Aufbruch in ihre Welt
(10.04.2016 – London, England)
Suvi liebte es in der Nacht zu fliegen, dann war die Sicht aus den kleinen Fenstern genau so dunkel wie es ihre Welt immer war, kein Sonnenlicht spielte ihr eine falsche Sicherheit vor, zeigte ihr all diese Orte an denen ein normales Leben möglich gewesen wäre, wenn sie nur mehr Glück gehabt hätte bei ihrer Geburt.
Sherlock war noch nicht eingetroffen aber sie wusste er würde kommen, er war kein Mann der sein Wort brach, sie kannte den Unterschied, hatte ihn auf die harte Tour gelernt. Das er nunmehr doch Teil ihres Plans sein würde erleichterte sie maßgeblich. Alleine hätte sie es wohl nicht geschafft, zumindest nicht rechtzeitig.
Ihre Finger spielten mit dem Weinglas in ihrer Hand, wie immer hatte sich Annie um alles gekümmert was mit der Organisation ihres Fluges zu tun hatte. Der Privatjet würde sie ohne Umwege nach Tallinn bringen, ihre Leibwächter, zumindest waren sie das für den Trip gewesen, saßen im hinteren Bereich des Flugzeuges. Arto und Asko spielten Karten als die Nachricht des Terminals kam das ihr fehlender Passagier eingetroffen war.
Sie wollten aufstehen um den Neuankömmling zu durchsuchen bevor er zu ihrer Chefin konnte doch diese hob eine Hand um die Beiden zurückzuhalten. „Ich mach das" sprach sie, stellte das Glas auf den Tisch und stand auf. Natürlich traute sich keiner der Beiden ihr zu widersprechen, sie wussten es besser. Den zum einen stellte niemand einen Padar in Frage und zum anderen konnten eben jene sehr gut auf sich selbst aufpassen.
Die kühle der Nacht schlug ihr entgegen als sie die wenigen Stufen des Flugzeuges hinunter auf die Flugbahn ging. Ihren Mantel hatte sie im Inneren gelassen, die cremefarbene Seidenbluse bot keinen ausreichenden Schutz gegen die frostigen Temperaturen der englischen Nachtstunden.
Doch anmerken ließ sie sich dies natürlich nicht, sie kannte schlimmeres als zu frieren. Sherlock kam ihr mit selbstbewussten Schritten entgegen, an eben jenen erkannte sie ihn auch, denn seine Erscheinung war ungewohnt, sie hatte ihn zwar nur zweimal getroffen aber während ihrer Nachforschungen hatte sie unzählige Stunden damit verbracht sich mit seinem Anblick auseinander zu setzen. Sie konnte nicht umhin ihn anziehend zu finden, nun da sie ihn kannte noch mehr als zuvor.
In einiger Entfernung von dem Flugzeug, dem Flughafengebäude oder aller möglichen Menschen trafen sie sich. Sie nahm sich einen Moment ihn einfach nur anzusehen. Sein Haar war nunmehr noch wilder, die Seiten waren auf weniger als einen Zentimeter getrimmt, die übrig gebliebenen Locken fielen ihm beinah in die Augen und deren Farbe war von einem hellen Honigblond, seine Kleidung entsprach nicht mehr zeitloser Klassik, mit dunkeln Anzügen und einem stilvollen Mantel, nein, er trug eine skinny Jeans mit Löchern an den Knien und ein abgetragenes Bandshirt unter einer offenen Jeansjacke.
„Sie sehen aus wie ein brotloser Student" sagte sie und nun da niemand sonst sie sehen konnte, außer dem Genie vor ihr, erlaubte sie sich zu lächeln. Sie fühlte die Wärme in ihren Wangen.
„Und sie sehen aus als würden sie frieren" hörte sie seine tiefe Stimme, ein schmunzeln war auf seinen Lippen zu sehen als er sich seine Jacke auszog um sie ihr überzulegen. Dabei ließ er achtlos seinen Seesack fallen.
Ebenso fiel das Gesicht der blonden Mafiatochter vor ihm, ihre Augen wurden groß als er sich einfach in ihren persönlichen Bereich drängte, ihre Instinkte wollten sie zum Angriff zwingen doch ein Blick in seine einzigartigen Augen hielt all ihre Gedanken an.
Seine Hände hielten noch kurz an der Jacke fest, dadurch waren sie sich so nah das sie den Geruch des jeweils anderen aufnehmen konnten. Suvi kämpfte dagegen an die Augen zu schließen um klarer katalogisieren zu können was sie fühlte, er war ihr so nah und seine Wärme schien auf sie überzugehen, nicht nur wegen seiner Jack auf ihren Schultern. Nein, dies ging tiefer als das.
*
Er würde sich gerne einreden das er ihr seine Jacke umgelegt hatte weil es Teil ihrer Tarnung war, doch damit würde er sich nur noch mehr anlügen als er es bereits so schon tat. Viel mehr hatte er gesehen wie sie versuchte die kühle Nacht zu ertragen, etwas in ihm wollte ihre Probleme lösen, dies musste er unbedingt abschalten.
Seine Finger sehnten sich danach ihre Haut zu streifen, er wollte wissen ob er wieder dieses Gefühl bekommen würde, sein Verstand hatte nicht einordnen können was in dem Moment in ihrem Hotel zwischen ihnen vorgefallen war aber er wollte mehr. Sie war so nah, er konnte den Geruch ihres Parfums aber auch ihrer Haut wahrnehmen, es war ein berauschender Duft, was gäbe er darum mehr davon zu bekommen.
Er wollte erschrocken seinen Körper von ihr entfernen als er seine eigenen Gedanken bemerkte doch dann traf sein Blick ihren und die Welt schien stillzustehen. Nichts schien mehr zu existieren, weder der Flughaften hinter dem Detektiv, mit all den Menschen die ihren Weg suchten und dem Leben das er zurückließ, noch der Jet der sie in sein neuestes Abendteuer bringen würde, hinter Suvi. Alles was er sah war sie, nichts anderes schien wichtig und ihm war als würde er ankommen.
*
Sie hörte ihren eigenen Herzschlag in ihren Ohren als sie noch näher an ihn heran treten wollte, noch nie hatte sie so etwas gefühlt, doch dann hörte sie Annie rufen:
„BOSS DAS TERMINAL SAGT WIR MÜSSEN LOSFLIEGEN WENN WIR DEN ZEITPLAN HALTEN WOLLEN"
Erst als sie ihre Assistentin schreien hörte wurde ihr klar dass es keinesfalls still um sie herum war, diese Ruhe war nur in ihrem Moment entstanden. Sie lächelte Sherlock entschuldigend an, bevor sie sich herumdrehte, das Gesicht nunmehr wieder eine Maske der Ausdruckslosigkeit. „SIE WERDEN WARTEN" beschloss sie, dennoch gab sie dem Detektiv ein Zeichen ihr zu folgen.
Sie wusste das sie das Geld und die Macht hatte den ganzen Flugplan nach ihrem Willen zu beugen doch dies war kein Tag dies auszuspielen. Bevor sie zurück ins Innere des Jets gingen gab sie Sherlock seine Jacke wieder „Danke" hauchte sie ihm entgegen und musste sich zusammennehmen nicht ein letztes Mal an dem Kleidungsstück zu riechen. Sie musste besser sein als das.
„Das ist Scott Williams, er begleitet uns" sprach sie und wusste das niemand nachfragen würde, dennoch wusste sie auch das sie zwangsläufig ihrem Großvater Rechenschaft ablegen musste über den Fremden der nunmehr an ihrer Seite war. Nichts worauf sie sich freute aber sie hatte einen Plan.
Sie glaubte zu wissen warum Sherlock sich das Kostüm eines gewöhnlichen Studenten Mitte Zwanzig herausgesucht hatte. Niemand würde viel von ihm erwarten, erst recht nicht das er alles sah, analysierte, abspeicherte und zwangsläufig gegen sie verwendete. Für die Augen ihrer Leute schien er eine Art Toy Boy, ein Spielzeug das sie sich zur Unterhaltung mitgebracht hatte. Ihrem Großvater würde sie sagen er hatte vielversprechende Verbindungen zur englischen Unterwelt, damit müssten sie bis Freitag durchkommen.
