Kapitel 29
Die Zeit, in der Eve, Yuna und Sezuna übten, verging sehr schnell. Der Tag, an dem sie die Hölle verlassen mussten, rückte näher. Nemesis hatte dafür gesorgt, dass das Höllentor wieder aufgebaut wurde und bald war dieses nutzbar. Das spornte die Mädchen dazu an, ihr Bestes zu geben.
»Versuchen wir es«, sagte Sezuna ernst, die dieses Mal nicht nach der Hand ihrer Schwester griff. Stattdessen gingen sie etwas auseinander. Dann erhob Sezuna ihre Stimme. Dabei knüpfte sie ihre Magie an die Töne und Bewegungen. So ließ sie die Basis, die Steine aus der Hölle, schweben.
Yuna stimmte ein und ihre Melodie vermischte sich mit der ihrer Schwester, während sie in den Zauber eingriff und Magie um die Steine schloss.
Schließlich erhob auch Eve ihre sanfte Stimme, sodass sie gemeinsam begannen, den Zauber zu weben, der einen neuen Planeten schaffen sollte.
Magie erfüllte die Hölle. Diese schickte eine angenehme Wärme und ein leichtes Kribbeln durch die Landschaft, die darauf reagierte.
Sezuna tauchte in die Tiefe ihrer Quelle, bevor sie als Erstes den Sternenstaub in die Steine schickte und damit eine Basis aufbaute. Yuna folgte ihr nur wenig später und ließ ihre Magie hineinfließen.
Licht ging von den Steinen aus, während sie immer weiter in die Höhle stiegen.
Eve verband ihre Magie ebenfalls mit den Steinen, doch ihre Aufgabe war eine andere.
Während Sezuna und Yuna das Grundgerüst des Planeten schufen, sollte Eve die Verbindung zur Hölle herstellen. Bald würde der neue Planet im Universum schweben und nicht mehr erreichbar sein. Nur über dieses Tor. Es war also wichtig, dass es funktionierte.
Sezuna hob ihre Hände. Synchron mit ihrer Schwester, während beide von innen heraus zu leuchten begannen.
Eve hingegen senkte ihre Hände und verankerte einen magischen Strang im Boden. Dort erschuf sie ein einfaches Tor. Es sollte unauffällig sein, damit es weniger Konzentration und Macht brauchte.
Sezuna umhüllte das Grundgerüst des Planeten mit einer Schicht aus Windsternenstaub, der dafür sorgen sollte, dass man Luft bekam.
Bald schon schwebte ein kleines Gebilde aus Sternenstaub in der Luft weit in den Wolken. Es war kaum größer als ein Ball, besaß aber alles, was es brauchte, um später einmal zu einem Planeten zu werden.
Noch immer ließen die drei Mädchen ihre Magie hineinfließen, um damit die Größe weiter zu verändern, während der Ball immer höher und höher stieg.
Der Plan war es, einen Planeten zu erschaffen, der gerade einmal groß genug war, um fünf Leute aufzunehmen. Erst mit der Zeit würden die drei ihn vergrößern. Sofern es überhaupt funktionierte.
Sezuna spürte, wie sich ihr Magiefluss löste. Sie leuchtete noch immer, doch langsam wurde es weniger.
Plötzliche Erschöpfung packte sie und synchron mit Yuna ging sie auf die Knie. »H-Hat es funktioniert?«, fragte die Weißhaarige, die sich am Boden abstützte und hörbar nach Luft rang. Schweiß rann über ihre Stirn und ihr Atem ging hektisch, als würde sie keine Luft mehr bekommen.
»Keine Ahnung«, flüsterte Sezuna, deren Stimme etwas heiser klang. Ihr Hals schmerzte sogar leicht, während ihr Körper vor Erschöpfung zitterte.
Eve beendete ihren Zauber und setzte sich dann erschöpft zu ihnen. »Lasst uns das Tor ausprobieren«, schlug sie keuchend vor und schien darauf zu warten, dass sich eines der Mädchen bewegte. Doch beide hatten kaum noch Kraft.
»Das rennt nicht weg«, versicherte Sezuna und legte sich erst einmal hin. Dabei streckte sie ihre Arme aus und riss dann die Augen auf, bevor sie sich wieder aufsetzte. »Bei allen Feuern der Hölle«, flüsterte sie und fuhr mit ihren Fingern über das orangefarbene Gras, das sich überall um sie herum gebildet hatte.
Yuna wandte ihr den Blick zu, bevor ihre Augen sich weiteten. Sie schien erst jetzt zu bemerken, dass sie mitten im Gras und nicht auf Sand saßen.
»Oh«, murmelte Eve, die zu dem Tor blickte, das sie erschaffen hatte. Es war schlicht, bestand aus Steinen und war mit Gras bewachsen.
»Lasst es uns testen«, meinte Sezuna, die all ihre Kraft zusammennahm, um aufzustehen. Sie schwankte etwas und spürte einen ungewöhnlichen Blutdurst. Vorrangig, weil sie den Sternenstaub brauchte, der darin enthalten war. Bisher hatte sie immer aus normaler Nahrung Kraft gezogen, doch das schien dieses Mal nicht zu reichen.
Ihre Neugier war viel zu groß. Dass sie dabei auch Gefahr lief, vielleicht irgendwo zu landen, wo sie nicht zurückkam, bedachte sie nicht, als sie das Tor nutzte.
Sie stolperte hinaus und fiel zu Boden, weil die Schwerkraft viel zu stark war. Keuchend versuchte sie, sich aufzurichten, doch sie kam nicht hoch. Daran hatte sie nicht gedacht, das war nicht gut.
Erneut stieg Sezuna in die Tiefe ihrer Quelle, musste jedoch feststellen, dass diese gesunken war. Sie musste viel weiter tauchen, als sie es gewohnt war, um an ihren Sternenstaub zu gelangen. Das sorgte für einen unangenehmen Druck auf ihren Körper, doch davon ließ sie sich nicht abhalten. Trotzdem schaffte sie es irgendwie, auch wenn es ihr höllische Kopfschmerzen bereitete.
Schnell ließ sie ihre Magie in die Umgebung fließen, um für weniger Druck zu sorgen. Nur so gelang es ihr, sich langsam aufzusetzen. Als sie sich umsah, war sie ein bisschen enttäuscht. Der Planet war winzig und bestand eigentlich nur aus Erde, doch für den Anfang war es gut genug. Zudem spürte sie eine Art Verbundenheit zu dem, was sie erschaffen hatte.
Langsam legte Sezuna ihre Hände wieder auf den Boden und genoss für einen Moment einfach nur das, was sie spürte. Es war fast wie das, was sie glaubte, was Mütter für ihre Kinder fühlten. Diese Gefühle trieben ihr sogar die Tränen in die Augen.
Sie war so gebannt von diesem Gefühl, dass sie die Zeit vergaß. Erst, als sie Magie und einen Lufthauch in ihrem Rücken spürte, kam sie wieder zu sich. Nicht schnell genug, denn Yuna krachte in sie hinein und riss sie zu Boden.
»Sezuna«, japste die Weißhaarige. »Wir haben uns Sorgen gemacht«, tadelte sie, noch bevor sie sich umsah und nach Luft schnappte. »Wahnsinn«, brachte sie hervor und Sezuna musste schmunzeln. Sie sah ihre Schwester selten sprachlos.
»Komm, zeigen wir es Eve«, lachte Sezuna, die sich unter Yuna hervor kämpfte. »Ich hole sie.«
Sezuna verschwand wieder durch das Tor, um Eve zu sagen, dass es sicher war. Als sie jedoch zurückkehrte, erwartete sie Allan, der sie sofort in den Arm nahm. »Was hast du dir dabei gedacht?«, tadelte er und klang wütend. »Dir hätte sonst was passieren können«, fuhr er sie an, was Sezuna dazu veranlasste, beruhigend ihre Arme um ihn zu legen. Dass sie deshalb den Kopf einzog, würde nicht passieren. Nicht bei Allan. Es tat ihr jedoch leid, dass sie ihm Sorgen gemacht hatte.
»Es ist ja nichts passiert«, versuchte sie, ihn mit entschuldigender Stimme zu beruhigen. Sie konnte seine Sorge verstehen. »Ich werde das nächste Mal besser aufpassen«, versprach sie. »Aber es ist alles sicher.« Damit nickte sie Eve zu, die sofort durch das Tor verschwand. Sie schien es vor Neugier keine Sekunde länger auszuhalten.
Es dauerte gefühlte Stunden bis Yuna und Eve zurückkehrten. Die Höllendämonin strahlte. »Lass uns Vater holen«, sagte sie mit funkelnden Augen. »Damit wir testen können, ob er wirklich durch das Tor kann.«
Nickend stimmte Sezuna zu, bevor sie sich auf den Rückweg zum Höllenschloss machten.
Ungeduldig klopften sie an Nemesis Arbeitszimmer, der von einem Dokument aufsah und eine Augenbraue nach oben zog. »Was macht ihr hier?«, fragte er mit ruhiger Stimme und musterte die Kinder. Es wirkte, als würde er bemerken, dass sie irgendwas ausgeheckt hatten. Er schien jedoch der Meinung, dass es besser war, wenn sie selbst erklärten.
Sezuna blickte ihn mit funkelnden Augen an. »Wir haben eine Überraschung für Euch«, sagte sie aufgeregt.
Das schien ihn zu irritieren, denn sein Blick huschte zwischen den Kindern hin und her. Dann erhob er sich. »Dann bin ich gespannt«, bemerkte er schmunzelnd, aber irgendwie auch vorsichtig.
Sezuna verengte die Augen. Hatte er etwas bemerkt? Er war immerhin der Höllenfürst. Es war ihn womöglich nicht entgangen, dass sie etwas so Großes geschaffen hatten.
Eve nahm den Arm ihres Vaters und blickte ihn voll Vorfreude an. »Es wird dir gefallen«, versicherte sie und schmiegte sich an ihn, dann führten sie den Höllenfürsten hinaus.
Ihn schien es nicht zu stören, dass er von Kindern umringt war. Er schien es sogar zu genießen und wirkte dabei wie der Vater, den Sezuna nie hatte. Lucien hatte sich immer sehr viel Mühe gegeben, doch er schien mit Kindern, die nicht zu den Lycanern gehörten, einfach nicht klarzukommen.
Die Gruppe führte den Höllenfürsten durch Klippen zu dem Ort, wo sie das Tor erschaffen hatten. Wäre kein Gras am Boden, hätte man es kaum gesehen.
»Was ist denn hier los?«, fragte der Fürst der Hölle perplex und blickte zu den drei Mädchen. »Ihr habt alle einen Flecken, wo ihr euren Sternenstaub leeren könnt«, erwiderte er nüchtern. »Warum habt ihr hier ...«, begann er, wurde jedoch unterbrochen, als Eve an seinem Arm zog und auf das Tor deutete.
Nemesis blinzelte. »Das ist das, was wir eigentlich gemacht haben«, erklärte Eve und klang unglaublich stolz.
Der Höllenfürst hingegen schien sprachlos und irgendwie auch überfordert. »Ein Tor?«, fragte er und blickte die Kinder fragend an. »Warum steht hier ein Tor in der Hölle?«
Sezuna lachte leise und zog an Nemesis Hand, um ihn in die Richtung des Tores zu leiten. Der Höllenfürst folgte. Wohl auch, weil Yuna ihn förmlich schob.
Gemeinsam durchschritten sie das Tor und es war Nemesis anzusehen, dass er angenommen hatte, dass er nicht hindurchgehen konnte.
Schließlich trat er auf die staubige Erdmasse, die kaum Platz für sie alle bot. »Bei allen Feuern der Hölle«, flüsterte er und sah sich mit großen Augen um. »Habt ihr ...?« Er beendete seine Frage nicht. Wohl, weil er einfach zu überrascht war.
»Den haben wir erschaffen«, verkündete Sezuna stolz.
»Zusammen?«, fragte Nemesis überrascht, bevor er in einer Geste, die Sezuna sehr gut kannte, ihren Kopf tätschelte.
»Zusammen«, stimmte Yuna zu, der man ansehen konnte, wie stolz sie war. Ihre ganze Haltung strahlte Selbstsicherheit aus und ihr Blick funkelte.
Auch sie und Eve tätschelte er. »Das ist ... Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, weil ihr so jung seid«, brachte er hervor.
Sezuna umarmte ihn. Seine Worte machten sie nur noch stolzer. »So können wir uns weiterhin sehen«, sagte sie freudig. »Sobald wir ein Portal von unserer Welt erschaffen haben«, fügte sie hinzu und blickte strahlend zu ihm hoch.
Nemesis beugte sich hinab und küsste ihre Stirn. »Ihr werdet einmal sehr gute Hüterinnen«, sagte er anerkennend und mit sehr viel Stolz in der Stimme. »Ich werde mich freuen, eure Entwicklung zu begleiten.«
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro