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58

Beverly

Es war bestimmt der ungünstigste Moment der Welt, um eifersüchtig zu werden. Aber es machte mich wahnsinnig, dass Trish versuchte, für Aidan da zu sein, und nicht ich. Allerdings konnte ich das auch nicht sonderlich gut. Sie kannte ihn und Addie wesentlich länger, als ich es tat.

Aidan saß auf der Couch, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, und rieb sich im zehn Sekundentakt übers Gesicht. Und Trish hockte vor ihm, berührte ihn an der Schulter, an den Knien, umarmte ihn, fuhr ihm über die Haare. Dinge, die ich hätte tun müssen und sollen. Dabei murmelte sie ihm immer wieder Dinge zu, die ich nicht genau hören konnte und eigentlich auch nicht wollte. Er nickte, schüttelte den Kopf, ab und zu murmelte er etwas zurück, oder gab keine Reaktion von sich. Letzten Endes nahm sie ihm die Vodkaflasche aus der Hand, und stellte sie auf den Couchtisch. Und gleichzeitig sah sie auch noch gut aus! Sie wirkte vielleicht ein bisschen müde, aber offenbar gehörte sie zu den Menschen, die selbst erschöpft, gestresst, mit zerzausten Haaren und Blutflecken auf dem T-Shirt noch gut aussehen konnten. Das war nicht fair. Ich hatte nicht einmal die Zeit gehabt, mir meine Haare zusammenzubinden.

Ich drehte mich um, um dem Kaffee, den Trish fürsorglicherweise für Aidan aufgesetzt hatte, beim Fertigwerden zuzusehen. Ja, ich war vielleicht ein kleines bisschen eifersüchtig, aber auch nur, weil ich an die unzähligen Male zurückdenken musste, in denen die beiden mit Blicken geflirtet hatten.

Plötzlich tauchte Trish neben mir auf und griff über mich, um zwei Tassen aus dem Regal zu nehmen, während ich nur stur die Kaffeemaschine anstarrte, als ob ich diejenige wäre, die auf das scheußliche Getränk warten würde. Der Kaffee wurde fertig. Sie nahm die Kanne heraus.

„Ich hab das gesehen", bemerkte sie leise, während sie Kaffee in eine Tasse goss, und ich wie bescheuert daneben stand, ohne etwas zu tun.

„Was?", fragte ich, um Gleichgültigkeit bemüht.

Sie lächelte mich amüsiert an und goss Kaffee in die zweite Tasse. „Zwischen mir und Aidan läuft nichts."

„Aha."

Ihr Lächeln wurde breiter. „Ich meine es ernst. Wir flirten ab und zu, aber er gehört zu meinen besten Freunden. Ich nehme ihn dir schon nicht weg, keine Sorge." Wegnehmen? Etwas störte mich an ihrer Formulierung. „Ich meine, wenn ich wollte, könnte ich schon", lenkte sie ein bisschen zu selbstsicher ein, woraufhin ich meinen Blick von ihr abwandte, denn ich wusste, dass sie recht hatte, selbst, wenn sie es nur aus Spaß gesagt hatte. Sie bemerkte meine verunsicherte Reaktion und legte den Kopf schräg.

„Hey, war nur ein Witz. Wir sind gute Freunde und seine Schwester hat gerade versucht, sich umzubringen. Ich will wirklich nur für ihn da sein." Für ihn, oder für seinen Körper?

„Das kannst du auch besser, als ich." Ich gab mir größte Mühe, nicht wie eine verbitterte, eifersüchtige Ehefrau zu klingen. Vermutlich scheiterte ich. Trish ging um mich herum, zum Kühlschrank, um die Packung Milch herauszunehmen, und einen Schluck in eine der Tassen zu schenken, bevor sie den Milchkarton zurückstellte.

„Glaub ich nicht", entgegnete sie gelassen. „Ich habe es jedenfalls nicht geschafft, ihm die Schuldgefühle zu nehmen. Eher im Gegenteil..."

