37 | amorphus
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a m o r p h o u s
oktober 2014
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Harry || Wenn ich mich darauf einlasse, fühle ich mich einen Moment lang, als könnte ich ewig leben. Das Kreischen der Menge ist selbst durch meine Ohrstöpsel zu hören und kurz bin ich versucht, einen von ihnen herauszunehmen, um wahrlich von all dem Adrenalin getroffen zu werden. Als würde Liam meine Gedanken lesen können, wirft er mir einen warnenden Blick zu. Doch ich weiß, dass ein Teil von ihm ebenfalls versucht ist, noch mehr in den Augenblick einzutauchen, denn das hier ist unsere Droge.
Die meisten Leute vermuten, dass es das Geld ist, weswegen wir jeden Abend auf die Bühne gehen. Doch die Bezahlung ist mir egal, denn es ist dieses unglaubliche Gefühl, dieses alles verändernde Pochen deines Herzens, das so viel mehr wert ist. Das ist es, warum ich meinen Job liebe.
Den anderen vieren geht es genauso, zumindest haben drei von ihnen den gleichen verträumten Ausdruck im Gesicht wie ich, während wir uns ein letztes Mal verbeugen. Zayn hingegen sieht aus, als würde er am liebsten direkt von der Bühne stürzen. Es überrascht mich jedoch nicht wirklich, denn es ist in letzter Zeit immer öfter vorgekommen.
„Danke für diese unglaubliche Tour. Ihr seid die Besten", schreit Louis in sein Mikrofon, was ein erneutes Kreischkonzert auslöst.
Eine weitere Verbeugung, ein letztes Mal das Sinken unter die Bühne und dann ist es offiziell vorbei. Die Where We Are Tour hat ihr Ende gefunden.
„That's a wrap!", ruft unser Tourmanager begeistert und scheucht uns dann in Richtung der Duschen, die es bei Weitem nicht in jedem Stadion gibt. Oft wischen wir uns einfach nur behelfsmäßig den Schweiß von der Stirn, während wir in Richtung der Vans hetzen.
Heute jedoch ist alles anders, denn der letzte Abend der Tour ist immer etwas Besonderes. Oder sollte es zumindest sein, doch anscheinend sieht Liam das anders, denn er stößt Louis mit voller Wucht gegen die Wand, sobald wir die Umkleide betreten haben. Der Metallschrank im Rücken meines besten Freundes quietscht lautstark.
„Was ist denn hier los?" Eilig versuche ich die beiden auseinanderzuziehen, habe jedoch nur mäßig Erfolg. Gegen Liam und seine Muskeln habe ich keine Chance, dafür ist er viel zu fitnessbesessen, während ich mich meist lieber noch einmal im Bett umdrehe. Mein bester Freund ist auch keine Hilfe, den Konflikt zu lösen. Louis macht nicht einmal Anstalten, sich zu wehren, sondern sendet bloß hitzige Blicke in Liams Richtung aus.
„Kannst du nicht einmal das tun, was du sollst, Louis?"
Liam haut mit voller Wucht gegen den Metallschrank, der ein Scheppern von sich gibt. Wenn es so weitergeht, überlebt er nicht lange.
„Du gehst mir so auf den Sack mit deiner Kontrollsucht", entgegnet Louis lautstark, einen ganzen Kopf kleiner als Liam, doch mit keinem bisschen Furcht in den Augen. Vielmehr wirkt er, als würde er die Situation beherrschen.
„Wenn du dich nur ein verdammtes Mal an die beschissenen Laufwege halten würdest, müsste ich dich nicht kontrollieren, du Intelligenzbestie!"
Louis schiebt Liam so heftig nach hinten, dass dieser ein paar Schritte rückwärts durch den Raum stolpert. Ohne Zweifel nur möglich, weil der Überraschungseffekt auf seiner Seite war, denn ansonsten hätte er ihn nie überwältigen können.
