Kapitel 9.
Alrik
Die Crew wachte gerade auf, ich konnte ihre müden Stimmen hören, wenn sie an meiner Kabine vorbeizogen, als ich meine Kleidung anlegte. Es war noch früh morgens und ihre schlurfenden Schritte hallten in dem kleinen Gang.
Stirnrunzeln musste ich feststellen, dass der meiste Stoff nichtmehr in der besten Verfassung war.
Das Hemd welches ich trug wies braune Flecken auf und der Mantel den ich von Sturmhund hatte war durch und durch mit Löchern bestückt.
Ich sah nichtmehr aus wie ein Prinz. Sondern eher wie ein armer Bettler. Ich schnaufte amüsiert über diesen Gedanken auf. Ein Bettler Prinz, sowas kommt doch eigentlich nur in Märchen vor.
Ich wusste ich sollte mich ja eigentlich freuen es würde die Chancen entdeckt zu werden verringern.
Doch das genaue Gegenteil war der Fall.
Meine Sehnsucht nach Hause war groß. Wie weit ich wohl von dem Schloss entfernt war? Zwei Tage? Einen Tag? Es war egal, ein Teil von mir, von dem ich nicht gerade behaupten könnte er wäre klein, wünschte ich wäre dort.
Vor einem warmen Kamin mit einer Tasse Tee vielleicht und einem guten Buch. Nicht in einer kleinen Holzkabine, umzingelt von Leuten die ihre eigene Mutter verkaufen würden.
Die Welt hätte sich auch ohne mich und meine Schnapsidee gut weitergedreht. Hatte ich die falsche Entscheidung getroffen.
Warum hatte ich nur die Sicherheit meines Schlosses verlassen?
Vielleicht hatte ich einfach nur überreagiert?
Vielleicht war mein Vater ja gar nicht solch ein Tyrann, dem Land ging es ja gut, wie böse kann man da sein? Seit Jahren gab es keine Seuchen mehr, wir behandelten unsere Staaten gut. Natürlich, wir eroberten ihre Länder, aber Vater hatte immer gesagt es wäre zu ihrem besten, dass wir sie beschützen würden und wir gaben ihnen Plätze in unserem Militär und anderen Einrichtungen.
Und vielleicht, vielleicht war mein Vater ja doch nicht so geisteskrank wie ich dachte. Vielleicht bin ich einfach nur zu schwach um seine Methoden zu erkennen?
Ich könnte ihn ja anflehen mir zu vergeben?
Sofort schob ich den Gedanken weg. Nein! Nein ich hatte gesehen was Vater mit seinen Leuten anstellt, er muss fort. Er muss vor sich selbst gerettet werden.
Du bist aus einem Grund hier und du weißt es! Rief mir eine nervige Stimme in meinem Kopf zu, dieselbe Stimme, die mich schon dazu verleitet hatte Verrat zu begehen.
Doch sie hatte Recht und ein Zurück gab es nichtmehr. Nichtmehr und nicht für mich. Mit einem letzten Blick in den Spiegel, auf den Bettlerprinzen in den ich mich verwandelt hatte, richtete ich meinen Hemdkragen und ging dann aus der kleinen Kabine.
Als ich an Deck kam, befand sich darauf schon ein emsiges Treiben. In einer Ecke, die gut vor dem starken Wind geschützt war stand eine Theke mit dem Frühstück. Eine Schlange an Leuten, hatte sich davor versammelt und wartete darauf ihr Essen zu bekommen. Auch ich stellte mich dazu und folgte dem morgendlichen Trott der Crew. Als ich an der Theke ankam holte ich mir eine Schüssel gefüllt mit etwas was wie Haferschleim aussah. Doch so genau konnte ich es nicht sagen, da die Pampe nicht wirklich verriet was sie war.
Ich nahm einen kleinen Löffel davon und hätte ihn am liebsten wieder ausgespuckt. Mein Gesicht verzog sich bei dem Geschmack.
Es war einfach nur widerlich.
Die Pampe schmeckte wie eine Mischung zwischen süß und sauer, gemischt mit Milch. Die dickflüssige Form tat dem Geschmack auch nichts Gutes. Mussten diese armen Leute diesen Fraß jeden Tag essen? Kein Wunder, dass sie alle so finster dreinblickten.
