23. obsession is a toxic game
☾ ⁺₊
O L I V I A
Obwohl es gerade einmal früher Nachmittag war, hatte sich die abendliche Dunkelheit bereits in die Korridore der Akademie für Hexerei und Zauberei geschlichen und ließ die leuchtenden Kürbisse an den leicht gewölbten Decken wie Blutmonde leuchten.
Halloween in Hogwarts war pure Magie.
Meine Haut kribbelte vor Vorfreude auf heute Abend, denn das Haus Slytherin schmiss bekanntlich die besten und vor allem legendärsten Halloweenpartys.
Dieses Jahr hatte unsere Clique die Organisation übernommen und ich konnte es kaum erwarten, die bleichen Gesichter meiner Mitschüler zu sehen, wenn sie herausfanden, dass es Rosier und mir gelungen war, bei unserem ersten (und letzten) Besuch im Eberkopf einen echten Vampir aufzutreiben.
Nun, natürlich nicht durch unsere Überredungskünste, sondern vor allem mithilfe des Goldes unserer Familien-Verließe in Gringotts und einer beunruhigenden Menge an Blutbeuteln, von denen ich gar nicht wissen wollte, wo Léo sie aufgetrieben hatte. Mit dem französischen Millionenerben war es manchmal echt abenteuerlich und ich war froh, dass mein Bruder nicht bemerkt hatte, wie mir nach der Begegnung mit dem Vampir noch stundenlang die Knie gezittert hatten.
In ein Gespräch über unsere diesjährigen Kostüme vertieft, liefen Pansy und ich Hand in Hand durch das Gängelabyrinth von Hogwarts, auf dem Weg in Richtung der großen Halle, um unsere ausgefallene letzte Stunde mit Tee und Keksen zu zelebrieren.
Als wir ein seltsames Geräusch vernahmen, hielten wir inne, drückten uns mit den Rücken gegen die Schlossmauer und spähten mit klopfenden Herzen um die Ecke, nur um dann kreischend um unser Leben zu rennen, als uns eine von Flitwicks verhexten Vogelscheuchen entdeckte und sich an unsere Fersen heftete. Stroh verfing sich in unseren Haaren, als sie mit einem furchterregenden Lachen die Arme nach uns ausstreckte, doch kurz bevor sie uns zu fassen bekam, ließ der Zauber, der das Ding zum Leben erweckt hatte, es lichterloh in Flammen aufgehen.
»Ich schwöre dir«, keuchte Pansy und hielt sich mit der Hand die Seite. »Flitwick hat den seltsamsten Humor, den ich je—«, doch ihre Worte gingen in einem spitzen Schrei unter, als es plötzlich eine Horde Spinnen auf uns hinabregnete. Ich schrie und zerrte sie aus meinem Haar, nur um dann festzustellen, dass sie überhaupt nicht echt waren.
»Theodore«, brüllte ich wütend über den Flur, als ich den honigfarbenen Lockenkopf meines Bruders gerade eben noch durch die weit geöffneten Flügeltüren der großen Halle verschwinden sah.
Ich rannte ihm hinterher und bekam seinen dunkelgrünen Strickpullover zu fassen, quiekte jedoch auf, als er mich hochhob und über die Schulter warf, bevor er mich quer durch die große Halle trug wie einen Sack Kartoffeln. »Cazzo«, fluchte ich mit glühenden Wangen und war nie dankbarer dafür gewesen, eine blickdichte Strumpfhose zu tragen.
»Lass mich sofort runter.« Ich schlug mit den Fäusten gegen seinen muskulösen Rücken, gab jedoch irgendwann auf und warf meinem Bruder einen bitterbösen Blick zu, als dieser mich frech grinsend am Slytherin Tisch auf der Bank absetzte.
»Ti avverto, Theodore. Du weißt wie sehr ich Spinnen verabscheue«, warnte ich ihn und trank von dem Tee, der bereits an meinem Platz auf mich gewartet hatte, schleuderte meine Teetasse im nächsten Moment jedoch angewidert von mir, als der Keks auf der Untertasse plötzlich zu krabbeln anfing.
»Miss Nott«, ließ mich die schnarrende Stimme Snapes plötzlich zu Eis gefrieren. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend drehte ich mich um und stellte fest, dass die langen Roben des fahlgesichtigen Professors durchtränkt waren. Und meine Intuition verriet mir, dass es sicher kein Kürbissaft auf seiner mitternachtsfarbenen Kleidung war.
