Kapitel 30.
Sayurie
Ich stellte mich vor Alrik, der zusammengekauert auf dem Boden lag und aus seiner Lippe blutete.
Ich sah noch aus dem Augenwinkel, wie Sturmhund seine Hand erhob um Alrik damit zu verletzten.
Ich schloss meine Augen und erwartete, dass mich der Schlag nun erwischen würde.
Doch er kam nie.
Langsam öffnete ich meine Augen und sah, dass Sturmhund innegehalten hatte, als ich mich vor Al- Den Prinzen gestellt hatte.
Seine Augen, die sonst immer kühl waren, glühten vor Wut.
"Aus dem Weg Sayurie!"
Zischte er und ich konnte sehen, wie sich eine Ader durch seine Stirn zog die pulsierte.
Noch nie hatte er mich mit so viel Wut angesehen und ich würde lügen wenn ich sagen würde, dass ich keine Angst hätte.
Ich schüttelte den Kopf.
Nein, nein ich würde nicht von der Stelle weichen.
"Ich sage es nicht nochmal!"
Mein Herz drückte sich bei diesen Worten zusammen.
Ich hatte Angst wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Sturmhund hatte bis jetzt sein Versprechen zu mir immer gehalten.
Noch nie hatte er Hand an mich gelegt oder mich in irgendeiner Art verletzt.
Die Angst, dass dieses Versprechen heute gebrochen werden könnte erfüllte mich mit Schrecken.
Was wäre, wenn er etwas tun würde, etwas was ich ihm nicht verzeihen könnte?
Was würde ich dann machen?
Was könnte ich dann machen?
Er war die Person nach der ich vor meinem Sturz Ausschau gehalten habe.
Er war die Person die ich noch einmal sehen musste.
Was sagte das wohl über mich aus?
Über uns?
"Nenne mir einen guten Grund warum ich ihn nicht töten sollte?"
[Es wird einen Grund geben warum er gesucht wird, frag den Jungen.]
Wir schauten uns einen Moment an und ohne den Blick von mir oder den Prinzen zu nehmen rief Sturmhund hinter sich.
"Dante! Sag mir, warum will der König seinen Sohn tot sehen?"
"Nun er ähm- er hat eine wichtige Rolle aus dem Arbeitszimmer des Königs gestohlen."
Sturmhund zog eine Augenbraue nach oben sein Blick glitt an mir vorbei und setzte sich auf den Prinzen.
"Hast du diese Rolle noch?"
Schnell nickte dieser, sein ganzes Gesicht war weiß wie Kreide.
"Ja! Ja natürlich!"
"Wo?"
Schnell kramte der Prinz aus seiner Manteltasche ein altes Stück Pergament heraus.
"Was hattest du damit vor?"
Fragte Sturmhund ihn nun, er machte sich dabei nicht mal die Mühe sich irgendwie zu verstellen, seine Stimme und Miene waren unlesbar.
Selbst für mich.
"Ich wollte sie dem Wiederstand zukommen lassen."
"Das wird nun nichtmehr nötig sein."
Knurrte Sturmhund und lief mit schnellen Schritten auf den Prinzen zu.
So schnell ich konnte sprang ich ihm hinter her und versuchte ihn mit meiner ganzen Kraft nach hinten zu drücken.
[Du brauchst ihn noch!]
"Ach tatsächlich, wieso?"
Seine Stimme hatte dabei etwas düsteres an sich.
[Weißt du noch was du gesagt hast?]
Verwirrt blickte er mich an.
"Erleuchte mich."
[Nach dieser Mission werde ich ein reicher Mann sein.]
Und du meine liebe Acrobatin eine freie Frau.
[Wie gedenkst du dein Geld zu bekommen ,wenn er tot ist?]
"Ganz einfach."
Sagte er und schubste mich aus dem weg.
Es war kein grober Schubser, doch stark genug um mich ins Straucheln zu bringen.
In der Zeit die ich brauchte um mein Gleichgewicht wieder zu erlangen war er schon bei dem Prinzen und trat diesem in den Bauch.
"Ich werde mir diese Rolle von seiner Leiche nehmen."
Wieder holte er mit dem Bein aus.
Ich wünschte ich könnte schreien, ihn irgendwie innehalten lassen.
Stattdessen warf ich mich wieder zwischen die Beiden.
[Hör auf!]
Fuchtelte ich wild mit meinen Armen.
[Wir haben schon genug Tote für einen Tag!]
