~ Neununddreißig ~
„Wie bitte?“, wandte sich Liam förmlich an Niall, der locker gegen den Türrahmen gelehnt hatte.
Niall senkte kurz den Kopf, um still in sich hinein zu lachen, manchmal hatte Liam eine wirklich naive und gerade zu snobistische Art, die er einfach nicht verstand.
„Ihr habt schon richtig gehört, ihr seid für ein paar Stunden befreit. Ich muss mit Ali noch „Jar of Hearts“ weiterproben. Und da sie nicht arbeiten kann, wenn ihr in der Nähe seid“,
er warf einen kurzen Blick auf Harry, der ihn grinsend anlächelte und unschuldig die Achseln zuckte, „schmeiße ich euch alle raus.“
„Ich glaube du hast da etwas ganz Wichtiges vergessen“, schaltete sich nun auch Louis zu, der bis dato nur still an die Fensterbank gelehnt stand.
Ava nickte ihm begeistert zu und bedeutete Louis weiter fortzufahren. Das konnte ja was werden.
Er warf einen kurzen Blick auf Ali, die sich aus der Mitte des Raumes verzogen hatte und nun das Schauspiel aus sicherer Entfernung beobachtete.
Niall konnte in ihrem Blick lesen, dass ihr die Geheimnistuerei deutlich gegen den Strich ging.
Rate mal, wem noch, seufzte Niall innerlich, wandte sich dann aber wieder seinem Freund zu, der ihn neugierig beobachtete.
„Du und Ali müsst noch ein Duett singen. Und da ihr Beiden auf keinen Fall zusammen einen Song einstudieren könnt, müssen wir das mit euch tun.“
Ava nickte Louis erneut zu. Sie erinnerte Niall beinahe an einen Wackeldackel.
„Ich wusste, dass du sie manipuliert hast“, raunte Niall ihr feindselig zu.
Da musste einmal eine gestandene Frau auftauchen mit einem leichten Chefton und schon ließen sich die Jungs an die Leine nehmen. Schade, dass sie bei ihm so uneinsichtig waren.
„Das heißt ihr übt jetzt mit uns?“, wandte sich Niall in die Runde und ließ den spöttischen Unterton seiner Stimme mehr als deutlich werden.
Er stellte sich Harry bereits als Mentor vor, ahnungslos und in Unkenntnis über Harmonielehre, Akkorde und Stimmlagen. Oder Liam, der das perfekte Gegenbeispiel war und wie ein Professor von „Apreggio“ und „Allegro“ sprechen würde, während alle anderen nur Pasta verstanden.
Oder auch Louis, der wortkarger war, als jeder andere Mensch, den er kannte.
Vielleicht würde er auf das Darstellungsmittel der Schaubilder zurückgreifen und ihnen seine Meinung auf Zaubertafeln präsentieren.
Ava würde höchstwahrscheinlich zwischen ihm und Ali hin und herlaufen wie ein aufgescheuchtes Huhn und mit Anglizismen werfen, von denen sie ganz genau wusste, dass Niall sie hasste. Es würde eine wundervolle Woche werden.
„Ja“, antwortete Liam nun unnötigerweise.
„Okay, und was wollt ihr uns noch sagen?“, fragte Nil, um gleich alle Geheimnisse zu lüften, denn das war sicher nicht alles gewesen.
Er wollte nicht jeden neuen Tag mit anderen Herausforderungen konfrontiert werden, sondern sich von vornerein über die Größe des Aufwandes bewusst sein.
Niall erhaschte einen kurzen Blickwechsel von Liam, Louis, Harry und Ava, die sich nicht ganz sicher waren, ob sie die Bombe bereits platzen lassen sollten.
Feiglinge, murmelte Niall still vor sich hin. Das konnte doch nicht ihr ernst sein!
Erst große Pläne schmieden, aber dann zu feige sein, sie auch auszuführen. Man konnte Niall vorwerfen, was man wollte, aber er setzte seine Ziele immer durch, egal was es kostete.
„Tja“, meldete sich Ava zu Wort, während Niall nur die Augen verdrehte.
Das war ja wirklich gentlemanlike von den Jungs, Ava vorzuschicken. Aber sie musste nicht beschützt werden, da war er sich sicher. Höchstwahrscheinlich war der ganze Mist auch von ihr verzapft worden.