„Musst du gerade sagen, Liam! Du hängst doch nur noch mit Sophia am Telefon, anstatt dich auf die Band zu konzentrieren."
Liam ballt die Hände zusammen. „Lass gefälligst meine Freundin hier raus. Das hat nichts damit zu tun, dass du dich nicht einmal im Leben an Regeln halten kannst. Nur weil du falsch gelaufen bist, hat Zayn fast ein Feuerwerkskörper getroffen."
Als Louis und Liam drohen, mit den Fäusten aufeinander loszugehen, schiebe ich mich eilig dazwischen. Meine Hände liegen möglichst schlichtend auf ihren Oberkörpern, doch die beiden versuchen dennoch, an mir vorbeizuschlagen, während sie sich weitere Beleidigungen an den Kopf werfen.
„Könntet ihr bitte auch mal was tun?", schreie ich Niall und Zayn an, die mit aufgerissenen Augen herumstehen. „Verdammt, was ist denn heute falsch mit euch allen?"
Ich halte dem Iren zugute, dass er es zumindest versucht. Doch so sehr er sich auch anstrengt, wir bekommen Liam und Louis nur schwer auseinander.
„Vielen Dank für deine Hilfe, Zayn." Ich funkele unser fünftes Bandmitglied an, während er sich in aller Seelenruhe auf eine der Bänke fallen lässt.
Zayn mustert mich mit einer hochgezogenen Augenbraue, weil er genau weiß, wie wahnsinnig mich das macht. „Ihr habt doch alles wunderbar im Griff."
„Das nennst du im Griff haben?", fluche ich und sehe zu Louis und Liam herüber, die immer noch eine Sekunde davon weg sind, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen.
Der Schwarzhaarige zieht sein Handy aus seiner Reisetasche. „Ja, das nenne ich im Griff haben. Nicht, dass du davon noch groß Ahnung hast, so sehr wie du nach Allys Pfeife tanzt."
Für einen Augenblick vergesse ich Louis und Liams Streit, weil in mir selbst ein Knoten Wut explodiert.
„Das nimmst du zurück."
Angespannt mache ich einen Schritt in Zayns Richtung, der kaum von seinem Handy aufsieht. Es lässt meinen Magen umso mehr brodeln.
„Es ist die Wahrheit, Harry", entgegnet er langsam, mit immer noch hochgezogener Augenbraue. „Sieh es doch endlich ein."
Die Bombe in meinem Inneren platzt und meine Hände zittern, während ich sie zu Fäusten balle. Selbst Liam und Louis habe mittlerweile zu streiten aufgehört und sehen unsicher zu uns herüber. Es passiert nicht oft, dass ich die Beherrschung verliere, aber gerade bin ich verdammt nah dran.
„Das ist absoluter Bullshit. Du bist doch nur neidisch, dass ich eine funktionierende Beziehung habe und du nicht", werfe ich ihm zu.
„Ich habe eine funktionierende Beziehung."
Schnaubend schüttele ich den Kopf. „Ach ja? Nennt man das heutzutage so, wenn man seine Verlobte am laufenden Band betrügt? Das ist echt das Letzte, Zayn. Und so langsam habe ich echt keine Lust mehr, dich zu decken."
„Ich –"
„Du brauchst es nicht zu leugnen", unterbreche ich ihn. „Niall hat dich gestern Nacht mit dem Mädchen gesehen, dass du in dein Zimmer geschmuggelt hast."
Wir sehen beide zu dem Iren herüber, der aussieht, als wäre er gerade am liebsten ganz woanders. Seine Beine verschränkt, den Kopf leicht zur Seite gelehnt, starrt er uns beide mit roten Wangen an.
„Vielleicht habe ich da ja auch was falsch verstanden", murmelt Niall leise, doch er ist schon immer ein schlechter Lügner gewesen. Außerdem war absolut nichts falsch zu verstehen, wenn die Hand des Mädchens in Zayns geöffneter Hose verschwunden war, während seine Lippen Knutschflecken auf ihrem Hals hinterlassen haben.