Ich hatte gehört, was sie zu Chase und Aidan gesagt hatte. Was sie ihnen vorgeworfen hatte. Und es war mir unter diesen Umständen nicht wirklich passend erschienen, aber andererseits, hatte sie bestimmt nicht unrecht gehabt. Selbst ich hatte schon ganz am Anfang gemerkt, dass Addie der Schützling der Jungs war. Vielleicht wurde ihr genau das nun zum Verhängnis.

„Ich kann nichts mehr für ihn tun." Sie nahm die beiden Kaffeetassen, stellte den schwarzen vor Aidan auf den Couchtisch, und setzte sich mit ihrem an den Küchentisch.

„Deutlicher werde ich nicht werden."

Okay, vielleicht wurde ich langsam ein bisschen zu paranoid. Vielleicht war zwischen den beiden wirklich nichts. Hatte sie nicht was mit Chase am Laufen?

Sie nickte mit dem Kopf zu Aidan. In Gedanken versunken, saß er auf der Couch und betrachtete die Vodkaflasche, ohne nach ihr zu greifen. Stattdessen nahm er den Kaffee in seine Hände. Aber Aidan war nicht hier im Wohnzimmer. Er war nicht bei mir. Vermutlich war er mit seinen Gedanken gerade bei Addie, und da wollte ich ihn nicht stören.

Trish nickte noch einmal in seine Richtung. Unmissverständlicher ging es nicht mehr. Zögernd biss ich mir auf die Unterlippe. Was hätte ich schon zu Aidan sagen können, damit er sich nicht mehr schuldig fühlte? Ich war nicht gut darin, Menschen aufzuheitern.

Trotzdem setzte ich mich in Bewegung. Doch auf halber Strecke schlug ich einen abrupten Haken und steuerte direkt auf Addie's Türe zu. Ich hatte es mir anders überlegt. Ich wollte lieber noch einmal nach ihr sehen. Vielleicht würden mir währenddessen ein paar aufmunternde Worte für Aidan einfallen. Ich wagte, zu zweifeln. Während ich vorsichtig an Addie's Zimmertüre klopfte, war ich mir sicher, Trish kichern zu hören.

Trev war vor etwa dreißig Minuten angekommen. Er war vergleichsweise zu sonst schnell hier gewesen, hatte ich mir sagen lassen. Entweder waren keine Autos so früh unterwegs gewesen, oder er hatte jede Geschwindigkeitslimitierung, und jede rote Ampel ignoriert. Oder beides. Er hatte seine Tasche fallen lassen, keinen von uns beachtet, und war schnurstracks auf sein und Addie's Zimmer gegangen. Trish, die zu dem Zeitpunkt Addie's Wache gespielt hatte, hatte sich sofort aus dem Zimmer verkrümelt, und war ihrer Aufgabe als Kindermädchen für Aidan nachgegangen.

Vorsichtig betrat ich den Raum. Er lag fast in völliger Dunkelheit, aber draußen, hinter den Häusern, dämmerte es bereits. Das Fenster war geöffnet, und es war ein wenig frisch im Zimmer, aber kein Straßenlärm war zu hören. In der Luft lag nur Totenstille.

Totenstille. Als ich an das Wort dachte, lief es mir kalt den Rücken hinunter, und das lag ganz und gar nicht, an dem offenen Fenster.

Bis vor zwei Stunden, war ich noch nie in ihrem Zimmer gewesen. Ich hatte davor zwar ein paar Mal einen Blick durch die geöffnete Türe erhascht, aber ihr Zimmer war trotzdem anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich hatte mehr Unordnung erwartet, ähnlich wie in Aidan's Zimmer, aber offenbar unterschieden Aidan und Addie sich wirklich in allem. Ein großer Schreibtisch stand vor dem Fenster, darauf stapelten sich feinsäuberlich ein paar Bücher, Stifte waren in ein Glas gestellt, und zwei Pflanzen standen links und rechts an den Ecken des Tisches. Ein großer Schrank gegenüber vom Bett, und neben dem Doppelbett, ein Regal, das vor Büchern nahezu überquoll. Das war wohl das einzig Unordentliche hier. Addie lag auf der linken Seite des Bettes, und auf dem Nachttisch daneben lag Hamlet.