"Da wird einer mehr auch nicht den Unterschied machen!"
Ich drückte ihn weiter nach hinten, doch ich spürte, dass er mich bald wieder aus seinem Weg schubsen würde.
[Wäre er nicht gewesen wäre ich nun auch tot.]
Ich spürte wie der Wiederstand von Sturmhund langsam nachließ.
Seine Muskeln waren noch immer zum Zerreißen angespannt, aber er kämpfte nichtmehr gegen mich an.
[Du weißt, dass ich Recht habe!]
Wir schauten uns einen Moment an und ich wünschte ich könnte in dem Moment lesen, was in seinem Kopf wohl vor ging.
[Bitte, ich schulde ihm mein Leben.]
Die Luft zwischen uns war angespannt und es fühlte sich so an, als ob sie unter Strom stehen würde. Seine silbernen Augen huschten über mein Gesicht und für einen kurzen Moment sahen wir uns einfach an. Ich spürte wie die anderen hinter uns gespannt auf den Ausgang der Situation warteten.
"Fesselt ihn und nimmt ihm diesen Papierfetzten ab!"
Rief Sturmhund hinter sich zu seiner restlichen Crew.
Niemand bewegte sich, alle starrten sie noch wie versteinert auf ihren Captain und obersten Offizier, die sich bis zu diesem Moment gestritten hatten.
Wütend drehte sich jedoch ihr Captain um.
"Wirt das heute noch was!"
Brüllte er sie an und augenblicklich rannten ein Paar von ihnen los um den Prinzen in improvisierten Fesseln gefangen zu nehmen.
Sofort wurde ihm das Pergament aus der Hand gerissen und Sturmhund überreicht, der dies schweigend annahm.
Dieser blickte mir noch immer mit harten Augen entgegen.
Wir schauten uns eine Weile an, doch nun da mein Adrenalin nachließ spürte ich wieder meinen Körper, der sich lautstark beklagte.
Meine Hand fuhr zu meiner Seite und ich setzte mich langsam in den Sand. Hinter mir hörte ich wie der Prinz grob gefesselt und davongetragen wurde. Ich hatte für ihn getan was ich auch nur konnte, meine Schuld war beglichen.
"Ich habe dir ja gesagt du sollst sitzen bleiben." Die Wut in Sturmhunds Stimme war fast genauso Schmerzhaft wie meine geprellten Rippen, denn sie war auf mich gerichtet und ich hatte keine Ahnung was ich damit anfangen sollte.
Mit diesen Worten lief er einfach an mir vorbei und lies mich im Sand zurück.
Die Sonne stand nun tief über uns und tauchte die ganze Wüste in ein saftiges Gold.
Doch meine Schmerzen waren zu groß, als das ich dieses Schauspiel würdigen könnte.
Meine Augenlieder wurden schwer und so auch mein Kopf.
Der Sand kratzte unangenehm an meiner Wange, als ich meinen Kopf auf den Boden legte.
Ich hatte gerade eine halbwegs abnehmbare Position zum Schlafen gefunden, da hörte ich Schritte auf dem Sand, die sich mir näherten.
"Es gibt bequemere Orte zum Schlafen, als auf dem Boden."
Ich sagte nichts dazu.
"Warum schläfst du soweit hier draußen?"
Nun öffnete ich doch meine Augen und blickte zu Sturmhund auf, der über mir stand.
[Ich dachte nicht, dass du mich heute noch sehen möchtest.]
Ein plumpes Geräusch war zuhören, als Sturmhund neben mir eine Tasche in den Sand fallen ließ.
"Das wollte ich eigentlich auch nicht."
Er kniete sich langsam zu mir hinunter und nahm meinen Fuß in seine Hand, den ich mir auf dem Stahlseil aufgeschnitten hatte.
Noch immer brannte dieser und nun da auch Sand in die Wunde geraten war, war er auch nun dreckig.
[Was hat deine Meinung geändert?]
Sanft legte er meinen Fuß wieder auf den Boden und öffnete mit seiner übrigen Hand die Tasche.
Ich erkannte sie als die Jene, die ich manchmal in seinem Büro stehen sah.
"Du bist verletzt."
Ich konnte nicht sagen ob dies eine Antwort oder eine Feststellung war.
Er holte aus der Tasche eine durchsichtige Flasche mit einer klaren Flüssigkeit.
Ich beobachtete ihn dabei, wie er langsam, darum bedacht mich nicht weiter zu verletzten mir den Schuh, oder was davon noch übrig war, auszuziehen.
