𝑺𝒆𝒗𝒆𝒓𝒖𝒔 𝑺𝒏𝒂𝒑𝒆 #8
Abwesend rührte sie in ihrem Kessel herum- ohne zu merken, dass der Trank, der eigentlich in einem Orange erstrahlen sollte, schleimig grün wirkte... Oder anfing zu qualmen. Normalerweise war das nichts, was Professor Snape eine Reaktion entlocken würde... Wäre es nicht ausgerechnet Madeleine, die wohl eine der begabtesten Schülerinnen seit Jahren war. Jeder ihrer Tränke war Fehlerfrei gewesen, von der ersten Unterrichtsstunde an und so ahnte er, dass sie etwas bedrückte. Schnell verhinderte er mit einem Schwenk seines Zauberstabes das schlimmste, bevor er an sie heran trat.
"Miss Darcy, auf ein Wort nach der Stunde."
Alle Köpfe wandten sich in diesem Moment ihnen zu, rechneten doch alle damit, dass sie nun Punkte einbüßen würden... Doch daran dachte er nicht einmal im Traum. Nicht bei ihr.
Madeleine hingegen lief rot an und nickte. "Natürlich, Professor." Ihr war es furchtbar peinlich, dass der Trank nicht gelungen war- normalerweise wäre es ihr ein leichtes, diesen zu retten, doch ausgerechnet heute war sie mit ihren Gedanken so weit weg, dass ihr beim besten Willen nicht einfallen wollte, wo ihr Fehler gelegen hatte.
Trotzdem griff sie zu ihrem Messer, doch noch bevor sie sich daran machen konnte, weitere Zutaten zu zerkleinern, schüttelte er den Kopf. "Lassen Sie es."
Seine Stimme war bei weitem nicht so scharf, wie sie es in den meisten Fällen nach so einem Versagen gewesen wäre. Stattdessen deutete er auf ihren Arbeitsplatz und wies sie an, diesen zu säubern, während er den Trank mit einem einfachen Zauber unschädlich machte.
Doch selbst dabei wirkte sie neben der Spur. Immer wieder fielen ihr die Sachen herunter oder sie starrte ins Nichts, sodass sie nicht einmal mitbekam, wie der Raum um sie herum sich leerte.
Erst, als er sie an der Schulter berührte, kehrte sie ins hier und jetzt zurück.
"Wo waren Sie mit ihren Gedanken, Miss Darcy? Was beschäftigt Sie so sehr?"
"Es tut mir Leid Professor. Es ist so albern... es hätte mich nicht daran hindern sollen, aufzupassen. Es... wird nicht wieder vorkommen."
Erneut wurde sie Feuerrot, doch er schenkte ihr ein mildes Lächeln. Seltsamerweise hatte er nicht einmal das Bedürfnis, sie zu bestrafen. Stattdessen sah er sie aufmerksam an.
"Möchten Sie darüber sprechen? Vielleicht befreit es Ihre Gedanken und verhindert, dass Sie in Verwandlung einem Ihrer Mitschüler eine neue Form geben. Nicht, dass ich da etwas gegen hätte..."
Überrascht sah sie ihn an. Hatte ihr sonst so ernster, strenger Professor gerade einen Scherz gemacht?! Offensichtlich.
Vielleicht war genau das auch der Grund, warum ihr ein leises Seufzen entwich. "Darf ich offen sprechen, Professor?"
Er nickte knapp und wieder entwich ihr ein Seufzen. "Es ist meine Beziehung. Marcus plant unsere Zukunft, was wir nach dem Abschluss machen. Wo wir hingehen, was wir danach machen... All sowas. Und ich... Ich weiß nicht, ob es das ist, was ich wirklich will. Ob ich das mit ihm will. Es verwirrt mich so sehr. Vielleicht ist es nur eine Phase, immerhin sind wir schon lange zusammen und es ist einfach der Stress, aber jedes Mal, wenn er über die Zukunft redet... Bin ich einfach so verunsichert."
Er sah die Tränen in ihren Augen schwimmen, auch, wenn sie diese hektisch wegwischte.
"Es ist albern. Und es ist kein Grund, so unaufmerksam zu sein. Es tut mir leid, es wird nicht wieder vorkommen."
"Das ganze liegt Ihnen wirklich auf der Seele, oder? Wie lange tragen Sie das schon mit sich herum?"
"Lange. Aber je näher es auf die Prüfungen zugeht... Es ist wie ein Felsblock auf der Brust... Ich kann nicht mehr atmen, wenn er mich anschaut und von einer Zukunft spricht."
Professor Snape nickte verstehend.