Trev saß auf einem Stuhl, den er neben ihre Bettseite geschoben hatte. Ich wusste nicht, warum er sich nicht einfach neben sie gelegt hatte, denn sie schlief. Oder ist tot. Trev mochte vielleicht eine seltsame Art haben, sich um Addie zu sorgen, aber er nahm seinen Blick nicht von ihr, und hatte ihre linke Hand, zwischen seinen Händen eingeschlossen.

Selbst in der Dämmerung erkannte ich, wie müde er sein musste. Seine Körperhaltung war gekrümmt, als wäre er zu schwach, um sich aufrecht zu halten. Vermutlich fragte er sich, wie es so weit hatte kommen können. Wie dieses lebensfrohe Mädchen, plötzlich Todessehnsucht haben konnte. Und vielleicht ging er ja auch seine Lieblingsbeschäftigung nach: Mir die Schuld zu geben.

Obwohl er mich natürlich bemerkt hatte, sah er nicht auf. Er hatte auch auf das Klopfen nicht reagiert. Ich bewegte mich vorsichtig auf Addie zu, während ich mich selbst fragte, ob es nicht doch leichter gewesen wäre, mich einfach neben Aidan auf das Sofa zu setzen.

Es machte mich nervös, dass Trev nicht auf mich achtete, als ich mich auf die andere Seite des Bettes stellte, und darüber griff. Ich schob den Verband Addie's rechten Armes nach unten, und versuchte in der Dunkelheit zu erkennen, wie gut die Wunden verheilt waren. Es sah auf jeden Fall besser aus, als vor zwei Stunden. Dunkle Narben waren noch zu erkennen, aber es waren keine offenen Wunden mehr zu sehen. Halb zufrieden schob ich den Verband wieder an seine Stelle, und legte ihren Arm sanft zurück aufs Bett.

Soll ich was sagen? Bestimmt. Aber was?

Addie schwebte nicht mehr in Lebensgefahr. Kein Grund für Trev, wie in Totenstarre im Stuhl herumzusitzen. Totenstarre.

Ich räusperte mich. „Hör mal, es geht ihr soweit recht gut. Die Wunden heilen besser, als ich vermutet habe, es gibt also keinen Grund für dich, hierzubleiben. Wenn du willst, kannst du nach Stanford zurück, und deine Prüfung schreiben. Wir passen schon auf sie auf. Vor morgen Mittag wird sie bestimmt nicht aufwachen, und bis dahin bist du wieder hier", meinte ich vorsichtig. Die einzige Regung in seinem Gesicht, waren die langsam auftretenden Falten auf seiner Stirn.

„Meine Freundin hat gerade versucht sich umzubringen." Er sah auf. Seine Stimme klang trocken, und ich war mir sicher, dass er geweint hatte. Auch wenn er sich nichts anmerken ließ. „Ich gehe nirgendwo hin." Das war eindeutig. Ich betrachtete seinen Schatten forschend.

„Wir müssen uns nicht leiden können, damit ich weiß, wie wichtig dir dein Jurastudium ist. Das ist doch ein riesiger Bestandteil deines Lebens, oder hab ich da was verpasst?" Die Vermutung, dass Trev wieder nach Stanford fahren wollen würde, nachdem er sicher gestellt hatte, dass es Addie (weitestgehend) gut ging, war nun wirklich nicht so abwegig gewesen, oder? Immerhin waren wir alle hier, um auf sie aufzupassen. Weil das ja bis jetzt so blendend funktioniert hat...

