Das Geheimnis von A.G.R.A.
Das Geheimnis von A.G.R.A.
Nachdem ich John telefonisch über das Verschwinden von Mary informiert hatte, hatte ich von ihm erfahren, dass Mary ihm einen Brief hinterlassen hatte. Sie war wirklich ins Ausland verschwunden, aber John und Sherlock hatten wohl schon einen Plan, wie wir sie aufspüren konnten. Vorher legten Sherlock und ich jedoch noch einen Zwischenstopp ein und dieser bot sich natürlich in Form von Mycroft da.
,,Also, Mycroft...was weißt du darüber?", brachte ich die Konversation ins Rollen und der Bruder von Sherlock warf mir einen wohl wissenden Blick zu.
,,Agra? Eine etwa 1,7 Millionen Einwohner zählende Stadt im Westen des Bundestaats Uttar Pradesh in Indien. Agra war mit Unterbrechungen von 1526..."
,,Was bist du? Wikipedia?", unterbrach Sherlock ihn und Mycroft sah ihn ungerührt an.
,,Ja!"
,,Na, dann...du wandelndes Lexikon,", setzte ich an und brachte Mycroft einen ernsten Blick entgegen. ,,Komm mal zur Sache!"
,,Agra ist ein Akronym!", kam es von Sherlock und Mycroft triumphierte über diese Antwort.
,,Oh, gut! Ich liebe Akronyme. Geheimorganisationen haben sowas immer."
,,Ein Team von Agenten- die Besten. Aber das weißt du ja schon.", sagte Sherlock ausdruckslos und Mycroft spielte mit einem Kugelschreiber in seinen Händen.
,,Natürlich. Lass hören."
,,Einer von ihnen, Ajay, ist auf der Suche nach Mary, die auch zum Team gehörte."
Sherlock sah Mycroft ernst an und dieser sagte für einen Moment nichts. Für mich war diese Konversation wieder die reinste Folter, denn die Mienen der Holmes-Brüder waren natürlich wieder undurchdringlich und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass uns die Zeit davonlief.
,,Tatsächlich? So, das ist mir neu.", brach Mycroft wieder das Schweigen, doch ich war schnippisch.
,,Als ob! Du weißt doch immer über alles Bescheid."
,,Auf der Suche nach dem USB-Stick hat er schon getötet. A.G.R.A. arbeitete immer für den Höchstbietenden und ich dachte, das schließt dich vielleicht ein.", fuhr Sherlock fort, woraufhin sein Bruder irritiert war.
,,Mich?"
,,Na, von mir aus die britische Regierung oder welcher Regierung du gerade auch immer beistehst."
Sherlock schien ungeduldig zu werden und damit hatten wir etwas gemeinsam. Jetzt zählte doch immerhin jede Sekunde! Denn je länger wir hier Zeit verschwendeten, desto weiter weg war Mary am Ende und dann gelang es uns gar nicht mehr, sie einzuholen.
,,Bitte, Mycroft!", bettelte ich schon regelrecht. ,,Du musst doch irgendwas wissen."
,,Nun...A.G.R.A. war immer sehr zuverlässig. Dann kam dieser Vorfall in Tiflis! Sie sollten dorthin, um die Geiseln zu befreien, aber das ging gründlich daneben. Und danach wurden keine freien Mitarbeiter mehr beschäftigt.", erklärte Mycroft und Sherlock wurde hellhörig.
,,Deine Veranlassung?"
,,Auf meine Veranlassung hin. Freie Mitarbeiter sind zu schlampig und unverbindlich. Unerledigtes mag ich nicht. Nicht unter meiner Obhut.", brummte Mycroft und ich verdrehte die Augen.
,,Ist ja mal ganz was Neues."
Mycroft schmunzelte und Sherlock griff auf einmal zu einem Block, der auf dem Schreibtisch seines Bruders lag und schrieb etwas darauf. Dann legte er den Block wieder auf den Tisch.
,,Da war noch etwas: ein Detail...ein Codewort!"
,,AMMO!", las ich vor und runzelte die Stirn. ,,Was bedeutet das? Etwa so viel wie Amor?"
,,Mehr hab ich nicht.", entgegnete Sherlock und Mycroft seufzte.
,,Nicht gerade viel."
,,Tust du mir einen Gefallen und hörst dich mal um?", fragte Sherlock und ein selbstgefälliges Lächeln umspielte die Lippen seines Bruders.
,,Dein Gefälligkeitskonto ist fast leer."
,,Dann möchte ich alles abheben!"
Tja, Sherlock schien mehr als entschlossen zu sein, in dieser Angelegenheit alle Antworten zu finden und ich hoffte inständig, dass Mycroft uns diese liefern konnte. Wozu hatte man denn jemanden in der Regierung, wenn es nicht auch durchaus seine Vorteile brächte?
,,Sag mir, Sherlock...falls du denjenigen, der sie bedroht, findest und unschädlich machen kannst...was dann? Meinst du, du kannst sie bis in alle Ewigkeit beschützen?"
Mycroft musterte Sherlock prüfend und auch mein Blick fiel auf unseren Detektiv. Er hatte immerhin den ultimativen Schwur geleistet und damit versichert, dass er Mary immer beschützen würde. Und überzeugt, wie Sherlock eben war, sah er Mycroft entschlossen an und verzog keine Miene.
,,Natürlich!"
,,Sprechen da Gefühle aus dir?", hakte Mycroft nach, aber Sherlock widersprach ihm.
,,Nein! Ich spreche selber."
,,Ist in letzter Zeit schwer zu unterscheiden. Vor allem...in betreffender Gesellschaft."
Der Blick von Mycroft fiel urplötzlich auf mich und seine Augen schienen mich regelrecht zu durchleuchten. Manchmal fragte ich mich, ob Mycroft den Röntgenblick von Superman besaß, aber das wäre dann wohl schon lange kein Geheimnis mehr. Und warum sah er bei dieser Aussage ausgerechnet mich an? Als wäre ich gewissermaßen gebrandmarkt.
,,Dann musst du wohl aufmerksamer werden, Mycroft.", meinte ich trocken und Sherlock lenkte zurück auf das eigentliche Thema.
,,Wie ich schon sagte, ich habe es versprochen- geschworen!"
,,Na, schön!", sagte Mycroft und nahm seine Füße vom Tisch. ,,Ich werde sehen, was ich tun kann. Aber merk dir eines, Bruderherz. Üblicherweise erreichen Agenten wie Mary nicht das Rentenalter. Ihr...Ruhestand...tritt meist vorzeitig und sehr endgültig ein."
Bei den Worten von Mycroft lief mir ein eisiger Schauer über den Rücken, aber er hatte nicht ganz Unrecht mit dieser Aussage. Mary führte diesbezüglich wirklich ein gefährliches Leben und es konnte jederzeit enden. Aber Sherlock schien sich keine Sorgen darüber zu machen, denn er zuckte nicht einmal mit der Wimper.
,,Nicht unter meiner Obhut!"
***
Nach unserem Besuch bei Mycroft sammelten wir John ein und begaben uns unverzüglich zum Flughafen. Wir hatten nur das Nötigste an Gepäck dabei und ich hatte dank Greg noch zwei zusätzliche Dienstwaffen mitnehmen können. Im Flieger saß ich zwischen Sherlock und John, während mich eine unangenehme innere Unruhe quälte.
Ich konnte verstehen, dass Mary untergetaucht war, denn sie wollte auf keinen Fall John oder jemanden von uns in Gefahr bringen. Aber es war auch gefährlich alleine loszuziehen, wenn ein Killer hinter einem her war. Wir konnten nur hoffen, dass wir Mary noch rechtzeitig fanden.
,,Wir werden sie finden, Evelyn.", sagte Sherlock urplötzlich, als hätte er meine Gedanken gelesen und ich seufzte kaum merklich.
,,Das hoffe ich, Sherlock. Immerhin ist dieser Ajay ein Auftragskiller und macht Jagd auf Mary. Wir dürfen also nicht zu spät kommen."
,,Werden wir nicht! Ich habe geschworen, Mary zu beschützen und das werde ich.", erwiderte Sherlock und ich rang mich zu einem Lächeln durch.
