Kapitel 11.1
Sichtbar unschlüssig verließ Eve neben Sezuna das Knochenschloss des Höllenfürsten und sah sich neugierig um.
Sezuna war nicht ansatzweise so angespannt, wie Eve. Das lag daran, dass sie kaum die Gefahren kannte, die hier lauerten. Zudem vertraute sie auf die Hunde, die in einigem Abstand an einer Klippe eine Kuhle gebuddelt hatten, um dort zu ruhen. Als sie Sezuna bemerkten, sprang Cer sofort auf, doch es war Ros, der losrannte und laut bellend auf sie zugestürmt kam.
Eve blieb sofort stehen und verspannte sich. Wahrscheinlich glaubte sie, der Hu'en würde sie angreifen. Sezuna ließ sich davon jedoch nicht beunruhigen. Sie lief ihm entgegen, öffnete die Arme und fing ihn, so gut es ging, auf, als er sie ansprang. Lachend ließ sie zu, dass Ros ihr das Gesicht ableckte, während er so heftig mit seinem Schwanz wedelte, dass es Sezuna dazu brachte, das Gleichgewicht zu verlieren.
Sie fiel zurück und landete mit dem Rücken im Sand, den sie aufwirbelte. Noch immer lachte sie, was wohl Eve dazu veranlasste, näherzukommen. Auch Cer und Ber rannten auf die beiden zu, wobei sich Cer erst einmal um Eve kümmerte und diese ausgiebig von allen Seiten beschnupperte.
Die junge Dämonin hielt inne und versteifte sich, während sie scheinbar panisch wartete, dass die Beschnüffelung zu Ende war.
»Was für schönes Fell«, bellte Cer hocherfreut und streckte sich an Eves Bein, um ihre Haare besser zu erreichen. Eve hatte sie hochgesteckt und die längsten Strähnen reichten ihr nur bis zur Hüfte, obwohl ihre Haare offen sonst bis zum Boden gingen.
»S-Sie können sprechen?«, fragte Eve sichtlich überfordert. Sezuna versuchte, sich zu erheben, um Eve besser zu sehen und ihr die Dinge zu erklären. Allerdings ließ Ber es nicht zu, denn er war noch immer damit beschäftigt, wie abzulecken.
»Ja, wusstest du das nicht?«, wollte Sezuna überrascht wissen. Sie hatte erwartet, dass die Dämonen wussten, wie die Hu'en waren, doch da schien sie sich getäuscht zu haben. Wenn es nicht einmal die Tochter des Höllenfürsten wusste, dann wohl auch die anderen nicht.
Eve schüttelte benommen den Kopf und betrachtete die Hündin, die noch immer versuchte, irgendwie an ihre Haare zu kommen. Das sorgte dafür, dass Eve Gleichgewichtsprobleme bekam und leicht schwankte.
»Cer. Du wirfst Eve gleich um«, mahnte Sezuna, der es gelang, die beiden männlichen Hunde von sich zu schieben und aufzustehen, nur um gleich darauf Ros und Ber kraulen zu müssen, damit diese sie nicht gleich wieder umwarfen. Sie waren in Kuschellaune, was Sezuna verstehen konnte, denn sie hatten sich lange nicht mehr gesehen.
Die Hündin zog leicht den Kopf ein und gab einen quietschenden Ton von sich. »Ich möchte an dem Fell schnuppern«, sagte sie, was Eve dazu brachte, Sezuna fragend anzusehen. Sie schien nicht zu verstehen, was Cer meinte.
Sezuna zuckte die Schultern. »Ich glaube, sie meint deine Haare«, überlegte sie, klang aber unsicher. Sezuna kannte die Hunde immerhin auch noch nicht so lange, dass sie alle Eigenheiten verstand.
»Oh«, gab Eve von sich und hockte sich ein Stückchen nach unten. So war sie den Hu'en näher, was ihr sichtlich Unbehagen verursachte. Dennoch blieb sie ruhig, als Cer mit wedelndem Schwanz ihre Haare beschnupperte. Dann begann die Hündin, ihre Wange an Eve zu reiben, als würde sie gekrault werden wollen.
Sezuna beruhigte das sehr. Sie hatte Angst gehabt, dass die Hunde Eve nicht akzeptierten oder andersherum. Sezuna hätte nicht gewusst, was sie dann hätte tun sollen. »Sie mag dich«, stellte Sezuna erleichtert fest, denn sie hatte sich schon Sorgen gemacht, dass die Hunde nicht gut auf Eve reagierten, weil sie ein Dämon war. Immerhin hatten Eve und Krya das angemerkt.
»Das ist gut, schätze ich«, meinte Eve, die sogar begann, den Welpen leicht zu streicheln. Ihrer Stimme war jedoch anzuhören, dass sie noch immer unsicher war.
Sezuna gesellte sich zu ihr. Gemeinsam saßen sie eine Weile am Boden und streichelten die Hunde. Man konnte Eve ansehen, dass sie sich nach und nach an diese gewöhnte. Es schien ihr immer weniger Probleme zu machen. Auch, als Ros etwas zu stürmisch war und sie umwarf, lachte sie.
Von Sezuna fiel die Anspannung ab, die sie bis dahin gar nicht so richtig wahrgenommen hatte. Sie hatte sich wirklich Sorgen um die Hunde gemacht. Wenn Eve sie nicht gemocht hätte, hätten diese draußen bleiben müssen. Das wollte Sezuna nicht. Immerhin waren es Welpen und sie hatte die drei sehr gern.
»Sie sind wirklich allerliebst«, bemerkte Eve, die so langsam immer mehr auftaute und die Hunde scheinbar richtig ins Herz schloss.
Als alle drei allerdings plötzlich aufsprangen und sich in einer Reihe vor die beiden Mädchen stellten und knurrten, wurde Eve ganz blass im Gesicht. »Was ist los?«, fragte sie und griff nach Sezunas Arm.
»Keine Ahnung«, antwortete diese ehrlich und sah in die Richtung der Hunde. Dort hockte im Sand versteckt ein weiterer Hu'en. Ein sehr kleiner, wie es schien. »Was ist los Ros?«, fragte Sezuna leise. War das eine Gefahr für sie? Reagierten die Hunde deshalb vielleicht so?
Ros knurrte jedoch nur, antwortete aber nicht, was Sezuna nur noch unruhiger machte. Das war doch nur ein kleiner Hu'en. Sie konnte ihn zwar nicht so gut erkennen, er wirkte aber nicht gefährlich.
»Cer?«, fragte Sezuna weiter und die Hündin wandte ihren Kopf zu ihr.
»Er ist ein Ausgestoßener«, erklärte sie und klang wütend.
Sezuna hob eine Augenbraue, weil sie nicht ganz verstand, wo das Problem lag. »Also, so wie ihr?«, fragte sie und das sorgte dafür, dass die Hunde aufhörten zu knurren und sie seltsam ansahen. Als wüssten sie nicht, was genau ausgestoßen hieß.
Sezuna tätschelte Ros. »Lasst mich das machen«, bat sie mit beruhigender Stimme. »Ihr bleibt hier und passt auf Eve auf«, sagte sie, wobei es fast wie ein Befehl klang. Sie wollte nicht, dass die Hunde sich einmischten und vielleicht Probleme hervorriefen, die gar nicht da waren.
»Wir passen auf«, stimmte Ber zu, doch Ros schien der Meinung, er müsse ihr folgen, als sie auf den Hund zulief. Sezuna ließ es widerwillig zu. Sie würde sowieso nichts dagegen tun können.
Je näher sie kam, desto deutlicher erkannte sie, wie dünn und schwach der kleine Hund war. Das brach ihr förmlich das Herz. Wieso war ein so kleines, unschuldiges Geschöpf allein unterwegs? Hatte es vielleicht seine Mutter verloren?
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