„Nein, du hast recht. Jura ist ein verdammt großer und wichtiger Teil meines Lebens", sagte er, und sah mich an. „Aber Addie ist mein Leben. Ich werde nicht gehen. Die Prüfung kann ich in ein paar Monaten wiederholen. Aber wenn ich Addie jetzt alleine lasse, werde ich sie verlieren, und das ist es nicht wert." Er ließ sich gegen die Lehne des Stuhls sinken, ließ ihre Hand aber nicht los. Oder er traut uns nicht zu, auf sie aufzupassen.

„Du liebst sie wirklich", rutschte es mir überrascht heraus, obwohl ich nicht einmal die Absicht gehabt hatte, meine Gedanken auszusprechen. Ich war mir nie sicher gewesen, ob er sie überhaupt liebte, aber diese Worte waren ihm so einfach und selbstverständlich über die Lippen gekommen, dass ich keine Zweifel mehr hatte. Sie waren ein bisschen kitschig und zu rosig und perfekt gewesen, für meinen Geschmack, aber warum wunderte ich mich? Er lebte mit Addie zusammen. Ihre Sprechmuster färbten bestimmt bis zu einem gewissen Grad ab.

„Ja, natürlich." Trev klang fast ein bisschen amüsiert. Deine Feststellung war aber auch wirklich Sherlock-reif, Beverly.

„Versteh das nicht falsch", stotterte ich verlegen. „Aber... ich meine du bist fast nie da, und..." Wow. Er sah mich einen Augenblick abwartend an, aber ich konnte meinen Worten nichts mehr hinterherschieben.

„Wenn ich sie nur lieben würde, wenn ich rund um die Uhr bei ihr bin, dann würde ich sie nicht genug lieben, um bei ihr zu bleiben. Meinst du nicht auch?" Jetzt hatte er mich erwischt. So weit, hatte ich nie gedacht.

„Naja... aber du... du sagst ihr fast nie, dass du sie liebst." Next round. Das war eine gewagte Behauptung. Woher hätte ich wissen sollen, was er zu Addie sagte, wenn die beiden unter sich waren? Aber das schien ihm nicht aufzufallen.

„Sie weiß es." Er sagte es so ernst, als verstünde er nicht, worauf ich hinaus wollte. „Ihr ständig zu sagen, dass ich sie liebe, wäre, als würde ich ihr stündlich eine Nachricht schreiben, dass ich noch lebe."

Ich wurde hellhörig, und meinte, die Botschaft verstanden zu haben. Der mädchenhafte, Romantik-liebende Teil von mir, der weniger als ein Prozent meines Denkens übernahm, hüpfte aufgeregt auf und ab, und fand es zum Dahinschmelzen, dass Trev praktisch gesagt hatte, dass er Addie liebte, solange er lebte. Ich nickte, als hätte ich eben eine komplizierte Rechenaufgabe verstanden, dabei waren es nur Trev's Gefühle für Addie. Wobei... die waren wahrscheinlich noch verworrener, als jedes Rechenbeispiel aus Aidan's Unibuch. Einmal mehr fragte ich mich, wie die beiden zusammen funktionieren konnten. Sie schienen so unfassbar unterschiedlich.

„Wie ist es?", fragte ich, bevor ich mich daran erinnern konnte, dass Trev und ich keine Freunde waren, und ich demnach nicht das Recht hatte, sowas zu fragen. „Sie zu lieben. Ich meine, was liebst du an Addie? Warum liebst du sie?" Ich erwartete einen lahmen Spruch wie: Ich liebe sie, weil sie mich liebt. Aber Trev dachte nach. Er dachte lange nach. Ich wusste nicht, ob er über eine Antwort nachdachte, oder darüber, ob er antworten sollte. War ich mit dieser Frage zu weit gegangen?

Das Rauschen und das Licht eines vorbeifahrenden Autos, unterbrachen die geschützte Atmosphäre des Zimmers für ein paar Sekunden.

„Weißt du, wie es war, mit einem Alkohol- und Drogenabhängigem Choleriker als Vater aufzuwachsen?" Ich war froh, dass er meinen verwirrten Gesichtsausdruck im Dunkeln nicht hatte sehen könne. Einen schrägeren Gesprächsweg hätte er nicht einschlagen können. „Ich musste neun Jahre mit ihm leben, bevor er meine Mutter umgebracht hat, und in den Knast gekommen ist. Das Gericht hat entschieden, dass ich nach Kalifornien zu meinem Onkel soll. Ich habe ihn davor nie gesehen, und als ich das erste Mal bei ihm war, hatte ich einfach nur Angst. Ich bin auf das Zimmer, das mein Onkel für mich eingerichtet hat, gelaufen, und hab mich darin eingeschlossen. Eine Woche lang habe ich mich nicht blicken lassen. Ich habe mich nur aus dem Zimmer getraut, wenn ich gewusst habe, dass niemand zu Hause war. Aber Mitch hat nichts gesagt. Er hat mir, morgens und abends, Essen vor die Türe gestellt, angeklopft, und ist wieder nach unten verschwunden. Mein Mittagessen ist immer im Kühlschrank gestanden, wenn er arbeiten musste." Würde diese Geschichte noch zu Addie führen?

„Aber je länger ich mich in meinem Zimmer versteckt habe, desto nervöser bin ich geworden, wegen der Begegnung mit Mitch. Ich bin davon ausgegangen, dass er unfassbar wütend sein würde, weil ich mich nie für das Essen bedankt habe. Dass er mich nicht einmal hier haben wollte, und ich bloß ein ungebetener Gast war." Diese Angst konnte ich nachvollziehen. Zu gut.

Ich erinnerte mich dunkel an einen Tag, an dem ich es geschafft hatte, ihm zu entkommen. Ich war lange durch den Wald geirrt, aber die Worte, die er mir immer zugeflüstert hatte, hatten mich wieder umkehren lassen. Ich hatte gewusst, dass mir weniger Schmerz bevorstehen würde, wenn ich freiwillig wieder zurückkehren würde, als wenn er mich gefunden hätte. Trotzdem hatte ich mich eine gute Woche kaum bewegen können, weil mein Körper mit Blutergüssen versäen gewesen war. Die Geschichte hatte ich auch Anthony einmal erzählt, und er hatte mich gefragt, was er getan hatte.

„Dafür gesorgt, dass ich es nicht noch einmal tue", hatte ich nur geantwortet.

„Also bin ich nach guten acht Tagen in der Früh die Treppen runter getrabt, dafür gewappnet, geschlagen und angeschrien zu werden." Er war dafür gewappnet gewesen? Hut ab. Ich hatte das nie hinbekommen. Das Warten darauf, und die Gewissheit, dass es passieren würde, aber die Ungewissheit, wann es passieren würde, waren für mich weitaus unerträglicher gewesen, als die eigentlichen Schläge.

Trev schüttelte leicht den Kopf. „Aber Mitch hat nicht einmal geschimpft. Er hat mich angelächelt, und ich habe Sita, meine Tante, in der Küche entdeckt. Sie haben mich an den Tisch gebeten, mir Frühstück gemacht, und mir später die Gegend gezeigt. Ich war überrascht, wie sehr Mitch und mein sogenannter Vater sich voneinander unterschieden haben. Sie sahen wie Zwillinge aus, waren aber zwei völlig verschiedene Charaktere. Sita und er sind, gleich nach Addie, das Beste, das mir je passiert ist. Vielleicht sogar noch besser als Addie, denn ohne die beiden, hätte ich Addie nie kennengelernt." Bewegten wir uns etwa wieder auf Addie zu? Hoffentlich, denn meine Frage stand immer noch unbeantwortet im Raum. Insgeheim hoffte ich, dass Trev mir Aufschluss darüber geben konnte, ob ich in Aidan verliebt war, wenn er mir sagen würde, wie Liebe sich anfühlte.

Genervt über meine eigenen Gedanken, erinnerte ich mich daran, dass es gerade nicht um mich ging, und versuchte meine Aufmerksamkeit wieder Trev zuzuwenden.