,,Ich weiß! Was Sherlock Holmes verspricht...das hält er auch. Auch, wenn du stets vorsichtig mit der Wortwahl dafür bist."
Sherlock schmunzelte und ich schloss die Augen, woraufhin ich langsam aber sicher einschlief. Und noch während ich hinab in einen traumlosen Schlaf glitt, hatte ich das Gefühl, dass uns etwas Schreckliches bevorstand.
Einige Stunden später fanden wir uns in Marokko wieder und obwohl ich mich fragte, warum Mary ausgerechnet diesen Ort hätte aussuchen sollen, ließ ich mich von Sherlock und John leiten. Die waren aus irgendeinem Grund fest davon überzeugt und das erregte natürlich meine Neugier. Und als wir bei einem arabischen Einwohner unterkamen, sah ich Sherlock schließlich erwartungsvoll an.
,,Okay, raus mit der Sprache. Was macht euch beide so sicher, dass Mary hier in Marokko ist?", wollte ich wissen und Sherlock grinste ein wenig verschlagen.
,,Aber, Evelyn...du verdirbst noch die Überraschung. Setz dich lieber, denn Karim holt gerade ein Kartenspiel."
Ich sah ihn verdutzt an und verdrehte leicht die Augen, ehe ich mich erbarmte und kurzer Hand auf ein Kissen vom Boden setzte. Binnen weniger Minuten hatte unser Gastgeber Karim auch schon die Karten geholt und spielte eine Runde mit Sherlock, als ich leise Schritte vernahm. An der Körperhaltung von Sherlock konnte ich erkennen, dass sie auch ihm nicht entgangen waren, aber er spielte unbeirrt weiter und unterhielt sich mit Karim. Gerade sprachen sie über das Thema Familien, als doch tatsächlich Mary, in Verkleidung, mit schwarzhaariger Perücke und einem völlig ungläubigen Gesichtsausdruck, um die Ecke kam und auf Sherlock und mich starrte.
,,Hmm...vielleicht liegt es daran, dass ich mit dem Konzept nicht ganz vertraut bin.", meinte Sherlock und sah dann auf. ,,Oh, hi, Mary!"
,,Welches Konzept?", entgegnete Karim verwirrt und Sherlock zuckte mit den Schultern.
,,Glückliche Familien! Wie war die Reise?"
Er sah Mary fragend an und diese war für den ersten Moment so sprachlos, dass es mich ebenfalls ein bisschen grinsen ließ. Was auch kein Wunder war, denn in dem Brief für John hatte sie ihm gesagt, dass sie ihre Identitäten und Schritte zufällig auswählen würde, sodass niemand diese voraussagen und sie finden könnte. Und doch saßen Sherlock und ich hier in Marokko...und hatten nur darauf gewartet, dass Mary zur Tür hereinschneite.
,,Marokko ist wirklich sehr schön, Mary, Eine gute Wahl, obwohl ich noch nie ein großer Fan von Afrika war.", pflichtete ich noch bei und nun fand Mary endlich ihre Fassung wieder.
,,Wie habt ihr verfl"
,,Bitte, Mary! Hier sitzt ein Kind!", unterbrach Sherlock sie und deutete auf Karim, doch Mary sah uns nur weiterhin perplex an.
,,Wie kommt ihr hier rein?"
,,Karim hat uns rein gelassen.", erklärte Sherlock und unser Gastgeber grinste über das ganze Gesicht.
,,Hallo!"
,,Karim, bist du so nett und machst uns einen Tee?", fragte Sherlock und sofort war Karim verschwunden, während Mary immer noch zu verstehen versuchte, wie wir sie so leicht hatten aufspüren können.
,,Nein, ich meine...wie habt ihr mich gefunden?"
,,Ich bin Sherlock Holmes!", kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen und ich sah Sherlock mit gespielt ungläubiger Miene an.
,,Echt jetzt? Das hätte ich jetzt nicht gedacht."
Sherlock warf mir einen perplexen Blich zu und ich schenkte ihm ein freches Grinsen. Es machte manchmal echt Spaß ihn zu ärgern und sein Gesichtsausdruck war wirklich sehenswert. Mary hingegen, war immer noch etwas überfordert von unserer Anwesenheit und schüttelte fassungslos den Kopf.
,,Nein, jetzt mal im Ernst. Ich habe jeden meiner Schritte zufällig ausgewählt- genau, wie meine Identitäten. Ich hab einfach gewürfelt."
,,Menschliches Handeln ist nie wirklich zufällig, Mary.", brachte Sherlock seufzend hervor und ich hob eine Augenbraue.
,,Ach, nein?"
,,Nein! Projiziert man ein höheres Verständnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf fundierte Kenntnisse der menschlichen Psychologie und ordnet dann noch die individuellen Dispositionen zu...lässt sich die Anzahl der Variablen deutlich reduzieren. Ich allein kenne 58 Methoden zur Reduktion einer scheinbar unendlichen Reihe zufällig generierter Möglichkeiten auf eine begrenzte Anzahl praktikabler Variablen.", erklärte Sherlock unbeirrt und mit so einer Selbstverständlichkeit, dass sowohl Mary als auch mir, die Kinnlade hinunter fiel, ehe Sherlock Mary vielsagend ansah. ,,Aber, das ist...echt schwierig, also habe ich einfach...einen Tracer in dem USB-Stick versteckt."
Nun musste ich lachen, denn diese Aussage kam völlig unerwartet und Mary starrte Sherlock für einen Moment immer noch an, als wäre er von allen guten Geistern verlassen.
,,Du raffiniertes Schlitzohr!", raunte ich Sherlock entgegen und der grinste mich an.
,,Ich sagte doch, es ist eine Überraschung."
,,Oh, du Mistkerl!", sagte Mary und musste nun ebenfalls lachen. ,,Du Mistkerl!", wiederholte sie und Sherlock kugelte sich fast vor Lachen.
,,Ich weiß, aber dein Gesicht!"
,,Ein höheres Verständnis der Wahrscheinlichkeitsrechnung?", wiederholte sie und ich zuckte mit den Schultern.
,,Naja...ist unserem Einstein doch durchaus zuzutrauen."
,,Du hast es geglaubt...ihr beide habt das.", meinte Sherlock nur und Mary lachte auf.
,,Praktikable Variablen!"
,,Ja...ungefähr da wurde es dann etwas eng.", gab Sherlock zu und Mary schüttelte erneut den Kopf.
,,In dem USB-Stick!"
,,Ja, das war meine Idee!", erklang auf einmal die Stimme von John, der nun zu uns gestoßen war.
Sofort sah Mary zu ihrem Ehemann und die beiden tauschten einen intensiven Blick. Sherlock und ich sahen uns kurz an und ich nickte, da ich ihm die unausgesprochene Aussage am Gesicht ablesen konnte.
Ein paar Minuten später setzten wir es in die Tat um. Während Mary und John miteinander sprachen, standen Sherlock und ich etwas abseits im Raum und schwiegen, da wir uns nicht in die Unterhaltung unserer Freunde einmischen wollten. Ich starrte gedankenverloren in die Ferne und wurde einfach das Gefühl nicht los, dass dies hier lediglich die Ruhe vor dem Sturm war.
,,Du bist sehr nachdenklich!", stellte Sherlock fest und musterte mich mit einer Spur von Neugier. ,,Was beschäftigt dich?"
Ich zuckte ein wenig zusammen. Sherlock stand so still wie eine Statue da, dass man seine Anwesenheit für einen kurzen Moment leicht vergessen konnte. Ich zögerte und winkte schließlich ab.
,,Es ist nichts!", sagte ich, aber sein Blick reichte aus und ich seufzte, ehe ich nachgab. ,,Ich habe nur so ein ungutes Gefühl. Dass bald etwas Schreckliches passieren wird."
Sherlock musterte mich prüfend und ich fragte mich, was wohl in seinem Kopf vorging. Manchmal war er wirklich schwer einzuschätzen, obwohl er uns alle immer mit Leichtigkeit deduzierte. Auf einmal kam er ein paar Schritte auf mich zu und sein nachdenklicher Blick wurde weicher.
,,Es wird alles gut, Evelyn. Ich habe einen Schwur geleistet und der bezieht dich auch mit ein. Ich werde euch alle beschützen...das verspreche ich dir."
Ich sah ihn ruhig an und schwieg für einen kurzen Moment. Seine Worte bedeuten mir viel und Sherlock schien zweifellos an einen Erfolg zu glauben. Bei mir blieben jedoch leise Zweifel und ich sah Sherlock etwas niedergeschlagen an.
,,Versprechen haben eine große Bedeutung, Sherlock. Und nicht immer...kann man sie einhalten. Du wirst uns nicht alle beschützen können.", brachte ich hervor und Sherlock wirkte etwas irritiert.
,,Was meinst du damit?"
,,Ach, nichts.", sagte ich und winkte ab. ,,Ich sage nur: Versprich nichts, was du nicht halten kannst."
Unsere Unterhaltung wurde von einem plötzlichen lauten Knall unterbrochen und ich fand mich binnen weniger Sekunden urplötzlich auf dem Boden wieder. Und als ich aufsah, erkannte ich den Grund dafür. Sherlock hatte sich schützend auf mich geworfen und nun fiel sein panischer auf Mary und John, die Deckung hinter der Wand gesucht hatten.
,,Alles in Ordnung?"
,,Ja!", erwiderte John und Sherlock sah mich an.
,,Bist du verletzt?"
,,Nein! Mir gehts gut!", erwiderte ich und er schein erleichtert zu sein.
Wir rappelten uns auf, als Schüsse fielen und ich zog blitzschnell meine Dienstwaffe, ehe ich Sherlock ebenfalls eine Waffe zuwarf. Er fing sie auf und die andere warf ich John zu, während Mary bereits ebenfalls Schüsse abfeuerte und ich entdeckte einen schwarz gekleideten Mann, der einen hasserfüllten Blick auf Mary warf und offenbar ihren Tod wollte.
,,Lass mich raten...Ajay!", schlussfolgerte ich und Sherlock duckte sich, als ein Schuss in unsere Richtung ging.
,,Genauso lebhaft wie beim letzten Mal."
Es fielen noch einige Schüsse, als alle in Deckung gingen und Sherlock zog mich mit sich, als er sich hinter einer Zwischenwand versteckte. John lag förmlich auf dem Boden und Mary presste sich an eine Wand von uns gegenüber.
,,So sieht man sich wieder.", zischte Ajay und Mary schien kaum glauben zu können, wirklich ihrem einstigen Kameraden zu begegnen.
,,Ajay?"
,,Du erinnerst dich an mich? Ich bin gerührt!", entgegnete er tonlos und Mary klang etwas mitgenommen.
,,Ich dachte, du wärst tot. Glaub mir...ehrlich."
,,Du kannst dir nicht vorstellen, wie lange ich mich schon auf das hier freue.", zischte Ajay und ich appellierte an seine Menschlichkeit.
,,Bitte, lassen Sie uns das ruhig und sachlich klären. Ich bin sicher, wir können über alles reden."
,,Oh, du hast Freunde mitgebracht. Wie nett von dir.", fauchte Ajay in Marys Richtung und Sherlock spannte sich kaum merklich an.
,,Wie haben Sie uns gefunden?"
,,Ich bin Ihnen gefolgt, Sherlock Holmes! Ich meine, Sie sind clever...Sie haben sie gefunden. Aber ich habe Sie gefunden, also...vielleicht auch nicht so clever. Da sind wir nun...endlich!"
Ich sah Sherlock an und dieser zögerte für einen kurzen Augenblick. Dann richtete er seine Waffe kurzer Hand auf eine Lampe an der Decke und zerschoss sie. Daraufhin duckte Ajay sich und Sherlock näherte sich ihm ein kleines Stück, woraufhin er auflachte.
,,Touché!"
,,Hören Sie,", setzte John an und es klang beinahe schon so, als würde er Ajay anflehen. ,,ganz gleich, was Sie zu wissen glauben, wir können darüber reden. Wir finden eine Lösung."
,,Sie dachte, ich wäre tot.", entgegnete Ajay kalt. ,,Hätte ich auch gut sein können."
,,Wir vier haben immer zusammengehalten...immer. Weißt du noch?", pflichtete Mary bei.
,,Oh, ja!"
,,Also, warum willst du mich umbringen?"
