
Chapter 12
Gleich am nächsten Tag hatte ich allerdings tatsächlich einen Arztbesuch – den zweiten offiziellen Termin zum Ultraschall.
Ich war offen gestanden sehr nervös, genauso wie das letzte Mal. Obwohl ich auf dem Bild nichts hatte erkennen können, hatte mich der Anblick zu Tränen gerührt. Da war ein ungeborenes Leben in mir, in meinem eigenen Bauch – und ein weiteres Mal stellte sich mir die Frage, wie Niall von dieser Tatsasche so unberührt sein konnte.
Aber in diesem Moment sollten meine Gedanken nicht ihm gehören. Das hatte er in meinen Augen nicht verdient. Sie sollten einzig und allein meinem Kind gehören.
Als ich allerdings die U-Bahn-Station in der City of London verließ, sollte mir ein weiteres mal Vor Augen geführt werden, wie anstrengend ein einfacher Besuch beim Arzt werden konnte, wenn die halbe Welt deinen Namen kannte.
Einige Fotografen standen auf den Straßen, vermutlich hatten sie sich untereinander Bescheid gegeben.
Verschiedene Stimmen riefen durcheinander, sie riefen meinen Namen und einige von ihnen stellten lauthals Fragen an mich, die ich allerdings unter Garantie nicht beantworten würde.
Hatten diese Leute noch nie etwas von Privatsphäre gehört?
Ich spürte, wie mir heiß wurde und ich mich unheimlich bedrängt fühlte. Wie hielten manche Leute diese stressigen Situationen nur Tag für Tag aus?
Umso erleichterter war ich, als ich endlich die Arztpraxis meines Gynäkologen betrat, wo ich – wie immer – eine relativ gesehen sehr lange Zeit im Wartezimmer zubrachte.
Als meine Ärztin endlich im Türrahmen des Wartezimmers auftauchte, lächelte sie mich entschuldigend an. „Tut mir leid, dass sie so lange warten mussten.“
„Kein Problem“, gab ich ebenfalls lächelnd zur Antwort, obwohl es um ehrlich zu sein sehr wohl ein Problem gewesen war. Meine Bauchschmerzen wurden nämlich immer stärker und am liebsten hätte ich mich zu Hause schlafen gelegt, bevor es noch schlimmer werden konnte.
„Wollen sie mir folgen?“, sie deutete mit ihrem Daumen über ihre linke Schulter und ich nickte ihr zu.
Sie führte mich in den selben Raum, in dem ich bereits beim ersten Ultraschall gewesen war. Eigentlich sah er nicht anders aus, als andere Räume auch. Es gab eine Liege, Unmengen ärztlicher Geräte, die ich alle nicht benennen konnte und an der Wand hingen zahlreiche Bilder, die den menschlichen Körper erklären sollten.
Sie bat mich, mich auf der Liege niederzulassen und meinen Bauch freizumachen – und ich folgte ihrer Anweisung.
Schließlich bedeckte sie meinen Unterleib mit diesem kalten, schleimartigen Glibber, von dem ich nicht wusste, wozu er überhaupt zu gebrauchen war.
Als sie den Monitor anschaltete und mit einem spzeiellen Gerät über die kleine Wölbung auf meinem Bauch fuhr, konnte ich erneut nichts erkennen, bis sie anfing, mir zu erklären, was zu sehen war.
„Ihr Baby liegt auf dem Rücken“, erklärte sie mir und deutete den Unfang des Fötus nach. „Die ideale Position zur Messung der Körperlänge“, sie grinste mir zu. „In der elften Woche sollte ihr Kind im Normalfall vom Scheitel bis zum Steiß etwa fünf Zentimeter messen.“
Ich nickte ihr zu, antwortete jedoch nicht. Viel zu gefangen war ich von dem Anblick auf dem Bildschirm, auch wenn ich nur sehr wenig erkennen konnte. Allerdings bildete ich mir ein, es wäre mehr gewesen als im letzten Monat.
„Hatten sie in den letzten Wochen starke Bauchschmerzen?“
Ich seufzte auf. „Ja“, antwortete ich, „Leider.“
„Wo genau?“
„Im Beckenbereich“, ich deutete auf meinen Rücken. „Dort sind es allerdings keine richtigen Schmerzen, nur so ein unangenehmes Ziehen. Schmerzen habe ich eigentlich nur im inneren Bauchraum.“
Die Ärztin nickte. „Die wachsende Gebärmutter verschafft sich allmälich etwas Platz“, erklärte sie, „Das ist völlig normal.“
„Und was sind das für ewige Bauchschmerzen?“
„Die Bänder und Muskeln im Beckenbereich dehnen sich, damit ihr Baby Platz hat“, sie schien dieses Gefühl nachvollziehen zu können, da sie mich ununterbrochen anlächelte, als würde sie sich tatsächlich für mich freuen. „Das ist zwar etwas unangenehm, sollte aber kein größeres Problem sein.“
„In Ordnung“, gab ich zurück, ohne meinen Blick von dem Monitor zu wenden.