„Als ich an die neue Schule kam, war ich verdammt lange der Außenseiter." Auch das kam mir nur allzu bekannt vor, auch wenn ich nach meiner Entführung, gar keine Schule mehr besucht hatte. „Zumindest, bis sich Aidan, der Vollidiot, nicht mehr hat ignorieren lassen." Ein Lächeln schwang in seiner Stimme mit. Sein Blick wanderte wieder zu Addie.

„Addie hat mich rausgeholt, aus diesem dunklen Loch. Und dabei war ich damals noch nicht einmal verliebt in sie. Aber ihre Art, diese fröhliche, liebenswerte Art... Sie hat diese... ganz eigene Anziehungskraft auf Menschen. Wenn man ihr nur einmal zu nahe kommt, will man sie einfach nie wieder gehen lassen. Egal, wohin sie geht, die Leute schließen sie in ihr Herz. Sie ist klug. Witzig. Hübsch. Sie gibt einem das Gefühl wichtig zu sein. Und sie trägt mehr Liebe und Gutmütigkeit in ihrem Herz, als die gesamte Menschheit zusammen. Es ist wie ein Umhang, verstehst du? Wie eine Decke aus Liebe und Zuneigung, unter der ganz viele Menschen Platz haben. Und sie bemerkt es noch nicht einmal."

Ich war immer noch ein bisschen überrascht, das Trev plötzlich so offen mit mir redete. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass er mir die Schuld für Addie's Selbstmordversuch in die Schuhe schieben, und mich tobend aus dem Zimmer schmeißen würde. Aber auf mich wirkte er ruhig. Beinahe friedlich.

Was für ein merkwürdiger Mensch...

Aber er konnte kein schlechter Mensch sein, oder? Was würde Addie sonst mit ihm anfangen wollen?

Manchmal wünschte ich, ich könnte Menschen leichter durchschauen -ohne Gedankenlesen, versteht sich. Ich konnte Menschen zwar abbilden und zeichnen, genauso, wie sie waren, aber es fiel mir unfassbar schwer, diese Menschen zu verstehen. Aber es gab tatsächlich Leute, die andere vom ersten Moment an nachvollziehen konnten. Fehlte es mir an Empathie?

„Ich kann dir nicht sagen, warum ich sie liebe", sagte Trev schließlich, sehr bedacht. „Denn würde ich es versuchen, würdest du am Ende mit einer Liste von Eigenschaften dastehen, die zig andere Menschen auch besitzen. Das Problem dabei ist aber, dass ich nicht ihre Charakterzüge liebe, sondern sie. Und diese Liebe könnte nicht einmal Addie in Worte fassen." Ich erinnerte mich daran, dass Addie vor kurzem etwas Vergleichbares gesagt hatte, das ich jedoch erst jetzt verstand. Gute Autoren bringen ihre Gedanken aufs Papier, ohne dass diese durch Worte an Bedeutung verlieren.

Seine Gefühle wären mit Worten verringert worden. Addie färbt wirklich auf ihn ab.

„Aber was unterscheidet sie von anderen?", beharrte ich. Ich musste einfach wissen, wie Liebe sich anfühlte, wenn ich es selbst nicht wusste.

„Ich kann mir mein Leben ohne sie nicht vorstellen", erläuterte er, und sah sie an. Automatisch fragte ich mich, ob er wollte, dass Addie seine Worte hörte. Oder, ob sie wach war, und es einfach nicht zeigen wollte, damit er weiterredete. In letzter Zeit schien sie immerhin nicht allzu überzeugt von seiner Liebe gewesen zu sein.

„Und das sage ich nicht nur so. Wenn mich jemand nach meinen glücklichsten Erinnerungen fragen würde, wäre Addie in jeder einzelnen enthalten. Die besten Momente meines Lebens waren mit ihr. Und wenn ich an meine Zukunft denke, dann ist sie auch in jedem Teil meines Lebens. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie weg ist. Jede Erinnerung, und jede Zukunftsvorstellung, die mich glücklich macht, ist mit Addie."

