Kapitel 3
Akira trat in die Bibliothek, hinter sich schloss sie leise die Tür. Der Raum war dunkel. Nur das schwache Licht des Mondes, das durch die Fenster leuchtete, erhellte die Regale und ihre staubigen Buchrücken.
Es roch nach alten Büchern und gebranntem Holz. Vorsichtig führte sie ihre Hand über die Regale und spürte die raue Oberfläche des Holzes und die vergilbten Seiten der Bücher unter ihren Fingern.
Sie wusste, dass jedes Buch in dieser Bibliothek ein Geheimnis barg, das darauf wartete, von ihr entdeckt zu werden.
Sie konnte das Flüstern der Worte hören, die in den Seiten gefangen waren, und sie wusste, dass sie hier sicher war.
Sie tastete sich im Dunkeln voran, bis sie den Schreibtisch in der Mitte des Raumes erreichte. Sie setzte sich auf den Stuhl und legte ihr Grimoire auf den Tisch.
"Neo, ich brauche dich", flüsterte sie leise.
Es dauerte einen Moment, bis sie eine Antwort erhielt, aber schließlich spürte sie die Energie durch ihren Körper fließen.
Sie schloss die Augen und atmete tief ein.
Die Energie von Neo war stark und mächtig, doch trotzdem fühlte sie sich nicht von ihr eingeschüchtert, sondern sicher und geborgen in ihrer Gegenwart.
Die Energie floss durch ihre Venen, sie breitete sich in ihr aus. Akira öffnete ihr Grimoire und begann, die Worte zu lesen, die darauf geschrieben standen.
Sie sprach die Worte leise aus, aber ihre Stimme wurde immer lauter und kräftiger, bis sie schließlich den gesamten Raum erfüllte.
Die Luft in der Bibliothek begann zu flimmern, als sich die Energie aufbaute. Akira spürte, wie ihre Hände und ihr Körper vibrierten, als ob sie bereit waren, jeden Zauber auszuführen, den sie wollte.
Sie hob majestätisch den Kopf, während sie zu den Fenstern der Bibliothek trat und dieses öffnete. Sie beugte sich weit über den Rahmen und lächelte in die Nacht.
Die Dunkelheit war klar und still. Die Sterne funkelten am Himmel und der Vollmond erhob sich über den Baumwipfeln. Eine einzelne Gestalt trat in den Kreis, der auf dem Boden mit Kreide gezeichnet war. In ihren Händen hielt sie ein kleines Gefäß, gefüllt mit einer Flüssigkeit.
Akira beobachtete ruhig die Szene und klatschte euphorisch vom Bibliotheksfenster aus in die Hände. Die Gestalt wirbelte in ihre Richtung und grinste zurück. Dabei zeigte sie ihre fauligen messerscharfen Zähne.
Sie begann, in einer fremden Sprache zu murmeln, während sie das Gefäß in einer gleichmäßigen Bewegung schwenkte. Der Boden begann zu vibrieren, und die Bäume ringsum begannen sanft zu rauschen. Plötzlich öffnete sich der Himmel, und ein helles Licht strahlte auf die Gestalt hinab.
Die Gestalt begann, mit einer intensiven Kraft zu arbeiten, ihre Bewegungen wurden schneller und energischer. Die Flüssigkeit im Gefäß begann zu schäumen und zu spritzen, während der Kreis auf dem Boden immer heller zu leuchten begann.
Die Gestalt schloss die Augen und murmelte die Worte eines alten Zaubers, den sie seit Jahren studiert hatte. Ihre Stimme wurde lauter und lauter, bis sie schließlich einen schrillen Schrei ausstieß. Das Licht explodierte und das Gefäß zersprang in tausend Stücke.
Als das Licht verblasste, öffnete die Gestalt die Augen und blickte in den Himmel. Sie spürte eine unbeschreibliche Energie, die durch ihre Adern floss und ihre Körper in Flammen aufgehen ließ.
Akira kletterte aus dem Fenster und setzte sich auf den Rahmen. Die Gestalt nickte ihr gehorsam zu, um zu signalisieren, dass das Ritual abgeschlossen war. Doch Akira fuhr herum, Geräusche aus dem Flur ließen sie hellhörig werden. Sie wischte mit ihrer Hand und ließ die Energie wieder los. Mit der Energie verschwand auch die kleine Gestalt im Wald.
Sie bewegte sich nicht vom Fensterrahmen weg. Wartete gebannt auf weitere Geräusche. Als alles ruhig blieb stand sie auf und klemmte sich wieder ihr Grimoire unter den Arm. Sie wäre am liebsten in schallendes Gelächter ausgebrochen.
Sie hatte soeben mit einer beunruhigenden Leichtigkeit die Seele ihres Shodopans beschwört, um sie ein Ritual durchführen zu lassen, das normalerweise Leben kostete. Sie war ein Genie. Hatte lange und hart trainiert.
Eine euphorische und aufgeregte Welle durchfuhr sie. Ihr Shadopan war erfreut, dass sie das Ritual gemeistert hatten.
Doch jetzt standen Akira wieder neue Probleme bevor, die neu gewonnene Fähigkeit, die jetzt ihr und Neo zustand, würde ebenso Verantwortung bedeuten. Sie bewegte sich zu einer der Bücherregale. Sie war ausgelaugt vom Ritual, doch sie musste ihre neue Fähigkeit testen.
Ihre Finger streiften über die Buchrücken, als sie ein altes, ledergebundenes Buch entdeckte, zog sie es vorsichtig aus dem Regal und öffnete es. Als ihre Finger die ersten Seiten berührten, spürte sie erneut die starke Energie durch ihren Körper fließen.
Die Worte auf den Seiten begannen sich zu bewegen und zu tanzen, und Akira konnte sich nicht abwenden. Sie war gefangen in der Vergangenheit des Buches, konnte sehen, wie es über die Jahrhunderte hinweg von Hand zu Hand weitergegeben wurde, wie es in verschiedene Sprachen übersetzt und in unterschiedlichen Schriften niedergeschrieben wurde.
Doch je weiter sie in die Vergangenheit des Buches eintauchte, umso mehr Energie wurde ihr entzogen. Ihre Augen fingen an zu brennen und sie spürte, wie ihre Kräfte schwanden.
Sie steckte schnell das Buch wieder zurück. Im Grimoire stand, dass das Auslesen von Gegenständen mehr Energie raubte als wenn sie es bei Menschen tat. Sie stöhnte, ihr Kopf schmerzte. Grummelnd rieb sie sich ihre Stirn. Sie zog aus ihrer Tasche ein paar dünne Handschuhe und zog diese über die Finger. Solange sie die Fähigkeit nicht kontrollieren konnte, war es besser, wenn sie Kontakte vermied. Sie wollte ihre Energie nicht noch mehr triggern. Zum Glück hatte sie diese Vorbereitung getroffen.
Sie machte kehrt vom Bücherregal und wollte gerade die Tür aufreißen, als sie erneut Geräusche vom Flur hörte. Sie rollte mit den Augen. Vermutlich war ihr kleines Ritual nicht unbemerkt geblieben und draußen am Waldrand tummelten sich Servu Diener. Akira brauchte sich keine Sorgen machen, niemand würde Spuren des Rituals entdecken. Seelen waren außerordentlich praktisch, um Energie zu wirken.
Das diese Methode schon längst veraltet war und nur die wenigsten anwenden konnten, machte sie noch unscheinbarer. Niemand der Servu würde auf die Idee kommen dass ein armes Mädchen aus niederem Rang in der Bibliothek saß und mitten in der Nacht eine Seele beschwörte.
Die Stimmen verstummten nicht. Akira versteckte sich zur Sicherheit in den Schatten der Regale. Hier würde sie niemand entdecken, auch wenn jemand doch auf die Idee kam, sich in der Bibliothek umzusehen. Erneut verstummte alles und sie wollte gerade aus dem Schatten treten, als die Tür aufging. Ein Mann kam hinein, er war verdeckt von den Schatten die ihn umgaben und Akira konnte nicht erkennen wer er war. Doch dann fing er an zu reden, mit einer weiteren Person.
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