„Wir sind uns nicht ganz einig geworden bei der Songauswahl“, sagte Ava zögerlich und sah sich im Raum um.
Ihr Blick blieb an Ali hängen, der sie einen entschuldigenden Blick zu warf. Doch Ali schien nicht ganz konzentriert zu sein, ihr Blick war glasig, sie war mal wieder ganz woanders. Vielleicht auch besser so, obwohl Niall nichts gegen ein bisschen Unterstützung hatte, aber Ali würde die Sache höchstwahrscheinlich nur noch schlimmer machen.
Er sollte sich wohl lieber auf seine eigenen Fähigkeiten verlassen.
Ein launisches und aufbrausendes Mädchen, wie Ali es war, konnte er dort nicht gebrauchen. Hier zählten nur klare Fakten und stechende Argumente, vor allem im Streitgespräch mit Ava.
„Na gut, dann lassen wir es einfach“, entgegnete Niall lächelnd, obwohl er sich sehr wohl bewusst war, dass sie die Sache nicht so einfach schleifen lassen würden.
Die Jungs lachten kurz auf, als sie seinen schwachen Witz hörten, doch Ava schien es heute nicht so wirklich mit dem Humor zu haben.
„Auf gar keinen Fall“, erwiderte sie und warf ihm einen warnenden Blick zu. Niall zuckte nur die Achseln.
Einen Versuch war es wert.
Da ergriff Ali, aus der hinteren Ecke des Raumes, das Wort.
„Was ist denn mit dem Plattenlabel? Wenn sie ein Duett hören wollen, dann haben sie bestimmt auch gesagt, welchen Stil sie bevorzugen oder suchen, oder?“
Danke Ali, dachte Niall kurz und warf der Kleinen einen anerkennenden Blick zu. Tja, Ava, jetzt bist du in Schwierigkeiten. Du wolltest die Kleine ja belügen.
Im Raum war es sofort still geworden und die Jungs und Ava sahen einander verblüfft an. In deren Haut wollte er jetzt nicht stecken, dachte er schadenfroh.
Es war eine Sache, Aleyna Dinge zu verschweigen, sowie er es getan hat, eine andere aber sie vorsätzlich zu belügen. Ali, die die verzweifelten Blickwechsel sicher nicht entgangen war, hob eine Augenbraue und warf einen fragenden Blick in den Raum, der von weiteren ebenfalls ahnungslosen Blicken erwidert wurde.
Daraufhin senkte sie den Blick und schwieg wieder. Niall war von ihrer Reaktion mehr als überrascht, den hatte eigentlich erwartet und gleichzeitig gefürchtet, dass sie eine Szene machen würde.
Erstens, weil Niall einfach ohne ihre Einverständnis beschlossen hatte, ein Duett zu singen. Und zweitens, weil sie spätestens jetzt wissen sollte, dass irgendetwas im Busch war, von dem sie bis zu dem jetzigen Zeitpunkt keine Ahnung hatte.
„Na ja“, fasste sich schließlich Ava ein Herz. „Ihr solltet die Sache mit dem Plattenlabel nicht zu ernst nehmen, denn das sie Interesse haben, heißt noch lange nichts. Deshalb solltet ihr euch lieber auf euren Stil verlassen, denn damit wollt ihr ja begeistern.“
Niall gluckste kurz auf, während Ava ihm einen vernichtenden Blick zu warf. Sie war wohl doch nicht so ein moralischer Mensch, wie sie immer gedacht hatte.
Das waren sie alle nicht. Selbst Liam und Harry spielten bei dieser Märchengeschichte vom Plattenlabel mit, das hatte er nicht erwartet.
Aber das zeigte doch mal wieder, dass die Menschen nicht immer das sind, was sie vorgaben zu sein.
Niall warf erneut einen Blick auf Ali, die angestrengt nachzudenken schien.
Irgendetwas ging in diesem kleinen Kopf vor, er konnte nur hoffen, dass das, was sie dort drin fabrizierte, zu seinem Vorteil wurde.
Schließlich standen sie jetzt gezwungenermaßen auf einer Seite. Irgendwie. Auch wenn es ein recht labiler Waffenstillstand war, er war da.