Zumindest in dieser Nacht würde sie niemand hinterfragen. Sherlock warf seinen Seesack auf den freien Sitz neben sich bevor er sich gegenüber von ihr setzte. Suvi nahm ihren Wein und trank einen Schluck, Annie kam und bot Scott an ihm etwas zu trinken zu bringen, eben jener fragte nach einem Bier, beinah musste sie grinsen, er sprach auf eine ganz andere Art, seine Worte klangen zart und höfflich, doch natürlich unterdrückte sie jede Regung in ihrem Gesicht.
Als Annie wiederkam, selbstverständlich mit dem Bier, zauberte die Blonde zwischen ihren Fingern einige Scheine hervor. „Mach sie fertig" sagte sie lediglich, wissend das ihre Assistentin wusste das sie die beiden Kraftprotze im hinteren Teil der Maschine meinte, siegessicher ging eben jene um sich in das Spiel einzukaufen.
„Sie spielen nicht?" fragte Sherlock so leise das nur Suvi ihn hören konnte, er hatte dieses spielerische glitzern in den Augen, dasselbe das er getragen hatte als sie ihren Plan entworfen hatten.
„Nicht mit Karten" sagte sie, einen Mundwinkel nach oben ziehend, wissend das ihre Leute in ihrem Rücken saßen und nicht sehen konnten wie ihre Augen strahlten als sie ihren Gast ansah.
„Würfel?" kommentierte der Detektiv, er lächelte so jungenhaft das ihr Herz einen ungewohnten Hüpfer machte, sie unterdrückte ein Lachen aber zeigte ihm dennoch wie sehr sie es genoss mit ihm zu sprechen. Er war so anders, er hatte keine Angst vor ihr aber er sah sie auch nicht an als wäre sie beschädigt, er sah sie an als wäre sie.... Wichtig, aber nicht wegen ihrem Titel oder dem Geld ihrer Organisation. Sie Ohrfeigte sich innerlich, was dachte sie sich denn bei solchen Überlegungen, er sah sie so an weil es zur Tarnung gehörte, niemand würde sie je lieben. Dennoch würde sie jedes seiner Lächeln und jeden Blick genießen, wissend das dies alles war was sie bekommen würde.
*
„Ich sorge dafür das sie es wiedersehen." Sie waren losgeflogen, England lag nun beinah hinter ihnen und Sherlock sah zu seiner Heimat durch das Fenster hinab. Mehr um sich von der Frau vor sich abzulenken, als aus sentimentalen Gründen. Ihre leise Stimme bewirkte jedoch das Gegenteil, erneut hatte sie seine ganze Aufmerksamkeit.
„Ich mache mir keine Sorgen darum zurückzukommen." Erwiderte er selbstbewusst, er wusste immerhin das er bei diesem Auftrag nicht sterben würde, er hatte Vertrauen in seine Fähigkeiten.
Ihm fiel auf das der Ring den er ihr Geschenkt hatte nicht mehr an ihrem Finger war, natürlich hatte er dies schon eher gesehen aber nun nahm er sich die Zeit darüber aktiv nachzudenken. Er fragte sich ob sie ihn entsorgt hatte, der Gedanke bereitete ihm ein ungutes Gefühl, als drückte jemand auf seine Brust, nicht schmerzhaft aber störend.
„Beinah wäre es auch meine Heimat gewesen" sprach sie leise aus, nunmehr ebenfalls einen kurzen Blick aus dem Fenster werfend.
Er wusste was sie meinte, ihre Mutter wäre anscheinend nach ihrer Flucht in seine Heimat gekommen, doch dazu war es bekanntermaßen nicht gekommen, dennoch „Was für ein Leben sie wohl geführt hätten?".
[A/N: Ihr wisst ja wo ihr die Antwort auf diese Frage findet *zwinker*]
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