. Das kann eben nicht jeder."

Seufzend drehte Joana sich um und schloss das Auto auf. Während sie einstieg, sagte sie schwermütig: „Manchmal wünsche ich mir, ich wäre wie Kathi. Dann wäre alles so viel leichter."

„Oh nein", entfuhr es Alex unwillkürlich: „Sag das nicht. Du bist genau richtig, wie du bist."

„Danke", lächelte Joana: „Aber wirklich. Kathi ist so offen und selbstbewusst und hilfsbereit. Sie ist immer gut gelaunt und kann gut mit Menschen umgehen. Das ist so bewundernswert."

Für einen kurzen Moment widmete Alex all ihre Aufmerksamkeit dem Anschnallen, um nicht sofort auf dieses ungerechtfertigte Lob reagieren zu müssen. Dann, nachdem Joana den Motor gestartet und auf die Straße gefahren war, erklärte sie: „Du weißt aber auch nicht, wie viel Energie dahinter steckt. Unterschätze nicht, wie viel Katharina investiert, um diese Fassade aufrecht zu erhalten. Das ist sicher auch nicht leicht."

„Da hast du wohl auch wieder recht."

Schweigen breitete sich aus. Erneut fragte Alexandra sich, ob sie besser nicht das Gespräch auf Philipp gelenkt hätte. Aber sie war einfach zu neugierig. Und vor allem hatte sie Mitleid mit Joana, die ständig nur von Menschen umgehen war, die sie auf Teufel komm raus verkuppeln wollten.

Als sie schon fast wieder in der Redaktion waren, verkündete Alex schließlich: „Weißt du was? Ich werde von jetzt an nie wieder über Philipp reden. Du bist jederzeit eingeladen, das Gespräch auf ihn zu bringen, aber ich lasse dich damit in Ruhe. Ist das ein Deal?"

Dafür schenkte Joana ihr ein bezauberndes Lächeln: „Oh, du bist einfach großartig, Alex. Ich wünschte, Sabine würde das auch so machen. Aber sie ist so entschlossen, mich glücklich zu machen ..."

Alexandra nickte. Sabine war, soweit sie das sehen konnte, wirklich eine gute Freundin für Joana, aber sie verstand nicht, dass Liebe manchmal kompliziert sein konnte. Sie schwieg, während ihre Kollegin den Wagen in der Tiefgarage einparkte. Vielleicht würde sich irgendwann für sie die Gelegenheit ergeben, Philipp vorsichtig auf den Zahn zu fühlen, was er wirklich dachte. Bisher hatte sie von seiner Zuneigung zu Joana nur durch Stefan und Matthias erfahren, abgesehen von eigenen Beobachtungen, die die Eindrücke bestätigten. Aber von außen sah Vieles oftmals ganz anders aus, als es wirklich war.

„Wie wollen wir das mit dem Artikel machen?", fragte Joana, während sie im Fahrstuhl in den zehnten Stock fuhren.

„Mit Stefan habe ich es so gemacht, dass ich Zitate ins Reine geschrieben habe, die er verwenden kann, und er hat den Artikel geschrieben. Das können wir gerne wieder so machen", schlug Alex vor.

„Die übliche Vorgehensweise also", nickte Joana: „Gut. Aber bitte schau nachher noch über den Text, ob du so damit einverstanden bist. Und vergiss nicht, du musst ihn dann für online auch nochmal umarbeiten."

„Darin habe ich inzwischen Übung", meinte Alex grinsend: „Ich mache ja tatsächlich rund um die Uhr nichts anderes, als Texte umzuschreiben. Wenn ich zwischendurch mal selbst was verfassen darf, mach ich mir drei Kreuze im Kalender!"

Besorgt runzelte Joana die Stirn: „Aber es macht dir doch trotzdem Spaß hier, oder? Ich habe letztens gehört, dass man im Online-Team mit deiner Arbeit sehr zufrieden ist, aber wenn du das nicht magst, wäre das natürlich schade."

Rasch wiegelte Alex ab: „Nein, so meine ich das nun auch wieder nicht. Ich wusste ja, worauf ich mich im Online-Team einlasse. Das Schreiben ist ja kein Problem. Aber man will ja auch mal raus aus dem Büro, weißt du?"