Er griff nach seinem braunen Mantel und riss davon ein großes Stück heraus, welches er in der Flüssigkeit tränkte und mir auf den Fuß presste.
Das Brennen kam so plötzlich und stark, dass ich nicht darum kam laut zu zischen.
"Tut mir leid, ich bin keine Maeve.
Lebendes Gewebe ist nicht gerade mein Spezialgebiet."
Ich nickte lächelnd und versuchte an etwas anderes als den Schmerz zu denken.
[Schon in Ordnung.]
Wieder spürte ich das Brennen, welches mein Bein hinauffuhr. Versucht mir den Schmerz nicht anmerken zu lassen blickte ich auf ihn.
[Es tut mir leid.]
Ließ ich ihn wissen.
Verwirrt schaute er zu mir auf.
"Was tut dir leid?"
[Dass ich dich vor deiner Crew in Frage gestellt habe.]
Seine Augen musterten mich einen Moment und seine Gesichtszüge waren weich.
"Du hattest Recht es zu tun."
Überrascht blickte ich ihm entgegen. Ein Schmunzeln machte sich auf seinem Gesicht breit, als er das meine sah.
"Er nützt uns lebend mehr als tot, vielleicht kann ich ihn gegen ein neues Schiff eintauschen."
[Du gibts also zu, dass ich Recht hatte?] Neckte ich ihn.
"Ja"
In seinem Gesicht lag kein Humor, als er dies sagte.
Er meinte es ernst.
[Dass ich diese Worte je aus deinem Mund hören würde.]
"Sag es Niemanden, ich habe einen Ruf zu verlieren."
Grinste er mich an und ich kam nicht darum herum, zurück zu grinsen.
Wieder schoss ein Brennen meinen Fuß hinauf und sein Blick legte sich wieder auf diesen, noch immer war er nicht vollständig gereinigt.
Ich beobachtete Sturmhund eine Weile und schweigend saßen wir einfach da, das war zumindest, bis ich einen genervten Fluch von ihm hörte.
Neugierig wand ich meinen Kopf zu seinem Problem und erkannte dies auch sofort.
Er versuchte mit seiner übrigen Hand einen Knoten um meinen Fuß zu machen. Dies schien aber leichter gesagt als getan zu sein.
Ich legte meine Hände um die seine, die Metallhand war von der Sonne stark erhitzt und sein Handschuh war nirgends zu sehen.
(Lass mich das machen)
Er schüttelte den Kopf.
„Ich kriege das schon hin."
Doch seine verbliebene Hand schaffte es einfach nicht mit dem Stofffetzen einen Knoten zu knüpfen, immer wieder rutschte ihm das Stoffstück aus der Hand.
Sanft griff ich wieder nach seiner Hand und diesmal ließ er das Stoffstück los.
Ich konnte sehen, wie er beschämt auf den Boden blickte.
Mit einer schnellen Bewegung bandagierte ich meinen Fuß und streckte diesen wieder aus.
Sturmhund saß noch immer schweigend vor mir, den Blick jedoch auf den Stummel seiner Hand gerichtet, an dem bis zuvor die eiserne Prothese befestigt war. Noch immer sah ich wie einige Stellen, an dem das Metall mit der Haut verbunden war bluteten.
Ohne auf sein Einverständnis zu warten griff ich nach seinem Stummel. In den Moment in dem sich meine Hand um den Rest der seinen legte, zog er sie zurück als ob ich ihn verbrannt hätte.
„Tu das nie wieder."
Seine Stimme hörte sich an, als ob er einen Marathon gelaufen wäre und sein Gesicht war so weiß, als ob er einen Geist gesehen hätte.
(Lass mich dir helfen!)
Er schüttelte schnell den Kopf.
„Ich will deine Hilfe nicht kleine Akrobatin."
Er versuchte seine Stimme heiter wirken zu lassen, doch ich hörte den panischen Ton, den er versuchte zu verdecken.
(Du hast mir geholfen jetzt las mich dir helfen.)
Ließ ich nicht locker.
„So sehr ich deine Hilfe auch zu schätzen weiß, ich benötige sie nicht."
Wir blickten uns an.
„Wirklich, es geht mir gut."
Behaarte er mit Nachdruck.
(Deine Hand würde da aber jetzt etwas anderes sagen.)
„Sie kann aber zum Glück nicht sprechen."
Ich seufzte genervt aus.
(Ist es meinetwegen?)
„Was?"
(Ist es dir unwohl, dass ich deinen Stumpf anfasse?)
Er schüttelte den Kopf.
„Nein es ist nicht deinetwegen, sagen wir einfach jeder hat ein paar Päckchen zu tragen und ich bin keine Ausnahme."
Ich suchte in seinem seinen Blick irgendetwas was mir verraten könnte was er meinte. Ich wusste schon immer, dass Sturmhund nicht gerne über seine Hände sprach aber ich hatte immer vermutet, dass er mir nicht die Wahrheit erzählen wollte, weil sie ihm zu peinlich war. Dass er einen sehr unangenehmen Fehler begannen hatte und so seine Hände verlor. Aber vielleicht....vielleicht steckte ja mehr dahinter.
Ich sah wie sich sein Kiefer malmte als er ihn anspannte, sein Blick zeigte Bedauern, vermutlich dafür nicht den Mund gehalten zu haben und das Gespräch so auf seine Hände zu lenken.
(Früher oder später muss sich jemand diese Wunde anschauen. Doch ich habe Angst, dass wenn du es auf später verschiebst es vielleicht schon zu spät sein könnte.)
Nachdenklich blickte er mich an. (Ich kann auch Maeve holen, wenn es dir lieber wäre.)
Er schüttelte den Kopf darüber.
"Ich mach es schon selber."
Als er meinen besorgten Blick sah verzog sich seine Miene zu einem leichten Lächeln.
„Mach dir um mich keine Sorgen kleine Akrobatin, ich bin hart im Nehmen."
Doch seine Worte beruhigten mich nicht und er wusste es. Sein mildes Lächeln strahlte mir unsicher entgegen als ob er mir sagen wollte „Ich muss das alleine tun, es tut mir leid."
Mit einem plumpen Geräusch ließ er sich neben mich in den Sand fallen, seine noch verbliebende Hand zog nach der Tasche in der sich die Medizin befand.
„Hier." Er drückte mir einen weiteren Stofffetzen in die Hand. „Sei so lieb und heb das mal für mich."
Wie befohlen wartete ich mit dem Stoff in der Hand was als nächstes passieren würde. Er kippte den Inhalt der klaren Flüssigkeit welche er schon für mich benutzt hatte in das Tuch, dann nahm er mir dies wieder aus der Hand und presste es gegen die Wunde. „Götter verdammte-„ Zischte er durch seine Zähne als die Flüssigkeit mit seiner Wunde in Berührung kam. „Man gewöhnt sich wohl nie dran." Murmelte er mehr zu sich selbst als er anfing den Stofffetzen zu einem improvisierten Verband um zu wandeln. Ich beobachtete ihn dabei die ganze Zeit.
Als er damit fertig war sich zu sich zu verarzten schloss er einen Moment die Augen und atmete tief durch, der Schweiß der ihm die Stirn hinunter floss ließ ihn nur erschöpfter aussehen. Besorgt legte ich eine Hand auf seine Wange um zu sehen ob er Fieber hatte. Als unsere Haut in Berührung kam öffnete er seine Augen und wieder sahen wir uns nur einen Moment lang an der für mich wie eine Ewigkeit war. Als ich mir bewusst wurde, dass meine Hand noch immer auf seiner Wange ruhte räusperte ich mich und zog sie mit rotem Kopf weg. (Du hast kein Fieber) Informierte ich ihn. „Das freut mich." Wieder trat Schweigen ein. „Willst du dich ausruhen?" Fragte er mich auf einmal. „Du hast einen langen Tag hinter dir."
(Du doch ebenso.)
„Du hast s dir mehr verdient."
Ein verschmitztes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. ( Warst du nicht die Person die sagte, dass Niemand jeh das bekommt was er verdient.?) „Für dich mache ich eine Ausnahme." Ich legte mich auf meinen Rücken in den Sand und blickte in den Nachthimmel auf. (Beinahe schade.) Ließ ich ihn wissen. „Was?" (Jetzt zu schlafen.) Als ob ich seelisch verwirrt wäre sah er mich aus zerknitterten Augenbrauen an. „Wieso?" (Vielleicht gefiel mir unser Gespräch sosehr?) Er lachte leise in sich hinein. „Keine Sorge kleine Akrobatin, es wird noch viele Gelegenheiten geben, in denen wir unsere Gespräche weiterführen können." (Darauf zähle ich.) Mit diesen Worten schloss ich meine schweren Augenlieder und driftete Augenblicklich in den Schlaf.
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