Ich verzog mein Gesicht und überlegte ob ich noch einen weiteren Bissen nehmen sollte, während ich mit dem Löffel im Brei herumrührte.
Ich war so fasziniert von der Pampe, dass ich fast gar nicht bemerkt hätte, wie mich jemand aus der Ferne ansah. Neugierig hob ich meinen Kopf und suchte nach dem Augenpaar welches mich musterte. Es dauerte nicht lange, da die Person sich keine Mühe machte ihr Starren zu vertuschen.
Sie war groß, bestimmt einen Kopf größer als ich.
Ihr Körper war kurvig und das genaue Gegenteil von Sayurie, die so dünn wie ein Stock war.
Ihre langen blonden Haare hatte sie zu einem Kneul auf ihrem Kopf zusammengebunden. Während sie abwesend damit spielte.
Doch was sie am meisten herausstechen ließ war ihr Gesicht.
Es hatte eine schöne Ovale Form und ihr Auge, ich war mir dabei nicht sicher auf dieser Entfernung, hatte die Farbe von Schokolade. Ein dichter Wimpernkranz war darum und ließ es aussehen wie das von einem Reh.
Das war zumindest das eine Auge, das Linke jedoch war getrübt und sah aus als ob Milch sich darauf ergossen hätte.
Ihre Haut war auf dieser Seite von tiefen Furchen durchsäht die so aussahen, als ob das Fleisch sich verdünnt hätte und beinahe von der Haut fallen würde.
Ich konnte jedoch nicht sagen ob die Wunden grau oder schwarz aussahen. Aus dieser Entfernung sah es jedoch so aus, als ob jemand mit einem dunklen Pinsel Striche auf ihrem Gesicht gemalt hätte.
Ich bemerkte erst zu spät, dass ich gestarrt haben musste, als sie schon bereits vor mir stand.
Sie schaute auf mich hinunter und ich fragte mich ob sie wütend war. Doch ihr Gesicht zeigte keinerlei Anzeichen von Wut, um genau zu sein es hatte gar kein Anzeichen von Emotionen.
Das war bis sie sich zu mir runter beugte und anfing an mir zu schnüffeln.
Erschrocken und mit einem "Was" auf den Lippen beobachtete ich sie, wie sie mich an einen Hund erinnernd herumschnüffelte,
"Du bist ein Magier." Stellte sie fest und sah dabei fixiert auf meine Hände, die noch immer die Schüssel in der Hand hielten.
"Was?"
Fragte ich sie perplex und sah dabei zu ,wie sie meine Hand zu ihrem Gesicht führte und sie mit ihrer großen Zunge ableckte. Erstarrt wie eine Salzsäule sah ich ihr dabei zu. War diese Frau noch ganz bei Trost?
Angeekelt sah ich auf meine Hand voller Saber und dann wieder zurück auf das Mädchen, mit dem geschundenen Gesicht.
Sie schien meinen Blick jedoch gar nicht zu bemerken, zu tief war sie in ihre Tätigkeit vertieft, bei der sie noch immer meine Hand festhielt. Angestrengt schaute sie durch die Gegend, als ob sie meinen Geschmack ausmachen wollte.
"Ein Verwandler!"
Rief sie begeistert ohne Vorwarnung aus und klatschte enthusiastisch in die Hände.
"Mensch oder Tier?"
Wollte sie sofort wissen, ihr Blick bohrte sich dabei in meinen Kopf.
"Tier?"
"Ist das eine Frage oder eine Antwort?"
Wollte sie wissen, die Hektik in ihrer Stimme ließ sie noch seltsamer wirken.
"Eine Antwort."
Wieder klatschte sie in die Hände.
"Ich hab noch nie einen von euch gesehen schade ,dass man euch alle umbringt und eure Köpfe auf Spieße steckt."
Ihre Stimme hatte noch immer einen fröhlichen Ton an sich, was zu dem was sie gesagt hatte nicht im Geringsten passte.
"Oder!"
Rief sie aus.
"Ich hab schon ganz viele von euch gesehen nur in Tierform! Stell dir das mal vor."
Wieder riss sie meine Arme zu sich und warf einen Blick auf meine Hände, die gerade nicht mit Handschuhen bedeckt waren.
"Mhh du hast sehr schöne Hände, keine Narben nur ein paar Kratzer." Studierte sie die Linien und fuhr sie sanft nach. Eine Strähne ihres Haares fiel ihr dabei ins Gesicht.