Ich schluckte.
Ups.
»Verzeihung Prof—«
»Ich würde es begrüßen, wenn sie das Porzellan der Akademie nicht beschädigen, ganz gleich wie oft ihre Familie es dank ihres Wohlstandes zu ersetzen in der Lage ist.« Bedrohlich wie eine Gewitterwolke baute der Professor sich vor uns auf und ich kniff Theodore warnend ins Bein, der bereits tief Luft holte, um mich und unsere Familienehre zu verteidigen, da ihm sein italienisches Blut mal wieder keine andere Wahl ließ.
»Wobei mir zu Ohren gekommen ist, dass sie das hart verdiente Gold ihres Vaters Tiberius neuerdings in...«, er machte eine dramatische Pause, »...blutigen Angelegenheiten spielen lassen. Beten sie zu Merlin, dass ich ihre abendlichen Aktivitäten in Hogsmeade für mich behalte und achten sie das nächste Mal darauf, wer sich in ihrer Nähe befindet, wenn sie sich nach Sperrstunde in den Eberkopf schleichen.«
Bei der Erwähnung der schäbigen Spelunke kräuselten sich seine dünnen Lippen in Abscheu und auch ich hatte plötzlich wieder den widerwärtigen Gestank von schalem Bier und Ziege in der Nase.
Meine Wangen brannten vor Scham.
Ein amüsiertes Glucksen vom Platz gegenüber und Snapes schwarze Augen huschten zu Léo, dessen Grinsen augenblicklich erstarb. »Dasselbe gilt auch für sie, Mister Rosier«, sagte Snape kühl, bevor er uns alle nacheinander ansah. »Ich wünsche ein angenehmes Halloween, meine Slytherin. Wir sehen uns morgen um Punkt acht im Unterricht. Falls euer Ehrengast euch gestattet diese Nacht zu überleben.«
Mit wehendem Umhang stolzierte der hakennasige Professor davon, der jetzt mehr denn je an eine, nach Pfefferminze duftende Fledermaus erinnerte.
Léo und ich tauschten einen vielsagenden Blick.
»Der Typ ist harmlos, das sagt jeder im Dorf. Der zahmste Vampir Schottlands«, versuchte der Rosier Erbe mich wenig überzeugend zu beruhigen.
»Na, was hast du jetzt wieder angestellt, Blondie?«, grinste Blaise, der sich in diesem Moment zu ihm auf die Bank gestellte und dem Franzosen durch seine sorgsam mit Haarspray fixierte Frisur wuschelte, was ihm einen warnenden Blick aus Léos traumhaft blauen Augen bescherte. »Und warum riecht Snape nach Minze? Er stinkt doch sonst zehn Meter gegen den Wind nach Verbitterung und Griesgrämigkeit.«
Unsere Clique brach in Gelächter aus.
»Fünfzig Punkte Abzug für Slytherin, Mister Zabini«, schnarrte Snapes Stimme über den Tisch, der am Ende stehen geblieben war, um eine schadenfrohe Bemerkung über Flints Schneidezähne zu machen, die irgendjemand, vermutlich ein Gryffindor, mit einem Wachstumszauber belegt hatte, sodass sie ihm nun bis zum Kinn reichten— fast wie in alten Zeiten.
Blaise zog eine Grimasse.
Aus dem Augenwinkel behielt ich Snape im Blick und als er sich endlich in Richtung Lehrertisch verzogen hatte, lehnte ich mich über den Tisch und legte meine Hand auf Blaise Arm. »Ich verleihe ihnen fünfzig Punkte für Slytherin, weil sie heute wieder einmal fantastisch aussehen, Mister Zabini«, schnurrte ich zuckersüß, was den Slytherin zum Strahlen brachte.
Beruhigt stellte ich fest, dass das Funkeln, dass die Trennung von Hannah seinen sanftmütigen Augen geraubt hatte, allmählich wieder zurückkehrte.
Er lehnte sich vor und wickelte sich eine meiner Strähnen um die Finger. »Das kann ich nur zurückgeben, Miss Nott. Nehmen sie ebenfalls fünfzig Punkte für Slytherin. Ihr Haar strahlt heute wie die Sonne und dieser Lippenstift entlockt mir—«
Als Blick auf etwas hinter mir fiel, verstummte er und lehnte sich zurück und ich musste nicht hinsehen um zu wissen, wer sich jetzt auf dem Platz neben mir niederließ, hatte ich die Kälte, die der Malfoy Erbe ausstrahlte, doch bereits von weitem gespürt.
»Tee, Frosty?«
Ich warf Blaise einen warnenden Blick zu, denn auch wenn ich Draco nicht ansah, spürte ich die Wut, die er mit an den Tisch gebracht hatte und wie sie die verzauberte Decke zu unseren Köpfen verdunkelte.
Draco gab ein Knurren zur Antwort und ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht zu lachen, als Blaise die Teekanne mit einer Handbewegung in seine Richtung befahl und diese ihm klappernd vor Angst eingoss, als befürchtete sie, er könnte sie jede Sekunde gegen die Wand werfen. Ich griff mir einen Pfefferkobold um ihn mir schnell in den Mund zu stecken, ließ die Süßigkeit jedoch auf meinen Teller fallen, als ich einen pulsierenden Schmerz in meiner Schläfe fühlte.
Und ich realisierte sofort, dass es nicht der Erbe Slytherins war, der mal wieder in meinen Geist einzudringen versuchte, war es doch mehr als nur offensichtlich nicht Mattheos flammende Mentalmagie, die meine Körpertemperatur jedes Mal um mehrere Grad anhob, die mich in dieser Sekunde attackierte, sondern die von Draco. Und sie war nicht nur rau und kratzig wie ein ungeliebter Strickpullover, sondern auch kalt wie der sibirische Winter und entlockte mir dadurch ein Keuchen.
Ich wusste von Theodore, dass Draco seit einer Weile von niemand geringerem als Snape höchstpersönlich in Legilimentik unterrichtet wurde und rechnete deshalb jede Sekunde damit, dass er meine mentalen Mauern zum einstürzen brachte, doch irgendetwas in meinem Geist schien ihn hartnäckig abzuwehren.
Mein Kopf pochte und als mir der Schmerz langsam Tränen in die Augen schießen ließ, wandte ich mich meinem Verlobten zu, um ihm mit einem schmerzhaften Tod zu drohen, wenn er nicht sofort damit aufhörte und rutschte prompt auf der Bank näher zu meinem Bruder, als ich mir der kalten Wut in seinen sturmgrauen Augen bewusst wurde.
Draco war verdammt wütend.
Und ein Gefühl, nennen wir es weibliche Intuition, verriet mir, dass es nicht wegen seines Besens war.
Heute Morgen war der Inhaber von Spintwitches höchstpersönlich aus Hogsmeade nach Hogwarts gekommen und hatte ihm einen neuen Feuerblitz gebracht. Ein neues Modell, das es offiziell noch gar nicht zu kaufen gab und ich mir nur zu gern ausgeliehen hätte, wäre da nicht mein verdammter Stolz und die Wut, die ich immer noch auf ihn hatte.
Die eine Hand so fest um seine zierliche Teetasse geklammert, dass ich befürchtete das hübsche Porzellan würde jeden Augenblick unter seinem brutalen Griff zerspringen, streckte er die andere plötzlich nach mir aus. Seine Augen bohren sich wie Dolche in meine, doch ich hielt seinem Blick stand.
Kurz rechnete ich damit, er würde mich wie ein ungehorsames Kaninchen im Nacken packen, doch er zupfte mir nur etwas Stroh aus den Haaren, bevor er meine Hand nahm, unsere Finger miteinander verschlang und sie dann neben seine Teetasse legte, der Diamantring für jeden sichtbar auf dem Tisch.
Diese besitzergreifende kleine Schlange.
Die Kälte seiner Finger ließ mich frösteln.
Ich versuchte ihm meine Hand zu entziehen, woraufhin er sie umso fester hielt, weshalb ich jetzt zähneknirschend auf seine starrte, auf der die Sehnen nun deutlich sichtbar hervortraten. Trotz seines jahrelangen Quidditchtrainings hatte Draco gepflegte Hände und die Erinnerung, wie sie sich in mir angefühlt hatten, insbesondere die zwei silbernen Siegelringe, die der Malfoy Erbe niemals ablegte, entsandte einen Schauer durch mich hindurch.