„Ihr könnt mich alle Mal", verkündet Zayn in ruhigem Tonfall, der bei allen anderen schlichtend wirken würde, bei ihm jedoch der Ausdruck tiefster Verachtung ist. „Kümmert euch lieber um eure eigene Scheiße."
Ohne uns vieren noch einen weiteren Blick zuzuwerfen, stolziert Zayn aus der Umkleide und wirft die Tür lautstark hinter sich zu.
„Er hätte duschen müssen. Jetzt stinkt er noch wie ein Schwein, während er zurückkutschiert wird. Wenn Fanny sein Fahrer ist, werden wir uns das morgen anhören dürfen", meint Louis schließlich, als das Schweigen uns zu überwältigen scheint.
Niall scheint das als Stichwort zu nehmen, um wie ein nasser Sack auf die Bänke zu fallen, die Schultern gesenkt und verdächtig glitzernde Augen. Sofort ist Liam neben ihm und legt ihm einen Arm um.
„Heute ist doch unser letzter Abend zusammen. Ich wollte doch einfach nur einen schönen letzten Abend mit allen von euch. Wieso können wir den denn nicht haben?", murmelt Niall verzweifelt, während er sich durch die Haare fährt, die dringend mal wieder neu getönt werden müssten. Mittlerweile ist bereits ein dunkelbrauner Ansatz zu sehen, doch die letzten Tagen sind so mit Interviews vollgepackt gewesen, die wir alle noch auf den letzten Drücker vor unserer kurzen Pause geben mussten, dass einfach keine Zeit dafür geblieben ist.
„Es ist doch unser letzter Konzert gewesen. Ich wollte was mit euch unternehmen, wie immer am letzten Abend", murmelt der Ire immer noch vor sich hin.
Seufzend lasse ich mich neben ihn fallen. „Es ist nicht deine Schuld, Nialler. Du hast als einziger überhaupt keine Schuld und ich hätte dich nicht da rein ziehen sollen."
„Wobei du schon Recht hast. Ich habe es auch verdammt satt, Zayns Eskapaden andauernd zu decken. Das hat Perrie nicht verdient", stößt Louis mit dunklem Blick aus.
Liams Zeigefinger trommelt einen Rhythmus auf die Metallbank. „Es ist seine Beziehung und geht uns nichts an."
„Es geht uns schon was an, wenn wir darein gezogen werden", entgegne ich irritiert, doch als ich Nialls Ausdruck sehe, rudere ich eilig zurück. „Aber ist ja jetzt auch egal. Wir machen uns jetzt einfach einen schönen Bandabend, okay? Es war schließlich unser letztes Konzert und das sollten wir feiern."
„Eigentlich habe ich Sophia versprochen, mit ihr zu skypen. Sie ist in letzter Zeit so gestresst wegen ihres Modeprojekts. Ich wusste nicht, dass wir heute was geplant haben." Liam blickt schuldbewusst in die Runde. „Aber ich kann ihr natürlich absagen."
Ich will gerade sagen, dass das wahrscheinlich das Beste wäre, als Niall den Kopf schüttelt. „Nein, lass mal. Telefonier ruhig mit ihr und bestell ihr schöne Grüße, ja?"
Liam sieht hergerissen zu uns herüber, sodass Louis ihm schließlich die Entscheidung abnimmt und ihn aus dem Raum scheucht.
„Jetzt hat er auch nicht geduscht", murmele ich, was uns Drei verbliebenden zum Lachen bringt.
Als wir uns wieder beruhigt haben, sieht Niall unsicher in die Runde. „Ihr beiden kommt aber mit Party machen, oder?"
„Na klar, Nialler." Louis wuschelt ihm durch die Haare und zieht uns dann von der Bank hoch. „Aber erst müssen wir dringend duschen, sonst laufen die Mädchen vor uns weg."
„Ich habe bereits mein Mädchen", erinnere ich ihn, woraufhin mir mein bester Freund die Zunge herausstreckt.
„Du bist so verliebt, dass es manchmal echt ätzend ist, Haz."
Lachend gehen wir in den Duschraum, wo wir uns waschen und dann anziehen. Kurz fühle ich mich zu Schulzeiten zurückversetzt, denn wir haben eindeutig viel zu viel Spaß dabei, dem anderen die Kleidung zu klauen oder das Handtuch ins Wasser zu werfen.
Als wir eine Stunde später endlich in den Aufenthaltsbereich zurückgehen, wirft Paul uns einen fragenden Blick zu, den wir unkommentiert lassen. Er hat schon vor langem gelernt, uns nicht zu hetzen und einfach machen zu lassen. Wahrscheinlich ist das der einzige Grund, warum er noch keinem Herzinfarkt unterlegen ist.
„Können wir los?" Der Schrank von einem Mann nimmt einen letzten Schluck Tee, stellt die Tasse dann ab und ist schon halb aus der Tür, bevor wir geantwortet haben.
Wir folgen ihm durch die Betongänge in Richtung des Vans, der uns aus der Arena bringt. Während der Fahrt brauchen wir eine halbe Ewigkeit, bis wir endlich voran kommen, weil aufgrund des Konzerts immer noch dichter Verkehr herrscht, doch es ist nicht ganz so schlimm, weil wir uns angeregt unterhalten. Louis bringt einen Witz nach dem anderen zum Besten, während Niall über jeden Satz von uns lacht, egal ob er überhaupt das Potenzial zum witzig sein hat.
„Nicht ins Hotel. Wir gehen noch weg", kommentiert Louis schließlich viel zu spät, denn wir befinden uns bereits in der Einfahrt des fünf Sterne Bunkers, der uns in der letzten Nacht beherbergt hat.
Paul seufzt hörbar, wendet aber dann den Wagen und fährt uns durch die Straßen Miamis, bis wir bei dem Club ankommen, den wir letztes Jahr bereits besucht haben. Er ist auch heute gut gefüllt, bietet aber genügend Privatsphäre und hat eine Einlasskontrolle. Außerdem ist er ein wenig abseits des typischen Rummels, weswegen wir nicht ganz so leicht erkannt werden.
Paul bezieht seine Stellung ein paar Tische weiter, während Niall, Louis und ich es uns an der Bararea bequem machen.
„Also, Jungs. Was wollt ihr haben?" Der Ire strahlt, während er unsere Bestellungen entgegen nimmt und schiebt sich dann ein paar Meter nach rechts, um dem Barkeeper unsere Bestellung zu übermitteln.
„Ich glaube, Nialler ist einsam", meint Louis nachdenklich in meine Richtung, wobei er den Satz zweimal wiederholen muss, weil ich ihn über die laute Partymusik kaum verstehen kann.
„Wir sind in letzter Zeit nicht oft gemeinsam weggewesen", gebe ich zu. Dabei fühle ich mich ein wenig schuldbewusst, denn vielleicht hat Zayn doch Recht und ich habe meine Band schleifen lassen, weil ich mich zu sehr auf Ally konzentriere. Wir haben in letzter Zeit kaum noch zu fünft etwas unternommen und haben wahrscheinlich alle Schuld daran.
„Das stimmt, aber das meinte ich gar nicht."
Stirnrunzelnd sehe ich zu Louis herüber. „Was wolltest du dann sagen?"
„Niall braucht dringend eine Freundin", entgegnet mein bester Freund und starrt vollkommen offensichtlich zu dem Iren herüber, der gerade auf unsere Getränke wartet. „Mich wundert es, dass seine linke Hand noch keinen Krampf hat."
Ich lache. „Meinst du echt, dass er es sich so oft selbst macht?"
„Es gibt Dinge, die ich lieber gar nicht wissen will", kommentiert Louis mit Grabesstimme.
Zustimmend nicke ich und mustere Niall dann nachdenklich, während er ein Tablett mit Getränken in unsere Richtung balanciert. „Glaubst du echt, dass er eine Freundin braucht?"
„Es würde zumindest nicht schaden. Er hätte mal ein wenig Glück mit der Liebe verdient. Das was Ellie mit ihm abgezogen hat, war einfach unter aller Sau."
„Es ist nicht bloß ihre Schuld, es hingen alle drei mit drin", verteidige ich die Sängerin. „Außerdem hatten sie nichts Exklusives."
Louis presst die Lippen aufeinander. „Ändert nichts daran, dass sie Niall das Herz gebrochen hat."
„Ich weiß. Also sollen wir ihm eine Freundin verschaffen?"
Bevor mein bester Freund antworten kann, stößt Niall mit bester Laune wieder zu uns und verteilt die Gläser, alle drei voller Alkohol. Bevor wir uns allerdings da drauf stürzen, kippen wir zunächst die Shots, die er ebenfalls mitgebracht hat.
„Auf einen guten Tourabschluss", gibt Louis den Trinkspruch und wir prosten uns zu, bevor wir den Alkohol durch unsere Rachen laufen lassen.
„Habt ihr irgendwelche Pläne für die Pause?" Fragend sieht Niall uns an, während wir bereits unser drittes Glas vor uns stehen haben. Doch noch merke ich den Einfluss des Alkohols nicht, er lässt bloß alles einfacher erscheinen.
Bisher haben wir wirklich viel Spaß, haben bereits einmal die Tanzfläche unsicher gemacht und uns mit der Junggesellengruppe neben uns unterhalten. Der zukünftige Bräutigam ist ein super Kerl und gibt uns immer wieder einen aus. Ansonsten unterhalte ich mich mit meinen Bandmitgliedern über alles Mögliche und mir wird erst heute Abend bewusst, wie sehr ich das in den vergangenen Monaten vermisst habe. Wir sind alle erwachsen geworden, aber das sollte dennoch nicht unsere Freundschaft bröckeln lassen. Diese Stunden tun uns wirklich gut, auch wenn ich die Streitigkeiten immer noch im Hinterkopf habe.
„Ich entführe El in die Karibik", erzählt Louis. „Da gibt es dieses super Hotel, das deine Identität geheim hält und es wird kaum jemand da sein, der uns an die Presse verraten wird."
„Könnte am Preis liegen", werfe ich grinsend ein, denn als mein bester Freund mir die Kosten für diesen Urlaub verraten hat, bin selbst ich beinahe rückwärts vom Stuhl gefallen.
Louis nippt achselzuckend an seinem Bier. „Ich werde schon nicht pleitegehen."
Damit hat er Recht, denn wir haben dieses Jahr erneut mehr verdient, als ich jemals für möglich gehalten habe. Deswegen habe ich mir vorgenommen, meiner Familie und meinen Freunden dieses Jahr zu Weihnachten einige Geschenke zu geben, um ihnen zu zeigen, wie wichtig sie mir sind. Ich verdanke ihnen so viel und es tut gut, dass ich endlich in der Lage bin, ihnen etwas zurückzugeben.
„Und du, Haz? Wohin verschlägt es dich? Fährst du mit Ally weg?", fragt Niall mich, nachdem wir eine weitere Runde geordert haben.
„Nein, wir haben darüber nachgedacht, aber sie hat Uni", entgegne ich. „Ich habe ihr versprochen, dass wir uns stattdessen ein paar schöne Wochen in London machen und darauf freue ich mich schon."
„Was habt ihr geplant?"
„Noch nichts Bestimmtes. Wahrscheinlich werden wir meine Mum und ihre Familie für ein Wochenende besuchen." Grinsend nippe ich an meinem Bier. „Und ich werde garantiert nicht darum herumkommen, mit ihr Weihnachtsgeschenke einkaufen zu gehen. Im November, weil sie ansonsten Panik hat, dass alles schon ausverkauft ist, bevor sie dazu kommt."
Damit habe ich Ally letztes Jahr bereits aufgezogen, aber irgendwie liebe ich sie dafür umso mehr. Es sind diese Kleinigkeiten, die sie so besonders machen.
„Und du, Niall? Wo geht es für dich hin?"
Ein glückliches Lächeln legt sich auf die Lippen des Blonden. „Ich fliege zurück nach Irland. Das wird endlich mal wieder Zeit, denn ich habe die ganzen Verrückten schon viel zu lange nicht mehr gesehen."
„Worauf freust du dich am meisten?", erkundige ich mich ehrlich interessiert.
„Auf Theo", entgegnet Niall mit strahlenden Augen. „Er ist so groß geworden und ich habe ihm versprochen, dass wir Zelten fahren."
Lachend verschluckt Louis sich an seinem Bier. „Pass nur auf, dass ihr nicht von Bären gefressen werdet."
„In Irland gibt es keine Bären", meint der Ire, jedoch nicht ganz überzeugt. „Glaube ich jedenfalls."
Eilig schiebe ich ihm ein weiteres Bier herüber.
„Garantiert gibt es dort keine Bären", versichere ich ihm, auch wenn ich selbst keine Ahnung habe. „Versprochen, Nialler."
„Wir könnten es googlen", schlägt Louis grinsend hervor und zieht sein Handy aus der Tasche, woraufhin Niall und ich ihm einen genervten Blick zu werfen.
„Keine Handys heute Abend", erinnern wir ihn zeitgleich.
Dann prosten wir uns zu und ich lasse einen weiteren Schluck Bier durch meinen Rachen laufen. Der Alkohol wärmt wunderbar.
Wir begeben uns erneut auf die Tanzfläche, wobei man unser Herumzappeln wirklich nicht als begabt einstufen kann. Liam ist der einzige von uns Jungs, der wirklich Talent hat. Spaß macht es trotzdem und ich lächele, während wir durch den Club wirbeln, bis wir alle drei nach Atem schnappen.
„Ich sollte so langsam mal gehen, Jungs. Ich habe El versprochen, dass wir noch telefonieren und sie wartet sicherlich schon auf meinen Anruf", entschuldigt sich Louis schließlich von uns.
Niall sieht mich fragend an. „Willst du auch noch mit Ally telefonieren? Dann können wir auch ruhig gehen."
„Das kann warten", winke ich ab und ziehe ihn dann wieder zur Bararea herüber, nachdem wir Louis verabschiedet haben. Paul hat uns mahnend angesehen, dass wir uns ein paar Minuten benehmen sollten, während er meinen besten Freund in ein Taxi verfrachten würde und wir haben ihm eilig versichert, dass wir das schon hinbekommen.
„Ist alles gut bei Ally und dir?", fragt Niall mich schließlich unsicher.
Statt zwei Bieren haben wir dieses Mal einen Gin Tonic vor uns stehen, bei dem ich beim ersten Schluck das Gesicht verziehe. Der zweite funktioniert eindeutig besser.
„Sicherlich", versichere ich ihm hastig. „Wie kommst du darauf?"
„Ich weiß nicht, nur so ein Gefühl."
Meine Finger fahren durch meine Locken, die durch das Tanzen in alle Richtungen abstehen. „Mit Al und mir ist wirklich alles gut."
Niall jedoch beweist in Momenten wie diesen, dass er ein durchaus guter Menschenkenner ist. Hinter der vorlauten Fassade befindet sich wirklich ein einfühlsamer Mensch, wenn er Lust darauf hat. Zu meinem Leidwesen entschließt er sich gerade in diesem Moment dazu. „Das kaufe ich dir nicht ganz ab, Haz. Ich erkenne, wenn du lügst. Was ist los?"
Ich nippe an meinem Glas, um nicht antworten zu müssen. Doch Niall mustert mich mit voller Aufmerksamkeit, sodass ich schließlich seufzend das Getränk auf dem Tisch vor uns abstelle.
„Ich will ein Haus in Los Angeles kaufen. Ally und ich haben jetzt schon so oft darüber geredet und ich habe eingelenkt es nicht zu tun. Aber jetzt habe ich doch ein Objekt im Auge und muss bis nächste Woche den Kaufvertrag unterschrieben haben."
„Dann rede mit Ally darüber", meint Niall aufmunternd.
Ich sinke auf meinem Sessel zusammen. „Das wird nur wieder in Streit enden."
„Also kaufst du das Haus nicht?"
Mit ungutem Gefühl denke ich an das Dokument, dass ganz tief in meinem Koffer vergraben liegt. Mit schwarzer Tinte auf weißem Papier, ausgedruckt in dem Businesscenter des Hotels, in dem wir vor drei Tagen geschlafen haben. Es juckt mir in den Fingern, einfach zu unterschreiben, denn es ist ein wahnsinnig gutes Angebot. Einzig Ally hält mich davon ab. Und ein wenig die Tatsache, dass ich alles andere als begabt darin bin, Entscheidungen zu treffen. Ich schiebe sie am liebsten vor mir her, doch dieses Problem kann ich nicht viel länger ignorieren, denn wenn in sechs Tagen nicht das Dokument samt meiner Unterschrift bei dem Makler eingeht, wandert es weiter an den nächsten Interessenten.
„Ich weiß es noch nicht", gebe ich zu. „Alles, was ich weiß, ist, dass ich momentan einfach nicht die Energie habe, um mich mit Al zu streiten. Wir sehen uns so selten, dass ich die Zeit, die wir dann gemeinsam in London haben, nicht damit verschwenden will."
Anstatt etwas zu erwidern und mir seine Meinung aufzudrängen, wie Louis es gerne tut, schenkt mir Niall einfach nur ein aufmunterndes Lächeln und prostet mir zu, wofür ich ihm wirklich dankbar bin.
„Halt mich auf dem Laufenden, okay?"
„Werde ich", versichere ich ihm und kippe dann den letzten Schluck meines Gin Tonics herunter, bevor ich Niall bestimmt mustere. „Jetzt suchen wir dir allerdings erst einmal eine Freundin."
„So einfach ist das nicht", murmelt Niall so leise in sein Glas, dass ich ihn kaum verstehen kann. Außerdem ist sein irischer Akzent mittlerweile viel ausgeprägter als im nüchternen Zustand, womit wir ihn normalerweise aufziehen, doch heute verzichte ich darauf.
Aufmunternd lege ich meine Hand auf seine Schulter. „Du musst es einfach mal probieren, Nialler."
„Ich werde hier in diesem Club wohl kaum die Liebe meines Lebens finden", entgegnet er.
„Versuch es wenigstens."
Mit roten Wangen weicht er meinem Blick aus. „Ich traue mich einfach nicht."
„Komm schon, ich spiele deinen Wingman", grinse ich. „Und wenn es nicht die Liebe deines Lebens wird, dann zumindest ein One Night Stand. Das ist auch gut, denn Louis macht sich mittlerweile Sorgen um deine linke Hand."
„Meiner linken Hand geht es Bestens. Das kannst du ihm versichern", entgegnet Niall stoisch.
Lachend ziehe ich ihm ihn vom Stuhl und manövriere ihn Richtung von zwei Mädchen, die es sich auf Barhockern gemütlich gemacht haben. Ich habe sie bereits eine Weile beobachtet und sie lachen viel. Was allerdings noch viel besser ist, ist der Fakt, dass sie entweder nicht wissen, wer Niall und ich sind, oder sich einfach nicht darum kümmern. Sie haben uns vorhin ein Lächeln geschenkt, nicht das der Ire das mitbekommen hätte, aber ansonsten haben sie uns in Ruhe gelassen.
„Hey. Dürfen wir euch einen ausgeben?", frage ich die Blondine mit einem Lächeln, das glücklicherweise meistens zieht.
„Sicherlich", entgegnet sie und nickt zu den beiden Barstühlen neben sich. Ich schiebe Niall so unauffällig wie möglich direkt auf den Stuhl neben dem Mädchen und stupse ihn an, damit er etwas sagt.
Mit roten Wangen räuspert er sich. „Was wollt ihr denn trinken?"
Die beiden Mädchen, Cynthia und Foxy, sind wirklich nett. Niall braucht eine Weile, um aufzutauen, dann jedoch wird er lockerer und ist schließlich ganz er selbst, wie ich erleichtert feststelle. Während Cynthia anfängt mit ihm zu flirten, sieht Foxy mich entschuldigend an und sagt mir, dass ich wirklich nett sei, sie aber einen Freund habe und nur hier sei, um ihre Freundin mal unter Leute zu bringen. Lachend versichere ich ihr, dass ich ebenfalls vergeben bin und auch keine Hintergedanken hätte. Danach wird sie ebenfalls offener und wir unterhalten uns über alles Mögliche, bevor wir irgendwann möglichst unauffällig verschwinden, um Niall und Cynthia alleine zu lassen.
„Du bist sicher, dass ich das Taxi nicht zahlen soll?", versichere ich mich Foxy, als wir uns schließlich vor dem Club verabschieden. Ich gebe mir Mühe, dass mein Gesicht nicht erkannt wird, doch noch sind keine Handys in meine Richtung gezückt. Dennoch werde ich Ally von der Begegnung erzählen, denn ich will nicht, dass sie irgendetwas außer der absoluten Wahrheit über diesen Abend erfährt.
„Alles gut, Harry. Danke für den netten Abend."
Ich schenke ihr ein Lächeln. „Danke ebenfalls. Komm gut nach Hause."
Die Tür schlägt hinter ihr zu und ich sehe dem Wagen kurz hinterher, bevor ich ebenfalls in ein Taxi steige. Paul nickt mir zu, nachdem er sich versichert hat, dass alles in Ordnung ist und verschwindet dann wieder ins Innere des Clubs, um ein Auge auf Niall und die Umgebung zu haben.
„Wo soll es denn hingehen?" Der Taxifahrer, der den größten Schnurbart trägt, den ich je im Leben gesehen habe, dreht sich zu mir um.
Ich gebe ihm die Adresse des Hotels durch und schweige dann, während wir durch die Nacht Miamis fahren. Es dauert nicht lange, bis ich schließlich mein Hotelzimmer betrete und in mein Bett falle.
Nachdenklich sehe ich auf mein Handydisplay, nicht ganz sicher, wonach ich eigentlich suche. Ally hat mir geschrieben und kurz überlege ich, ob ich sie zurückrufen sollte. Dann jedoch lege ich das Gerät seufzend auf meinem Nachtisch ab, nachdem ich ihr per Nachricht einen schönen Tag gewünscht habe und schließe die Augen.
Gerade habe ich keine Energie, um schon wieder mit Ally zu streiten. Oder nicht zu streiten, während wir beide auf die nächste Explosion warten, denn das machen wir in letzter Zeit zu gerne.
Also versuche ich einfach in die Welt des Schlafes zu versinken, doch als ich es dann letztendlich schaffe, sind meine Träume voller Schreie.
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Ihr Lieben,
Das Drama kommt so langsam - so viele Kapitel sind es nicht mehr ;)
Habt ihr bereits Harrys neues Album gehört? Welche Lieder mögt ihr am meisten?
Mein Lieblingssong ist definitiv Falling, gefolgt von Golden und Canyon Moon.
Bis zum nächsten Mal.
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