"Danke?"
Ihr trübes Auge blickte mich an. Beinahe schon so, als ob ich sie beleidigt hätte.
"Das war kein Kompliment....ist der Typ zu fassen."
Hörte ich sie zu sich selbst murmeln. Grob ließ sie meine Hand wieder los und drehte sich einmal um die eigene Achse.
"Du bist ein schlechter Magier!"
Rief sie aus, wie eine Anschuldigung.
Ich runzelte die Stirn, warum sagte sie sowas.....naja es war wahr aber, das konnte sie ja nicht wissen.
"Wie kommst du darauf?"
Meine Stimme hörte sich an wie die eines kleinen Kindes welches von seinen Eltern gesagt bekommt, seine Zeichnung wäre nicht schön.
Sie sah mich jedoch an, als ob ich der erste Mensch wäre, oder schwer von Begriff.
"Wer kommt denn nicht darauf?"
Stellte sie sofort eine Gegenfrage.
"Deine Hände sind weicher als Samt, Magier die oft zaubern haben solche Hände nicht."
Um ihre These zu beweisen hob sie ihre Hände hoch, die auf ihrer Oberfläche übersäht von Narben waren.
Fragend starrte ich sie an. Hatte sie sich das selbst angetan?
Frustriert seufze sie und schlug sich auf die Stirn.
"Deine Magie ist in deinem Blut und kann nur verwendet werden, wenn eben dieses Blut an die Oberfläche kommt."
Erklärte sie mir sofort, als ob ich ein kleines Kind wäre.
Ich musste zugeben ich wusste zwar nicht wieso wir Blut vergießen mussten, Vater wollte nie, dass ich meine Fähigkeiten einsetzte, doch ich wusste, dass man sich schneiden musste.
"Boteksch! Du bist ja noch dümmer als ich dachte."
Ihre Stimme klang dabei immer noch so als ob sie gerade über das Wetter reden würde.
"Du bist also eine Magierin?"
Fragte ich vorsichtig um das Thema von mir zu lenken.
Sofort nickte sie schnell.
"Oh ja! Und im Gegensatz zu dir eine Gute."
Ich schluckte. Ok so konnte an es auch ausdrücken.
"Was kannst du?...Ich meine ähm, was ist deine Kraft?"
Aufgeregt hüpfte sie durch die Gegend.
"Ich bin eine Heilerin, ich bin eine Heilerin!" Hüpfte sie aufgeregt hoch und runter und summte dies im Singsang.
"Toll"
Sagte ich nicht sicher was ich von der Situation halten sollte. Es war alles mehr als fragwürdig.
"Ja nicht!"
Sofort kam sie wieder zu mir gerannt.
"Ohhhh ich weiß was!"
Rief sie sofort wieder in ihrer freudigen Stimme aus. Dabei griff sie meine Hände und nahm sie wieder in die ihren.
"Ich bring dir bei, ein guter Magier zu sein."
Ein mulmiges Gefühl machte sich in mir breit.
Ich wollte kein guter Magier sein, ich wollte einfach meine Ruhe von dieser verdammten Magie haben und alles was damit verbunden wurde. Sie hatte schon genug Leid angerichtet.
"Ähm-"
Versuchte ich einen Satz zu formen.
"Ich lerne schon Zeichensprache, ich bin mir nicht sicher ob ich mich auf mehrere Sachen konzentrieren kann."
"Von Sayurie bestimmt ,nicht?"
Wollte sie sofort wissen.
Sie kam näher an mein Ohr, wieder zu nah für meinen Geschmack und sagte.
"Ich weiß ja nicht ob du das schon wusstest...aber sie ist verrückt."
Etwas ungläubig schaute ich zu ihr auf.
Sie war bestimmt die Letzte die das sagen sollte.
"Danke...äh?"
"Ohhh ich hab ja ganz vergessen mich vorzustellen. Ich bin Maeve."
Ich nahm die Hand die sie mir ausstreckte.
"Alrik."Wieder klatschte sie in die Hände.
"Dann sehen wir uns nun regelmäßig!"
"Wofür?"
Rief ich ihr hinter her, als sie sich schon von mir wegbewegte.
"Na um dir Magie beizubringen."
Meine Laune sank in den Keller, als ich ihr beim Gehen zu schaute. Warum fühlten sich die Verrückten immer von mir angezogen?
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