Sherlock
Molly sog erschrocken die Luft ein, als sie sich umdrehte und er hinter ihr stand.
Dieses Mal hatte sie ihn nicht im Spiegel in ihrem Spind entdeckt.
Dann lächelte sie. So vertrauensselig. Sherlock musste sich zusammenreißen. Wieso vertrauten sie ihm?
Lestrade, Molly, Mrs. Hudson... allen voran John.
Dieses Vertrauen hinderte ihn. Wegen dieses Vertrauens war er kaum imstande gewesen, seinen Tod vorzutäuschen.
Als ihm auffiel, dass sie sich seit einer geschlagenen Minute nur so anstarrten, lächelte er kurz, aber es schien ihm eher eine Grimasse zu sein.
Ob Molly ihn schon durchschaute?
"Hallo Sherlock", sagte sie nun, und ihr Gesichtsausdruck wurde etwas verschlossener.
"Hallo Molly."
Sie biss sich auf die Lippe und stemmte nun die Hände in die Hüfte. "Was ist los? Stimmt irgendwas nicht?"
Er schloss für einen Moment die Augen und bereitete sich vor.
Du bist herzlos.
Ach halt den Mund, John.
"Es geht nicht. Molly, wir können nicht zusammen sein." Er versuchte, keine Regung zuzulassen, um sich nicht zu entlarven.
Ihre Augen weiteten sich. "Wie... wieso?"
"Wir sollten uns eine Weile nicht mehr sehen, dass soll es einfacher machen."
Er drehte sich um, bereit zur Flucht, doch sie schlüpfte an ihm vorbei und versperrte ihm den Weg.
"Warum?"
"Wenn ich mit dir zusammen bin, bin ich nicht rational. Ich brauche das. Du veränderst mich, und ich will ich selbst bleiben."
Er ratterte den Text, den er sich zurechtgelegt hatte, schnell und emotionslos herunter, wie ansonsten beim Deduzieren.
Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, die nun glasig wurden.
"Sherlo-"
"Hör auf. Du bist nur eine Ablenkung. Ich bleibe allein, und du solltest zu deinem Tom oder wem auch immer zurückkehren. Sogar Jim wäre eine bessere Wahl als ich gewesen."
Er traute sich noch einmal, in ihre Augen zu sehen, in die nun ein wütender, entschlossener Ausdruck getreten war.
Sie überbrückte den Abstand zwischen ihnen, nahm seinen Kopf grob in ihre Hände und zog ihn zu sich herunter, dann küsste sie ihn, brutal und verzweifelt.
Am Anfang konnte er nicht anders, als ihn zu erwiedern, dann presste er die Lippen aufeinander und entzog sich ihrem Griff.
"Lass mich los", zischte er.
Verwirrt taumelte sie zurück, und er rannte an ihr vorbei, die weißen Gänge entlang, die er so mochte.
Er versuchte, ihr Gesicht aus seinem Kopf zu verscheuchen.
Ich gehe zurück. Ich kann ihr das nicht antun.
Alle Menschen sterben, alle Herzen werden gebrochen. Mitleid bringt keinen Vorteil. Sherlock. Geh.
Er hörte ein unterdrücktes Schluchzen.
Aber...
Dreh dich nicht um. Nur Moriarty ist jetzt von Belang. Du bringst sie höchstens in Gefahr, wenn du dich weiter mit ihr beschäftigst.
Du hast Recht. Alle Herzen werden gebrochen. Ich kann nichts für sie tun. Ich habe das Richtige getan.
Er stieg in ein Taxi. "Petrie Museum", erklärte er und starrte auf die vorbeischiessenden Häuser.
Ja.
Wenn er aber wirklich das Richtige getan hatte, verstand Sherlock nicht, warum warme Tränen auf seinen Schoß hinuntertropften.
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