„Ihr Baby reagiert auf die Wellen des Ultraschallgerätes“, wieder fand sich dieses mitfühlende Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie auf einen kleinen, sich schwach bewegenden Fleck in dem Bild zeigte. „Es kann schon hören.“
„Aber es ist doch erst knapp 80 Tage alt“, verblüfft sah ich sie nun an, ehe ich meinen Blick wieder starr auf den Monitor richtete.
„In diesem Alter ist der Hörsinn bei den meisten Ungeborenen bereits vollständig entwickelt“, erläuterte sie, während sie langsam mit den Händen gestikulierte.
„Das geht verdammt schnell“, murmelte ich und musterte den kleinen Umriss, der noch immer auf dem Ultraschallbild zu erkennen war.
„Selbstverständlich können sie ein Ultraschallbild haben, wenn sie wollen.“
Ich nickte ihr zu. „Natürlich.“
Nachdem ich die Praxis wieder verlassen hatte, hielt ich ein Ultraschallbild meines Kindes in der Hand. Ich wunderte mich längst nicht mehr darüber, dass ich es ständig ansehen musste. In der U-Bahn, im Bus, zu Hause. Ununterbrochen.
Um ehrlich zu sein kam ich mir anfangs etwas seltsam deshalb vor, aber mittlerweile glaubte ich, dass es ganz normal war und dass es weitaus schlimmere Angewohnheiten in einer Schwangerschaft geben konnte.
Ich verspürte beispielsweise keinen Hunger auf irgendwelche absurden Kombinationen aus Nahrungsmitteln, worüber ich offen gestanden auch ziemlich froh war. Das Einzige, worauf ich beinahe jeden Abend Lust hatte, war Eiscreme. Das war vor meiner Schwangerschaft nie wirklich vorgekommen.
Meine Ärztin hatte mir empfohlen, einfach ein paar Löffel voll zu essen, allerdings nicht zu viel. Und daran hielt ich mich.
Als ich die U-Bahn-Station betrat, fegte der Wind eines abfahrenden Zuges bereits meine Haare nach hinten und ich blickte auf den Fahrplan. Die nächste Bahn zur Southwark Tubestation dürfte dem zu Folge in zwei Minuten ankommen.
Das Gute an Großstädten war, dass es nichts machte, wenn man seine Bahn oder seinen Bus verpasste. Im Normalfall kam der Nächste innerhalb von fünf Minuten.
Allerdings war es fragwürdig, ob dieser Ort ein geeigneter Platz war, um ein Kind großzuziehen.
Als ich zu Hause ankam, legte ich das Bild auf dem Tisch ab und brühte mir eine Tasse heißen Tee auf. Das Wetter war an diesem Tag ziemlich kalt, und ohne eine Tasse Tee am Nachmittag hatte ich noch nie auskommen können.
Plötzlich spürte ich, wie meine Stimmung sprungartig anstieg. Ich fühlte mich plötzlich unheimlich gut. Ich spürte eine sehr große Liebe gegenüber diesem ungeborenen Leben in meinem Inneren. Und um ehrlich zu sein konnte ich mir nicht vorstellen, je wieder ohne es zu sein.
Ich würde so weit gehen wie es nötig war, um es zu beschützen. Das Ganze fühlte sich natürlich an, wie eine Art Instinkt.
Wenn irgendetwas diesem kleinen, unschuldigen Wesen zu nahe kommen wollte, musste es zuerst an mir vorbei. Und ich schwor mir, das niemals zu zu lassen.
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Meine lieben Leser! :)
Ich wollte euch nur erklären, warum dieses Kapitel Sarah gewidmet ist. Sie ist für mich ehrlich zu einer so guten Freundin geworden in den letzten Wochen und Monaten, war immer für mich da, ganz egal wie schlecht es mir ging und wie scheiße ich zu ihr war. Meistens konnte sie nicht mal was dafür. Und sie war trotzdem da.
Und ich kann euch nur raten, lest ihre Geschichten. Sie schreibt wundervoll.
Du bist ein so wundervoller Mensch. Ich weiß, das ist dir nicht klar, aber ich will es dir nochmal sagen. Hier vor versammelter Mannschaft - Ich liebe dich. <3
Love always,
Demi. xx
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