Kapitel 35.
Alrik
Sayuries Mund öffnete sich, doch kein Laut kam daraus. Ihre goldenen Augen fingen an unkontrollierbar zu blinken, als wolle sie sich zwingen keine Träne zu vergießen. Die Frau Namens Hotaru, die ihr in Aussehen und Statur ziemlich ähnlichsah, streckte vorsichtig eine Hand nach ihrem Gesicht aus und fuhr sanft darüber. Der Rest von uns stand schweigend daneben und beobachtete die Szene, die sich vor uns abspielte mit großer Verwirrung. Nochmals bewegten sich Sayuries Lippen ohne ein Geräusch zu machen, von dort wo ich stand, sah es so aus als ob sie den Namen der Frau formte. Diese legte nun beide Arme um sie und zog sie in eine tiefe Umarmung. „Oh ihr Ahnen!" Keuchte sie. „Wir dachten du wärst tot." Hotaru löste die Umarmung und hielt Sayurie um eine Armeslänge weg, damit sie sie genauer mustern konnte. Der Moment der Beiden, hielt jedoch nur kurz an, als Zoyla sich räusperte und alle Augenpaare sich auf sie richteten. „Es tut mir leid die zu sein die das Wiedersehen stört, aber was geht hier vor?" Das war allerdings eine gute Frage, eine die ich mir ebenfalls stellte.
„Das ist meine Cousine." Verkündete Hotaru mit einem Glühen „Welche?" „Sayurie." Vorsichtig zog Zoyla eine ihrer dunklen Augenbrauen nach Oben. „Hast du nicht gesagt, die Awerianer hätten sie getötet?" Die Dunkelhaarige nickte. „Das dachten wir auch alle." „Sie scheint mir aber ziemlich lebendig." Langsam ging sie ein paar Schritte vor und sah Sayurie dabei aus wachsamen Augen an. Irgendwas an ihrem Blick gefiel mir nicht, es war so als ob sie versuchen würde einen Makel an ihr zu finden, oder einen Tipp welcher ihr helfen würde sie zu lesen. „Sie müssen sie zu sich geholt haben." Sprach Hotaru ihren Gedanken laut aus, sie lief aufgeregt hin und her, noch immer schien sie nicht so recht glauben zu können, dass ihre tote Cousine, gar nicht so tot war. Wie ich wohl reagieren würde, wenn ich nach zwölf Jahren Fiona wiedersehen würde? „Du meinst, dass deine Cousine zwölf Jahre lang verschwunden war, nur damit sie jetzt entkommen konnte um beim Wiederstand zu landen?" In Zoylas Stimme schwang Zweifel mit, Zweifel den sie wohl hoffte auch in ihrer Freundin wecken zu können. „Das hört sich ja ziemlich praktisch an." Sofort sah ich, wie Hotarus Körper sich anspannte. Eine Geste, die ich auch schon bei Sayurie beobachten konnte, wann immer sie innerlich ihre Mauern aufbaute.
„Was willst du damit sagen?" Ihre Stimme war schneidend wie ein Schwert, die Kälte die dabei mitschwang hätte gereicht um einen erwachsenen Mann klein zu bekommen. „Nur, dass es ziemlich praktisch ist, vor allem, da du eine der meist gesuchten Personen in Awerina bist." Hotarus Gesicht verzog sich, sie schien mit ihrer Wut zu kämpfen. Sayurie hinter ihr schien sichtlich nervös zu sein. Ich spürte das Verlangen meinen Arm nach ihr auszustrecken, aber vermutlich war ich die letzte Person von der sie getröstet werden wollte. „Wenn du damit andeuten willst dass-„ Die Situation schien aus dem Ruder zu laufen und wäre das nicht genug ertönte Sturmhunds Stimme. Innerlich stöhnte ich auf, bitte lasst es ihn nicht noch schlimmer machen. „So leid es mir auch tut eure kleine Verschwörungsrunde aufzulösen." Oh nein! Musste er immer das Benzin in einem Streit sein? Konnte er nicht einmal sein Maul halten! „So kann ich euch ganz genau sagen, weshalb unsere liebe Sayurie genau in diesem Moment hier aufgetaucht ist." Die zwei Frauen ließen voneinander ab und richteten sich Beide auf Sturmhund. „Ich bin ganz Ohr." Zischte ihm Zoyla entgegen. „Nun Schätzchen die Sache ist die, ich bin ein charmanter Bursche, ich komme viel rum." Die zwei Frauen schiene im selben Moment die Augen zu verdrehen. „Vor einer langen Zeit, habe ich ein Schiff überfallen, welches gestohlene Ware des Königs beinhaltete und da ich ein herzensguter Mensch bin brachte ich es zurück." Ich sah auf Sturmhund, der seine typische selbstgefällige Miene aufhatte. Wohin wollte er damit hinaus? „Da auch der König erkannte, dass ich ein guter Kerl bin und meine Crew zu der Zeit etwas knapp war, erlaubte er mir sich jemanden aus den Reihen der schweigenden Schwestern auszusuchen." Er sah dabei auf Sayurie und diese blickte mit ihren Bernsteinaugen auf ihn zurück. „Nun es ist nicht schwer zu erraten auf wen meine Entscheidung fiel." So waren die zwei also Aneinander geraten? Nun wunderte es mich nicht mehr so sehr, wieso sie ihn noch nicht in seinem Schlaf erdrosselt hatte, sie fühlte als ob sie eine Schuld ihm gegenüber hätte. „Sie steht unter meinem Befehl und der hat sie auch hierhergebracht." Dankend blickte Sayurie auf ihn und von da wo ich stand konnte ich sehen wie er ihr zuzwinkerte. „Und wer gibt euch eure Befehle?" Durschnitt die skeptische Stimme Zoylas den Raum. Sturmhund lächelte darüber nur. „Niemand gibt mir Befehle Süße." „Warum seid ihr dann hier?"
