Kapitel 40 oder so was wie ein Einblick
Nur noch mal als Erinnerung, auch wenn man es ganz sicher merkt: Dieses Kapitel ist aus Tobias Sicht geschrieben.
Tobias hatte genug gesehen, um zu wissen, wie schlecht die Welt war. Wie schlecht die Menschen in ihr.
Er war in einer der gefährlichen Bereiche einer Großstadt aufgewachsen. Er hatte eine natürliche Begabung für Naturwissenschaften und war immer gut in der Schule, hatte einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und wusste nicht, wann er sich aus Angelegenheiten besser raushalten sollte. Der einzige Grund, weshalb er als Kind nicht totgeschlagen wurde, war sein Bruder, der ihn immer wieder aus Schlägereien geholfen hatte, ihn sogar zuhause vor der drogensüchtigen Mutter geschützt hatte.
Als beide älter wurden, hatten sie Rollen getauscht. René griff immer öfter zur Flasche und beleidigte die falschen Personen, und Tobais half ihm so oft es ging - oft auch mit seinem Geld - aus Schwierigkeiten.
Und jedes Mal, wenn er seinen großen Bruder blutig aus einer Gasse trug, wuchs sein Hass auf die Menschen.
In diesen Momenten erinnerte er sich oft, wie er als Kind Stunden damit verbracht hatte, kleine Ameisen in Lupengläsern einzufangen und sie zu beobachten, während sie Blätter trugen, die das vielfache ihres Körpers wogen.
Diese Fähigkeit hätte er in den vielen Nächten brauchen können, in denen er René tragen musste.
Und jedes Mal zwischen dem Versorgen der Wunden und Renés Ausnüchterung saßen beide am Küchentisch und planten, sich an allen zu rächen, die ihnen etwas getan hatten.
Doch irgendwann hatte René ein Mädchen getroffen, sogar für sie mit dem Rauchen aufgehört, sogar für sie mit dem Trinken aufgehört. Tobias hatte das Stechen ignoriert, dass ihn erinnerte, dass sein großer Bruder das für ihn nicht getan hatte.
Sie machte René glücklich und so war er sogar auf ihrer Hochzeit gewesen, obwohl er das Mädchen nicht leiden konnte. Sie war viel zu gewöhnlich, verstand keines seiner sorgsam ausgewählten Zitate und stahl ihm seinen Bruder.
Doch er hatte eine Arbeit gefunden, die ihn glücklich machte, mit der er Menschen helfen konnte. Und er war gut in dem, was er tat.
Er hatte eine Freundin gefunden, die er liebte, die ihn verstand und sogar seine Abneigung gegen Renés Mädchen teilte.
Und auch wenn er oft daran zweifelte, ob die Formel das Richtige war, solange er der Welt helfen konnte, zu einem besseren Ort zu werden, würde er bleiben.
Bis ihn eine Nachricht erreichte.
Jemand hatte seinen Bruder zusammengeschlagen, sein Mädchen bedroht und beide beraubt.
Für Geld.
Und die Zweifel vergifteten sein Herz.
Wollte er wirklich Menschen helfen, die seinen Bruder zusammenschlugen, um sich selbst zu bereichern.
Wollte er sie unsterblich machen?
Denn anders als seine Kollegen hatte er die Wahrheit längst verstanden. Jeder einzelne Pfad der Formel würde das Risiko des Todes verringern, bis es nichts mehr gab, um sie zu stoppen.
Er flüchtete sich in seine Arbeit, machte nur noch Überstunden, war kaum zuhause und trennte sich sogar von seiner Freundin.
Er konnte kaum noch schlafen.
Jeden Morgen, den er zum Institut fuhr, schien ihm alles zuzuraunen, was für ein Wahnsinn es wäre. Die Unsterblichkeit. Seine Arbeit.
Wer hatte es schon verdient, unsterblich zu sein? Wer sollte das entscheiden? Was würde passieren, wenn es die falschen Menschen rettete?
Kenias Idee war wahnwitzig.
Und er war ein Idiot, dass alles zugelassen zu haben.
So fasste er den Beschluss, das Ganze zu beenden.
Er schlich sich nachts ins Institut, versuchte, alles zu entwenden und dann unbemerkt zu verschwinden.
Der Wachmann war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort aufgetaucht.
Er hatte noch nie so viel Unverständnis auf Renés Gesicht gesehen, wie in dem Moment, als er ihm die Gerichtsvorladung gezeigt hatte.
Das war der Moment, in dem er verstand, dass sein Bruder niemals erfahren durfte, was er vorhatte. Er spielte den Bereuenden, wurde sogar von ihm eingeladen, bei ihm zu wohnen. Das unglückliche Gesicht seiner Frau war noch ein Bonuspunkt für Tobias gewesen.
Später hatte ihn ein alter Kollege besucht und sichergestellt, dass Tobias den Wachmann nicht aus Absicht verletzt hatte. Dass er aus Angst falsch reagiert hatte und es nicht wieder tun würde. Und er hatte wieder den Bereuenden gespielt.
Er hatte ihn wirklich nicht gerne verletzt, aber er wusste genau, er würde es wieder tun. es war notwendig gewesen.
Stattdessen hatte er sich mit seinem Kollegen verbündet.
Beide waren gegen die Unsterblichkeit, fürchteten die Auswirkungen, die ein Fehler auf die Menschheit haben könnte. Eine falsch asugesuchte Person auf die Welt.
Er hatte es wieder versucht, die Daten zu entwenden.
Einmal hatte Kenias Sicherung seine Bemühungen zerstört.
Das zweite Mal die Notizen des Mädchens, das Goethe zitiert hatte. Ein wenig erinnerte sie ihn an sich selbst vor dem Raubüberfall auf René. Obwohl sie an der Richtigkeit der Formel zweifelte, hing sie immer noch an ihrer Vorstellung der Dinge fest, wollte mit dem Serum helfen.
Aber sie hatte seinen Plan durchkreuzt und ihretwegen hatte er einen neuen Entschluss gefasst, einen, den auch sein Partner nicht verstehen wurde.
Er durfte sich durch niemanden aufhalten lassen. Und wenn sie sich nicht von alleine raushielten, musste er eben dafür sorgen, dass sie es aus einem anderen Grund taten.
Er hatte die Variabilität der Formel schon lange bemerkt. Er musste nur ein paar Pfade verändern und ihnen das Serum spritzen. Und sie wurden sich nie mehr einmischen.
Er wusste, dass Kenia irgendwo noch eine Kopie der Notizen hatte. Sie lernte schließlich dazu. Es gab nur einen Zustand, in dem sie nicht mehr für die Produktion des Serums sorgen würde. Und der erforderte ein Antiserum.
Zum Glück kannte er noch einen Chemiker, der ihm etwas schuldete.
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Was haltet ihr von Tobias Gedanken? Wen haltet ihr für seinen Komplizen?
Und was mich ganz besonders interessiert: Fandet ihr es gut, dass ihr mal ein Kapitel aus seiner Sicht bekommen habt? Lasst es mich wissen ;)
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