„Okay“, fuhr Ali nach ein paar Minuten fort und sofort schossen wieder alle Blicke in ihre Richtung.
Die Jungs sahen sie vorsichtig, beinahe ängstlich an.
Sie wollten sie nicht belügen, aber sie sahen wohl sonst keine Möglichkeit, Nialls Chefposten zu stürzen.
Ava sah konzentriert aus, versuchte sich schon einmal in Gedanken auf alle Worte gefasst zu machen, die jetzt über Alis Lippen kamen.
„Dann können wir doch einfach gemeinsam entscheiden, welchen Song wir jetzt singen oder ihr erzählt uns schon mal von eurer getroffenen Vorauswahl.“
Wieder blieb es still, während sich die Jungs und Ava immer unwohler in ihrer Haut zu fühlen schienen.
Recht so, dachte Niall kein bisschen nachsichtig. Die hatte man ihm ja auch nicht gegönnt. Auge um Auge.
Wieder huschte ihm ein Lächeln über das Gesicht, langsam genoss er dieses Spielchen, doch Ali bemerkte seine Freude und schloss sofort das Falsche daraus.
„Kann es sein, dass ihr hier schon wieder etwas hinter meinem Rücken besprochen habt?“, fragte Ali wütend in den Raum.
Als niemand ihr gedachte zu antworten, sprach sie ihn direkt an:
„Niall?“
Er konnte sie nur erschrocken ansehen, während er einen Finger auf seine Brust legte und sie empört fragte:
„Wieso denn schon wieder ich?“
Das war doch nicht ihr Ernst! Er hatte damit gar nichts zu tun! Unschuldig!, wollte er ihr zu rufen, aber das wäre nicht ganz richtig.
Auch wenn Niall an dieser Intrige, denn anders konnte er es mit besten Willen nicht nennen, nicht direkt beteiligt war, er hatte auch nichts dagegen unternommen, als er davon Bescheid wusste. So etwas nannte man dann wohl Beihilfe.
„Wenn du es nicht warst, der das hier angezettelt hat, wer dann?“, fragte Ali ihn erneut.
Hallo!, wollte er ihr zu rufen. Sieh dich doch mal im Raum um, Kleine. Das sind hier die wahren Verbrecher. Aber das war ja klar: Für Ali war er Staatsfeind Nummer 1.
„Das waren dann wohl wir“, gab Ava endlich zu und zeigte auf sich und die restlichen Jungs, die sofort etwas in sich zusammenfielen.
„Und was bezweckt ihr mit dem, was auch immer ihr auch tut?“, fuhr Ali sie an und warf den Jungs einen vernichtenden Blick zu, die sie entschuldigend ansahen.
Niall wollte fast aufspringen und sich zwischen den – vom Machtverhältnis nicht ausgeglichenen – Blickwechsel stellen. Die Jungs schienen sich gar nicht wehren zu können, es war fast so, als ob sie von den feindseligen Blicken der Kleinen geblendet wären.
Das konnte doch nicht wahr sein. Jetzt hatten sie auch noch einen Beschützerinstinkt und Sympathie für die Kleine entwickelt.
Genau das hatte er vermeiden wollen, in dem er eine jüngere Sängerin engagierte, die weder Hilfe brauchte noch genug Sympathie aufkommen lassen konnte, weil sie schlichtweg nicht in ihrem Alter war.
Wie konnte man denn sich so von ein paar Blicken eines Mädchens beeinflussen lassen?
Zugegeben, wenn es Blicke gab, die töten konnten, dann sicher die Von Ali. Sie hatte da wirklich ein Händchen für, auch wenn sie durchschaubar waren.
„Wir tauschen mal ein bisschen die Machtverhältnisse“, warf Harry ein und erntete sofort einen dankbaren Blick von Ava.
„Hör mal, Ali“, fuhr er fort, bewegte sich auf Ali zu und legte den Arm um sie.
Diese konnte Harry nur verwirrt ansehen, aber so schnell ließ sie sich nicht beeinflussen, denn Niall konnte leicht beeindruckt feststellen, dass sie versuchte seinen Arm abzuschütteln.
Jedoch war sich Harry dieser Bewegung nicht wirklich bewusst geworden und zog sie nur noch näher an sich heran und lächelte sie breit an.