Sie waren vor der Glasfront, die ihr Großraumbüro vom Flur trennte, angekommen und blieben wie auf ein Stichwort gemeinsam stehen. Nachdenklich legte Joana den Kopf schräg: „Ich glaube, ich verstehe, was du meinst. Es kann manchmal laut hier werden, wenn alle gleichzeitig schreiben oder irgendjemand gerade telefoniert. Aber ich kann das ganz gut ausblenden. Ich mag die Atmosphäre."

Alexandra setzte gerade zu einer Erwiderung an, da trat Stefan aus seinem Büro und erblickte sie beide. Er winkte ihnen zu, dass sie mit ihm mitkommen sollten, und so klappte Alex den Mund wieder zu und eilte hinter Joana her. Zu dritt betraten sie den kleinen Konferenzraum, der gegenüber auf dem Gang lag.

„So, da seid ihr wieder", eröffnete er das Gespräch, nachdem er die Tür hinter ihnen geschlossen hatte.

Alex warf Joana einen verwunderten Blick zu, doch diese wirkte genauso irritiert wie sie selbst. Es war bisher noch nie vorgekommen, dass sie zu einem Gespräch hinter verschlossener Tür geladen worden war. Gespannt, was es damit auf sich hatte, legte Alex ihre Sachen ab und nahm neben Joana am Tisch Platz.

„Philipp ist leider verhindert, sonst wäre er auch hier", sagte Stefan, nachdem er sich ebenfalls gesetzt hatte: „Die Sache ist die: Unsere liebe Chefetage hat beschlossen, das Thema Hochschulbildung und alles, was daran hängt, als Testballon zu nutzen, um die Hierarchie unserer Berichterstattung umzukehren. Das heißt im Klartext: Online wird zuerst bedient, dann Print. Wir schreiben den Artikel über die Pressekonferenz zuerst für Online und arbeiten ihn dann in einen Artikel für Print um. Statt den Artikel verspätet mit dem Feierabendpaket rauszubringen, zielen wir auf den Mittagsrelease."

„Den Mittagsrelease?", entfuhr es Alex entsetzt: „Das ist in einer Stunde!"

Stefan nickte angespannt: „Exakt. Unsere Chefs sind offenbar der Meinung, dass wir uns der Schnelligkeit von Twitter und Livestreams anpassen sollen, und große Themen so schnell wie möglich online präsentieren. Und eben nicht nur als Nachrichtenschnipsel, sondern als vollwertigen Analyse-Artikel."

Erschlagen lehnte Alexandra sich in ihrem Stuhl zurück. Sie konnte schnell arbeiten, sicher, aber innerhalb von einer Stunde die Pressekonferenz aufzuarbeiten, Fotos zu sichten und die wichtigsten O-Töne zu einer stringenten Argumentation zusammenzufassen, das war beinahe unmöglich.

Sie konnte sehen, dass Joana ähnlich dachte wie. Ihr Gesicht wirkte bleich und ihre Finger waren fest ineinander verknotet. Wenn sie vorher von diesem Testballon gewusst hätten, hätten sie nicht noch auf dem Parkplatz vor dem Parlament in aller Seelenruhe gequatscht.

„Folgendes", riss Stefan sie aus ihrer Schockstarre. Sie bemerkte, dass er nun sie direkt ansah, sein Ausdruck unlesbar: „Die Chefs sind der Meinung, dass Sie noch zu frisch für diese Aufgabe sind, Frau Berger."

Wütend beugte Alex sich vor, um ihr Können zu verteidigen, doch Stefan hob augenblicklich eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen: „Aber. Lassen Sie mich ausreden. Aber. Ich sehe das anders. Sie haben bewiesen, dass Sie schnell arbeiten können, ohne dass die Qualität leidet. Eigentlich soll ich zusammen mit Joana den Artikel schreiben, doch ich traue Ihnen mehr zu. Schreiben Sie den Artikel, beide zusammen, und wenn Sie rechtzeitig fertig werden, wird er unter Ihren beiden Namen erscheinen."

„Wenn der Chefredakteur das mitbekommt ...", setzte Joana skeptisch an, doch auch sie wurde direkt von Stefan unterbrochen: „Natürlich wird er das mitbekommen. Und zwar nachdem der Artikel sauber und ordentlich heute Mittag online gegangen ist. Wenn die Qualität stimmt, kann er nicht meckern."

Alexandra holte tief Luft. Sie wusste nicht, was sie fühlen oder denken sollte. Dass ihr nach über einem Monat immer noch so wenig zugetraut wurde, wurmte sie. Sie war kein blutiger Anfänger, sondern eine Volontärin mit viel praktischer Erfahrung. Dass wiederum Stefan jetzt seinen Kopf hinhielt, weil er so viel von ihren Fähigkeiten hielt, bereitete ihr Angst. Hier ging es nicht mehr nur darum, dass sie sich selbst bewies. Nein, wenn sie versagte, würde auch Stefan in Mitleidenschaft gezogen. Sie hätte stolz und glücklich über das implizierte Kompliment sein sollen, stattdessen schlug ihr Herz bis zum Hals und sie spürte, wie ihre Hände schon wieder anfingen zu schwitzen.

„Sie werden anständige Qualität abliefern, Frau Berger", sagte Stefan mit fester Stimme: „Eine andere Option gibt es in diesem Szenario nicht."

Ihr blick wanderte zu Joana, die noch bleicher geworden war. Hier bot sich eine Möglichkeit, endlich all ihr Können unter Beweis zu stellen. Alexandra wusste, sie musste annehmen, sondern würde sie in dieser Redaktion noch ewig auf der Stelle treten. Grimmig nickte sie: „Selbstverständlich. Wir schaffen das."

Es war offensichtlich, dass Joana entsetzt von der Situation war, doch genau das gab Alex Kraft. Nicht nur Stefan, auch Joana musste jetzt auf sie vertrauen, und sie würde alles tun, um das Vertrauen zu rechtfertigen. Sie erhob sich und tippte Joana auf die Schulter: „Komm. Wir haben keine Zeit zu verlieren."

Auf dem Weg zu Joanas Arbeitsplatz erklärte Alexandra ihr den Schlachtplan: „Du hast doch eben gesagt, dass du die Zitate im Kopf schon geordnet hast. Mach mir mit Stichworten einen roten Faden, dann schreibe ich den Artikel so, dass er für die Website geeignet ist. Du suchst währenddessen drei passende Fotos aus. Wenn ich fertig bin, liest du drüber."

Zitternd stellte Joana ihre Tasche auf ihrem Schreibtisch ab: „Das ist purer Wahnsinn. Das schaffen wir nie."

„Es ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich", entgegnete Alex zuversichtlich: „Und wenn wir das schaffen, haben wir's denen da oben mal gezeigt. Ich hab's satt, immer nur die Volontärin zu sein, die an die Hand genommen werden muss."

Für einen Moment befürchtete Alex schon, dass Joana in ihrer panischen Starre verharrte, doch dann trat endlich jener feurige Ausdruck in ihre Augen, den sie schon manchmal gesehen hatte, wenn Joana in der Redaktionskonferenz um ihre Geschichte gekämpft hatte. Entschlossen nickte sie: „Schön. Dann wollen wir mal. Ich schreib dir meinen roten Faden via Messenger, dann kannst du direkt loslegen. Mach dir keine Sorgen um die Zitate, füg einfach nur den Namen und einen Platzhalter ein, ich kümmere mich darum, dass da dann die entsprechenden O-Töne erscheinen."

Ein breites Grinsen stahl sich auf Alexandras Gesicht: „Perfekt. Dann an die Arbeit!"

***


Ungefähr eine Dreiviertelstunde später war Alexandra mit dem Artikel fertig und schickte den Link zum Dokument zurück an Joana, ehe sie ihren Schreibtisch verließ und sich zu ihrer Kollegin gesellte. In unglaublicher Geschwindigkeit fügte Joana alle fehlenden Direktzitate ein, arrangierte die ausgewählten Bilder und schließlich, keine fünf Minuten später, war der Artikel fertig. Mit klopfendem Herzen lasen beide Frauen ihn ein letztes Mal durch.

„Ich glaube", flüsterte Joana leise, „wir haben es wirklich geschafft. Es ist fünf vor eins, wenn wir Stefan und Philipp jetzt informieren, passt der Artikel ins Mittagspaket."

Schnell informierte Joana ihre beiden Chefs über den Messenger, dann begaben sie sich gemeinsam in das Büro ihrer Ressortleiter. Dort erwarteten sie ein überheblich grinsender Stefan und ein schweißgebadeter Philipp.

„Gut gemacht, Ladies", begrüßte Stefan sie: „Ich habe den Artikel kurz überflogen und direkt in die Warteschlange für den Mittagsrelease eingefügt."

Philipp starrte sie alle böse an: „Ich wäre hier beinahe gestorben! Warum hast du mich nicht vorher informiert, dass du die beiden die Arbeit machen lässt?"

Überrascht schaute Alexandra ihn an: „Er hat dich nicht eingeweiht?"

Schmollend verschränkte Philipp die Arme vor der Brust: „Im Gegenteil! Er hat mich in die Cafeteria geschickt, damit ich Tee hole, während ihr beide von der Pressekonferenz zurückgekommen seid. Er hat mich absichtlich von dem Gespräch ferngehalten, weil er von Anfang an vorgehabt hatte, sich den Anweisungen unserer Chefs zu widersetzen."

Ein entsetztes Keuchen war von Joana zu hören: „Stefan! Du hast einfach so Philipp mit in die Sache gezogen, ohne ihn zu fragen?"

Lässig zuckte der mit den Schultern: „Was denn? Philipp war nicht anwesend, wenn's schief gegangen wäre, hätte er sich rausreden können, dass er von nichts wusste. Aber es ist ja nicht schief gegangen."

Alexandra tat sich schwer, ein Grinsen zu unterdrücken. Irgendwie gefiel es ihr, dass Stefan auf eigene Faust gehandelt hatte, um ihr eine Möglichkeit zu geben, sich zu beweisen. Sie hatte nicht erwartet, dass er ihr tatsächlich so sehr vertraute. Auch, wenn sie sich diese Art von Vertrauen eher von ihrem direkten Ressortleiter gewünscht hätte, war es doch ein angenehmes Gefühl. Ganz offensichtlich war Stefan sich auch bewusst, dass er eine gute Tat vollbracht hatte, denn er grinste noch immer so überheblich und selbstzufrieden wie zuvor.

Um ihm nicht völlig das Gefühl des Triumphes zu lassen, setzte Alex eine ernste Miene auf und verschränkte in Nachahmung von Philipp ebenfalls die Arme vor der Brust: „Noch ist die Sache nicht ausgestanden. Auch wenn der Artikel gut ankommt, werden die von oben bestimmt nicht begeistert sein, dass Sie sich den Anordnungen widersetzt haben, Herr Winkler. Sie sollten sich besser auf ein Donnerwetter gefasst machen."

„Ich bedanke mich für Ihre Sorge um mein Wohlergehen", gab Stefan süffisant zurück: „Wirklich, da wird mir direkt warm ums Herz."

Gespielt genervt warf Alexandra die Arme in die Luft: „So ernst wird man hier genommen, wenn man wichtige Bedenken äußert. Wahrlich, was für ein Chef Sie sind. Joana, Philipp, was haltet ihr davon, wenn wir auf diesen Schock direkt in die Cafeteria zum Mittagessen gehen?"

Philipp machte einen verwirrten Eindruck, doch Joanas Augen glitzerten vor unterdrücktem Lachen. Sie hakte sich fröhlich bei Alexandra unter und verließ mit ihr das Büro, ohne sich darum zu kümmern, ob Philipp ihnen folgte. Draußen auf dem Gang flüsterte sie Alex leise zu: „Ich bewundere dich immer wieder dafür, wie gut du mit Stefan umgehen kannst. Er hat schon ein wenig dick aufgetragen gerade mit seinem Stolz, oder? Immerhin haben wir den Artikel geschrieben, nicht er."

„Richtig", nickte Alex bestimmt: „Er muss langsam lernen, von seinem hohen Ross runterzukommen. Die Welt dreht sich nicht nur um ihn."

Lachend und befreit reihten sie sich in die Schlange zum Mittagessen ein. Alexandra hoffte innerlich, dass der Artikel ihr zum Durchbruch in der Redaktion verhelfen würde, doch für den Augenblick war sie vor allem glücklich, so gut mit Joana zusammen gearbeitet zu haben. Und ein Kompliment vom Chef war auch nicht so schlecht.



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