Chapter 19
„Ich will aber kein Training, Logan." Er starrte mich fassungslos an. „Warum denn nicht?" „Ich werde mich kein einziges Mal mehr verwandeln. Nie wieder!" Meine Unterlippe begann, vor Aufregung zu zittern.
„Achso, darum geht es", er seufzte erleichtert auf, „Das Training wird erst einmal gar keine Verwandlung beinhalten. Wir wollen nur dafür sorgen, dass deine Sinne besser geschärft werden."
„Du Idiot!", ich schlug ihm gegen die Brust, „Das hättest du auch früher sagen können. Weißt du wie mein Herz angefangen hat, zu rasen, willst du etwa, dass ich hier einen Anfall bekomme?" Ich versuchte, ihn böse anzustarren, doch ich konnte einfach nicht. Der Blick aus seinen traurigen grünen Augen, ließ meine ganze Wut verblassen und ich schlang meine Arme um seinen Körper.
Er erwiderte die Umarmung und wirbelte mich durch die Luft. „Logan, lass mich runter!", begann ich zu kreischen, während er mich auslachte.
Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, hörte ich ein Räuspern, das von der hinteren Ecke des Raumes zu kommen schien. „Äh...", Brian schien die Situation deutlich unangenehm zu sein. Logan wand sich zu ihm um und die beiden schauten sich einige Zeit lang an. Die Sekunden verstrichen und niemand sagte etwas. Da war nur dieser seltsame Blickkontakt von Logan und Henry, der mir ziemlich gruselig vorkam.
„Jungs, was genau macht ihr da?" Zwei Augenpaare richteten sich auf mich und sahen mich beide überrascht an, als hätten sie vergessen, dass ich auch noch im Zimmer gewesen war. „Wir... also...", begann Logan und auch Henry schien nicht, die richtigen Worte finden zu können.
„Also, ich finde es absolut nicht schlimm, das könnt ihr mir glauben, ich meine, ich bin sehr offen und so", ich lächelte den beiden aufmunternd zu.
„Was genau findest du denn nicht schlimm fragte Logan vorsichtig. „Na, dass ihr zusammen sei-" Bevor ich zu Ende reden konnte, hatte Logan bereits lautstark angefangen, zu lachen und auch auf Brians Gesicht bildete sich ein Grinsen, als er versuchte, sich ein Lachen zu verkneifen.
„Wir sind nicht zusammen", prustete Logan. „Also wir haben natürlich auch nichts dagegen, wenn jemand das mag", warf Brian etwas ernster ein und Logan nicke zustimmend, da er im Moment nur zu wenigen Worten fähig war. „Aber wir stehen definitiv auf Frauen! Und wieder nickte Logan.
„Aber, was war das dann gerade, was ihr da gemacht habt?", fragte ich unsicher. „Ach, das ist jetzt nicht so wichtig. Ich kann es dir ja vielleicht nachher erzählen. Wir sollten jetzt zu deinem Training, sonst kommen wir noch zu spät."
Immer noch nörgelnd lief ich Logan hinterher auf dem Weg zu meiner ersten Trainigsstunde. hatte sich dafür entschieden, im Zimmer zu bleiben, weil er noch irgendetwas vorbereiten musste, was genau hatte ich schon wieder vergessen. Warum hatten mir die beiden nicht einfach erklärt, was dieser seltsame Blickkontakt auf sich hatte? Irgendwann würde ich es auf jeden Fall herausfinden, egal, ob sie mich einweihen wollten oder nicht...
„Wieso gehen wir in den Keller, Logan?", fragte ich überrascht. „Im Keller sind die Trainingsräume", klärte er mich auf.
Jede Stufe, mit der wir uns dem Keller näherten, wurde es um uns herum dunkler. Als ich schon fast nichts mehr sehen konnte, hörte ich ein zischendes Geräusch und im nächsten Moment wurde der Gang vor uns erhellt. Das Licht ging von einer brennenden Fackel aus, die Logan in der Hand hielt. Er steckte sie jedoch gleich darauf in eine der Halterungen, die extra dafür an der Steinwand angebracht worden waren.
„Habt ihr hier keine Lichtschalter?", fragte ich ihn, während meine Schritte automatisch schneller wurden, damit ich bei dem unheimlichen flackernden Licht, das die Flamme auf uns warf, näher bei ihm war.
„Hast du etwa Angst?" Lachte er mich gerade wirklich aus? Böse schlug ich ihm in den Rücken. „Kannst du dich wenigstens einmal nicht über mich lustig machen?" „Hey, nicht so aggressiv!", lachte er nur noch lauter, als er sich zu mir umdrehte. „Sonst könnte man noch dein wahres Ich erkennen", raunte er mir zu und ich runzelte verwirrt die Stirn.
„Hä?" Doch er hatte schon wieder begonnen, zu lachen und ich verdrehte nur genervt die Augen.
„Seid ihr dann endlich soweit?", ertönte plötzlich eine Stimme hinter mir. Erschrocken sprang ich in Logans Arme, während ich ein hohes merkwürdiges Quietschen von mir gab.
„Ich müsste dann nämlich mal vorbei", drängelte sich Alec an Logan vorbei. Dabei schenkte er mir einen genervten Blick, bevor er sich wieder abwand und weiter die Treppen hinunter lief. Logan schien zu bemerken, dass ich Alec hinterherstarrte. „Allison, er ist meistens so schlecht drauf. Ich habe ihn nur ein einziges Mal gut gelaunt gesehen, das war kurz bevor du gekommen bist. Aber sonst läuft er immer rum, als ob er von allem genervt ist und mit niemandem reden will."
Ich schnaubte laut auf. „Ach, ich bin also der Grund, warum Monsieur Alpha keine gute Laune mehr hat!?" „Du achtest aber auch immer nur auf die negativen Aspekte", erwiderte Logan kopfschüttelnd.
„Ich gehe dann wieder nach oben", sagte Logan zu mir, als wir vor einer schweren Metalltür stehen geblieben waren. Ich war ziemlich überrascht über seine Aussage: „Du bleibst gar nicht?" „Nein Prinzessin, ich muss auch noch etwas erledigen, aber ich habe Remus, ein sehr guter Freund von mir, gefragt, ob er für dich heute einen guten Trainer beschaffen kann. Ich vertraue ihm da voll und ganz", versuchte er, mich zu beruhigen und drückte mich zum Abschied noch einmal kurz an sich.
Ich drehte mich langsam zur Tür, sodass ich gerade noch sah, wie Logan mir zuzwinkerte, während er, „Viel Spaß!", rief. „Den werde ich bestimmt sicherlich haben", flüsterte ich leise, als ich die protzige Tür öffnete und den Raum betrat.
Zuerst nahm ich nur die sporthallenähnliche Gestaltung des Trainingsraumes wahr. So wie auch Logans Zimmer unterschied sich hier die Einrichtung von der des restlichen Schlosses, die aus dem vorletzten Jahrhundert zu sein schien. An der Wand waren verschiedene Gerätschaften, die ich teilweise als Waffen identifizieren konnte, aufgereiht. Was aber besonders meine Aufmerksamkeit auf sich zog, war der großer Boxring, der in der hinteren Ecke der Halle aufgestellt war.
Während mein Blick noch durch den Raum schweifte, spürte ich plötzlich ein Ziehen in der Bauchgegend und einen Moment später stürzte sich etwas von hinten auf mich, sodass mir gerade noch die Luft für einen Schrei blieb. Der ganze Raum wurde von meinen angsterfüllten Lauten durchflutet, während ich mit dem Gesicht voran auf dem harten Boden aufschlug, da meine Arme von dem Gewicht in meinem Rücken nach hinten gezogen wurden und ich mich somit nicht abfangen konnte. Schmerzvoll stöhnte ich auf.
Die Last, die sich nun auf mir befand, drückte mir die Luft aus den Lungen, sodass ich nur schwer atmen konnte. Ich holte keuchend Luft und versuchte mich auf den Bauch zu drehen. Doch so sehr ich versuchte mich gegen den Unbekannten zu wehren, desto stärker wurde der Druck, der auf mir lastete und mich schwer zu Boden drückte.
Ich versuchte die Angst, die in mir aufstieg zu unterdrücken, doch die heißen Tränen rollten schon meine Wangen hinunter und mit ihnen kam auch meine Panik zurück, von der ich geglaubt hatte, sie in der Nacht zurückgelassen zu haben.
„Bitte", hauchte ich aufgelöst. Mein Flehen wurde erhört und ich spürte, wie sich Hände ein letztes Mal auf meinen Schultern abstützen und das ganze Gewicht, das mich wie Blei niedergedrückt hatte, langsam von mir abließ.
Ich rang keuchend nach Atem und rollte mich, so schnell es mein schmerzender Körper erlaubte, zur Seite. Mein Blick glitt gehetzt zu der Person, die gerade noch dabei gewesen war, mich zu quälen. Meine Gedanken überschlugen sich, während ich überlegte, was mich wohl noch erwartete.
Doch als ich denjenigen wahrnahm, der sich vor mir aufgerichtet hatte, verwandelten sich meine komplette Angst und die Panik in rasende Wut.
„Du Arsch! Weißt du, wie weh du mir gerade getan hast?" Ich funkelte ihn wütend an und erhob mich, wenn auch nicht so elegant, wie es ohne die Schmerzen möglich gewesen wäre.
Der ungerührte Ausdruck in seinen Augen schürte meinen Ärger nur noch weiter und ich begann, mit den Fäusten auf seine Brust einzuschlagen. Er ließ sich nichts anmerken, ihm schienen meine Schläge nichts auszumachen, während meine Knöchel bereits schmerzten.
Plötzlich schnellten seine Hände nach oben und hielten meine Handgelenke eisern fest, als ich zu einem erneuten Schlag ausholen wollte.
„Alec!", schrie ich aufgebracht: „Lass mich los!" Ich zwang mich, seinem Blick stand zu halten und konnte aus der Nähe die kleinen Sprenkel in seinen sonst haselnussbraunen Augen sehen. Irritiert wand ich mich schließlich doch ab. Alec hatte kein Wort gesagt und ließ auch sonst keine Gefühlsregungen sehen. Ich hatte das Gefühl, vor einem Stein zu stehen.
„Warum hast du das gemacht?", fragte ich leise, nachdem ich mich etwas beruhigt hatte. Er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Deine Feinde warten auch nicht, bis du bereit bist, sondern greifen aus dem Hinterhalt an."
Seine Antwort löste eine Welle der Enttäuschung in mir aus. Obwohl er mit seiner Behauptung recht gehabt hatte, hätte er mich nicht so brutal angreifen müssen. Was hatte er sich dabei bloß gedacht? Hasste er mich denn so sehr, dass er mich unbedingt verletzen musste?
Die Tränen, die schon versiegt gewesen waren, sammelten sich erneut in meinen Augen und ließen meine Sicht verschwimmen. Ich senkte meinen Blick. Aus irgendeinem Grund wollte ich nicht, dass Alec die Tränen der Schwäche sah, ich wollte nicht, dass er noch mehr Gründe dafür fand, um mich zu hassen.
Doch anstatt sich über meine Tränen lustig zu machen, schob er mit seiner Hand sanft mein Kinn nach oben, sodass ich gezwungen war, ihn mit meinem inzwischen tränenverschmierten Gesicht in die Augen zu schauen.
Anstatt der Kälte, die vorhin noch deutlich in ihnen zu sehen gewesen war, glitzerte nun Wärme in seinen Augen, während er mich mit einem sorgenvollen Ausdruck betrachtete.
„Nicht weinen, bitte nicht", hörte ich ein kaum merkbares Flüstern und hätte es für eine Einbildung gehalten, wenn seinem Blick nicht das gleiche stumme Flehen innegewohnt hätte.
Was hatte dieser plötzliche Stimmungswandel zu bedeuten? Warum war er im einen Moment so ein Idiot und im nächsten wieder fürsorglich? Wieder stieg die Wut in mir auf und überschattete das kurze Glücksgefühl, das mich bei seinen Worten überkommen hatte.
Was glaubte dieser Typ eigentlich? Dass diese Worte als Entschuldigung reichen würden und er mich wie eine Puppe behandeln konnte? Nein, so etwas würde ich mir von niemandem gefallen lassen. Weder von Thomas noch von Alec.
Erschrocken darüber, dass ich ihn schon mit Thomas verglich, ließ ich Alec einfach stehen und hastete eilig zur Tür, während ich mir noch einmal schnell mit dem Ärmel meiner Jacke über das Gesicht wischte, um die Spuren der Tränen zu beseitigen. Tränen, die ich nur aufgrund von Alec vergossen hatte, völlig verschwendet an einen Menschen, der sie nicht verdient hatte...
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