Kapitel 5.2
Sie schloss die Augen und hob die Hände.
Sezuna spürte den Sternenstaub, der begann, sich im Zimmer zu bewegen. Jedes Element wurde in Aufruhr versetzt und dann spürte sie auch noch, wie der Sternenstaub aus ihren Körper, den im Raum anleitete.
Sezuna öffnete die Augen und beobachtete Nemesis, während sie den Zauber fast schon instinktiv ausführte.
Mit immer größer werdenden Augen sah der Höllenfürst zu, wie sie einen Teil der Einrichtung verformte und daraus so etwas wie ein kleines Puppenhaus machte. »Ich kann das wieder rückgängig machen«, versicherte sie schnell, aber schwer atmend. Der Zauber war sehr anstrengend gewesen und irgendwie wirkte Nemesis auch nicht ganz so begeistert. Sie konnte sich jedoch irren.
»Mach dir darum mal keine Sorgen«, meinte Nemesis nüchtern und winkte sogar ab, als wäre es ihm völlig egal, was sie mit seinem Zimmer anstellte. »Du bist hier, weil du hier ruhig Schaden anrichten kannst«, erklärte er, wobei er irgendwie verwundert aussah. Als könnte er noch nicht ganz fassen, dass der Zauber noch immer wirkte. So lange, bis ein kleines Haus vor ihm stand.
»Normalerweise mache ich das in Originalgröße, da dauert es etwas länger«, erklärte das Mädchen keuchend und sackte für einen Moment auf die Knie, wo sie versuchte, wieder Luft zu bekommen.
Sie hatte den Zauber in Kleinformat entwickelt, damit sie auch sehen konnte, wie es aussah, ohne sich komplett zu verausgaben. Allerdings war sie nicht ganz bei Kräften. Die letzten Ereignisse zehrten noch sehr an ihr, weshalb ihr Körper nun sehr erschöpft war.
Die Hölle war ein Ort voller Sternenstaub, doch gerade das machte es noch schwerer für sie, zu atmen. Der Höllenfürst indes bewunderte das, was sie erschaffen hatte. Sein Blick verriet, wie überrascht und begeistert er war. Das gab Sezuna ein Glücksgefühl, das sie bisher eher selten hatte. War er stolz auf sie?
Sie hatte sich extra viel Mühe gegeben. Sogar an die Holzmaßerung der Wand hatte sie gedacht.
»Ich hatte mit meiner Vermutung also Recht«, bemerkte er irgendwie gedankenverloren. Er klang, als wäre das für ihn nichts Unnormales. Als wäre er es vielleicht sogar gewohnt oder hätte es irgendwann einmal gesehen.
Wusste er, warum sie Magie nicht so wirken konnte, wie andere, obwohl sie es versuchte? War dem überhaupt so? Sezuna war verwirrt über die Situation und hoffte, dass er sie aufklären würde.
Nemesis musterte Sezuna nachdenklich. »Wir fangen damit an, dass ich dir anhand eines Zaubers von mir, die Dinge noch einmal erkläre, aber etwas anders«, sagte er und hob die Hand. Darin sammelte sich der Sternenstaub zu einer Illusion. Es war ein einfacher Hund, der den kleinen Höllenhunden ähnlichsah. »Komm her und versuche, die Zauber zu spüren«, wies er Sezuna an.
Diese starrte mit großen Augen auf die Illusion. »Allan kann sowas auch«, bemerkte sie, während sie auf Nemesis zuging, um sich den Hund genau zu besehen. Er nutzte Rauchsternenstaub, das war ihr sofort klar. Nur mit diesem konnte man solche Zauber erschaffen. Sie verstand jedoch nicht genau, was er mit spüren meinte. Sie konnte ihn sehen, wenn sie sich sehr darauf konzentrierte. Dabei spürte sie ihn jedoch nicht.
»Heb die Hand und lege sie so weit an den Zauber, bis du den Sternenstaub spüren kannst«, wies Nemesis sie mit ruhiger Stimme an, dabei hielt er den Hund noch immer in der gleichen Position.
Sezuna tat, wie er ihr gesagt hatte und streckte ihre Hand aus. Es war eigenartig, denn bisher hatte sie noch nie versucht, eine Illusion anzufassen. Das war im Grunde auch nicht möglich, weshalb ihre Hand hindurch ging. Sie runzelte die Stirn. Hätte nicht etwas passieren müssen? Vielleicht ein Kribbeln auf ihrer Hand?
Nemesis lachte leise, was Sezuna irgendwie ärgerte. Machte er sich über sie lustig, weil sie es nicht richtig machte? »Du sollst ihn spüren«, sagte er belehrend. »Schließe deine Augen und konzentriere dich auf den Sternenstaub. Vertraue nicht deinen Augen.«
Sezuna verzog unwillig den Mund. Als wäre das so einfach! Dennoch schloss sie die Augen und hob erneut die Hand. Dabei versuchte sie, den Sternenstaub in der Umgebung zu spüren. Das hatte sie noch nie versucht und wusste auch nicht direkt, auf was sie achten sollte.
Obwohl sie sich darauf konzentrierte, fiel es ihr schwer, irgendetwas zu spüren. Sie spürte zwar den Sternenstaub generell, doch nichts vor sich. Nicht dort, wo die Illusion sein sollte.
Sezuna runzelte die Stirn. »Das ... geht so nicht«, sagte sie nachdenklich und mehr zu sich selbst. Was konnte sie tun, um zu spüren, wo die Illusion war. Hatten die unterschiedlichen Arten vielleicht auch unterschiedliche Merkmale?
»Was ist eine Illusion?«, fragte Nemesis, statt ihr eine Antwort oder Hilfestellung zu geben. Er schien sie fordern zu wollen, damit sie selbst auf die Antwort kam.
»Geformter Sternenstaub des Rauches«, antwortete Sezuna sofort, doch nach ihrer Aussage herrschte Schweigen. War das falsch? Nein, das glaubte sie nicht, denn dann hätte er wohl etwas gesagt, aber was brachte ihr das jetzt?
Angestrengt dachte Sezuna über die Situation nach und wandte ihre Kenntnis an. Der Sternenstaub war geformt und demzufolge in die Form gebracht.
Ob sich geformter Sternenstaub von normalen in der Luft unterschied? Sezuna wusste das gar nicht. Sie hatte beides noch nie verglichen. Daher senkte sie ihren Arm auch wieder und konzentrierte sich erst einmal auf die Umgebung. Wenn sie den Sternenstaub spüren wollte, musste sie wohl bei dem in der Luft anfangen und sich dann langsam vorarbeiten. Sie schloss die Augen, um sich besser konzentrieren zu können.
Es dauerte sehr lange, bis sie überhaupt etwas spürte. Es war ein leichtes Kribbeln. Dazu kam, dass sie ein leichtes Schimmern in der Luft wahrnahm. So, wie es sonst war, wenn sie versuchte ihn zu sehen. Dieses Mal war es jedoch anders. Es war durch ihre geschlossenen Augen hindurch. Eine Welt voller schimmernden Sternenstaub. Es fühlte sich schön und angenehm an. Eine Weile genoss sie dieses Gefühl, bevor sie ihre Augen wieder öffnete und ihre Aufmerksamkeit auf Nemesis richtete. Sie spürte fast sofort, dass dort etwas ganz anders war. »Das ... Hab ich nicht erwartet«, gestand sie, da sie vor ihrem inneren Auge den Hasen ganz deutlich sehen konnte. Den Sternenstaub in seinen Partikeln. Wie sie zu Strängen verwoben waren und sich dann verknüpften.
Das war das Prinzip eines größeren Zaubers. Die Partikel des Sternenstaubs aus der Luft wurden zu Fäden eines Elements gebündelt. Diese Elementfäden wurden dann mit anderen Fäden verwoben und so entstand ein Zauber, der entweder aus einem oder mehreren Elementen bestand.
Sezuna versuchte, sich dieses Bild und vor allem das Gefühl einzuprägen, bevor sie die Augen wieder öffnete. »Ich glaub, ich hab es«, sagte sie strahlend. Sie war stolz auf sich, denn es hatte gar nicht so lange gedauert, wie sie angenommen hatte.
»Sehr gut. Dann versuch mir zu erklären, was genau du gesehen und gespürt hast«, bat der Höllenfürst, der irgendwie belustigt klang. Sezuna wusste nicht wieso, doch sie mochte dieses Geräusch. Es fühlte sich nicht an, als würde er sich über sie lustig machen. Im Gegenteil. Er schien einfach den Moment zu genießen.
Sezuna legte nachdenklich den Kopf schief, bevor sie begann, ihm irgendwie begreiflich zu machen, was sie gespürt hatte. Sie erzählte von den Strängen und den Zaubern.
»Das sind die Stränge, die wichtig für die Zauber sind. Jedes Element kann man zu einem Strang zusammenführen und diese Stränge dann mit anderen verknüpfen. So kann man sehr große Zauber wirken. Gleichzeitig sind diese Punkte aber auch die, die am angreifbarsten sind«, erklärte der Höllenfürst mit ruhiger Stimme.
Dafür erhielt er ein Stirnrunzeln von Sezuna. »Wie meint Ihr das?«, wollte sie wissen. Obwohl sie die Grundlagen dieser Art von Zauber kannte, waren seine Worte doch nicht ganz verständlich. Sie wusste, dass die Knotenstellen sehr schwierig waren, aber angreifbar? Wie kam er auf diese Idee.
»Alle Klassen ab Rang der Königin sind in der Lage, diese Schwachpunkte zu spüren, ihre eigene Magie in diese zu leiten und somit den Zauber zu zerstören. Dabei ist es unabhängig, wie viel Kraft verwendet wird«, begann er zu erklären und deutete auf sein Gebilde. »Du wärst ganz einfach in der Lage diese Illusion zu zerstören«, behauptete er, was Sezuna dazu verleitete, den Kopf auf die andere Seite zu legen. Sie brachte lediglich ein fragendes Geräusch hervor, was Nemesis leise lachen ließ. »Indem du die Schwachstellen, also die Knüpfstellen, mit deiner Magie angreifst, kannst du dafür sorgen, dass mein Zauber in sich zusammenfällt.«
Das klang irgendwie logisch, jedoch wusste Sezuna noch nicht so ganz, wie sie die Schwachstellen angreifen sollte. Mit Magie? »Wie macht man das?«, fragte sie neugierig. Dabei überlegte sie bereits, wie sie es schaffen konnte, genau die Stellen zu lösen, welche den Zauber zusammenhielten.
»Pass auf, ich zeige es dir«, sagte Nemesis, bevor er eine weitere Illusion erschuf. Diese nutzte er, um ihr zu erklären, wie sie mit ihren eigenen Zaubern an die Schwachpunkte herankommen konnte.
Es dauerte einige Zeit und mehrere Versuche, bis es Sezuna gelang, das System dahinter zu verstehen.
Je mehr sie verstand, desto mehr strahlte sie. »Das ist genial«, behauptete sie fast atemlos. Solche Dinge hatte ihre Mutter ihr nie beigebracht. Nicht einmal in der Theorie. Auch in keinem Buch war so etwas zu lesen.
Damit hatte sie einen großen Vorteil. »Darf ich es probieren?«, fragte sie aufgeregt. Wenn sie so war, konnte sie kaum stillstehen, weshalb sie auch jetzt von einem Fuß auf den anderen trat. Sezuna konnte es kaum erwarten, endlich loslegen zu können. Dabei gab sie sich Mühe, nichts zu überstürzen.
Nemesis lachte rau. »Genau deshalb habe ich es dir erklärt«, sagte er scheinbar zufrieden mit Sezunas Neugier und Ungeduld.
Gemeinsam nutzten sie die Zeit und Nemesis erklärte ihr alles, was sie wissen musste, bevor Sezuna es an seinen Illusionen anwandte.
Es war aufregend und neu, weshalb Sezuna sich auch nicht von kleineren Fehlschlägen abbringen ließ. Sie besaß in diesen Dingen schon immer eine enorme Ausdauer, weshalb sie nicht eher aufgab, bis es ihr gelang, den Zauber des Höllenfürsten zu entschlüsseln und aufzulösen.
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