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(6/6) Alles gut

Soweit Emma es überhaupt in einen Vergleich stellen konnte, wirkte die Erscheinung am Fenster ein winziges Bisschen realer als die Dinge, die sie bisher zu den "unerklärlichen" gezählt hatte. Man konnte kaum mehr als Umrisse erkennen, die Fensterscheibe war beschlagen. Spätestens jedoch, als ihr bewusst wurde, dass das Erschrecken der Zitronenkuchenfrau sich tatsächlich auf dasselbe Phänomen wie ihr eigenes bezog und dass der Geist ans Fenster zu klopfen begann und zu ihnen herein winkte, erkannte sie: Es war ein Mensch, der da draußen stand.

Auch Myrna schien aus ihrer Schreckensstarre erwacht zu sein. "Heilige Jungfrau, hab' ich mich verjagt", stieß sie aus und fasste sich aufs Herz. Ächzend hob sie den Wasserkocher vom Boden auf. Dann stieg sie über die Pfütze hinweg, lief in die Diele hinaus und zur Gesindetür, um zu öffnen.

Im Wandschrank fand Emma ein Bodentuch. Während sie sich beeilte, das Wasser aufzuwischen, lauschte sie auf die Stimmen der beiden Frauen, die zu ihr hinein drangen. Man erwähnte ihren Namen. Das war doch nicht etwa Grace, so früh am Morgen ... wollte sie nicht erst vor Mittag kommen? Eilig wrang sie den Lappen aus, warf ihn über einen leeren Eimer und schloss die Schranktür.
Sie beeilte sich, die Hände trocken zu bekommen - gerade rechtzeitig, um der zierlichen Besucherin die Hand entgegen strecken zu können. Von Myrna herein geführt, war sie unter dem niedrigen Türrahmen hindurch getreten und mit verblüfftem Gesicht stehen geblieben. Das historische Ambiente der Küche schien sie zu beeindrucken.
Endlich fand ihr schweifender Blick zu Emma zurück. "Hey", sagte sie mit mädchenhafter Stimme, "hallo. Ich bin Grace."

Sie war erstaunlich klein und zierlich. Ihr modisch geschnittener Mantel stand offen und gab den Blick auf einen dunklen Rollkragenpullover und einen senfgelb und schwarz karierten Minirock frei. Die kniehohen Stiefel zeigten keinen nennenswerten Schmutz; die Kälte musste den lehmigen Matsch, der seit einer Woche weite Teile des Hofes überzog, in der Nacht gefroren haben.
Während sie einander ansahen, bewunderte Emma den ebenholzfarbigen, schnurgerade geglätteten Pagenkopf der Frau. Er wirkte wie mit dem Skalpell geschnitten. Trotz der jugendlichen Kleidung und der zarten Erscheinung schätzte Emma sie auf mindestens vierzig Jahre. Als sie sich neugierig in der großen Küche umsah, fielen die Seiten ihres Haarhelms vor und wieder zurück, die Spitzen streiften messerscharf die dunkelroten Mundwinkel. Sie strich die rechte Seite hinter das Ohr.

"Alle Achtung ... hier steckst du also." Ihr Zwinkern ließ das Blau ihrer Augen aufblitzen. "Ich hatte schon gehört, dass es toll sein würde. Da kann man ja richtig neidisch werden!" In den Worten - und mehr noch in ihrem Gesichtsausdruck - lag Bewunderung. Sie nickte anerkennend, während ihr Blick über Möbel, Fenster und Balkendecke schweifte. "Wow. Was für ein Haus!" Nicht nur ihr Äußeres, auch ihre Art zu sprechen wirkte ausgesprochen jung.
Sie wies hinter sich und zur Tür hinaus. "Ist die Klingel nicht in Ordnung? Ich hatte vorne zweimal geklingelt, aber es öffnete niemand. Da dachte ich, ich sehe mir mal das Gelände an. Um vielleicht jemanden zu finden, der bereits auf ist." Den Faltenkränzen, die rings um ihre Augen strahlten, war anzusehen, dass sie gerne und viel lachte. " Ich wollte schon wieder gehen und am Mittag zurück kommen, aber zum Glück habe ich das Küchenfenster entdeckt. Und Sie beide dahinter!"

Emma stand still wie eine Statue. Ihr Begrüßungslächeln hatte sich im Gesicht festgefroren. Das Klingeln an der Eingangstür war also echt gewesen. Und sie, Hasenherz, Idiotin, hatte in der Halle gestanden und ihr nicht geöffnet. Nichts davon würde sie zugeben. Sie hatte die Türglocke genauso überhört wie alle anderen im Haus. Trotzdem musste sie jetzt irgendetwas sagen. Ihr Gehirn war wie ausgeschaltet.
"Gestern ging sie noch", brachte sie krächzend heraus. Ihr Hals war trocken, sie musste husten.

"Die Lassie hat sich verkühlt", erklärte Myrna pragmatisch. "Wir stecken sie gleich erst mal ins Bett, damit sie sich tüchtig ausschläft."

Grace nickte verständnisvoll. "Das kommt häufig vor. Es ist die Umstellung. Viele Mädchen werden erst einmal krank, nachdem sie angekommen sind." Sie lächelte ihr tiefrotes Lächeln. "Wenn du erst wieder fit bist, wirst du deine Zeit so richtig genießen." Sie nahm ihre Tasche von der Schulter und zog eine Mappe heraus. "Ich habe heute Vormittag noch einen weiteren Termin. In Ardara, das ist eine gute Stunde Fahrzeit. Könnten wir gleich hier ... oder gibt es irgendwo ein stilles Plätzchen, wo wir nicht stören?"

"Hach, ja, natürlich, warten Sie ..." Myrna nahm ihren Kaffeebecher und einige andere Dinge vom Tisch und stellte alles auf die andere Seite hinüber. "Haben Sie schon gefrühstückt?", warf sie über die Schulter. "Nicht? Na, dann setzen Sie sich mal beide hin, ich mache Ihnen etwas. Dauert nicht lange ... Emma, ihr könnt in der Küche bleiben. Wir sind gleich raus hier." Grace zuckte erschrocken zusammen, als sie ohne Vorwarnung ihre Stimme erschallen ließ, so dass man es wahrscheinlich bis nach Dunfanaghy hörte.
"Einin! Ein Gedeck weniger! Emma und ihr Besuch frühstücken in der Küche!"


Schnell wurde der alte Tisch hergerichtet; Butter, Toast, Marmelade und Honig fanden ihren Platz zwischen zwei verschieden geblümten Tellern - und großen, bauchigen Tassen, die weder zu den Tellern, noch zueinander passten.

Als dunkler Tee eingeschenkt und Myrna gegangen war, blickte Grace belustigt auf das bunt zusammengewürfelte Geschirr.

"Sie wirft nichts weg", erklärte Emma knapp. Sie hatte sich bereits so sehr an Myrnas demonstrative Resteverwertung gewöhnt, dass ihr erst jetzt wieder ins Bewusstsein drang, welch seltsame Blüten ihre ausgeprägte Sparsamkeit oft hervor brachte.

"Oh, ich mag das", versicherte Grace. "Es hat etwas Gemütliches."

Emma schob ihr das Milchkännchen hin. "Nehmen Sie Milch in den Tee."
Seltsam, wie sich die Dinge wiederholten; genau das hatte Hagan zu ihr gesagt. An dem Abend, als sie in Shadow Hall ankam.
Entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten knurrte ihr Magen heute bereits sehr früh. Sie bot der Betreuerin Toast an und nahm sich selbst ebenfalls eine Scheibe. Beide schienen sie hungrig zu sein; während sie sich über das einfache Frühstück her machten, sprach niemand ein Wort.

"Die Marmelade sieht selbst gekocht aus", merkte Grace schließlich an und häufte sich zwei Löffel voll auf die dicke Schicht Butter, die sie sich auf ihr Toast gestrichen hatte.

"Ja, das ist sie. Myrna hat sie gemacht."
Noch immer fühlte sie sich ein wenig von dem frühen Besuch überfallen;  fünf Minuten zuvor hatte sie noch gedacht, sie würde zwei, drei Stunden Zeit bis zum Termin haben. Um wach zu werden und die Kopfschmerzen zu vertreiben. Aber je eher sie es hinter sich hatte, desto besser. Im Grunde war es ihr sehr recht, dass es nun sofort sein sollte.

Die Augen der Betreuerin wandten sich ihr über den Rand der Teetasse hinweg zu. "Und?" Sie wies mit dem Kopf in der Küche umher. "Wie ist es so?"

Emma bemühte sich um ein Lächeln. "Gut!" Sie nickte bekräftigend. "Ich denke, ich habe es wirklich gut getroffen. Alle sind sehr nett hier."

Grace nahm einen Schluck von ihrem Tee. "Und ... wie ist es mit der Einsamkeit? Ich meine, gegen London ist das ja ..."

"Oh, für mich passt das perfekt. Ich bin da nicht wählerisch. Die Stille macht mir nichts, ich mag sie ganz gerne. Solange ich mit der Familie klar komme." Sie warf ihr einen scheuen Blick zu. "Draußen ist es so schön. Man kann da viel machen, wir spielen jeden Tag im Wald."

"Ja, sehr schön - das habe ich gesehen!" Auf ihrem Tassenrand hatte sich Lippenstift abgesetzt. Sie wischte ihn mit Zeigefinger und Daumen weg. "Und die Küste? Da geht es ja steil hinunter ... darfst du mit dem Jungen dorthin gehen?"

Emma musste an ihren Ausflug an die Klippen denken. "Wenn ich ehrlich bin", gestand sie, "habe ich noch gar nicht danach gefragt. Mr. Ó Briain sagte bei meiner Ankunft etwas darüber ..." Sie versuchte sich an seine Worte zu erinnern. "Shay soll dort nicht allein hingehen. Aber mit mir zusammen .... ich denke, das wäre in Ordnung."

"Und wie kommst du mit ihm zurecht?" 

"Mit Shay?" Emma nestelte ein frisches Taschentuch hervor, wandte sich ab und schnaubte ihre Nase. "Es war nicht einfach zu Beginn", erklärte sie. "Er vermisst seine Mutter. Und er hat sich sehr zurück gezogen. Es brauchte, bis er einigermaßen auftaute."

"Ah ja, der arme Kerl. Das kann ich gut verstehen. Hattest du Hilfe von seinem Vater oder ...?" Sie wies mit der Hand zur Tür hinaus.

"Myrna?" Emma lachte. "Nein, nicht allzu viel. Aber das hat nichts damit zu tun, dass man mich damit allein gelassen hätte. Ich kann jederzeit fragen oder um Hilfe bitten. Nur ist Mr. Ó Briain in diesen Wochen mit seinem Roman befasst, er schreibt. Ich glaube, er veröffentlicht sein Buch. Und Myrna kümmert sich um das Haus, sie kocht und backt."

"Oh", sagte Grace und zog die Brauen zusammen. Ich hatte gedacht, man würde dich hier mehr unterstützen."

"Aber das tun sie ja." Sie bemühte sich um ein überzeugendes Lächeln. "Ich fand es gut, dass man mir Zeit ließ, mich da hinein zu arbeiten und mich allein und ganz ungestört erst einmal anzunähern. Und selbst zu sehen, wie weit ich komme. Sie wollten mich mit Shay in Ruhe lassen, es war eine langsame und vorsichtige Annäherung. Es hat geklappt. Niemand wollte dabei stören, sie haben abgewartet. Für Shay und mich war das sehr gut."

"Dann ... ist das Eis also gebrochen?"

Sie nickte. "Ja, ich denke. Wir spielen, wir reden, wir bauen Höhlen und laufen im Wald herum. Er zeigt und erzählt mir alles Mögliche. Und ab dem ersten Dezember werde ich anfangen, ihm jeden Abend eine Geschichte vorzulesen." Sie blickte sich verstohlen zur Küchentür um und senkte ihre Stimme. "Seine Mutter hatte das immer gemacht. Es hat sich ergeben, dass das Thema aufkam. Er hat eingewilligt, er wünscht sich, dass ich ihm vorlese. Alle sind sehr gerührt deswegen, es ... scheint etwas Besonderes zu sein."

Grace hob begeistert beide Daumen. "Wie schön! Das ist ja wunderbar. Ein sehr gutes Zeichen. Er scheint dir zu vertrauen."

Emma starrte auf das blanke Stück Wand hinter der Betreuerin. "Ja ...", sagte sie nachdenklich. "Das ... tut er."
Ein Schatten legte sich über ihr Gemüt. Dunkle Bilder, Eindrücke der letzten Tage und Wochen, wanderten durch ihre Erinnerung. Der Wald und das Rauschen der Wipfel, das große Tor in der Abenddämmerung. Und der Weg unter den Bäumen, nebelverhangen. Strange News is come to town, strange news is carried ... Urplötzlich und ohne sichtbare Verbindung zu den Themen ihres Gesprächs enterte der alte Ohrwurm ihre Gedanken - ausgerechnet jetzt, wo sie sowieso bereits Mühe hatte, sich auf die Antworten zu Grace's Fragen zu konzentrieren. Strange news flies up and down that my love is married ...

"... für dich, dass sich nun alles zum Guten gewendet hat ... irklich großartig, dann müssen wir uns ... Sorgen mehr ..."

Ohne nachzuvollziehen, wovon Grace sprach, nickte sie. Es würde schon hinkommen. Sie fasste sich an den schmerzenden Kopf, trank einen Schluck Tee.

 ... Telefonnummer, falls mal etwas ist."

Mechanisch nahm sie die Visitenkarte an und schob sie in ihre Hosentasche. "Okay ... vielen Dank. Das werde ich."

"Und scheue dich nicht. Was immer du auf dem Herzen hast, du musst es nur sagen."

Sie versuchte zu lächeln. Es war das einzige, was sie zustande brachte.

"Du siehst blass aus. Dir geht es wirklich nicht gut ..."

Im Wald raunte der Wind. An der Mauer ... Der schachbrettartig gemusterte Fliesenboden bei der Spüle verschwamm vor ihren Augen. Strange news is come to town. Im Takt der Worte, die ihren Kopf füllten, hämmerte ihr Puls.

"Na, ich denke mal, das reicht für jetzt. Hast du denn noch irgendwelche Fragen an mich?"

Sie schüttelte den Kopf.

"Sorgen ...? Irgendetwas?"

"Nein. Alles gut."

"Ich lasse dir ... noch das hier da, Das ist eine Karte von Donegal." Sie zog ein gefaltetes Etwas aus ihrer Mappe. "Orte, Sehenswürdigkeiten, Seen, die Berge, die Küste ... Wer weiß, wann du Gelegenheit hast, dir etwas davon anzusehen." Sie schob ihr die Karte bis an den Teller heran, dann legte sie ihr die Hand auf den Arm. Sie zwinkerte aufmunternd. "Schau da einfach mal rein. Und sag Bescheid, wenn du etwas brauchst. Deine Gastfamilie ist verpflichtet, sich darum zu kümmern. Auch, falls du einen Arzt oder Medikamente brauchst." Sie trank ihren Tee aus und stellte den Becher auf den leeren Teller. "Also ... keine Hemmungen, was immer es ist."
Ihr Lippenstift war an der Innenseite weg, die dunklen Ränder ließen ihren Mund schmal wirken.

"Die ... habe ich nicht."

"Gut. Und ... lass dich verwöhnen. Kuriere dich gut aus, damit du bald wieder fit bist."

"Mach' ich." Sie versuchte zu schlucken. Ihr Hals tat weh.

"Tja, also dann - es war nett, dich endlich persönlich kennengelernt zu haben, Emma. Ich mach' s ganz kurz heute, aber ich komme in einigen Wochen noch einmal wieder. Im neuen Jahr." Ihre Augen machten Kränze. "Dann wünsche ich dir schon einmal ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch."

Dankeschön. Das wünsche ich Ihnen auch."


Sie schaffte es, aufzustehen und im Gehen die Balance zu halten, während sie Grace zur Tür brachte. Auf der Stelle zu stehen war schwieriger.
Als die Betreuerin endlich in ihren roten Wagen stieg, empfand sie grenzenlose Erleichterung. Sie winkten einander zu, dann ließ Grace den Motor an, fuhr im langsamen Bogen über die gefrorenen Furchen hinweg und schließlich zum Tor hinaus.

Einen zeitlosen Augenblick lang atmete sie die frische Luft ein. Durch die Dampfwolken, die sich vor ihrem Gesicht bildeten, starrte sie auf die offen stehenden Flügel des Tores. Reif hatte sich über das verschnörkelte Metall gelegt. Eine matte Morgensonne arbeitete sich durch die Baumwipfel; in goldenen Linien zog sie über die Kanten der Spiralen und Blätter hinweg. Wie viele Menschen wohl durch dieses Tor ein und aus gegangen waren ... Sie lauschte dem hallenden Ruf der Krähen. Irgendwo knackte ein Ast.

Erst, als hinter ihr Myrnas Stimme erscholl, kam sie wieder zu sich.

"Shay ...? Lass Emma in Ruhe, hörst du? ... Heute nicht, sie ist krank! Beschäftige dich einen Augenblick allein ... Einin spielt gleich Karten mit dir."


Langsam drückte Emma die Tür zu und wandte sich in die Halle. Die Luft hatte ihrer verstopften Nase gut getan, aber jetzt war ihr kalt.

Was Myrna zu ihr sagte, nahm sie wie durch Nebel wahr. Irgendetwas mit "Tee", "Tablett" und "gleich hochbringen" verstand sie noch, als sie ihrer energischen Geste folgte und sich die Stufen hinauf schleppte. "Bett" war das markanteste Wort, an das sie sich, oben angekommen, noch erinnern konnte. Oh ja ... Bett. Warm und still. Schlafen.

Im Zimmer warf sie alles von sich, schlüpfte in ihr Shirt und sofort unter die Decken. Das Bad ließ sie aus, sie hatte nicht die Kraft, noch schnell hinüber zu gehen. Myrnas Tee - oder was immer die gute Frau ihr nach oben bringen wollte - bekam sie nicht mehr mit.

Ende Teil 37

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