»Okay das reicht, jeder hat jetzt gesehen, dass wir Händchen halten, Malfoy«, zischte ich zornig, woraufhin Draco meine Hand nur noch fester hielt.
»Es reicht, wenn ich sage, dass es reicht«, entgegnete er kühl und bedachte jeden am Tisch, der es auch nur wagte in meine Richtung zu sehen, mit einem Blick, der vor allem eines besagte: sie gehört zu mir.
Genervt verdrehte ich die Augen.
Rosier, der uns beobachtet hatte und der einer der wenigen Studenten der Hogwarts Akademie war, der sich von Draco nicht einschüchtern ließen, grinste.
»Ihr zwei seid ja herzallerliebst«, bemerkte er und blickte amüsiert zwischen Draco und mir hin und her. »Ich hoffe euer Sex ist genauso leidenschaftlich. Man sagt ja Hass ist das beste Gleitmittel.«
»Stai zitto«, knurrte Theodore ihn warnend an, woraufhin der Franzose sich über den Tisch lehnte und meinem Bruder zärtlich eine honigfarbene Locke aus der Stirn strich. »Portami lì, tesoro«, schnurrte er ihm im perfekten italienisch entgegen. »Das würdest du nicht überleben«, entgegnete Theodore amüsiert, woraufhin Léo zwinkerte. »Hatte schon größere.«
Theodores warmes Lachen erfüllte den Tisch, was ihm die Aufmerksamkeit der Mädchen sicherte, die bei seinem Lächeln seufzend dahinschmolzen.
»Das glaube ich kaum.«
»Worum geht es?«, hakte Daphne neugierig nach und blickte von ihrem Modemagazin auf. »Um den Penis meines Bruders«, erklärte ich meiner Freundin beiläufig, während ich immer noch angestrengt versuchte, Dracos Finger loszuwerden, bevor der Slytherin mich damit noch zu Tode frieren würde.
Schließlich gab ich auf und versuchte meinem drohenden Erfrierungstod mit jeder Menge heißem Tee entgegen zu steuern, woraufhin sich nach wenigen Minuten bereits meine Blase meldete.
Immer unruhiger rutschte ich auf der Bank hin und her, bis Draco ein zu Tode genervtes Knurren ausstieß und mein Knie packte, damit ich endlich still hielt. »Ich muss pinkeln, Malfoy«, zischte ich.
Minze und Dior liebkosten meine Sinne wie ein winterlicher Kuss, als der Slytherin sich zu mir lehnte und mir zärtlich das lange Haar zur Seite strich, was mir eine Gänsehaut am ganzen Körper bescherte.
»Dann solltest du lieb Bitte sagen, Darling.«
Sein rau geflüstertes Darling schoss mir direkt zwischen die Beine und ließ sie mich übereinanderschlagen, um das, was dazwischen so verräterisch kribbelte, irgendwie zu ersticken.
Ich schauderte, als seine Lippen mein Ohr streiften.
So kalt Dracos Finger auch waren, umso wärmer war der Rest seines Körpers und es fiel mir schwer, mich nicht an ihn zu lehnen. Immer noch spürte ich seine Lippen auf meinen und als er sich zurücklehnte, bemerkte ich, dass es von der verzauberten Decke zu unseren Köpfen zarte Eiskristalle rieselte, genau auf die Stelle hinab, an der wir am Slytherin Tisch saßen.
Die Halle summte vor Magie und Gesprächen und doch nahm ich jetzt nichts anderes mehr war, als das beeindruckende Grau-Blau seiner Augen, das mich an einen zugefrorenen See im Winter erinnerte.
Gelangweilt hob Draco eine Braue.
Wieder verdrehte ich die Augen.
»Lass mich bitte aufstehen, Malfoy«, brachte ich schließlich mit angespanntem Unterkiefer hervor und unterdrückte den Drang, den unterkühlten Slytherin mit einem Schlenker meines Zauberstabs in einen Schneemann zu verwandeln, damit sein Äußeres endlich zu seinem Inneren passte.