"Kommen Sie nach der letzten Stunde noch einmal hier hin, ich denke, ich weiß, wie ich Ihnen helfen kann. Es gibt einen Trank, der ihre Emotionen kurzzeitig verstärkt und Ihnen bei einer Entscheidung helfen sollte. Wenn es nur der Stress ist, werden Sie es spüren. Aber sollten Sie ihn nicht mehr lieben, werden Sie auch das merken. Es wird Sie klarer sehen lassen. Nach der Stunde hier und ich werde Ihnen helfen, den Trank zu brauen."
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll... Danke..." Ihre Verzweiflung tat ihm in der Seele weh und so schenkte er ihr erneut ein aufmunterndes Lächeln.
"Gern. Und nun, gehen Sie. Der Unterricht hat bereits begonnen."
"Natürlich... Danke, Professor."
Eilig verließ sie den Raum und ließ ihn verwirrt zurück. Warum ging ihm ihre Notlage so nah? Den meisten Schülern hätte er für eine so mangelhafte Leistung Punkte abgezogen und sie nachsitzen lassen. Schließlich waren falsch gebraute Tränke ein Risiko für alle Anwesenden...
Doch bei ihr war es etwas anderes.
Und so bereitete er den Trank vor, um sich nicht mit seinen eigenen Gedanken auseinandersetzen zu müssen. Zumindest noch nicht. Und wenn der Trank sowieso fertig war... Könnte er schließlich auch einen Schluck davon nehmen, um das Chaos in seinem Kopf zu ordnen.
Als sie nach der letzten Stunde den Raum betrat, hatte er alle Vorkehrungen getroffen. Die Zutaten lagen bereit und er hatte einen leeren Kessel auf eine kleine Flamme gestellt.
"Ich würde sagen, wir beginnen sofort. Es braucht seine Zeit." Fing er an und deutete dann auf das Notizbuch, was er ebenfalls hervor geholt hatte. Noch nie hatte es jemand außer ihm zu Gesicht bekommen, da es mehr einem Tagebuch glich als einem Fachbuch.
Zu seiner großen Freude wirkte Madeleine schon etwas weniger bedrückt als noch in seiner Stunde. Auch, wenn sie noch immer nachdenklich wirkte, tat ihr die Ablenkung gut und mit einem kleinen Lächeln stellte er fest, dass sie nun auch wieder mit der ihm bekannten Sorgfalt arbeitete. Manchmal half es wirklich schon, seine Gedanken einmal auszusprechen.
Und- was ihn ebenfalls überraschte, war die Tatsache, dass sie sich gut ergänzten. Obwohl sie an einem Kessel arbeiteten, kamen sie sich nie in die Quere und arbeiteten so gut zusammen, dass ihm der Gedanke in den Kopf kam, dass er sich daran gewöhnen könnte, mit ihr zusammen Tränke zu brauen...
Doch die Zeit verging schneller als ihm lieb war und so räusperte er sich. "Das war sehr gute Arbeit, Miss Darcy. Sie können nun gehen, der Trank muss nur noch für einige Stunden kochen. Ich lasse Ihnen beim Abendessen eine Phiole zukommen." "Danke Professor." Ihre Dankbarkeit war ehrlich und ging ihm ans Herz, sodass er ihr zum Abschied tatsächlich eines seiner seltenen Lächeln schenkte. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?
Die Frage ging ihm den gesamten Abend nicht mehr aus dem Kopf und so kam es, dass er beinahe sogar das Abendessen verpasst hätte. Einzig und allein die Farbe des Trankes erinnerte ihn daran, und so füllte er ihn eilig, aber doch sorgfältig in einige Phiolen, bevor er mit wehendem Umhang in die große Halle eilte. Den Kessel würde er später reinigen.
Kaum, dass er den Lehrertisch betrat, spürte er Madeleines Blick auf sich. Vermutlich fragte sie sich, ob der Trank geglückt war und er ihn bei sich trug...
Und genau so war es auch. Als er nicht an seinem üblichen Platz saß, hatte die Nervosität von ihr Besitz ergriffen und während Marcus weiter ihre gemeinsame Zukunft plante, suchten ihre Augen die gesamte Halle ab.
"Hörst du mir überhaupt zu?" Ein leichter Ellbogenstoß traf ihre Seite, was sie dazu brachte, verlegen auf die Tischkante zu schauen. Natürlich hatte sie nicht zugehört... Aber je mehr er plante, desto größer wurde ihre Abneigung und...
Das knallen einer Tür erlöste sie aus der Situation. Der Professor war mit rauschendem Umhang in die Halle gekommen und ließ sich nun auf seinem Platz nieder... Und als hätte er ihren Blick gespürt, sah er sie nun direkt an. Ihre Blicke trafen sich und er nickte ganz leicht... Als sie ein stechender Schmerz durchzuckte. Ihre beste Freundin hatte ihr vors Schienenbein getreten.
"AU!" Beschwerte Madeleine sich nun laut, was Lucy dazu veranlasste, sich einen Finger auf die Lippen zu pressen. "Psst! Warum schaut Snape dich so komisch an? Hat das was mit deinem Ominösen Nachsitzen zu tun? Ich hätte nie gedacht, dass du ausgerechnet bei dem Mal nachsitzt, wo du doch so offensichtlich seine Lieblingsschülerin bist!"
"Ich musste nicht..." Fing sie an, doch ein Blick auf Marcus brachte sie dazu, innezuhalten. Sie bedeutete Lucy, ihr später alles zu erklären, denn in diesem Moment mischte Marcus sich wieder ein. "Was musstest du nicht? Und... Eigentlich könnten wir direkt nach einer größeren Wohnung schauen, oder? Ich meine, Lucy wird ja bestimmt oft da sein und wenn wir dann auch erst einmal Kinder haben..."
Panik flutete Madeleines Geist. Kinder. Plural. Und das, obwohl sie nicht einmal wusste, ob sie überhaupt mit einem Kind zurechtkommen würde... Ob sie überhaupt eines wollte... Und dann auch noch mit Marcus?
Das Gedankenkarussel nahm wieder Fahrt auf und ihr Magen verkrampfte sich. Wie konnten die anderen so unbeschwert im Moment leben, während ihre Gedanken sie langsam aber sicher umbrachten?
Von einer Sekunde auf die nächste war ihr jeglicher Appetit vergangen. Schnell schob sie den Teller nach hinten und stand auf. Sie ertrug den ganzen Lärm nicht, die zahlreichen Gerüche und die Berührungen... alles in ihr schrie danach, die Halle zu verlassen. Doch sie musste abwarten, schließlich hatte der Professor ihr gesagt, dass er die Phiole mitbringen würde...
Wie erstarrt stand sie da.
Ihr Freund zerrte an ihrem Umhang, ihre beste Freundin wedelte mit der Hand auf und ab... Doch auf einmal hörte sie seine Stimme in ihrem Kopf.
» Die Phiole ist neben ihrer linken Hand. Sie ist mit einem Zauber belegt, sodass niemand Sie sehen kann. Handeln Sie mit Bedacht. «
Kurz sah sie an den Lehrertisch und wieder nickte er leicht mit dem Kopf, weshalb sie ganz langsam ihre Hand bewegte. Auch, wenn sie die kleine Glasflasche nicht sehen konnte, spürte sie die kühlen Umrisse und verbarg sie in der Tasche ihres Umhangs.
Noch wusste sie nicht, wie sie aus einer Flasche trinken sollte, die sie nicht sehen konnte... Doch das war ein Problem für den nächsten Morgen. Trotzdem konnte sie jetzt einfach nicht hier bleiben und so stammelte sie ein "Ich muss nochmal in die Bibliothek", bevor sie fluchtartig die Halle verließ. Den Kopf in ein Buch stecken, war jetzt genau das richtige... Und vielleicht würde sie ja sogar den Gegenzauber finden, um ihr Problem mit der unsichtbaren Flasche zu lösen...
Doch dadurch, dass ihre Gedanken noch immer kreisten, fiel es ihr schwer, auch nur einen einzigen, klaren Gedanken zu fassen und so merkte sie nicht einmal, wie ihr Kopf auf das dicke Buch vor ihr sackte und die Müdigkeit sie überwältigte.
Am nächsten Morgen wurde sie davon wach, dass Lucy sie eilig an den Schultern rüttelte.
"Maddy, hey. Wach auf! Es ist Zeit fürs Frühstück und... Gott, hast du die ganze Nacht hier geschlafen? Bist du gestern Abend eingeschlafen?"
"Nein, mein Bett war nicht gemütlich genug und da hab ich mich mitten in der Nacht entschieden, mir selber etwas schlechtes zu tun und im Sitzen in der Bibliothek zu schlafen. Natürlich bin ich gestern hier eingeschlafen."
Murrend richtete sie sich auf und hätte beinahe das Fläschchen umgestoßen, das noch immer neben dem Buch stand. Ihr Rücken gab ein unschönes Knacken von sich, während sie sich streckte... Und dann die noch immer unsichtbare Phiole an die Lippen hob. "Cheers." "Was...?" Fing Lucy an, doch da hatte sie den Trank auch schon mit einem Schluck geleert. Es brannte furchtbar in ihrem Hals... Doch in der Sekunde, in der Marcus hinter Lucy auftauchte, spürte sie, dass er wirkte...
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