Die Anspannung wuchs angesichts Marys Frage und es fühlte sich fast so an, als wäre die Zeit an Ort und Stelle stehen geblieben. Es gab nichts mehr! Nur Ajay und uns vier, die alles versuchten, um ihn zur Vernunft zu bringen.
,,Weißt du, wie lange die mich gefangen gehalten haben? Was die mir angetan haben? Die haben Alex zu Tode gefoltert! Ich höre noch das Geräusch von seinem brechenden Rückgrat. Und du? Wo warst du?", zischte er und Mary hatte Mühe, die Fassung zu wahren.
,,Mir ist damals die Flucht aus der Botschaft gelungen. Aber dich habe ich auch aus den Augen verloren. Wo warst du denn?"
,,Oh, ich konnte entkommen. Aber nur kurz.", erwiderte Ajay und schien von seinen Erinnerungen verfolgt zu werden. ,,Ich konnte nur noch meinen USB-Stick verstecken. Die sollten den nicht in die Finger kriegen. Ich war loyal...verstehst du? Meinen Freunden gegenüber loyal...aber die haben mich geschnappt und mich gefoltert. Die wollten keine Information...die wollten nichts anderes als Spaß. Die dachten, ich würde aufgeben...sterben...aber nein! Ich wollte leben! Irgendwann haben Sie mich vergessen und ließen mich in einer Zelle verrotten. Sechs Jahre behielten Sie mich dort! Und eines Tages, sah ich meine Chance. Und sie haben dafür bezahlt. Und die ganze Zeit über...bekam ich immer wieder mal was mit.", erklärte er und seine Worte versetzten mir eine Gänsehaut. ,,Ihr Flüstern...ihr Lachen...ihr Geschwätz...wie die cleveren Agenten verraten worden waren. Bezwungen...durch dich!"
,,Mich?", brachte Mary ungläubig hervor und dann ging alles ganz schnell.
Wir alle kamen aus unseren Verstecken und wir richteten die Waffen auf Ajay. Der und Mary standen sich nun direkt gegenübervon Angesicht zu Angesicht und hielten ihre Waffen aufeinander gerichtet. In den Augen von Ajay konnte ich Wut und Hass sehen...aber auch Verzweiflung und Verbitterung. Er fühlte sich von Mary verraten und in Anbetracht dessen was ihm widerfahren war, konnte ich es sogar ein klein bisschen verstehen.
,,Ich würde auch schießen! Du weißt, ich würde es tun, Ajay.", sagte Mary und er zuckte nicht einmal mit der Wimper.
,,Denkst du, zu sterben macht mir was aus? Ich habe davon geträumt, dich zu töten. Sechs Jahre lang...jede Nacht!"
,,Ich schwöre es dir, Ajay!", widersprach Mary und Sherlock warf einen eindringlichen Blick auf Ajay.
,,Was haben Sie gehört, Ajay? Als Sie dort gefangen waren...was genau, haben Sie da gehört?"
,,Was ich gehört habe?", entgegnete er, hielt seinen Blick aber weiterhin auf Mary gerichtet. ,,Ammo! Jeden Tag, wenn sie mich quälten. Wir wurden verraten!"
,,Ist ein Name gefallen?", warf ich in den Raum und Ajay sah zu mir.
,,Ein Name?"
,,Ja! Haben die irgendeinen Namen erwähnt? Was macht Sie so sicher, dass Mary die Verräterin ist?", sagte ich und er zögerte einen kurzen Moment, ehe er endgültig die Fassung verlor.
,,Sie sagten, es war die englische Frau!"
Kaum, dass die Worte seine Lippen verlassen hatten, fiel ein Schuss und bereitete dem Leben von Ajay ein Ende. Erschüttert sah ich auf und entdeckte einen arabischen Polizisten, der Ajay niedergeschossen hatte. Mary ging neben ihrem ehemaligen Gefährten auf die Knie und Karim, der gerade mit dem Tee zurückkehrte, ließ das Tablett beim Anblick des Toten fallen.
John eilte an die Seite von Mary, die verzweifelt auf den leblosen Körper von Ajay hinabsah. Mein Blick fand den von Sherlock und uns beiden war klar, dass der Fall noch lange nicht gelöst war.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro