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(5/1) Sturmnacht

Emma versuchte zu schlafen. Die Kälte kroch ihr jedoch dermaßen in die Knochen, dass es sich anfühlte, als würden ihre Füße nicht mehr zu ihrem Körper gehören. Zuletzt steckte sie sogar den Kopf unter die Decke in der Hoffnung, die Luft dort mit ihrem Atem erwärmen zu können - bis sie entnervt aufgab, nach dem Bändsel unterhalb der altmodischen Glaskuppel tastete und sich im Licht der Lampe aufsetzte. Bibbernd horchte sie auf das Heulen des Windes draußen. Ein Schwall eiskalter Luft strömte ihr vom Fenster entgegen, obwohl es fest geschlossen war. Mittlerweile fühlte sich ihr Gesicht so kalt an, als hätte sie die halbe Nacht lang in der sibirischen Tundra Schnee geschaufelt. Der kleine Kamin, der sich in einem Winkel des Zimmers befand, schien sie geradezu auffordernd anzusehen; Myrna hatte ihr gesagt, sie könne ihn bei Bedarf nutzen. Im Zimmer gab es keine moderne Heizung. Sie hatte Bedarf.

Das Handy zeigte kurz nach halb eins an. Alle im Haus mussten längst in ihren Betten liegen. Sollte sie Socken an die Füße ziehen und sich unter der Decke in ihre lange Strickjacke einwickeln, zumindest für diese Nacht? Sie hasste es, mit Socken schlafen zu müssen. Wenn die Füße aneinander rieben oder wenn sie gegen die Bettdecke strichen, fühlte es sich immer so rau und trocken an. Nein, sie wollte keine Socken, denn auch ihre eiskalte Nase hatte sie nicht schlafen lassen. Und sie konnte sich ja schlecht eine Socke darüber ziehen. Sie brauchte Feuerholz.


Als sie den antiquierten Drehschalter auf der Galerie betätigte, sprang ein trübes Licht an; im selben Moment hörte sie ein Geräusch und der Teil des Flures zu ihrer Linken lag wieder im Dunkeln. Eine Glühbirne musste kaputt gegangen sein. Müde blinzelte sie in den milchig beleuchteten Teil des Ganges hinein. Ganz hinten stand die Tür zum Abstellraum offen. Einin würde Ärger bekommen, wenn Myrna es bemerkte. Einen Moment lang war sie versucht, sie für das Mädchen zu schließen, aber dann erschien ihr der Gang zu lang, das Licht zu wenig verlässlich, ihre Füße zu kalt. Fröstelnd zog sie die Strickjacke über ihrem Pyjama zusammen, wand den viel zu langen Gürtel vor dem Bauch zu einer übergroßen Schleife und schlich die Treppe hinunter.
Dass das Licht auf der Galerie teilweise ausgefallen war, machte es schwierig, im unteren Abschnitt die Stufen noch zu erkennen. Die Hand am Geländer tastete sie sich Schritt für Schritt abwärts und ignorierte ihr klopfendes Herz. Bisher hatte sie ihr Zimmer nachts nie verlassen müssen ... und an den langen dunklen Abenden hatte es immer von irgendwo her Licht und Geräusche auf der unteren Etage gegeben. Auch, wenn niemand in der Halle war. Die Haushälterin räumte oft noch gegen Neun in der Küche herum, die Geräusche drangen bis in die oberen Zimmer. Emma genoss es oft, wie sie spät noch geschäftig im Erdgeschoss rappelte und rumorte, wie sie vor sich hin redete, sang und mit den Schranktüren klapperte. Mitten in der Nacht allein im Haus herum zu tappen und zu wissen, selbst Myrna war bereits im Bett, das war allerdings eine ganz andere Nummer.

Die Wandlampen im Eingangsbereich ließen sich über zwei Schalter bedienen. Einer befand sich in der Nische für die Garderobe - und der andere gleich vor ihrer Nase, hinter dem Vorhang des letzten der vier Fenster. Sie wagte die wenigen Schritte in die Dunkelheit hinein und atmete erleichtert auf, als ihre Finger zuerst den Vorhang und kurz darauf auch den Kippschalter ertasteten.

Das Licht der beiden Lampen bei der Haustür ließ sie die Sitzecke unter der Galerie zumindest schemenhaft erkennen; während sie eilig hinüber huschte, fixierte sie die pechschwarze Höhlung des Kamins in der Wand, als könnte von dort etwas Bedrohliches kommen. An die Größe der alten Feuerstelle hatte sie sich inzwischen gewöhnt. Aber wenn darin kein Feuer brannte, erschien ihr das klaffende Loch noch immer monströs. Mit einem undefinierbaren Gruseln im Nacken umrundete sie den kleinen Tisch. Ein Knie in die durchgesessene Sitzfläche des alten Sofas gedrückt langte sie über die Lehne hinweg und zur Stehlampe hinüber, fischte im Halbdunkel nach der Strippe und zog. Als das Licht Bücherschränke, Sitzecke und Kamin erhellte, fühlte sie sich besser. Das froschgrüne Sofa mit seinem weichen Samtbezug erinnerte sie jeden Tag aufs Neue an ihren ersten Abend in Shadow Hall. Ihre Hände glitten die gewölbte Rückenlehne hinunter, sie mochte den Bezugsstoff so gerne. Einem  plötzlichen Bedürfnis folgend zog sie auch das zweite Bein auf das durchgesessene Polster hinauf und ließ sich rückwärts in die Kissen fallen.
Halb liegend lauschte sie dem Brausen des Windes. Wenn sie die Luft anhielt, hörte sie sogar die Bäume knarren. Die Halle musste für die Klänge da draußen wie eine Art Verstärker wirken; jedes Mal, wenn die Böen einen Moment nachließen, drang das Donnern und Rauschen des Meeres zu ihr hinein. Das Meer ... seit ihrem kurzen Ausflug an die Klippen und nach Dunfanaghy hatte sie es nicht mehr gesehen. Sie stellte sich vor, wie es wogte und schäumte, wie es gegen die Felsen brandete. Es musste lebensgefährlich sein, jetzt dort oben zu stehen.

Seufzend zog sie ihre Strickjacke fester um sich. In stillen Momenten wie diesem staunte sie noch immer darüber, wie schnell sich ihr Leben gewandelt hatte. Dass sie nicht mehr in diesem deprimierenden Londoner Stadtteil und im Haus der Saunders hockte, sondern in einem alten Herrenhaus lebte und arbeitete, inmitten wilder Natur und direkt am Meer - all das erschien ihr immer noch wie ein kühner Traum. Normalerweise wurde so etwas nicht Wirklichkeit, ihr war es aber geschehen. Während sie sich umsah, versuchte sie sich an ihre ersten Eindrücke zu erinnern. Wie anders sie das Haus nun empfand ... beinahe so, als wäre es nicht mehr das Haus, das sie an ihrem ersten Abend so sehr überwältigt, geradezu eingeschüchtert hatte. Die Halle erschien ihr längst nicht mehr so groß, und überhaupt: Wie vertraut ihr das Gebäude mit seinen Ecken, Winkeln und Schatten bereits geworden war! Hier unten allein zu sein, dazu mitten in der Nacht, überforderte ihre Nerven allerdings ein wenig, das musste sie sich eingestehen. Oder war es der Sturm, der sie so beunruhigte? Unwillkürlich schweifte ihr Blick in die dunklen Bereiche - und schließlich zu der Tür hinüber, die zwischen den Verstrebungen des Treppengeländers zu sehen war. Dahinter befand sich der Gang mit dem alten Canapé und den Gemälden. Der Gang, der zu dem dunklen Zimmer führte.

Seit jenem düsteren Nachmittag hatte sie die Tür zum Westflügel kein zweites Mal geöffnet. Lebhaft erinnerte sie sich an die klopfenden Geräusche. Und noch immer wollte sie schwören, dass sie aus dem Zimmer gekommen waren. Sie war vollkommen überzeugt gewesen, Shay müsste dort sein ... aber außer bedrückender Dunkelheit hatte sie hinter der alten Tür nichts vorgefunden. Gut, sie hatte das Zimmer nicht betreten, hatte nicht gewagt, das Licht anzuschalten und sich darin umzusehen. Dass sie Shay dann aber bei Myrna in der Küche gefunden hatte, durfte sie nach den Erfahrungen der letzten zwei Wochen nicht irritieren; inzwischen war klar, dass sich vieles, was auf den ersten Blick rätselhaft erschien, später meistens als ein Trick oder Streich des Jungen entpuppte. Hagan hatte von einem geheimen Gang gesprochen. Es musste eine Verbindung zwischen dem schwarzen Zimmer, wie sie es getauft hatte, und dem Refugium der Zitronenkuchenfrau geben. Seitdem wartete sie, dass die Tage vergingen. Sie wollte sicher sein, dass Shay es nicht gleich mit seinem geschickten Streich in Verbindung brachte, wenn sie ihn nach dem geheimen Gang fragte.

Vieles ließ sich klären. Oft gab er selbst die Lösung des Rätsels preis, ohne es zu merken, sie brauchte ihn nur zu beobachten. Zuhören, was er sagte. Er verriet sich hier und da; aber es gab Dinge, deren Sinn und Bedeutung sich zumindest bis jetzt nicht ansatzweise zeigten. Das rhythmische Klopfen, das sie erstmals am Tag seiner Ankunft aus Dublin bemerkt hatte, gehörte zu dieser Sorte Dinge. Als er seinen Stock gegen den Baum schlug. Was hatte das zu bedeuten? Er tat das auch mit anderen Gegenständen. Er schlug sie gegen die Wand, auf den Tisch, auf die Bodendielen. Immer in diesem einen Rhythmus. Bumm, bumm - Pause. Bumm, bumm - Pause.
Sie zog die Hände in die viel zu langen Ärmel der Strickjacke, schob die Füße unter das größte der Kissen. Das Klopfen erinnerte sie an nichts, was sie kannte. Diese kurze, sich wiederholende Abfolge von Schlägen ... sie war so banal! Und doch behielt er sie so auffällig stur bei, dass nahe lag: Es konnte kein purer Zufall sein, keine seiner Launen, kein persönlicher Lieblingsrhythmus. Er besaß genug Fantasie und Kreativität, um sich wesentlich originellere Dinge auszudenken als ausgerechnet so etwas. Er hätte die Abfolge der Schläge zumindest ab und zu ein wenig variieren können. Sie abwandeln, weiter entwickeln. Aber er tat es nicht. Und wenn dieser Rhythmus tatsächlich keine spezielle Bedeutung hatte? Dann war es zu unspektakulär, um es über so viele Tage weiter und weiter zu wiederholen. Er hätte längst aufgehört. Es musste einen konkreten Sinn dahinter geben.

Sie hatte nicht geplant, mitten in der Nacht hier unten zu sitzen. Aber je mehr Zeit verstrich, desto weniger Lust verspürte sie, jetzt gleich wieder in ihr kaltes Zimmer zurück zu kehren. Trotz der Müdigkeit erschienen ihr ihre Gedanken auf einmal so klar; beinahe, als wären Ort und Moment gerade richtig, um endlich einmal gründlich über die Geschehnisse seit ihrer Ankunft in Shadow Hall nachzudenken. Insbesondere über die, die ihr Kopfzerbrechen bescherten. Tagsüber hatte es so vieles zu tun gegeben, während sie Abends immer todmüde ins Bett gefallen war. In der nächtlichen Stille des Hauses lenkte nichts ihre Gedanken ab.

So viele Eindrücke und Beobachtungen hatte sie inzwischen gesammelt! Viele der Notizen, die sie sich gemacht hatte, um nichts zu vergessen, erschienen ihr ohne Zusammenhang. Und je mehr es wurden, je mehr Zeit verstrich , desto konfuser wurden sie. Hier und da begann sie sogar an der Echtheit ihrer Beobachtungen, an ihren eigenen Sinnen, ihrem Erinnerungsvermögen zu zweifeln. Es wurde Zeit, dass sie mit Hagan über seinen Sohn sprach. Aber gerade in diesen Tagen schien der Herr dieses Hauses sehr beschäftigt und ließ sich kaum sehen. Wenn er überhaupt zuhause war. Manchmal frühstückten sie zumindest zusammen, bevor er in sein Zimmer verschwand - aber dann wuselte Myrna um den Tisch. Und Shay saß mit dabei; er sollte besser nicht mitbekommen, dass sie mit seinem Vater Gespräche über ihn führen wollte. Er schien bereits fest damit zu rechnen, er hatte es in den vergangen Tagen ja öfters auf seine Art angesprochen - ängstlich und scheu, als befürchtete er, bald erneut verschuldet zu haben, dass ein Kindermädchen Shadow Hall verließ.

Der weiche Samt der Sitzfläche unter ihr begann sich zu erwärmen. Überhaupt war es hier unten trotz des fehlenden Kellers und des steinernen Bodens - und wenn man die Zugluft außen vor ließ, die aus dem Kamin strömte - nicht annähernd so kalt wie auf der oberen Etage. Das mochte am Dach liegen, es war wahrscheinlich nicht isoliert. Ihr Gähnen machte ihr die späte Nachtzeit einmal mehr bewusst. Sie sollte längst schlafen ... Sie zog die Beine an, griff sich eines der üppigen Kissen, schmiegte es sich vor Bauch und Brust und lauschte weiter in die Stille des Hauses hinein. Im Kamin rauschte der Wind. Wie ein gigantisches Hörrohr verstärkte der Schacht den Klang der auf- und abschwellenden Böen. Unwillkürlich blieb ihr Blick an der steinernen Platte über der Höhlung hängen. Bei dem schummrigen Licht und aus ihrer beinahe liegenden Position heraus ließen sich nicht alle Worte vollständig lesen. Aber sie kannte die Zeilen inzwischen auswendig.

Come all ye maidens young and fair, that flourish in your prime

Always beware, keep your garden fair, let no man steal your thyme.

Dieser Spruch - sie hatte schon öfters über seine Bedeutung nachgedacht. Thyme. Wie antiquiert man damals das Wort Zeit schrieb! Oh, sie mochte diese alte Schreibweise! Sie war so ... romantisch. Bisher hatte sie romantische Dinge für überzogenen Kitsch gehalten, aber das hier war etwas völlig anderes. Es war ein Stück Historie. Eine Spur, die aus einer vergangenen Zeit ins Jetzt führte. Es war echt, keine schwärmerische Fantasie.

Come all ye maidens young and fair ... Sie lehnte den Kopf in die Polster zurück und verschränkte die Arme über dem wärmenden Kissen. Mit geschlossenen Augen stellte sie sich vor, wer hier wohl in all den Jahrhunderten gelebt haben mochte. Bilder zogen an ihr vorbei. Männer ... mit Pferden. Kinder, die leben und spielen wollten. Und nicht an Gräbern weinen. Und Frauen. Mit Kleidern, Hauben und Tüchern ... so wie das Tuch, das Shays Mutter verloren hatte, Rosaleen. Ein schöner Name, Rosaleen ... so altmodisch. Wie laut das Meer rauschte, wie es brauste und gegen die Felsen donnerte. Und wie der Wind jammerte und wütend den Schornstein hinab fuhr. Auch in früheren Zeiten ... hatte es wohl ... Rosaleens gegeben. Und Myrnas, Hagans. Auch Einins. Und Davies. In Shadow Hall. Und Knechte und Hauslehrer ... Dienstmädchen ...

Urplötzlich tauchte sie aus ihrer Versunkenheit auf. Das Herz schlug ihr auf einmal bis zum Hals. Die Haustür! Sie stand weit offen! Ein Donnerschlag ließ die Halle erbeben, der Wind wirbelte welkes Laub hinein und sie saß wie erstarrt und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Bis ein Blitz die Wipfel der Bäume draußen grell aufleuchten ließ ... und die Gestalt, die im Türrahmen stand, in zuckendes Licht tauchte. Sie erkannte sie im selben Augenblick. Es war die Frau mit dem Schultertuch und dem Bündel. Die Frau vom Weg. Und dann ... war sie verschwunden.

Es dauerte einige Sekunden, bis sie wieder atmen konnte. Noch unter dem Eindruck des furchtbaren Schrecks, das Kissen schützend an sich gepresst, kämpfte sie gegen ihre völlige Handlungsunfähigkeit an. Die Tür ... Sie musste die Tür schließen ...


"Ach du je. Wen haben wir denn hier?"

Ende Teil 26






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