„Nun das wollte ich ihnen erklären, bevor wir so unhöflich unterbrochen wurden." Sein anklagender Blick fiel dabei auf Hotaru, die ihn vor ein paar Minuten so unwirsch unterbrochen hatte. „Alrik, komm hier her und sag den Damen wer du bist." Ich spürte wie mir für einen Moment der Atem im Hals stecken blieb. Angst schoss meine Glieder hoch. Nein! Nein Stopp! So gut es ging versuchte ich meine Angst hinunter zu drücken. Ich bin keine Maus mehr! Ich bin nicht über den halben Kontinent geflogen um nun vor Angst kein Wort hinaus zu bringen. Ich bin an meinem Ziel angekommen und auch wenn ich in Ketten vor ihnen stehe, ändert sich nicht mein Ziel. Langsam setzte ich einen Fuß vor den anderen bis ich direkt vor den zwei Frauen stand. Leicht neigte ich meinen Kopf um sie Beide zu begrüßen. „Wer bist du?" Ich räusperte mich leicht um den Frosch in meine Hals zu vertreiben „Nun die letzten Wochen, in denen ich versuchte zu euch zu kommen, da nannte ich mich Alrik Prinz, mit diesem Namen habe ich den Mann der mich in Ketten gelegt hat und dessen Crew angeheuert." Zoyla sah mich aus ihren dunklen Augen aus an. „Du bist also der Grund warum ihr hier seid?" Ich nickte. „Wieso? Wieso solche Mühe auf sich nehmen?" Ich schluckte einmal fest in der Angst sonst meine Stimme zu verlieren. „Weil es das Richtige war, weil ich einen Weg fand das Schloss in den Bergen einzunehmen." Hotaru und Zoyla sahen mich mit großen Augen an, ihre Gesichter spiegelten das Unfassbare wieder. Vermutlich fragten sie sich, wie ein Junge wie ich an solch eine Information kam. „Wenn du glaubst zu wissen was du behauptest, wie bist du an diese Information gelangt?" Einmal ein und wieder ausatmen. Ich spürte dabei meine alte Freundin die Angst in mir aufsteigen, doch es war Zeit unsere Verbindung zu kappen. „Weil ich sie direkt aus dem Zimmer meines Vaters gestohlen habe." „Dein Vater?" Harkte Zoyla nach, doch ich denke sie wusste es. „Mein Vater der König." Der ganze raum war still, Niemand traute sich etwas zu sagen und auch wenn Sayurie und Sturmhund es wussten, scheinen auch sie noch immer geschockt zu sein. „Bevor ihr jetzt auf mich losgeht, ich bin nicht mein Vater." Noch immer sagte keine der Beiden Frauen etwas, ich selbst sah es jedoch als eine Chance mich zu erklären, mich vor einer ganz bestimmten Person zu erklären. „Mein Vater war nicht immer so, um ehrlich zu sein veränderte er sich so schnell, dass ich keine Ahnung habe was ihn in seinen Wahnsinn zog. Ich weiß nur, dass ich weggesehen habe." Meine Augen wanderten zu einer Gestalt in der Ecke des Raumes, die wie alle Anwesenden gespannt meine Worte lauschte. „Doch ich bin es leid wegzusehen. Viel zu lange habe ich nichts getan und als ich das realisierte, verfasste ich einen Plan meinen Vater vor sich selbst zu retten und sein Land ebenfalls. Mit der Hilfe von ein paar Bediensteten floh ich nach Leiden, wo ich dann jemanden anheuern wollte, der mich zu euch führt."
