Kapitel 26.2
»Was ist hier los!«, donnerte eine tiefe, sehr bekannte Stimme und kurz darauf fegte ein heftiger Wind die Dämonen davon. Nur Sezuna nicht, weil sie am Boden hockte und somit wohl geschützter war. Sie hatte kaum Augen dafür, wer das gewesen war. Es konnte im Grunde nur Nemesis sein. Wer sonst war so mächtig?
Obwohl sie jetzt in Sicherheit war, konnte sie noch immer spüren, wie diese Macht versuchte, aus ihr hinauszudringen.
Keuchend und japsend stemmte sie sich dagegen. Was war das? Was würde es mit ihr machen, wenn sie es freiließ?
Sie bemerkte nur schemenhaft wie Nemesis auf sie zu gerannt kam. Ihr Blick war verschwommen und eine Art roter Schleier legte sich darüber. Als Sezuna aufblickte, konnte sie Überraschung in Nemesis Augen erkennen, was für sie kein gutes Zeichen war.
Der Höllenfürst hob die Hand und stupste ihr gegen die Stirn. Sofort ging eine Welle von Ruhe durch ihren Körper und ihr war klar, dass er sie mit einem Zauber belegt hatte. Ein Zauber, der die Unruhe in ihr regelte und dafür sorgte, dass sich die schwarzen Spuren zurückzogen. »Du bist schon viel zu lange hier«, bemerkte er und klang besorgt, während er sie hochhob. »Vielleicht wäre es besser, wenn du wieder zu Shioni zurückgehst«, sagte er traurig. Sezuna schüttelte den Kopf. Sie wollte sagen, dass sie nicht wollte, hatte aber kaum Kontrolle über ihren Körper.
Was war das gewesen?
Sezuna spürte benommen, wie Nemesis sie durch die Gänge trug und schließlich ablegte. Das war in der Zeit, in der sie hier gewesen war, so oft passiert, dass sie nicht mehr mitgezählt hatte. Es war irgendwie vertraut und gab ihr ein Gefühl von Ruhe.
»Was ist da passiert?«, fragte Sezuna stöhnend, als sie wieder richtig zu sich kam.
Nemesis, Eve und Allan an ihrer Seite, aber wo war Yuna?
Sezuna griff sich an ihren Kopf und setzte sich schwerfällig auf. »Mach langsam«, bat Eve und hielt sie, damit sie nicht wieder zurückkippte. Allan reichte ihr schließlich einen Trank, der süßlich roch. Einer von Eves Heiltränken?
Zögerlich nippte Sezuna daran und schloss genießerisch die Augen. Er war wirklich gut und sie spürte fast sofort, wie er ihren Körper stärkte und die Schmerzen linderte. Hatte man ihren Arm bereits verarztet? So genau hatte sie das nicht mitgeschnitten.
Normalerweise hätte eine gute Portion Blut sie komplett heilen sollen, doch da sie noch sehr jung war und noch nicht alle Vorzüge ihrer Rasse genoss, würde sie sich damit zufriedengeben. Wahrscheinlich war der Trank sogar besser als einfaches Blut.
»Ich bin mir nicht ganz sicher«, meinte Nemesis, was Sezuna überhaupt nicht gefiel. Wenn er sich nicht sicher war, hatte das sicherlich nichts Gutes zu bedeuten. »Es könnte durch Xanados ausgelöst worden sein oder aber durch den Sternenstaub der Hölle. Du bist schon sehr lange hier und nicht jeder verträgt diese Atmosphäre«, erklärte er mit besorgter Stimme.
»Xanados?«, fragte Sezuna mit belegter Stimme und ärgerte sich, dass sie so fertig war. Dabei hatte sie im Grunde nichts getan.
»Ja, die Dämonen drehen durch«, sagte Eve und klang sehr besorgt. »Sie haben nicht nur dich angegriffen. Auch sich selbst und mir wollten sie auch an die Wäsche«, erklärte sie und verzog das Gesicht.
Es schien so, als würde sich der Vorfall in der Halle wiederholen.
»Das ist definitiv Xanados' Schuld. Oder eher die seiner dunklen Macht, die er freigibt«, seufzte Nemesis. Sezuna runzelte die Stirn.
»Wo ist Yuna?«, wollte sie wissen, denn sie machte sich Sorgen. Was, wenn die Dämonen auch ihr etwas antaten?
»Bei einer Freundin außerhalb der Hölle«, erklärte der Höllenfürst mit einer Stimme, die Sezuna zeigte, dass sie nicht weiter nachfragen sollte.
»In Sicherheit?«, fragte sie dennoch. Wenn er ihr nichts weiter über die Freundin erzählen wollte, würde sie das gelten lassen, doch sie musste wissen, ob Yuna in Sicherheit war.
Nemesis nickte, was Sezuna sehr beruhigte. Wenn ihre Schwester nicht hier war, war das gut. Im Moment schien hier alles drunter und drüber zu gehen, was ihr schwer im Magen lag.
»Kann ich irgendwas tun?«, fragte Sezuna, da sie nicht einfach herumsitzen wollte.
»Am liebsten wäre es mir, wenn du wieder nach Hause gehst. Zusammen mit Allan«, sagte Nemesis mit ruhiger Stimme.
Damit hatte er wohl Recht. Wenn sie hierblieb, würde sie ihn nur hindern. Das war auch der Grund, warum sie langsam aufstand. »Vielleicht habt Ihr Recht. Allan und ich sollten uns zurückziehen, bis es hier wieder ruhiger wird«, sagte sie widerwillig. Eigentlich wollte sie wissen, wie es ausging, doch das war töricht.
»Ich bringe euch beide zum Tor«, meinte Nemesis und klang irgendwie niedergeschlagen. »Es war wirklich schön, euch hier zu haben«, gestand er, und so niedergeschlagen, wie er klang, war sich Sezuna fast sicher, dass sie sich nie wiedersehen würden. In ihrem Magen bildete sich ein schwerer Stein. Die Vorstellung, es wären die letzten Minuten zusammen, behagte ihr überhaupt nicht.
»Warum klingt Ihr so betrübt? Dürfen wir nicht wiederkommen?«, fragte Sezuna vorsichtig und blickte ihn aus großen Augen an. Sie wollte ihre Gefühle nicht direkt zeigen.
»Das ist leider nicht so einfach, Sezuna«, sagte er mit sanfter Stimme. Eine Stimme, die Sezuna schon jetzt vermisste. »Die Hölle kann man nicht so einfach betreten und ich kann sie nicht so einfach verlassen«, erklärte er, während er ihr einen Arm reichte, um ihr etwas mehr Halt zu geben. Sezuna nahm diese Geste dankbar an und schielte zu Allan, der schwieg. Scheinbar wartete auch er auf eine Erklärung. Eine, die sie auch sofort erhielten. »Die Schicksalsgöttin hat damals entschieden, dass ich die Hölle nicht mehr verlassen kann. Alle Planeten, auf denen sie richtet, sind mir untersagt. Leider geht das, weil meine Gegenwart auf einem bewohnten Planeten das Gleichgewicht ins Wanken bringen kann«, erklärte er. Seine Worte machten Sezuna traurig. Das hieß, dass er sie niemals besuchen kommen konnte.
»Wie kam es dazu?«, fragte sie, da seine Worte so klangen, als wäre das nicht immer so gewesen.
Nemesis seufzte. »Die Schicksalsgöttin hat entschieden, dass es für ihren Plan wichtiger ist, wenn ich nicht mehr auf die Welt der Sterblichen zugreifen kann. Sie fürchtet, ich würde mich in den Plan einmischen, den sie mit meinen Kindern hat«, sagte er mit einer Stimme, die am Ende immer leiser wurde. So leise, dass Sezuna es schwer hatte, ihn zu verstehen.
»Ihr habt Kinder«, sagte sie murmelnd und eher zu sich selbst. Es musste furchtbar sein, dass die Schicksalsgöttin ihn hier einsperrte und dazu verdammte, seine Kinder nie wiederzusehen. Wie grausam das war, konnte sie sich nur ein bisschen vorstellen. Die Gefühle, die sie hatte, wenn sie an ihren Vater dachte und daran, dass sie ihn niemals kennenlernen würde, waren sicherlich ähnlich.
Sezuna bemerkte, dass Eve sie musterte, als würde sie etwas sagen wollen, doch schließlich schwieg sie. Ob sie wusste, dass sie noch Geschwister hatte und diese auch vermisste?
Gemeinsam liefen sie durch die Flure und Sezuna drückte das Seelentierei an sich. Sie wollte nicht wieder zurück. Hier gefiel es ihr viel besser. Dennoch konnte sie sich nicht in Gefahr bringen. Nicht auf diese Art.
»Ich werde euch sehr vermissen«, sagte Eve traurig und griff nach Sezunas Hand. Das sorgte dafür, dass Sezuna Tränen in die Augen traten. Sie würde Eve auch sehr vermissen.
Sezuna drückte Eves Hand und lächelte etwas zögerlich. »Ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen«, sagte sie zuversichtlich. Sie war nicht bereit alle ihre Freunde zu verlieren. Weder Nemesis noch Eve oder Bel'shamaroth.
»Könnt Ihr Euch auf keinen Planeten bewegen?«, fragte Sezuna, da sie genaueres wissen wollte.
Da Nemesis für einen Moment schwieg, schien er wohl nicht mit dieser Frage gerechnet zu haben. Oder er überlegte.
»Auf einigen wenigen. Die sind unbewohnt und dort kommt so schnell niemand hin. Solange dort niemand lebt, stehen sie nicht unter der Herrschaft der Schicksalsgöttin«, erklärte er und wirkte nachdenklich.
»Kann man die Planeten irgendwie der Herrschaft der Schicksalsgöttin entziehen?«, fragte Sezuna und wurde dafür von Allan gemustert, als wäre sie verrückt. Was sie verstehen konnte. Sie wollte einer Göttin etwas wegnehmen. Das war sicherlich keine gute Idee.
Nemesis musterte sie nachdenklich. »Wenn genug Hüterinnen einen neuen Planeten erschaffen, der mit einem Schutz versehen ist, wäre das durchaus möglich«, sagte er vorsichtig. »Solange die Hüterin, die mit dem Planeten verbunden ist, stark genug ist«, fügte er nachdenklich hinzu und schien zu überlegen.
»Das klingt ... logisch«, bemerkte Sezuna, wusste jedoch nicht so genau, wie das mit den Hüterinnen und Planeten funktionieren sollte. Dabei hatte Eve versucht, es ihr zu erklären. Sie hatte auch schon einen Miniplaneten erschaffen, doch ohne Leben oder Schutz. Beides würde sicherlich nicht einfach werden.
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