•Kapitel 75•
„Mum? Mum!", rief ich durch ihre Wohnung, bevor sie dann auch aus ihrem Zimmer trat und sich die Haare zusammenband.
„Yoongi-Schatz, wir haben noch genug Zeit.", versuchte sie mich zu beruhigen oder auch zu ermahnen, doch mir war es egal. Ich wollte es nur so schnell es geht hinter mich gebracht haben, damit ich einfach wieder abends in Ruhe mit meinen ChimChim kuscheln konnte, um dann glücklich einzuschlafen.
„Mum, du weißt schon wo wir hin müssen, oder?", fragte ich dann skeptisch, weswegen sie kurz tief durchatmete.
„Ja...leider."
Wir verließen die Wohnung, die schloss ab und danach gingen wir zum Auto.
„Willst du fahren?", fragte sie mich und zeigte mir zwinkernd die Autoschlüssel.
Ich aber schüttelte den Kopf und hielt mein lang verschollenes schwarzes Notizbuch wieder hoch. „Nein, danke. Ich wollte noch ein wenig schreiben."
Mum nickte und setzte sich dann mit mir ins Auto, bevor sie den Motor startete.
Sie seufzte noch einmal schwer. „Das wird nie lange Fahrt."
„Mhm.", gab ich zurück und blickt dann von meinem Notizbuch auf, in ihre Augen und grinste. „Nicht umsonst bist du so weit wie möglich weggezogen."
Sie boxte mich gespielt empört in die Schulter, doch konnte dann auch nur noch mit in mein Lachen einstimmen. Dann startete sie den Motor und fuhr los.
Ich schrieb einige Minuten lang, wenigstens eine halbe Stunde, in meinem Buch, als meine Mum dann auf einmal ein Lied im Radio lauter machte und mitsang. Ich schmunzelte, da es eines unserer Lieblingslieder war, weswegen ich auch das Buch zuklappte und sie angrinste.
Beim Rap-Part setzte ich dann ein und konnte kaum noch Luft holen, wobei es nicht nötig war. So etwas konnte ich im Schlaf.
Wir hörten uns ab da noch zwei Stunden Musik an, hielten auch ein oder zwei mal an, um uns die Beine zu vertreten, bevor wir dann einfach nur lächelnd im Auto saßen und über einiges nachdachten. Es war schön, mal wieder etwas mit Mum zu unternehmen, da es die letzten Jahre immer weniger wurde. Und jetzt so neben ihr, kam es mir umso belebter vor. Aber man sah ihr an, trotz dem was wir vor hatten, wo wir hin wollten, dass sie Spaß an der Sache hatte.
„Schatz, was ist das eigentlich zwischen dir und Jimin?", fragte meine Mum nach einer Weile durch die Stille und ließ mich wieder alles vergessen.
Der Gedanke an ihn ließ mich wieder viel breiter lächeln, bis es mich traf wie der Blitz.
„Scheiße!", sagte ich und klatschte mir die Stirn mit meiner Hand ab. So dumm, Yoongi, so dumm.
„Was? Was ist?", fragte Mum wieder besorgt.
„Ich...ich hab es dir echt noch gar nicht erzählt, oder?" Beschämt sah ich auf meine Hände.
Ich merkte wie der Wagen zum Stehen kam und meine Mum ihre Hand auf meine Schulter legte.
„Liebling, ist doch nicht schlimm. Das kann passieren, ist mir doch auch schon passiert.", lachte sie zum Ende leicht, weswegen ich die Augenbraue hochzog und sie wieder ansah.
„Mum, du hast es aber auch mit Absicht getan. Schon vergessen?"
„Das konnte ich nie..." Sie schwelgte kurz noch in Erinnerungen, bevor sie sich dann wieder mir widmete. „Ihr seid zusammen, stimmt's?"
Verlegen grinste ich, doch nickte dann. „Ja, er ist mein fester Freund."
Sofort wurde ihr Gesicht wieder ein einziges Lächeln, die Mundwinkel so weit nach oben gezogen, dass die Augen kaum noch zu sehen waren.
„Omo, Schätzchen! Ich freu mich ja so für dich!", sagte sie aufgeregt und umarmte mich feste. „Wie lange schon? Habt ihr denn schon Sex gehabt? Wie seid ihr zusammen gekommen? Wie gut-", fing sie an mich mit Fragen zu bombardieren, doch ich hielt sie auf.
„Mum, hol erstmal Luft. Das erzähl ich dir alles auf dem Rückweg, immerhin haben wir da wieder drei Stunden vor uns.", beruhigte ich sie. „Jetzt lass uns erstmal das hinter uns bringen, wovor wir uns den ganzen Tag schon fürchten."
Wir beide schüttelten uns kurz vor Ekel und Angst vor dem was vor uns lag, steigen dann aber endlich aus.
Wir gingen auf ein großes, pompöses Haus zu, welches ich noch aus meiner frühen Kindheit kannte und dass mir so gar nicht gefiel.
„Viel zu abgehoben.", murmelte meine Mum mit Augen verdrehen, ging jedoch weiter darauf zu.
Ich grinste und sah sie von der Seite an. „Du schmiedest bestimmt schon einen Plan, wie du ihr nochmal so richtig eins auswischen kannst, stimmt's?"
„Glaub mir, Liebling: diese Frau hat selber ihre Pläne mit mir. Aber ja...", meinte sie und drückte die Klingel, worauf ein lautes DingDong folgte. „Wenn ich meiner Mutter noch eins auswischen kann, werde ich das tun."
Und damit öffnete sich auch schon die Tür zur Hölle. Ein Butler trat heraus, bestimmt mittleren Alters, nur mit viel zu wenig Haar auf seinem Kopf, und sah uns fragend an. Er musterte uns von Kopf bis Fuß, weswegen ich genervt die Arme verschränkte und ihn ebenfalls blöd ansah.
„Sind Sie fertig?", fragte Mum monoton und sah an dem hochnäsigen Kerl vorbei. „Ich denke, ich dürfte eintreten, wenn ich Ihnen sage, dass meine Mutter hier wohnt. Holen Sie sie oder schauen Sie sich Fotos von vor 10 oder 13 Jahren an, um sich zu überzeugen. Ich weiß schon gar nicht mehr wann ich das letzte mal hier war."
Mit gerunzelter Stirn ließ uns der Kerl herein und lotste uns zu einem Wohnzimmer, das noch pompöser aussah als das Haus von draußen. Es war olivgrün und die Möbel weiß, wobei ein Kontrast entstand, den ich eher als ‚alte Leute' oder auch ‚reiche Leute' Stil betrachtete.
„Oh du meine Güte.", kam es vom hinteren Teil der Wohnstube, weswegen wir uns dahin umdrehten. Dort saß sie. Meine Großmutter. Und sie sah so alt aus, wie sich Berge nun mal fühlen müssen.
„Was sucht ihr denn hier?", fragte sie mit gehobener Braue. Anscheinend hatte sie uns genauso wenig vermisst, wie wir sie.
„Hallo, Mutter.", sagte Mum genervt und sah überall hin, nur nicht zu der alten Frau vor uns auf dem Sessel.
„Wie ich sehe, hast du deine Manieren nicht verloren, wenigstens ‚Hallo' kannst du sagen.", meinte meine Großmutter wieder, wobei sie das ‚Hallo' so aussprach, als wäre es das widerwärtigste Wort, das sie je gehört hatte.
„Und du.", sie zeigte auf mich, „Bist du nicht Jin? Wieso kannst du nicht ordentlich ‚Guten Tag' sagen."
Würde ich ja, wenn ich dich mögen würde, dachte ich mir, doch sprach es dann doch nicht laut aus.
„Mutter, das ist Yoongi.", seufzte meine Mum genervt aus.
„Ach ja, der Schandfleck der Familie." Sie musterte mich weiterhin streng und auch angeekelt.
Für mich war es ein Schlag ins Gesicht. Ich wusste genau was sie damit meinte.
„MUTTER!", rief ihre Tochter aus und stellte sich schützend vor mich. „Ich denke, wir sollten mal alleine reden!"
Mum drehte sich zu mir um und nahm mein Gesicht in ihre Hände, damit sie dann ruhig mit mir reden konnte. „Liebling, du hörst auf dir darüber Gedanken zu machen, ja? Diese Frau sollte dir gar nichts sagen! Geh in die Küche und lenk dich mit schreiben ab, aber du darfst dir nichts von ihr zu Herzen nehmen, verstanden?"
Ich nickte. „Ja verstanden."
Danach lief ich zur Küche und setzte mich an die riesige Kücheninsel. Sogar hier passten ganze zehn Betten rein und wofür? Für eine einzige Frau? Aish, die kommt ja noch nicht mal hierher um selber zu kochen!
Apropos...
Ich stand wieder auf und kontrollierte, dass auch die Türen richtig zu waren. Ich konnte Mum mit ihrer Mutter streiten hören und es tat mir leid, dass sie keinen so guten Draht mehr zu der alten Frau hatte, wie ich zu ihr.
Als ich mir sicher war, dass keiner reinkommen würde, sah ich mich um. Gut, ich musste nur ein Bücherregal oder so etwas ähnliches finden. Ich suchte einige Minuten, bis ich die richtige Schranktür offen hatte und hineinblickte. Es waren einige Kochbücher drinnen, doch ich suchte nach einem ganz bestimmten.
Endlich fand ich es und nahm mir das alte, braune Buch heraus, das mit tausend Familienrezepten vollgeschrieben war. Ich lächelte breit, bevor ich es in meiner Jacke versteckte und mich wieder an die Kücheninsel setzte, um weiter in meinem Buch zu schreiben.
Es dauerte nur eine Minute, da kam meine Mum hineingestürmt und zog mich mit heraus, weil sie anscheinend sonst vom Butler rausgeworfen worden wäre.
Schnell setzten wir uns wieder ins Auto und schnallten uns an. Mum sah so wütend aus, dass ich mich kaum traute etwas zu sagen, aber ich wusste, dass sie nicht mit böse war.
„Ich bin nur froh, dass du damals so weit weggezogen bist.", meinte ich schließlich, weswegen sie mich dann ansah und anfing zu lachen.
„Ja, die beste Entscheidung meines Lebens."
Ich stimmte mit ein, bevor sie mit einem Mal ganz erschrocken guckte.
„Oh Schatz! Das Kochbuch!"
„Keine Angst.", zwinkerte ich ihr zu und zog das Buch aus meiner Jacke. „Denkst du, sie wird danach suchen."
Ein fettes Grinsen trat auf dem Gesicht meiner Mutter auf, bevor sie mir durch die Haare wuschelte und den Motor startete.
„Ich denke, dass diese alte Schachtel gar nichts mehr mitbekommen wird."
Und damit fuhren wir wieder drei Stunden nach Hause, wobei natürlich Fragen über Jimin und mich nicht ausbleiben.
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