Die Lippen des Blonden kräuselten sich zu einem spöttischen Lächeln. Unter dem Tisch packte er plötzlich wieder mein Knie und es kostete mich jetzt alle Kraft meiner Selbstbeherrschung, nicht zu stöhnen, als seine eisigen Finger langsam immer höher glitten, wobei seine Fingerspitzen kreisende Bewegungen auf meiner Strumpfhose hinterließen.
Fucking Hell, es machte mich feucht.
»Das kannst du doch besser, nicht wahr, Liv?«, raunte Draco mir provozierend ins Ohr. »Ich kann mich gut daran erinnern, wie süß du gebettelt hast, als du unbedingt meine Finger in deiner—«, doch bevor er den Satz beenden konnte, presste ich dem Slytherin eine Hand auf den Mund, was es in dem winterlichen See seiner Augen gefährlich aufblitzen ließ. »Sei verflucht nochmal still, Malfoy«, warnte ich ihn, woraufhin ich ihn in meine Hand grinsen spürte.
Mein Blick huschte zu Theodore, doch mein Bruder war in ein angeregtes Gespräch mit Pansy vertieft.
Ein leises, dunkles Stöhnen lenkte meine Aufmerksamkeit wieder zu meinem Verlobten und als ich realisierte, dass Draco schneller zu atmen begonnen hatte, ließ ich meine Hand sofort sinken.
Seine Finger waren jetzt ganz warm und etwas in seinem leicht verschleierten Blick verriet mir, dass er angeturnt war, auch wenn er es zu überspielen versuchte, indem er meine Hand so abrupt losließ, als wäre meine Berührung plötzlich Gift für ihn.
Zur Rache hob ich die Hand und zerstörte seine perfekte Frisur, woraufhin ihm seine silberblonden Strähnen unordentlich in die blasse Stirn fielen.
Merlin, jetzt sah dieser Mistkerl nur noch heißer aus.
Ohne ein weiteres Wort zu ihm, stand ich auf und verließ in schnellen Schritten die große Halle, wobei ich darauf achtete, dem Fast-Kopflosen-Nick nicht in die Augen zu sehen, der heute Todestag hatte und unruhig durch die Halle schwebte und jedem, der seinen Blick erwiderte, seine tragische Geschichte aufzuschwatzen versuchte, die jeder von uns schon mindestens an die dreihundertmal gehört hatte.
Ich schloss mich auf der Mädchentoilette ein und warf der maulenden Myrte, die im Schneidersitz auf dem Fußboden in einer Pfütze ihrer eigenen, geisterhaften Tränen kauerte und theatralisch zu plärren anfing, als ich hereinkam, einen warnenden Blick zu, der besagte, dass sie sich schleunigst in ihr eigenes, marodes Klo verziehen sollte. Wütend stampfte sie auf, bevor sie im Abfluss verschwand.
Nachdem ich gepinkelt hatte, wusch ich mir die Hände minutenlang mit eiskaltem Wasser, in der Hoffnung es würde das Feuer zwischen meinen Beinen löschen, das Dracos Finger dort entfacht hatten, nur um es wenige Minuten später heißer als Höllenfeuer aufflammen zu spüren, als ich hinter den Flügeltüren der großen Halle in genau den Slytherin hineinlief, den ich seit heute Morgen angestrengt aus meinen Gedanken fernzuhalten versuchte.
Mattheos warme Hände schossen vor und legten sich um meine Taille, bevor ich das Gleichgewicht verlieren konnte. »Wacklige Knie, mh? Und dabei hab ich nicht einmal meine Zunge in dir«, raunte mir seine dunkle Mitternachtsstimme ins Ohr, während seine Finger über meinen Rücken strichen und meine Clit zum Pochen brachten, die sich nur zu gut an das Gefühl seines zirkulierenden Daumens erinnerte.
Sein Aftershave, vermischt mit der maskulinen, sündhaft teuren Note von Chanel, wurde an diesem Nachmittag von einem Hauch von frisch gewaschener Wäsche begleitet, was, wie ich jetzt feststellte, eine noch quälendere Folter für meine Sinne war, als Dracos Finger zwischen meinen Schenkeln.
So stolz ich auf meine Selbstbeherrschung auch war, himmlisch riechende Jungs waren mein Untergang.
Leicht benommen von unserem Zusammenprall und seinem sinnlichen Duftcocktail, hob ich das Kinn um ihn selbstbewusst anzuschnauzen, dass er besser die Finger von mir nehmen sollte, bevor er keine mehr hatte, doch als meine Augen auf seine Dunklen trafen, vergaß ich alles, was ich hatte sagen wollen.
Inmitten der Halle strahlte Mattheo eine Integrität und Macht aus, die jeden, der an ihm vorbei lief, entweder kurz inne halten und ihn ehrfürchtig anstarrten-, oder bei seinem Anblick die Flucht ergreifen ließ, was sicherlich auch den Schatten zuzuschreiben war, die ihn zu umschwirren schienen, wie die majestätischen Flügel eines Hippogreifs.
Egal, wohin der Erbe Salazar Slytherins auch ging, die Dunkelheit liebte ihn, folgte ihm, beschützte ihn.
Plötzlich hatte ich eine Gänsehaut.
Etwas über uns flackerte, und als ich das Kinn hob, bemerkte ich, dass die schweben Kerzen erloschen waren und sich die verzauberte Decke zu unseren Köpfen in einen Nachthimmel verwandelt hatte.
Sternlos und pechschwarz.
Was hatten diese beiden Slytherin nur an sich, dass selbst die Magie des Schlosses verrückt spielte?
»Du und das Wort Danke scheinen eine wirklich komplizierte Beziehung zueinander zu haben.«
Mein Blick fand seinen.
Bevor mir etwas schlaues einfiel, das ich darauf entgegen konnte, lehnte er sich vor und zupfte mir Stroh aus dem Haar und als er das tat, strich ich ihm ohne nachzudenken eine Locke davon, die ihm in die Augen gefallen war. Mattheo erstarrte und schloss für den Bruchteil einer Sekunde die Augen, als ich ihn berührte, wobei seine langen dunklen Wimpern die zart gebräunte Haut unter seinen Lidern küssten.
Schnell zog ich meine Hand zurück und als er mich wieder ansah, funkelte etwas so Düsteres in seinem
Augen, das mich einen Schritt zurücktreten ließ.
Schwer atmend blickte ich zu ihm auf, geblendet von der Schönheit, die der Sohn Voldemorts besaß, wenngleich sie ihren Ursprung auch in der tiefsten Dunkelheit hatte. Die Uniform der Slytherin sah an ihm aus, als wäre sie nur für ihn geschaffen worden.
Seine silbergrüne Krawatte saß makellos, auch wenn das blütenweiße Hemd ziemlich eng um seinen Bizeps spannte, während das dunkle Tannengrün seines Pullunders die hauchzarten goldenen Sprenkel in seinen Augen perfekt zur Geltung brachte.
Normalerweise schüchterten mich attraktive Männer nicht ein, doch Mattheo hatte etwas an sich, dass meinen Körper in seiner Nähe verrückt spielen ließ.
Und ich verabscheute es. Denn was auch immer es war, dass mich so zu ihm hinzog, es hätte mich gestern beinahe erneut die Kontrolle verlieren und Sex mit ihm haben lassen, wenngleich es diesmal er selbst gewesen war, der es abgeblockt hatte. Und ich würde lügen, würde ich behaupten, es hätte mich nicht verletzt, vom ihm zurückgewiesen zu werden.
Auch wenn ich eigentlich genau wusste, dass es nicht an meiner Figur liegen konnte, da ich neben dem Quidditch Training dreimal die Woche um den schwarzen See joggte und streng darauf achtete, meinen Körper in Form zu halten, nahm ich mir vor, in nächster Zeit erstmal keine Kekse mehr zu essen.
Als hätte ich diesen Gedanken laut ausgesprochen, verfinsterte seine Miene sich plötzlich und einen Augenblick war mir, als wäre er gefährlich kurz davor, mich zu packen und an sich zu ziehen. Doch er rührte sich nicht und auch ich rührte mich nicht, während wir einander einfach nur stumm ansahen.
Die Gespräche in unserer Nähe schienen verstummt zu sein und erst als Lorenzo sich leise räusperte, von dem ich nicht einmal gemerkt hatte, dass er neben ihm stand, schaffte ich es, meinen Blick von Mattheo loszureißen, nur um mir fest auf die Unterlippe zu beißen als ich feststellte, dass uns alle anstarrten.
