Du gehst die Straße zu Schloss Feuermond entlang. Früher waren links und rechts des Weges vermutlich prächtige Steinstatuen oder sonstiges aufgestellt, doch jetzt liegen dort nur noch zerbrochene und mit Efeu bewachsene Felsen.
Bald schon erhebt sich vor dir das Schloss selbst. Es sieht ungewöhnlich finster und unheimlich aus. Nicht so, wie du dir das Schloss eines Königs oder einer Königin vorgestellt hast. Die spitzen Türme ragen hoch in den Himmel, wo sie in den tief hängenden Wolken verschwinden. Das Schloss liegt vollkommen in den Schatten der umliegenden Berge und nur in einigen wenigen Fenstern flackert das Licht einer Kerze oder Fackel.
Aus dieser Entfernung kannst du auch schon das eiserne Tor erkennen, das von mehreren bewaffneten Soldaten bewacht wird. An ihnen kommst du unmöglich vorbei und selbst wenn: Du würdest nur das Gelände und nicht das Schloss selbst betreten, denn hinter dem Tor geht der Weg noch weiter bis zum eigentlichen Eingang. Hinter dem dann vermutlich weitere Soldaten auf dich warten werden. Du solltest ab jetzt wirklich vorsichtig vorgehen. Yiaza darf auf keinen Fall erfahren, dass du hier bist!
Bevor die Soldaten am Tor auf dich aufmerksam werden können, versteckst du dich hinter einer der zerbrochenen Statuen und überlegst, wie du vorgehen sollst. Im selben Moment fällt dir jedoch ein schmaler Weg auf, der anscheinend hinunter zum Strand führt. Schloss Feuermond liegt direkt an der Küste – wenn auch oberhalb einer steilen Felswand –, aber vielleicht gibt es ja irgendwelche geheimen Tunnel? Und warum sonst sollte es diesen versteckten Pfad dann geben? Der Hafen liegt viel weiter hinten.
Vorsichtig kletterst du über die Felsenstücke, die dir im Weg liegen, und folgst dem Weg, der dich tatsächlich bis zum Strand führt. Es ist kein Strand, den du normalerweise kennst. Der Sand ist schwarz und ziemlich rau. Überall liegen kleine Kiesel und links von dir ragt die Felswand in die Höhe, auf der das Schloss erbaut ist.
Etwas ratlos gehst du an der Felswand entlang, bis du auf einmal eine Spalte siehst. Sie ist gerade breit genug, dass du dich hindurch quetschen kannst. Hast du vielleicht wirklich einen Geheimgang gefunden? Gerade möchtest du dich an der Wand entlang weiter hinein tasten, als auf einmal ein helles Licht aufflackert.
Fasziniert blickst du zu der steinernen Statue, in deren offener Handfläche jetzt eine kleine Flamme brennt. Sie stellt eine junge Frau dar, aber du kannst nicht sicher sagen, zu welcher Spezies sie gehören soll. Aus ihren Schultern wachsen Flügel, die aber nicht wie bei einigen Waldfeen denen von Schmetterlingen oder Libellen ähneln, sondern aus Federn bestehen.
»Wer betritt mein Reich?«, ertönt eine dunkle und tiefe Stimme, die so gar nicht zu dieser zierlichen Gestalt passen möchte. Du bist dir aber trotzdem ziemlich sicher, dass es die Statue ist, die zu dir spricht.
Du nennst deinen Namen und stellst dich kurz vor. »Ich habe nach einem geheimen Zugang zum Schloss gesucht«, fügst du am Ende hinzu.
Stille.
»Wer bist du?«, fragst du neugierig. »Bewachst du diesen Tunnel? Führt er wirklich ins Schloss?«
»Mein Name...« Die Stimme stockt kurz. »Ich habe so lange geschlafen. Mein Name ist mir entschwunden.«
»Du hast geschlafen?«, wunderst du dich.
»Eingelullt von einem Gesang, der mir die Sinne vernebelt hat«, antwortet die Stimme. »Mein Herz ist erloschen. Diese Flamme ist das einzige, was mir geblieben ist. Zorn. Zorn!«
Du weichst ein Stück zurück, als das Feuer in der Handfläche der Statue plötzlich anwächst und das Licht die ganze Eingangshöhle ausfüllt. Weiter hinten gibt es wirklich einen Tunnel, der tiefer in den Felsen rein führt.
»Die, die mir das angetan hat, ist im Schloss«, sagt die Stimme. »Der Tunnel, den du gesehen hast, führt dich in seinen Keller. Aber es ist nicht der einzige Tunnel. Es gibt viele, sehr viele. Es ist ein Labyrinth.«
Du seufzt innerlich. Nicht schon wieder... Nur zu gut erinnerst du dich an das Labyrinth der Sphinx in den Nebelbergen.
»Kannst du mich denn führen?«, fragst du.
»Ich bin so müde...«, murmelt die Stimme und hört sich wirklich schläfrig an. »Meine Kraft schwindet.«
»Dann sag mir wenigstens, wie ich gehen muss, damit ich mich nicht verirre!« Besorgt schaust du auf die Flamme, die immer kleiner wird.
»In Ordnung«, meint die Stimme leise und du hörst aufmerksam zu. »Geh links, rechts, links, rechts, rechts, rechts, links, links, rechts, links, links, rechts, links, rechts, links, rechts und betrete das Schloss. Das schaffst du mit links!«
Dir schwirrt der Kopf etwas, aber da ist die Flamme schon erloschen und du findest dich in vollkommener Dunkelheit wieder. Du wirst dich wohl voran tasten müssen. Hoffentlich hast du dir alles richtig gemerkt. (Wenn du Miss Olivia in deiner Mannschaft hast, darfst du dir die Wegbeschreibung aufschreiben, ansonsten nicht.)
Schweren Herzens wendest du dich an deine Mannschaft. »Ich werde alleine weitergehen«, erklärst du. »Es wäre zu auffällig, wenn so viele Personen auf einmal im Schloss auftauchen. Ich danke euch vielmals für eure Hilfe. Ohne euch hätte ich viele Sachen wahrscheinlich nicht geschafft.«
»Wir müssen dir auch danken«, sagt dein Steuermann und klopft dir auf die Schulter. »Du hast uns durch viele Gefahren gebracht.«
Nach einer herzlichen Verabschiedung von jedem aus deiner Mannschaft atmest du tief durch und betrittst die Dunkelheit des Tunnellabyrinths.
(Die Wegabzweigungen sind in den Kapiteln immer unten. Also auf keinen Fall das davor lesen!)
links (Kapitel 46)
oder
rechts (Kapitel 32)
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