Hotaru nickte mir zu um mir zu verständigen weiterzureden. „Doch mein Vater setzte seine Truppen auf uns an, die uns einholten und einer der Gründe sind, warum wir hier strandeten. Ich habe das Leben vieler bereitwillig aufs Spiel gesetzt, Niemand von ihnen wusste, dass ich der Prinz bin. Als sie es herausfanden legten sie mich in Ketten. Ich kann es ihnen nicht verdenken, ich habe ihnen keine Wahl gelassen." Ich ging vor den zwei Frauen langsam auf die Knie und senkte demütig meinen Kopf. „Ich bin kein Held, ich habe keine Verbündeten und ein Schwert besitze ich auch nicht, aber wenn ihr mich haben wollt, so schwöre ich meine Treue auf den Wiederstand und werde für seine Sache kämpfen und wenn nötig auch mein Leben lassen." Mein Blick blieb auf den Boden gesenkt, eine erdrückende Stille hüllte den Raum ein. Würden sie mir jetzt wohl einfach den Kopf abschlagen? Oder mich meinem Vater zurücksenden? „Man Kleiner du bist echt dramatisch." Hörte ich Sturmhund sagen, ehe er mir verwunderlicher Weise die Hand hinstreckte und mir aufhalf. Als ich wieder gerade stand sah ich in die amüsierten Gesichter der Umstehenden. „So sehr ich das Gefühl auch mag, wenn sich ein Prinz vor mir verbeugt, machen wir sowas hier nicht." Zoyla trat nach Vorne streckte mir die Hand hin, die ich ergriff. Ihr Händedruck war stark, als sie mich näher zu sich zog damit unsere Schultern aneinanderprallten. „Aber es wäre es uns ebenfalls eine Freude euch in unseren Reihen zu wissen." Mit diesen Worten und einer schnellen Handbewegung durschnitt sie meine Fesseln. Sofort fingen meine Hände an zu kribbeln als das Blut wieder durch sie floss. „Das ist ja alles sehr rührend." Hinter mir konnte ich Sturmhund hören, der nun ein paar Schritte nach vorne machte. „Aber ich gebe mich nicht mit einem einfachen Händeschütteln zufrieden." Nickend drehte ich mich zu dem Mann, der mich an mein Ziel brachte. „Das müsst ihr auch nicht. Ihr habt euren Teil der Abmachung eingehalten, ihr bekommt euer Geld." Zufrieden nickte er. „Aber wenn ich mich recht erinnere schuldet ihr mir nun auch ein neues Schiff. Denn wärt ihr nicht gewesen, würde die Queen noch immer durch die Lüfte fliegen." Kalt lief es mir den Nacken hinunter, wie sollte ich ihm ein neues Schiff bezahlen? Wie kann- „Natürlich lassen wir die Freunde des Wiederstandes nicht im Stich." Meldete sich Zoyla neben mir. „Wir werden euch das nötige dazu zahlen, als Zeichen unserer Dankbarkeit und euch dann zum nächsten Hafen bringen." Dankend neigte Sturmhund den Kopf und holte aus seinem Mantel das Pergament, welches ich so viele Wochen über bei mir hatte. „Auf einen guten Handel." Mit diesen Worten überreichte er die Schriftrolle an Zoyla und die zwei schüttelten die Hände. „Wann kann ich meine Auszahlung erwarten?" Die Worte waren sowohl an mich als auch an Zoyla gerichtet. „Heute Abend noch, dann könnt ihr gleich morgen aufbrechen." Die Worte zu hören fühlte sich komisch an, morgen wäre Sturmhund weg, es hatte sich angefühlt, als ob ich ihn schon ewig an der Backe hätte und morgen war er weg. Wer weiß, vielleicht würden wir uns irgendwann wiedertreffen? „Gut, sowas hört man gerne." Er knackte mit seinen Knochen und streckte sich, als ob eine schwere Last von ihm gefallen wäre. „Wenn sie mich entschuldigen würden Ladys, ich werde zurück zu meiner Crew gehen, vermutlich werdet ihr noch einiges zu besprechen haben." Mit diesen Worten lief er einfach aus dem Raum und schloss die Tür hinter sich. Aus dem Augenwinkel sah ich dabei zu Sayurie die ihm amüsiert hinter her blickte und auf einmal verstand ich warum er gegangen war. Er wollte, dass Sayurie endlich mit ihrer Cousine reden konnte. „Er hat Recht, wir zwei sollten wirklich noch ein paar Dinge besprechen." Ich wand mich dabei an Zoyla die ebenfalls nickte. „Lass uns woanders dafür hingehen." Mit diesen Worten verließen auch wir den Raum und gaben den zwei Cousinen Zeit sich auszutauschen. Vielleicht hätte ich ihr noch Lebewohl sagen sollen, wer weiß ob wir uns jemals wiedersehen würden. Doch als mir dieser Gedanke kam schloss sich die Tür hinter mir und trennte mich von dem stillen Mädchen.
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