„Du hättest doch auch nichts dagegen, wenn unser Chef ein bisschen leiden muss, oder?“
Er lächelte sie erneut an, wartete aber auf keine Antwort, die mehr als deutlich war, Niall war für Ali ein rotes Tuch.
„Also übernehmen wir hier für eine Zeit lang das Kommando.“
„Und warum muss ich dann mit Niall leiden?“, stellte Ali geschickt die elementarste Frage.
Auch wenn er etwas empört über die Anschuldigungen gegenüber ihm war, Alis Frage war gerissen und würde alle in Erklärungsnot bringen, auch unseren sonst so wortgewandten Harry.
„Schließlich musste ich auch unter seiner Schreckensherrschaft leiden“, fuhr sie fort und bedachte Niall mit einem ironischen Lächeln.
Irgendwann war genug, stellte Niall fest. Sie hatte den Bogen eindeutig überspannt.
„Entschuldigung, ich bin auch noch anwesend“, fuhr Niall dazwischen und warf der Kleinen einen vernichtenden Blick zu.
„Wenn ihr über mich tratschen wollt, dann gründet eine Selbsthilfegruppe und trefft euch, aber hier wollen wir proben.“
Ali prustete sofort darauf los, während Niall sich fragte, ob er einen schlechten Witz verpasst hatte.
„Um nochmal auf deine Frage zurück zu kommen“, schaltete sich nun wieder Ava , ganz die Streitschlichterin, ein.
„Alle können hier miteinander arbeiten nur du und Niall nicht, deshalb müsst ihr wohl beide dran glauben.“
Niall registrierte lächelnd, wie Ali verblüfft der Mund aufklappte und sie Ava einen empörten Blick zu warf.
Jetzt hatten wohl alle auf den Decken bekommen.
„Komm schon, Ali“, sagte nun wieder Harry und zupfte am Ärmel ihres Shirts, um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
Ali warf ihm einen kurzen, leicht feindseligen, Blick zu, doch Harry lachte nur.
„Wir wissen doch alle, dass du der bessere Teamplayer bist. Das zeigst du uns einfach in den Proben mit Niall und dann darfst du ihn auch quälen.“
Bevor jemand etwa erwidern konnte, dass ihn noch weiter zur Weißglut bringen konnte, entgegnete er ruhig, aber akzentuiert:
„Harry, reiß dich zusammen. Und Ali: Ich schwöre dir, wenn ich ein einzelnes Lächeln auf deinem Gesicht sehe, wenn sie mich quälen, kann ich für nichts mehr garantieren.“
Harry lachte lauthals auf und ließ Ali los, um sich in Ruhe einzukriegen, aber das Lächeln schien sein Gesicht einfach nicht verlassen zu wollen.
Ali sah Niall nur stirnrunzelnd an, dann schüttelte sie den Kopf.
„Und mit welchen Song, wollt ihr uns diesmal ärgern?“, fragte sie im neutralen Tonfall und wieder fixiert auf das Wesentliche. Eine Eigenschaft an ihr, die er an ihr schätzte.
Sie kam gleich zum Wichtigen und tat, was getan werden musste, wenn auch nicht immer in der richtigen Reihenfolge und ohne Widerstand. Aber daran hatten sie ja noch Zeit zu arbeiten.
Vorausgesetzt Niall überlebte diese Duett –Woche in seiner ganz persönlichen Hölle.
„Wir haben da mehrere zur Auswahl“, erwiderte Ava ihr sofort. „Schließlich haben wir alle verschiedenen Geschmäcker. Aber wir dachten…“
Niall musste kurz auflachen und unterbrach Avas dramatische Gequatsche.
Wir dachten…, dass er nicht lachte. Bis vor fünf Minuten wussten sie nicht mal, welchen Song sie nehmen sollte.
Und jetzt hatte Ava sich kurzerhand das Ruder unter den Nagel gerissen und machte auf großen Boss.
Na, das konnte ja was werden.
„Wenn du mich bitte aussprechen lässt“, fuhr Ava Niall zickig und unglaublich förmlich an.
Wenn sich da mal nicht bei jemandem die Hormone meldeten….
„Wir fangen an mit Echt von Glasperlenspiel, wir dachten der Song passt ganz gut zu euch.“
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Bäm...
Na ob das alles so gut geht?
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