Inklusive des Slytherin-Tisches, mit der Ausnahme von Draco, der mit vor Zorn bebenden Schultern auf seine Hand starrte, wo sich die Scherben seiner zersprungenen Teetasse in seine Handfläche bohrten und das Blut auf seinen Fingern einen leuchtenden Kontrast zu seiner mondblassen Haut bildete.
Millicent kam mit einem Taschentuch in seine Nähe, wich jedoch zurück, als sie seinem Blick begegnete.
Dieses kleine Miststück.
Als ich wieder zu Mattheo sah, bemerkte ich, dass er meinem Blick zu Draco gefolgt war und nun ein abgrundtief boshaftes Lächeln seine Lippen zierte.
Genervt schob ich mich an ihm vorbei und lief zurück zum Tisch der Slytherin, im vollen Bewusstsein, dass mich sämtliche Mädchen neidisch anstarren und das nicht nur, wegen meinen neuen, todschicken Chanel Boots, die überall ausverkauft waren, oder der Tatsache, dass ich den Diamantring Draco Malfoys an meinem Finger trug, einem der begehrtesten Junggesellen der magischen Gesellschaft Großbritanniens. Sie starrten vor allem, weil ich gerade eben dem gefürchteten Sohn Lord Voldemorts das Haar aus der Stirn gestrichen hatte, ohne seinen Zauberstab an die Kehle gedrückt zu bekommen.
Merlin, wenn sie wüssten.
Meine beste Freundin schien es jedoch auf jeden Fall zu wissen, denn sie packte mein Handgelenk und zog mich neben sich auf die Bank. »Hast du mir was zu sagen, Schatz?«, wisperte mir die dunkelhaarige Schönheit ins Ohr, bevor sie sich zurücklehnte und erwartungsvoll eine ihrer gezupften Brauen hob.
Sie wusste, was auf Slughorns Party zwischen Mattheo und mir gelaufen war, doch ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt ihr zu erzählen, dass es gestern Nacht noch heißer zwischen uns zugegangen war, bevor er mir einen so dunklen Fluch beigebracht hatte, dass ich die restliche Nacht kaum hatte schlafen können, weil meine Fingerspitzen von der Schwarzen Magie so sehr gekribbelt hatten.
Ich konnte es kaum erwarten, ihn nächste Woche in einem Duell einzusetzen, wenn sich der Orden der Schlangen wieder im Skriptorium zusammenfand.
Ich warf Pansy einen kurzen und überaus warnenden Blick zu, der bedeutete, dass ich in Gegenwart meines Bruders und meines mich mit einem mörderischen Blick anstarrenden Verlobten, der auch noch zufällig ihr Ex war, sicher gar nichts sagen würde, woraufhin ihre brombeerfarbenen Lippen sich zu einem Schmollmund verzogen. Wenn Pansy Persephone Parkinson eines nicht besaß, dann war es Geduld.
Schrilles Gekreische gefolgt von dem Geräusch flatternder Flügel kündigte die nachmittäglichen Posteulen an. Mit einem dumpfen Klatschen landete eine eingerollte Ausgabe des Tagespropheten auf dem Tisch. Instinktiv streckte ich die Hand danach aus, hielt jedoch inne und verzog das Gesicht, als mir Potters Gesicht von der Titelseite entgegen grinste.
Blaise malte ihm einen Schnurrbart.
»Liv«, knurrte Draco jetzt und der warnende Ton in seiner Stimme ließ mich ruckartig den Kopf heben.
»Komm her«, verlangte er, woraufhin ich ihm ein kühles Lächeln schenkte, denn ich war kein verfluchter Hund, den er einfach an seine Seite pfeifen konnte. »Später, Liebster«, hauchte ich über den Tisch. »Übrigens hast du da was am Hemd.«
Der Blick, mit dem Draco mich fixierte, während er mit der Spitze seines Zauberstabs ohne hinzusehen das Blut aus seinem Hemd sog, jagte mir einen eisigen Schauer über den Rücken. Doch es war nicht die Verärgerung, die sich in seinen Zügen spiegelte, es war die Dunkelheit in seinen sturmgrauen Augen, die meinen Herzschlag gefährlich zum stolpern brachte, war es doch dieselbe, die mir begegnete, als ich in Mattheos Augen blickte, der sich in diesem Moment neben Enzo auf den Platz gegenüber setzte.
Denn es war nichts als die pure Obsession.
