Showtime für Mycroft
Showtime für Mycroft
,,Ich hab da ein ganz mieses Gefühl!", brachte ich hervor, während ich mit Liam draußen vor dem Revier wartete.
Im Gegensatz zu mir, war mein Ex-Freund jedoch die Ruhe in Person und schien sich keinerlei Sorgen darum zu machen, dass die ganze Sache nach hinten losgehen könnte.
,,Ach, das wird schon, Evie. Vertrau mir doch einfach."
,,Das habe ich schon einmal getan und es dann bitter bereut.", widersprach ich, woraufhin er seufzte.
,,Weil du keinerlei Einfühlungsvermögen besitzt. So ein Plan erfordert Selbstvertrauen und Optimismus."
,,Die besten Voraussetzungen für eine Katastrophe. Und selbst wenn Leonardo den Köder schluckt, wird Mycroft aus der Rolle fallen.", meinte ich und Liam warf mir zuversichtliche Blicke zu.
,,Nein, das wird er nicht. Er ist der geborene Django! Und außerdem sind Greg und Anderson doch seine Leibwächter. Was soll da schon schiefgehen?"
Die Antwort auf Liams Frage bot sich dar, als sich in diesem Moment die Tür des Reviers öffnete. Und als mein Blick nach oben fuhr, fiel mir die Kinnlade runter und ich war gänzlich sprachlos bei dem skurrilen Anblick, der sich mir darbot.
Mycroft alias Django hatte sich einen neuen Look zugelegt und der konnte sich wirklich sehen lassen. Pechschwarzer Anzug, langer Mantel mit hochstehendem Kragen, sowie einem schwarzen Hut und einem Gehstock samt Totenkopf als Griff, ließen den Bruder von Sherlock wahrlich als einen gefürchteten Mafiaboss durchgehen.
Und Greg und Anderson hatten sich ebenfalls in Schale geworfen. Mit feinen pechschwarzen Anzügen, schwarzen Sonnenbrillen und die Haare mit Gel zurückgestylt, wirkten sie ohne Zweifel als knallharte Leibwächter, die ein Mafiaboss um sich hatte.
Während ich nach wie vor sprachlos war und nicht glauben konnte, was ich da sah, stand Liam die Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Denn seine Augen leuchteten und als die Drei vor uns Halt machten, kam mein Ex aus dem Staunen nicht mehr raus.
,,Wow! Ihr seht erstklassig aus. Ein wahres Meisterwerk.", sagte Liam und erntete tödliche Blicke von Mycroft.
,,Das werden Sie mir büßen, Mr. Parker."
,,Sie werden mir noch dankbar sein, wenn wir dadurch Ihren Bruder retten können.", widersprach Liam, ehe er sich an Greg und Anderson wandte und sie ernst ansah. ,,Ihr wisst, was ihr zu tun habt?"
,,Django ins Fabrikgebäude schaffen, sobald du uns ein Zeichen gibst.", leierte Anderson den Plan runter und Liam nickte.
,,Ganz genau! Guido...Frisur sitzt und Brille auch. Ich würde sagen, ihr macht euch schon mal bereit."
,,Haha,ich lache mit tot.", entgegnete Greg und ich sah nach oben, wo gerade Joshua von Sergeant Donovan herausgeführt wurde.
,,Dann werde ich mal das Paket abliefern.", sagte ich und wollte los, ehe Liam mich am rechten Arm zu fassen bekam und zurückhielt.
,,Evelyn...bitte sei vorsichtig."
,,Bin ich immer!", war alles, was ich erwiderte und er ließ mich los.
Greg und Anderson traten zur Seite, als gerade eine edle Limousine vorfuhr und Mycroft stieg schließlich ein. Es überraschte mich immer noch, dass er nun wirklich eine Darbietung als Django gab, aber Liam hatte ihm ja auch nicht wirklich eine Wahl gelassen. Und ich hoffte einfach nur, dass der Plan funktionierte.
,,Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da tun, Evelyn.", raunte mir Donovan entgegen, ehe sie mir Joshua übergab und ich seufzte.
,,Das hoffe ich auch!"
Sie murmelte noch etwas Unverständliches, ehe sie von dannen zog und ich packte Joshua am rechten Arm, ehe ich mit ihm auf einen schwarzen Dienstwagen zuging. Ich ließ Joshua hinten einsteigen und nickte Liam dann noch einmal zu, ehe ich mich ans Steuer setzte und mich auf den Weg machte.
***
Als wir besagtes Fabrikgebäude erreichten, stellte ich meinen Wagen ab und stieg aus. Ich sah zu der Limousine, die von Greg in sicherer Entfernung geparkt wurde. Liam stieg aus und gab mir das Zeichen, dass er soweit war und ich öffnete die Hintertür, ehe ich Joshua herauszog.
,,Wenn ich bitten darf, Mr. Montgomery!"
Er sagte nichts, sondern ließ sich mitziehen. Ich ging mit ihm kurzer Hand in das Fabrikgebäude und sah mich wachsam um, um einen Hinterhalt auszuschließen. Aber natürlich war dies ohne Zweifel ein Hinterhalt und es war nur eine Frage der Zeit, bis die Falle zuschnappte.
,,Vielleicht sollten Sie einfach gehen. Ist sicher besser für Sie.", sagte Joshua und ich sah ihn sarkastisch an.
,,Netter Versuch!"
,,Ich meine ja nur. Wir wissen doch beide, wie das ausgeht."
Auf diese Aussage gab ich keine Antwort, sondern blieb nun in der Mitte des Raumes stehen. Und als ich nach einigen Minuten schon skeptisch wurde, öffnete sich auf einmal eine Hintertür und ein Mann in einem weißen Anzug kam auf mich zu. Er hatte kurze blonde Haare, stechend blaue Augen und einen so triumphierenden Gesichtsausdruck, als hätte er eben gerade den größten Oskar aller Zeiten gewonnen.
,,Miss Headley...schön, dass Sie es einrichten konnten.", sagte er und ich musterte ihn feindselig.
,,Leonardo Cortes, nehme ich mal an."
,,Höchstpersönlich! Und wie ich sehe haben Sie Joshua Montgomery dabei und das pünktlich auf die Minute. Ich bin beeindruckt."
,,Schluss mit dieser Schmierenkomödie! Ich will Sherlock und John sehen und zwar sofort, oder Sie bekommen ein gewaltiges Problem.", forderte ich und nachdem Leonardo mich für einen Moment belustigt angesehen hatte, gab er auf einmal ein Zeichen und ein Rolltor wurde geöffnet. Dann ging er darauf zu und deutete mir an, ihm zu folgen.
,,Sie müssen schon mitkommen, Miss Headley! Sonst dürfte die Erfüllung Ihrer Forderung schwierig werden."
Ich folgte ihm und zog Joshua mit, der genervt brummte. Aber er ließ es über sich ergehen und als wir den anderen Raum erreicht hatten, erstarrte ich, denn in der Mitte des Raumes saßen, auf zwei Stühlen gefesselt, Sherlock und John.
,,Da...bitte sehr! Sherlock Holmes und Dr. John Watson! Wie gewünscht!", äußerte Leonardo und deutete einladend auf seine beiden Geiseln.
,,Oh, mein Gott!"
Ich ließ Joshua los und wollte zu den beiden laufen, doch da packten mich von hinten zwei Männer, die ohne Zweifel zu Leonardo Cortes gehörten und hinderten mich daran.
John und Sherlock sahen nun auf und während John regelrecht bestürzt drein schaute, bemühte sich Sherlock natürlich, seine Fassung zu wahren. Aber dennoch erkannte ich, dass er ebenfalls erschüttert war, als er mich entdeckte.
,,Evelyn!", brachte er nur hervor und ich sah nun, dass er an der linken Schulter verletzt war.
Daher stammte also das Blut und ich war mir ziemlich sicher, dass das Leonardo zu verantworten hatte. Dieser sah nun siegessicher auf Joshua und grinste über das ganze Gesicht.
,,Nun, da wir ja jetzt alle hier so schön versammelt sind, kommen wir doch gleich zum Wesentlichen. Miss Headley, ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Kooperation, aber Sie verstehen sicher, dass ich Sie nicht am Leben lassen kann."
Kurzer Hand richtete er eine Waffe auf mich und ich erstarrte, rührte mich aber nicht vom Fleck. Dabei hatte ich genau das vorausgesehen und wusste, dass nun mein Einsatz gefragt war.
,,Gestatten Sie mir wenigstens noch eine Frage, bevor Sie mich erschießen.", begann ich und er horchte auf.
,,Welche?"
,,Warum musste Alison sterben? War sie Ihnen auf der Spur? War sie eine Gefahr für Ihre Geschäfte und Sie haben sie deshalb umgebracht?"
Herausfordernd sah ich ihn an und Leonardo Cortes brachte mir ausdruckslose Blicke entgegen. Ich hoffte, dass er mir eine Antwort geben würde, damit ich Zeit schinden konnte und das Glück war auf meiner Seite, denn Leonardo lächelte schließlich und schien sichtlich amüsiert zu sein.
,,Eine Polizistin...durch und durch. Selbst im Angesicht des sicheren Todes versuchen Sie noch den Fall zu lösen. Das beeindruckt mich...ehrlich. Nur muss ich Sie in dem Fall leider enttäuschen, Evelyn. Denn ich habe Alison Montgomery nicht umgebracht.", sagte er und ich verschränkte die Arme vor der Brust.
,,Ach, ja? Wer soll es denn dann gewesen sein? Außer Ihnen hatte doch niemand ein richtiges Motiv."
Leonardos Blick schweifte zu Joshua und der wandte augenblicklich den Blick ab. Verwirrt sah ich zwischen den beiden hin und her und fragte mich mit einem Mal, ob ich möglicherweise zu voreilig mit meinem Verdacht bezüglich Cortes gewesen war.
,,Nun, Evelyn...in Anbetracht dessen, dass dies ja Ihr letzter Fall sein wird, werde ich Sie erleuchten. Alison war mir in der Tat auf der Spur und hat doch allen Ernstes versucht, mich zu erpressen. Wollte eine Riesenstory draus machen, wenn ich sie nicht bezahle. Hat damit gedroht, dass ich im Gefängnis landen würde. Tja, nur hat sie leider nicht gewusst, dass sie damit auch ihren Bruder ans Messer geliefert hätte."
Vielsagend sah Leonardo zu Joshua und dieser schaute schuldbewusst drein. Fassungslos sah ich die beiden Männer an und konnte nicht glauben, dass dies das Geheimnis sein sollte, welches Joshua um jeden Preis versucht hatte zu verbergen. Doch anscheinend war es die Wahrheit und mit einem Mal meldete sich Sherlock zu Wort, als hätte er meine Gedanken gelesen.
,,Joshua hat gemeinsame Sache mit Ihnen gemacht, um an Geld zu kommen. Allerdings haben Sie ihm ja auch keine sonderlich große Wahl gelassen, nicht wahr, Mr. Cortes? Sie wussten, dass einzig und allein Joshua seine Schwester im Notfall unter Kontrolle halten konnte und Sie haben ihm gedroht, Alison zu töten, sollte er Ihnen nicht bei Ihren Geschäften in London behilflich sein.", begann er und Leonardo zuckte mit den Schultern.
,,Es ging nur ums Geschäft! Und es war ein mehr als fairer Handel. Ein bisschen Hilfe beim Drogenhandel, dafür eine lebendige unversehrte Schwester und eine halbe Million oben drauf. Da kann man doch eigentlich nichts sagen."
,,Nur, dass das mit der lebendigen Schwester nicht so ganz funktioniert hat. Wollten Sie aussteigen, Joshua? Hat er deshalb Alison ermordet?", brachte ich hervor und Joshua schluckte schwer.
,,Nein. Er...er hat sie nicht getötet."
,,Wer dann? Etwa Sie selbst?", hakte ich nach und nun weiteten sich die Augen von Joshua.
,,Was? Nein! Ich hätte Ali doch niemals etwas angetan. Sie war alles, was ich noch hatte."
,,Aber irgendjemand muss sie getötet haben."
Ernst schaute ich in die Runde und tauschte dann einen Blick mit Sherlock. Zwar konnte ich seine Miene mal wieder nicht deuten, doch er schien mehr zu wissen, als er bereits preisgegeben hatte. Und als hätte ich seine Gedanken gelesen, traf mich eine Erkenntnis wie der Blitz und ich starrte Leonardo wissentlich an.
,,Sie arbeiten nicht allein!"
,,Wie bitte?", entgegnete er und tat überrascht, aber ich ließ mich nicht für dumm verkaufen.
,,Ihre Familie kommt aus Spanien und ich nehme an, Sie sind jetzt in einem Alter, wo Sie sich Ihrem Vater gegenüber beweisen müssen. Da wäre es natürlich nur allzu gut, wenn man in einem anderen Land mit dem Drogenhandel einsteigen könnte. Aber einen Drogenhandel in England aufzustellen...das erfordert Strategie und Sie brauchten jemanden, der sich in dieser Stadt auskennt. Der weiß, wem Sie vertrauen können und wem nicht."
,,Halten Sie den Mund!", zischte Leonardo, doch ich sprach weiter,
,,Wer ist es? Wer ist Ihre rechte Hand?"
,,Das reicht jetzt!", fauchte er und richtete augenblicklich die Waffe wieder auf mich. ,,Ende der Fragestunde. Ich bedaure es sehr, aber Ihr Dienst endet hier und jetzt, Miss Headley."
Ich machte mich schon darauf gefasst, dass dies wirklich das Ende war. Dass Leonardo Cortes einfach abdrücken und meinem Leben ein Ende setzen würde. Ich spürte den schockierten Blick von John auf mir und als ich unauffällig zu Sherlock sah, schien dieser ebenfalls bestürzt zu sein, doch er ließ sich nichts anmerken.
Doch ehe Leonardo zum tödlichen Schuss abdrücken konnte, öffnete sich auf einmal die Tür und ein weiterer seiner Lakaien kam herein.
,,Sir!", sagte er und Leonardo warf ihm zornige Blicke zu.
,,Was gibt's? Im Augenblick ist es sehr schlecht, Hank. Ich habe noch einen Polizistenmord auf meiner Liste und da solltest du mich besser nicht bei stören."
,,Aber da möchte Sie jemand unbedingt sprechen. Ich habe auch versucht ihn abzuwimmeln, aber keine Chance. Er sagte, er hätte noch eine Rechnung zu begleichen.", erklärte Hank und nun war Leonardo verwirrt.
,,Von wem zum Teufel reden Sie, Hank?"
,,Ich kenne ihn nicht, Sir. Er sagte nur, sein Name wäre Django.", erklärte Hank und verwirrte seinen Boss damit nur noch umso mehr.
,,Django? Wer ist Django?"
Und in diesem Moment ertönte das Klacken eines Stocks und ich bemühte mich, nicht zu grinsen. Denn wahrlich furchteinflößend in seinem neuen Look und mit seinen Leibwächtern Greg und Anderson an seiner Seite, betrat Mycroft alias Django den Raum und hob den Kopf, wo er mit aufgesetzter schwarzer Sonnenbrille auf Leonardo Cortes sah.
,,Das bin ich!", begann er und Leonardo klappte die Kinnlade runter, während Mycroft todernst blieb und einen so unglaublich finsteren Blick drauf hatte, der selbst mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. ,,Zeit für die Abrechnung, Mr. Cortes!"
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