39. Straight Ahead
Keuchend versuchte ich Carrie von mir runter zu stoßen, doch ich hatte keine Chance. Ich fühlte die kalten Pflastersteine des Gehwegs unter meinem Rücken, auf welchem ich noch immer lag. Carrie drückte mich mit ihrem kompletten Gewicht nach unten, während ihre Hände an meinen Haaren zogen.
Es war ein ekelhafter Schmerz, der mich laut aufschreien ließ. Verzweifelt strampelte ich nun mit meinen Beinen, womit ich natürlich nichts erreichte. Auch der Versuch, Carries dünne, jedoch sehr starke Finger, aus meinen Haaren zu befreien, brachte absolut nichts. Sie ließ nicht locker, im Gegenteil, sie zog nur noch fester an meinem langen Haar, dass ich fürchtete, sie könnte dieses herausreißen.
„Hör auf, du Miststück", knurrte ich böse, worauf sie plötzlich eine Hand aus meinen Haaren nahm, ausholte und mich ins Gesicht schlagen wollte.
Doch bevor es dazu kam, nahm ich aus den Augenwinkeln eine Gestalt wahr, die Carrie an den Schultern packte und sie blitzartig von mir wegriss.
Kathy. Wo kam sie so plötzlich her? Eigentlich hatte ich ihr gesagt, dass ich die Sache mit Carrie alleine regeln wollte, doch in dieser Sekunde war ich unglaublich froh, dass Kathy aufgetaucht war.
Nachdem ich mich aufgerappelt hatte, sah ich, dass meine Freundin Carrie in eine Position gebracht hatte, in welcher sie sich nicht mehr wehren konnte. Es sah aus wie ein Klammergriff, aus dem es kein Entkommen gab.
„Los rede!", herrschte sie das blasse Mädchen an. „Bel möchte wissen, warum du sie in diese Lage gebracht hast!"
So sehr Carrie es auch versuchte, es gelang ihr nicht, sich aus Kathys Klammergriff zu befreien. Als ich mich dann noch mit einem triumphierenden Grinsen vor ihr aufbaute, sackte sie in sich zusammen.
„Bitte lasst mich los", forderte sie wimmernd.
„Keine Chance", entgegnete ich. „Zuerst will ich wissen, was du mit dieser ganzen Sache zu tun hast! Und wenn du nicht reden willst, rufe ich die Bullen an!"
Das war eine Sprache, die Carrie durchaus verstand und so begann sie endlich zu reden.
„Ich..., ich wollte das nicht tun, Bel! Das musst du mir glauben aber Max..., er hat mich dazu gezwungen... Ich brauche doch das Kokain! Ich weiß nicht, wie ich es sonst beschaffen soll und..."
Sie brach kurz ab, schniefte und schaute mich mit traurigen Augen an, bevor sie leise weitersprach.
„Max ist mein Freund und jedes Mädchen, das bei uns wohnt oder gewohnt hat, erleichterte mir das Leben ein wenig, da ich immer, wenn ich eine Neue mitgebracht habe, weniger anschaffen gehen musste. Das war sozusagen meine Prämie."
Mir fiel die Kinnlade nach unten, alles war noch viel schlimmer, als ich es angenommen hatte. Carrie war also süchtig nach Kokain und tat natürlich alles dafür, um an das Zeug heranzukommen.
„Max ist nicht dein Freund!", schleuderte ich ihr entgegen. „Er nutzt dich nur aus! Begreifst du das eigentlich?"
„Du hast gut reden! Du brauchst das Zeugs schließlich nicht", jammerte sie weinerlich.
Ich wusste gar nicht, was ich darauf sagen sollte, denn ich besaß keinerlei Erfahrungen mit Drogensüchtigen und erst recht nicht mit Prostituierten. Schweigend beobachtete ich, wie Kathy nun von Carrie abließ und sich an mich wandte.
„Wir sollten jetzt gehen, Bel!", sagte sie mit Nachdruck in ihrer Stimme.
Sie hatte Recht, Carrie war schließlich nicht mein Problem. Sie hatte mir genug Ärger und Scherereien bereitet, mich fast meine Beziehung mit Niall beenden lassen und trug die Schuld an meinem blauen Auge, sowie der aufgeplatzten Lippe, ganz abgesehen davon, dass ich sie auch für den Verlust meines gesparten Geldes verantwortlich machte.
„Hau ab und trete mir nie wieder unter die Augen, hast du mich verstanden?", sagte ich laut und deutlich, worauf sie nickte, sich umdrehte und schleunigst aus unserem Blickfeld verschwand.
Mit einem erleichterten Aufatmen umarmte ich Kathy voller Dankbarkeit.
„Ich bin so froh, dass du gekommen bist! Wer weiß, wie das noch ausgegangen wäre", seufzte ich.
„Ich konnte dich doch nicht alleine lassen. Ich traue Carrie nicht über den Weg und deshalb habe ich mich versteckt, um alles zu beobachten", erklärte Kathy ernst.
„Und woher kannst du diesen Klammergriff?", fragte ich neugierig.
„Ich hab mal Kampfsport betrieben", erwiderte sie grinsend, was mich zu einem Lachen animierte.
„Du steckst echt voller Überraschungen", meinte ich, klopfte ihr auf die Schulter und sagte dann: „Lass uns nach Hause fahren."
„Zu dir oder zu mir?"
„Zu mir."
Kaum waren wir in der Wohnung angekommen, starteten wir eine Skype Session mit unseren Freunden, die sich in Japan befanden. Niall und Harry schienen bester Laune zu sein, zumal sie gerade ein Konzert hinter sich gebracht hatten und wie üblich danach unter einem Adrenalinschub standen, der es ihnen nicht ermöglichte, sich ins Bett zu legen und zu schlafen. Wir skypten eine geschlagene Stunde miteinander und die beiden fanden es wohl irgendwie süß, dass Kathy bei mir übernachtete.
„Dann seid ihr beiden wenigstens nicht alleine", meinte Harry grinsend, der Niall damit eine herrliche Vorlage gab.
„Du kannst ja auch bei mir schlafen, wenn du es gerne möchtest", hörte ich meinen Freund sagen, begleitet von einem dreckigen Grinsen in seinem hübschen Gesicht.
„Werdet uns bloß nicht untreu!", foppte ich die beiden und löste damit ein allgemeines Gelächter aus.
Der Abend endete damit, dass Kathy erneut bei mir übernachtete, denn insgeheim fürchtete ich mich noch immer davor, dass die Albträume vielleicht wiederkehren könnten. Doch auch in dieser Nacht schlief ich durch, ohne von Albträumen geplagt zu werden.
Am nächsten Tag hatte ich, außer den Termin bei Dr. Halls wahrzunehmen, nicht wirklich eine Beschäftigung. Nachdem Kathy nach Hause gegangen war, suchte ich also erneut im Internet nach Praktikumsplätzen für Studenten der Meeresbiologie. Es schien unglaublich schwer zu sein, einen Platz zu finden, der sich nicht gerade am anderen Ende der Welt befand. Seufzend und ein wenig frustriert klappte ich schließlich meinen Laptop zu, die fast zweistündige Suche hatte rein gar nichts gebracht. Da es langsam an der Zeit war, sich zu Dr. Halls zu begeben, zog ich meine Schuhe und eine Jacke über, bevor ich das Apartment verließ.
In der Praxis angekommen, wurde ich freundlich begrüßt und sogleich in das Behandlungszimmer geleitet, wo der Psychologe bereits auf mich wartete. Nach einer kurzen, freundlichen Begrüßung, erläuterte ich, was in Australien geschehen war und, dass ich seit dieser Reise nun wieder normal durchschlafen könnte.
Wir vereinbarten, dass ich trotzdem einmal pro Woche bei ihm vorbeischauen sollte, um ganz sicher zu gehen, dass es nicht doch noch zu einem Rückfall kommen würde. Mit diesem Kompromiss konnte ich gut leben, denn das kam mir sehr entgegen. Noch war ich nicht bereit dazu, meine psychologische Behandlung einfach so aufzugeben, zumal ich diese ja erst kürzlich begonnen hatte. Niall würde das sicher auch nicht für gut befinden, schließlich hatte er sich die Mühe gemacht, diesen hervorragenden Psychologen ausfindig zu machen, damit ich eine anständige Therapie beginnen konnte.
Als ich an diesem Tag die Praxis verließ, hatte ich das Gefühl, wieder einen Schritt vorwärts gekommen zu sein, denn Dr. Halls sprach auch mit mir über mein anstehendes Praktikum im nächsten Jahr. Er vertrat den Standpunkt, dass ich mich nicht verrückt machen sollte, es würde sich schon ein Platz für mich finden, und alles würde seinen Weg gehen. Dem konnte ich jedoch nur Teilweise zustimmen, denn schließlich hatte ich ganz besondere Wünsche, wenn es um dieses Praktikum ging. Es durfte auf keinen Fall zu weit weg von London sein und es sollte auf jeden Fall anspruchsvoll sein, denn ich war ja kein blutiger Laie auf dem Gebiet der Meeresbiologie. Vielleicht sollte ich mich einfach in Geduld üben und Professor Smith um Rat fragen, sobald die Uni begann.
Jener Tag nahte schneller als erwartet, was auch bedeutete, dass ich nun einen strikten Tagesablauf haben würde. Kein langes Ausschlafen mehr, kein Herumgammeln, wie es mir beliebte und keine Gespräche über Skype, die bis zum frühen Morgen andauerten. Ansonsten würde ich es nämlich nicht schaffen, pünktlich zu meinen Vorlesungen zu erscheinen. Stattdessen hieß es nun, lernen, neue Menschen kennenlernen und einfach herausfinden, was das Leben auf dem Campus für mich zu bieten hatte. Nicht alle Studenten wohnten dort und somit wurde ich nicht zum Außenseiter. Die Externen, wie wir genannt wurden, wurden genauso in die Aktivitäten mit einbezogen, wie die Internen.
Gerade in den ersten Tagen war es für mich aber nicht ganz so einfach, denn einige der weiblichen Studentinnen erkannten mich als die Freundin von Niall Horan. Glücklicherweise war kein psychopatischer Niall Fan unter ihnen, was mir das Leben ein wenig erleichterte. Ihren Wünschen nach Autogrammen konnte ich nachkommen, ich saß ja direkt an der Quelle und brauchte nur den Jungs Bescheid zu geben, die dann veranlassten, dass das Management einen Stapel Autogramme an Nialls Adresse in London schickte, welche ich dann an die Studentinnen verteilte.
Das brachte mir natürlich jede Menge Pluspunkte, sowie eine neue, nette Bekanntschaft ein. Ich hatte mir angewöhnt, Menschen, die ich nicht näher kannte, nicht gleich als meine Freunde zu bezeichnen, nicht, nach der Erfahrung mit Carrie. Es dauerte, bis ich mich Fremden gegenüber ein wenig öffnete, doch Susan nahm mir das keineswegs übel, im Gegenteil. Sie fand es vollkommen in Ordnung, dass ich nur sehr zögerlich über private Dinge sprach.
Aber gerade das war es, was sie mir so sympathisch machte. Sie nervte nicht mit irgendwelchen Fragen, sondern unterhielt sich mit mir ganz normal über alltägliche Dinge und natürlich über solche, die das Studium betrafen.
„Warum bittest du nicht Professor Smith um Hilfe, was deinen Praktikumsplatz angeht?", fragte sie, nachdem ich mal wieder seufzend erklärt hatte, dass ich wohl die Einzige bleiben würde, die keinen finden konnte.
Wie viele andere Studenten auch, besaß Susan bereits einen Praktikumsplatz, der sich allerdings in Kalifornien befand. So etwas kam für mich natürlich nicht in Frage. Acht Stunden Zeitverschiebung zu London und zehn Flugstunden entfernt von Niall – das würde ich keine weiteren sechs Monate mehr aushalten. Diese Überlegungen gaben schließlich den Ausschlag.
„Vielleicht sollte ich das wirklich tun", meinte ich nachdenklich.
„Er wird dir sicher helfen", munterte Susan mich auf.
Nach dieser Unterhaltung machte ich mich auf den Weg zum Vorzimmer des Professors und ließ mir einen Termin für den nächsten Tag geben. Man konnte nicht einfach so bei Professor Smith vorsprechen, denn er war unglaublich beschäftigt, was bei einem Menschen seiner Kompetenz jedoch nicht verwunderlich war. Seine freundliche Assistentin trug den Termin gleich im Computer ein und ich ging etwas beruhigt zurück zu Susan.
„Es ist schon ein Monat vergangen", seufzte ich, „und es wird Zeit, dass sich etwas tut."
Es war unglaublich, wie schnell die Zeit verrann, übernächste Woche würde ich gemeinsam mit Kathy nach Dubai fliegen und bis dahin wollte ich unbedingt einen Praktikumsplatz vorweisen können. Nur schon alleine, um Niall zu beweisen, dass ich nach meinen ganzen Eskapaden, auch selbst etwas auf die Beine stellen konnte. Dies erwies sich jedoch weitaus schwieriger als gedacht.
Professor Smith zeigte zwar durchaus Verständnis für meine Lage, dass ich mein Praktikum so nahe wie möglich an London verbringen wollte, konnte mir aber keine allzu großen Hoffnung dahingehend machen.
„Wissen Sie, Belita", sagte er, „in England sieht es wirklich sehr schlecht mit Praktikumsplätzen aus, aber wenn sie in Europa bleiben wollen, könnte ich vielleicht einen Platz in Spanien auftreiben. Immerhin sprechen Sie diese Sprache perfekt, was ein unglaublicher Vorteil ist, denn mit Englisch haben es die Spanier nicht so."
Wenn Spanien die einzige Alternative war, so wollte ich zumindest darüber nachdenken. Immerhin dauerte der Flug nach London von der Küste aus nicht länger als zweieinhalb bis drei Stunden, trotzdem konnten Niall und ich nicht einfach in einen Wagen oder Zug steigen, wenn uns plötzlich danach zumute sein würde, den anderen sehen zu wollen. Es war eben nur zweite Wahl aber besser als gar nichts.
„Also gut", erklärte ich schließlich. „Wenn ich keine andere Möglichkeit habe, werde ich nach Spanien gehen."
„Fein, dann strecke ich dort meine Fühler aus und lasse Sie so bald wie möglich wissen, was ich erreichen konnte", versprach er, bevor wir uns wieder voneinander verabschiedeten.
Auch eine Studentin hatte es nicht leicht in ihrem Leben, das durfte ich mal wieder feststellen. Doch ich wollte nicht in trübe Gedanken verfallen, denn innerlich bereitete ich mich bereits auf den Kurztrip nach Dubai vor. Endlich würde ich Niall wieder sehen, in seine Armen einschlafen können, seine Zärtlichkeit spüren, mit der mich immer umgab und gleichzeitig seine leicht machohafte Art genießen, die er manchmal an den Tag legte, um mich fast in den Wahnsinn zu treiben.
Der Freitagabend, an welchem der Flug nach Dubai ging, nahte so schnell, dass wir es fast nicht glauben konnten. Kathy und ich hatten seit Tagen miteinander telefoniert, um zu besprechen, was wir an Kleidung mitnehmen wollten. In dieser Hinsicht waren wir wirklich typische Frauen, wir hatten Angst, etwas Wichtiges vergessen zu können oder gar die falschen Sachen einzupacken. Schließlich wurden wir auf Schritt und Tritt von der Presse verfolgt, sobald wir uns in der Nähe der Jungs aufhielten und auch, wenn wir zusammen mit El, Perrie oder Sophia gesehen wurden.
Als ich endlich meinen Koffer fertig gepackt hatte, war ich mehr als nur froh. Das Handgepäck erledigte ich im Handumdrehen und musste dann nur noch auf das Taxi warten, in welchem Kathy bereits sitzen würde, damit wir pünktlich zum Flughafen kamen. Niall und ich hatten in der Nacht drei Stunden miteinander geskypt, trotzdem war ich nicht müde, obwohl ich früh hatte aufstehen müssen. Die Vorfreude, ihn bald zu sehen, setzte so viele Energien in mir frei, dass ich mich total fit fühlte.
Kurze Zeit später traf das Taxi ein, in welchem eine aufgeregte Kathy saß, die mich überglücklich begrüßte. Auch sie vermisste ihren Freund und die Skype Sessions über welche sie mir nun berichtete, waren nichts Neues für mich. Für Niall und mich bedeuteten sie alles, denn es war die einzige Möglichkeit den anderen wenigstens hin und wieder zu sehen zu können. Aber das hatte nun vorläufig ein Ende. Nach dem Konzert in Dubai würden die Jungs bis Anfang Juni in London bleiben, was mir fast wie ein Traum vorkam.
Als ich in das Flugzeug stieg, trennten mich nur noch sechs Stunden und fünfzig Minuten Flug von Niall. Da wir aufgrund der Zeitverschiebung am nächsten Morgen in Dubai eintreffen würden, sollte ich wohl besser den Flug verschlafen. Eigenartigerweise gelang mir das auch, denn als ich meine Augen aufschlug, befanden wir uns bereits im Landeanflug zu unserem Zielort. Schlagartig begann mein Herz schneller zu klopfen, denn ich konnte es kaum erwarten, von Niall umarmt zu werden. Die Zeit bis zum Aussteigen und abholen des Gepäcks schien endlos lang zu sein, doch dann traten wir aus dem Gebäude, um direkt in zwei verschiedene Limousinen bugsiert zu werden. In der einen saß Harry und in der anderen mein blonder, heißer Ire.
„Niall!"
„Bel!"
Er zog mich sofort in seine Arme, während wir in einem endlosen Kuss versanken.
„Ich hab dich so vermisst", hörte ich sein Wispern, als seine Hände zärtlich über meine Gesicht streichelten.
„Ich dich auch", seufzte ich erleichtert und ließ mich in seine Arme sinken.
Es war wundervoll, wieder bei ihm zu sein, wie ein unendlich schöner Traum. Und genau diesen Traum lebte ich jetzt aus. Als wir engumschlungen auf der Rückbank der großen Limousine saßen, betrachtete ich die großen, modernen Bauten Dubais, auf welche Niall mich aufmerksam machte. Hier lebten also die Ölscheichs mit ihren Milliarden. Dubai wirkte sehr beeindruckend und heute sah ich nicht nur den Flughafen, wie im letzten Jahr, als ich von Neuseeland zurückgekehrt war.
„Es ist schön hier", stellte ich zufrieden fest.
„Warte mal, bis du unser Hotel gesehen hast, das ist der Hammer", meinte Niall grinsend.
Er hatte nicht zu viel versprochen, denn als wir etwa dreißig Minuten später am Domizil von One Direction eintrafen, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf. Solch ein beeindruckendes Gebäude hatte ich wirklich noch nie gesehen. Die Front wirkte wie ein riesiger Spiegel und auf der Dachterrasse wuchsen meterhohe Palmen.
„Dort oben ist der Pool", klärte Niall mich auf, der meinem Blick gefolgt war.
„Und wie sieht unser Zimmer aus?"
„Bombastisch!"
Wenn Niall Horan, der schon wirklich genügend Hotels in seinem Leben besucht hatte, eine solche Bemerkung machte, konnte ich mich auf einiges gefasst machen. Natürlich hatte er nicht übertrieben, sondern eher sogar noch untertrieben.
„Du Tiefstapler", entfuhr es mir, als ich auf den Whirlpool, der im Boden des ganz in Marmor gehaltenen Badezimmers der riesigen Suite eingelassen war, blickte, welche wir nun gemeinsam für kurze Zeit bewohnten.
Ohne Vorwarnung hob Niall mich plötzlich hoch und trug mich zum Bett, auf das er sich nun fallen ließ.
„Wir haben noch ein paar Stunden Zeit bis zum Auftritt, Süße", flüsterte er mir ins Ohr.
Es war wundervoll, seinen Körper genießen zu können, seine Berührungen zu spüren und zu wissen, dass wir uns wirklich liebten. Nach wie vor hätte ich mir nie vorstellen können, mit einem anderen Mann zusammen zu sein. Niall, war alles, was ich brauchte und wollte. Immer wieder gab er mir das Gefühl, dass ich etwas Besonderes für ihn, und unsere Liebe einzigartig war. Immer wieder zeigte er mir, dass er das Vertrauen, das ich in ihn setzte, durchaus verdiente. Und immer wieder gab ich ihm diese Liebe und das Vertrauen zurück.
„Ich liebe dich", wisperte ich in sein Ohr, als ich mich nach einer Runde zärtlichem Sex zufrieden in seine Arme kuschelte.
„Ich dich auch, Bel."
Das Konzert am Abend übertraf meine, und besonders Kathys Erwartungen um ein Vielfaches. Sie kriegte sich gar nicht mehr ein, als sie gemeinsam mit El, Perrie, Sophia und mir im seitlichen Bereich der Bühne stand, um alles zu verfolgen.
„Ihre Stimmen sind so wunderschön", sagte sie immer wieder und völlig geplättet.
Ich kannte dieses Gefühl, schließlich hatte auch ich One Direction irgendwann zum ersten Mal live erlebt. Doch das berauschende Gefühl, welches ich dabei verspürte, ließ nicht wirklich nach. Ich war fast genauso aufgedreht wie die Jungs, als alles zu Ende war und wir im Bus saßen, der uns in Richtung Hotel kutschierte. Am nächsten Tag würden wir nach Hause fliegen, doch vorher hieß es ein bisschen Schlaf tanken und noch einmal das schöne Wetter genießen, bevor wir endgültig ins verregnete London zurückkehrten.
In Heathrow angekommen, erwarteten uns jede Menge Security Leute, sowie ein regnerischer Tag. Aber damit konnte ich durchaus leben, so lange sich Niall an meiner Seite befand. Eng umschlungen saßen wir in dem großen, schwarzen Wagen, der uns zu Nialls Apartment brachte. Wir konnten es beide noch nicht so ganz fassen, dass wir nun bis Anfang Juni ohne Pause zusammen sein würden und wollten diese Zeit so gut es ging nutzen.
Als wir das Apartment betraten, stellten wir sogleich die Koffer ab und ich ging schnurstracks in die Küche, um etwas zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen, während Niall die Post durchforstete, welche die Putzfrau wohl gestern auf den Wohnzimmertisch gelegt hatte. Sie besaß nämlich ebenfalls einen Briefkastenschlüssel und leerte diesen, wenn wir beide nicht anwesend waren.
„Bel, da ist Post für dich", vernahm ich Nialls Stimme hinter mir, der mir nun einen großen, braunen Umschlag in die Hand drückte.
Neugierig betrachtete ich den Umschlag von allen Seiten, um festzustellen, dass dieser in Southampton abgestempelt wurde. Als ich auf den Absender schaute, runzelte ich meine Stirn. Was bitte hatte ich mit dem Oceanography Center Southampton zu tun? Schnell öffnete ich den großen Umschlag und zog mehrere bedruckte Bögen heraus, sowie ein Schreiben, welches an mich gerichtet war.
Liebe Ms Kreutzer, wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass wir Ihnen im nächsten Jahr, in der Zeit vom 1. März bis zum 30. August, gerne einen Praktikumsplatz für das Studium der Meeresbiologie in unserer Institution zur Verfügung stellen würden, da Sie aufgrund Ihrer Erfahrungen die nötige Qualifikation besitzen. Sollte von Ihrer Seite aus Interesse bestehen, möchten wir Sie bitten, die beigefügten Formulare auszufüllen und diese dann umgehend an uns zurückzuschicken. Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an die o.a. Nummer.
Mit freundlichen Grüßen
M.P. Jenkins
Als meine Augen sich mit Tränen füllten, schaute Niall erschrocken auf.
„Bel, was hast du denn? Ist etwas Schlimmes passiert?"
Und schon nahm er mich in seine Arme, die meinen Körper sanft umschlossen.
„N...Nein", schluchzte ich voller Glück. „Aber, ich... Ich... lies einfach."
Schweigend begann er zu lesen. „Das ist wundervoll, Bel! Das ist fantastisch! Ich freue mich wirklich für dich!"
Er küsste mich auf die Wange, drückte mich an sich und lächelte mich an. Ich blickte jedoch ein wenig verwirrt drein.
„Ich frage mich gerade, wie die auf mich gekommen sind und woher sie wissen, dass ich die nötige Qualifikation haben soll", bemerkte ich nachdenklich, während ich meine Freudentränen aus dem Gesicht wischte.
„Du willst das doch nicht etwa ablehnen?", kam es erstaunt von Niall.
„Nein, nein! Ich bin ja nicht wahnsinnig! So eine Chance bekomme ich nie wieder und vor allem, ich werde ganz nahe bei dir sein! Mit dem Zug sind er nur ungefähr zwei Stunden nach Southampton. Oh Gott, das heißt, wir könnten uns ganz oft sehen!"
Völlig überwältigt fiel ich ihm um den Hals, was Niall dazu veranlasste mich hochzuheben und sich einmal um die eigene Achse zu drehen, bevor er mich wieder auf dem Boden absetzte, um mich hemmungslos zu küssen.
„Was für ein perfektes Ende von unserem Asien-Trip", brachte er hervor, was mich schmunzeln ließ.
„Ja, es ist perfekt aber ich werde herausfinden, wer dahinter steckt."
Es ließ mir wirklich keine Ruhe und so sprach ich direkt am Montag bei Professor Smith vor, der glücklicherweise kurz Zeit hatte. Doch er schüttelte nur den Kopf, als ich ihm das Schreiben der Institution aus Southampton zeigte und meinte: „Tut mir leid, Belita, aber ich habe nichts damit zu tun. Allerdings freue ich mich sehr für Sie, denn es ist eine Auszeichnung, dort als Student ein Praktikum machen zu können. Normalerweise nimmt das Oceanography Center nur Leute an, die ihr Studium bereits beendet haben, bzw. schon ein abgeschlossenes Praktikum vorweisen können. Vielleicht hat jemand dort Beziehungen nach Neuseeland und man ist so auf Sie aufmerksam geworden", fügte er noch hinzu.
Das klang durchaus einleuchtend und somit kam eigentlich nur Keith in Frage, bei dem ich mich demnächst melden und bedanken wollte. Als ich dies einige Tage später in Form einer Email tat, erlebte ich jedoch die nächste Überraschung. Keith schrieb mir nämlich zurück, mit dem Hinweis, dass er damit nichts zu tun hätte, jedenfalls nicht direkt. Mit dieser Aussage konnte ich so rein gar nichts anfangen und so fragte ich nach, wie er das denn meinen würde. Einen Tag später bekam ich folgende Antwort:
Solche Institutionen stellen oftmals Nachforschungen an, was Leute betrifft, die zum Beispiel bei der Whale Rescue Organisation gearbeitet haben, um diesen vielleicht einen Job anbieten zu können. In deinem Fall war es eben ein Praktikum. Also mach dir keine Gedanken, es hat schon alles seine Richtigkeit. Ich wünsche dir viel Spaß bei deinem Studium und erst Recht in Southampton aber bis dahin schreiben wir uns sicher noch öfter.
Alles liebe, Keith
Diese Email schien alles aufzuklären und so schickte ich die ausgefüllten und unterzeichneten Formulare nach Southampton zurück. Im nächsten Jahr würde ich neue Erfahrungen machen, und noch einmal für sechs Monate London verlassen müssen. Doch bis dahin konnte ich unendlich viel Zeit mit Niall verbringen, der Liebe meines Lebens.
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Ich hoffe, dass euch dieses Kapitel gefallen hat. :D
Leider ist die Story fast zu Ende, denn morgen lade ich das letzte Kapitel hoch.
Aber ich habe ja noch eine meiner älteren Niall Storys anzubieten, ihr werdet also genügend Lesestoff bekommen. :)
LG, Ambi xxx
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