*Kapitel 5*
Schreie. Verzweiflung. Schläge. Angst.
Das selbe wie jeden Tag also. Wieder sitzen wir am Esstisch. Aber ich werde das nicht mehr mit mir machen. Nicht einen Tag länger. Ich habe alles durchdacht. Auf einmal fällt mein Mann vom Stuhl. Die KO-Tropfen wirken also obwohl sie abgelaufen waren. Ich husche in unser Schlafzimmer, öffne den Schrank und ziehe meinen Koffer heraus. Im rausgehen schnappe ich mir den Auto Schlüssel und schließe noch schnell die Tür ab. Hoffen wir, dass er zu betrunken ist, um den ersatzschlüssel zu finden. Alles ist im Kofferraum verstaut, ich habe mein Zugticket, ich habe die Schlüssel. Meine Freiheit ist zum greifen nah. Ich starte den Motor und fahre los. Ein Gefühl der Ruhe durchströmt mich. Mein Mann wird mich schon nicht finden. Nicht so kurz vorm Ziel. Gekonnt lenke ich die alte Schrottkarre auf den Parkplatz des Bahnhofs, steige aus und sammel meine Sachen. Mein Gleis ist Nummer 5b. Sollte ich eigentlich finden. Aber vorher muss ich was zum Essen kaufen. Ich habe seit 5 Tagen nicht richtiges mehr gegessen. Genug Geld habe ich ja. Ich habe das komplette Konto geplündert. Ich hole mir beim Bäcker ein Crossaint und gehe zu Gleis 5b.
*Verspätung - wegen Schäden am Zug fährt der Zug nach Kiel ca. 1 Stunde später ab.*
Verdammt. War jetzt alles umsonst? Ich entschließe mich dazu die Nerven zu bewahren und mich in ein Bahnhofscaffee zu setzten. Nach 30 min gehe ich erneut zu meinem Gleis. Gleich ist es soweit. Gleich bin ich weg. Auf nimmer Wiedersehen.
*Der ICE nach Kiel fährt in wenigen Minuten ein*
Glückselig erwarte ich die Einfahrt des Zuges. Doch auf einmal höre ich Schreie. Ein betrunkener Mann drängt sich durch die Menschenreihen und bahnt sich einen Weg - zu mir. Resigniert realisiere ich, dass ich niemals frei sein werde, solange ich lebe. Ich hätte doch neue KO-Tropfen kaufen sollen. Aber ich werde das nicht weiter mit mir machen lassen. In einiger Entfernung erkennt man schon die Lichter des Zuges. Alles ist besser als das, was ich vorher hatte.
Ich schaue von meinem Mann zu dem Zug und zurück.
Nur noch wenige Meter trennen mich von ihm.
Es hätte so schön werden können. Aber das Schicksal mag mich nicht. Mit einem gehässigen Grinsen auf den Lippen drehe ich mich zu meinem Mann und laufe rückwärts, immer weiter, bis ich ins leere trete und falle.
Auf nimmer Wiedersehen.
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