Verdammt. Das half mir kein bisschen weiter. Tief seufzend setzte ich mich auf den Boden, und ließ meinen Rücken gegen das Bettende fallen.

„Weißt du, eigentlich habe ich dich für einen emotionslosen Stein gehalten, und nicht für einen kitschigen Romantiker", bemerkte ich, und zupfte an den Fransen des Teppichs herum.

„Ich bin kein Stein, aber ich bin auch nicht gefühlsduselig."

„Deine Wortwahl sagt etwas anderes."

„Versuch du mal die Liebe zu beschreiben, ohne kitschig zu werden", gab er ungerührt zurück, und ich konnte dem nichts entgegensetzen. Es war lange Zeit still. Nur Addie's gleichmäßiger, ruhiger Atem war zu hören.

„Hat dein Vater deine Mom wirklich umgebracht?", fragte ich leise. Ich konnte sein Nicken in dem bodenlangen Spiegel sehen, der an der Schranktüre gegenüber des Bettes angebracht war.

„Ja."

„Warst du dabei?"

„Ja."

„Hattest du Angst?"

„Todesangst." Todesangst. Seit kurzem schrieb ich den Worten Angst und Tod so viel tiefere Bedeutungen zu...

„Wirst du es je vergessen?"

„Nein."

Ich ließ meinen Kopf gegen das Holz fallen. Langsam verstand ich, wieso dieser bunt, durcheinandergewürfelte, wie zufällig ausgeloste, Haufen an Menschen, so gut befreundet war. Auf den ersten Blick hatten sie nicht zusammen gepasst. Aber langsam erkannte ich, warum sie es doch taten. Und mir wurde bewusst, dass ich vielleicht doch nicht ganz alleine war, mit meinen Dämonen, die nicht neben mir her hopsten, sondern in meinem Kopf herumspukten. Eigentlich würdest du ganz gut in diesen verrückten Haufen hineinpassen...

„Hast du deinem Vater vergeben?", fragte ich noch.

„Hast du dem Kerl vergeben, der dich entführt hat?"

Ich zog die Augenbrauen zusammen und drehte mich alarmiert um. „Woher weißt du davon?" Ich hatte niemandem außer Aidan davon erzählt.

„Von Addie." Ein Licht ging mir auf, und ich ließ mich seufzend wieder in meiner vorherige Position fallen.

„Und Addie weiß es von Trish, und Trish weiß es von Chase, richtig?", hakte ich nach. Im Spiegel konnte ich sehen, dass sein Mundwinkel zuckte. Offenbar konnte ich mich nicht darauf verlassen, dass Chase mit Trish nicht über seine Arbeit redete, und Trish nicht gerne über andere Leute tratschte. Aber aus irgendeinem seltsamen Grund, störte es mich nicht annähernd so sehr, wie gedacht, dass alle davon wussten.

„Wie können wir Addie helfen?", fragte er, und schüttelte ratlos den Kopf.

„Das musst du wissen. Ich kenne sie kaum."

„Aber ich habe keine Ahnung von dem ganzen Dämonenkram."

„Dann frag doch", entgegnete ich mindestens so genervt, wie er klang. „Das macht Addie auch."

„Wo sollte ich da anfangen?" Ich musste schmunzeln. Wäre er öfter da gewesen, und hätte sich ein bisschen eingehender mit Addie über das Thema Dämonen unterhalten, wäre er jetzt nicht so ratlos.

„Dämonen sind nichts anderes, als menschliche Seelen, aus der Hölle", begann ich.

„Und wann kommt eine Menschenseele in die Hölle?"

„Sehe ich für dich aus wie ein Christ? Frag Chase."

„Er hat die Bibel nie gelesen."

„Aber er ist ein Jäger, er wird es wohl wissen."

Mit einigen kleineren Unterbrechungen und Diskussionen erzählte ich Trev so viel über Magie, Hexen, Dämonen, Jägern und meinen Erfahrungen mit dem ganzen Zeug, dass ich am Ende das Gefühl hatte, er kannte sich besser aus, als Addie.

„Visionen sind wandelbar", erläuterte ich seine Frage zu Addie's Vorhersagen, während wir beide aufstanden und uns auf den Weg ins Wohnzimmer machten. Draußen war es schon fast hell, die Sonne ging auf. „Unsere Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt. Ändert sich die Meinung, oder die Tat eines Menschen, kann die ganze Vision hinfällig sein."

Als wir uns beide an die Küchenzeile stellten, damit er sich einen Kaffee, und ich mir eine Flasche Wasser holen konnte, warf Trish mir einen verwirrten Blick vom Sofa aus zu. Aidan, der neben ihr saß, sah nicht weniger irritiert darüber aus, dass Trev und ich uns über etwas Übernatürliches unterhielten. Oder, dass wir uns überhaupt unterhielten. Chase konnte ich nirgendwo entdecken, aber ich ging davon aus, dass er in seinem Zimmer die ganzen Verstecke seiner Waffen verlegte, während er in Schuldgefühlen badete. Oder in Scotch.

„Also können ihre Visionen auch abgewandelt, oder gar nicht eintreffen", stellte Trev fest. Ich nickte.

„Ähm, hallo?" Trish winkte mit beiden Armen in der Luft herum, und sah wenig erfreut aus. „Sollte nicht jemand auf Addie aufpassen?"

„Sie schläft doch noch", gab Trev entnervt zurück.

„Sehr fürsorglich."

„Sagt die Richtige. Wo warst du denn, als Addie sich die Pulsadern aufgeschnitten hat?"

Trish lachte auf. „Wenigstens war ich da."

„Schluss damit", knurrte Aidan und rieb sich die Schläfen. „Wir sind nicht im Kindergarten." Er sah immer noch erschöpft aus, aber das Gespräch mit Trish schien ihm mindestens so gut getan zu haben, wie meines mit Trev. Trotzdem hatte ich auf einmal das dringende Bedürfnis, zu ihm zu gehen, und einfach meine Arme um ihn zu schlingen, und ihn so lange festzuhalten, bis wir beide einschlafen würden. Ich wusste nicht, ob ihm das geholfen hätte, aber mir hätte es sicher gut getan.

Doch noch bevor ich etwas tun konnte, ging die Türe zu Addie's und Trev's Zimmer auf, und Addie kam heraus. Gefühlt richteten sich alle Personen im Raum auf, und hielten angespannt die Luft an.

Addie sah sich kurz um, und wirkte ganz und gar nicht so, als wäre die Hälfte ihrer Blutkonserven auf dem Badezimmerboden aufgewischt worden. Sie war zwar etwas blass, und die dunklen Ringe unter ihren Augen betonten ihre Müdigkeit, aber sie ging mit aufrechter Haltung zur Wohnungstüre, und begann sich ihre Stiefel anzuziehen.

„Addie?", fragte Trish unsicher, und warf uns allen einen verwirrten Blick zu. „Was machst du da?" Der Anblick war so absurd, dass keiner von uns so richtig reagieren konnte. In dem Moment, in dem Addie sich die Jeansjacke überzog, bemerkte ich die Kälte, die von ihr ausging. Mein Dämon presste sich augenblicklich an mich.

„Addie", wiederholte Aidan, als seine Schwester dabei war, die Türe aufzuziehen.

Sie ließ die Türklinke los, und drehte sich langsam zu uns. Ich warf Trish einen raschen Blick zu, aber er hatte genügt, um mir zu verstehen zu geben, dass sie den dunklen Schatten, der sich um Addie gelegt hatte, genauso gut wahrgenommen hatte, wie ich.

Addie sah jedem von uns in die Augen, bevor ein engelsgleiches Lächeln auf ihr Gesicht trat.

„Ihr werdet alle bald tot sein."

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