Mattheo starrte mich einen langen Augenblick an, dann schob er sämtliche Schüsseln mit Keksen in meine Richtung. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, nahm ich einen Keks und biss hinein.
Mit glühenden Wangen wandte ich den Blick ab und begegnete dem von Pansy, die mich amüsiert beobachtet hatte. »Später sagst du mir alles«, formten ihre beerenfarbenen Lippen lautlos, bevor sie mit funkelnden Augen an ihrer Teetasse nippte.
»Jaja«, machte ich, bevor ich mich meinem Bruder zuwandte, der ungewöhnlich still geworden war.
»Tutto bene?«, fragte ich zaghaft, als ich seinen grimmigen Gesichtsausdruck bemerkte, während ich inständig hoffte, dass es nichts mit meiner Begegnung mit Mattheo eben zu tun hatte, da es mich nach dem gestrigen Quidditch Training eine Menge Überzeugungsarbeit gekostet hatte, bis er mir geglaubt hatte, dass ich weder mit ihm noch mit Draco geschlafen hatte. Was ja auch stimmte.
Das freundschaftliche Verhältnis, das sich die letzten Wochen zwischen Theodore und Mattheo entwickelt hatte, schien ihm etwas zu bedeuten und auch einen Streit zwischen ihm und seinem besten Freund wollte ich unbedingt vermeiden— auch wenn ich Draco für seine Bemerkung immer noch erwürgen wollte.
»Mh, alles gut«, murmelte er abgelenkt. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und strich ihm liebevoll eine Locke aus der Stirn, doch bevor ich einen näheren Blick auf den Brief in seinen Händen erhaschen konnte, von dem ich festgestellt hatte, dass es das Nott Briefpapier war, faltete er es blitzschnell zusammen und steckte es sich in die Hosentasche.
»Ein Brief von Vater?«
Theodore seufzte leise und nickte dann.
Nervös sah ich ihn an.
»Er will, dass ich heute Abend nach Hause komme«, beantworte er meine unausgesprochene Frage.
»Was, heute?«, hakte ich mit einem unguten Gefühl nach, denn dass Vater uns unter der Woche nach Hause zitierte, statt an den schulfreien Wochenenden, war kein gutes Zeichen. »Aber morgen haben wir Unterricht. Und heute Abend ist die Party, er kann doch nicht verlangen, dass wir—«
»Nicht wir, Livy«, unterbrach Theodore mich und in seine Augen trat ein Ausdruck, der sämtliche Diskussion untersagte. »Er will, dass ich allein komme.« Ich schluckte und schüttelte den Kopf, während ein Gefühl von kalter Angst in meinen Knochen zu erblühen begann. »Aber wieso?« Ich atmete tief ein und aus und merkte, dass ich langsam zu zittern anfing. »Was will er denn von dir?«
Theodore, der meine Angst sofort bemerkte, griff nach meinen Händen und drückte sie. Seine Wärme fühlte sich tröstend an. »Hat er nicht geschrieben. Wahrscheinlich erwartet er, dass ich mich endlich verlobe und möchte Heiratskandidatinnen mit mir durchgehen«, erklärte der Slytherin mir mit sanfter Stimme, doch der Ausdruck in seinen blauen Augen verriet mir, dass er das selbst nicht glaubte.
»Aber die Party—«, begann ich und kämpfte gegen die heißen Tränen, die mich jetzt zu überkommen drohten, hatten die letzten Vier-Augen-Gespräche zwischen Theodore und unserem Vater doch darin geendet, dass mein Bruder entweder seine Faust- oder seinen Cruciatus zu spüren bekommen hatte.
»Ich komme später nach, okay? Non preoccuparti, sorellina.« Theodore hauchte mir einen innigen Kuss auf die Stirn, bevor er sich von der Bank erhob.
Meine Hand zitterte, als ich mir mit dem Ärmel meines dunkelgrünen Kaschmirpullovers verstohlen die Tränen von den Wangen wischte, während ich meinem Bruder nachsah, als er aus der großen Halle verschwand, fest entschlossen, ihn heute Abend ins Nott Manor zu begleiten— wenn auch heimlich.
𓆙
im nächsten kapitel gibt es ein
wiedersehen mit unserem liebsten teufel <3
bitte denkt ans voten, wenn euch
die Geschichte gefällt, danke ♡
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro