Provokation
„Kaum zu glauben, dass Snape dich nachsitzen lässt. Aber das sieht ihm ähnlich."
Harry und June schlenderten den Korridor entlang. Es war der nächste Tag. Nach dem gemeinsamen Verwandlungsunterricht hatten sich ihre Wege gekreuzt. Sie waren auf dem Weg zum Innenhof. Dabei unterhielten sie sich. Gestern Abend war Harry mit Hagrid unterwegs gewesen. Das hatte er ihr erzählt. Charlie Weasley hatte aus Rumänien Drachen nach Hogwarts exportiert. Sie hatten wohl etwas mit der ersten Aufgabe zutun. So vermutete Harry. Jetzt wollte er Cedric davon Bericht erstatten. Morgen war es nämlich soweit. Die Nervosität stieg auch bei June:
„Ich wäre so gern dabei gewesen. Du musst mir unbedingt erzählen, wie es gelaufen ist. Ich werde an dich denken. Beim Kessel schrubben."
Sie grinste ihren Hausgenossen an. Dann wurde sie aber wieder gedanklich sentimentaler:
„Ich wollte schon immer mal einen echten Drachen aus der Nähe sehen. Glaubst du, Hagrid würde mich mitnehmen, wenn ich ihn ganz lieb frage."
„Ich glaube nicht, er ist beschäftigt.", flüsterte Harry geheimnisvoll.
June war ganz Ohr. Das klang verräterisch. Wie er das betonte. Mit verschmitzten Lippen kam sie ihm näher:
„Oh was heißt denn das? Erzählst du es mir?"
Ihre Stimme klang verschwörerisch. Sie sah das verräterische Schmunzeln auf Harrys Gesicht:
„Er turtelt mit der Schulleiterin von Beauxbatons herum. Er hat sich sogar gestern den Bart gekämmt."
Ha!
„Oh, das sind ja wundervolle Nachrichten.", schwärmte June.
Sie mochte Hagrid. Er und Maxime, das passte doch wie die die Faust aufs Auge. Maxime war eine sehr große Frau. Und Hagrid war so ein lieber Mensch. Er hätte es verdient. Harry teilte ihre Begeisterung offensichtlich nicht.
„Das war ein Scherz, oder?", brachte er unverständlich heraus.
„Nein, wieso?"
June schaute ihn verständnislos an.
„Lass uns das Thema wechseln.", sagte Harry nur darauf.
„Wie ist die Situation mit Ron und Hermine?", kam die nächste Frage aus ihr herausgeschossen.
Fehler! June war von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten.Die Miene des Jungen wurde finster:
„Ron ist ein mieser Verräter.", zischte er angesäuert.
Nein. Sie hatten eindeutig immer noch Stress. Und June dachte immer, dass Mädchen schlimmer seien. Ihnen wird doch immer nachgesagt, sogar jahrelang konsequent einander zu ignorieren. Aber Ausnahmen bestätigen ja bekanntlich die Regel.
June hatte auch noch nie einen solchen Streit gehabt.
Nun gut, vielleicht könnte man den Streit mit Harry im dritten Jahr dazu zählen, den sie hatte, als sie Snape gezwungener Maßen von dem Vielsafttrank erzählt hatte.
Aber sie hatte mittlerweile dazu gelernt und verstanden, was ihr Fehler gewesen war. Und sie hatte sich dafür bei Harry entschuldigt. Ob Ron seinen Fehler auch bald einsehen würde?
Sie hoffte es inständig. Harry war unerträglich, wenn er sauer auf jemanden war.
Aber es war schon schwer für ihn genug. Deswegen behielt June diese Feststellung für sich.
Das widerliche kam erst später.
Auf dem Innenhof hatten sich die Schüler für die Pause niedergelassen. Alle raunten und flüsterten, als sie Harry sahen.
Auf dem Gang wurden sie von zwei Schülern angerempelt:
„Schummelpotter."
„Bah, hier stinkt's nach Potter!"
„Na, Potter?"
„Potter ist ein Betrüger!"
„Cedric ist unser Mann."
„Wir lieben Cedric!"
Harrys Gesicht strahlte Entsetzen aus.
„Schönen Dank.", knurrte er.
„Ignorier die einfach, das ist einfach kindisch.", raunte June ihm zu.
Sie entdeckte Maya, Blair und Georgina am Ende des Korridors.
„Ich würde dann mal.."
„Ja, geh schon, ich habe sowieso noch was zu erledigen", fuhr ihr Harry ins Wort.
Sie sah ihn kurz an, lief dann aber schnurstracks zu ihren Freunden.
„Hallo allerseits.", grinste sie fröhlich.
Maya und Blair schenkten ihr ein Lächeln. Sie hatte sie wohl gerade bei einem Gespräch gestört. June fiel etwas rundes an Georginas Umhang auf.
„Was hast du da?", fragte sie Mayas Schwester.
Sie grinste:
„Mein neuer Anhänger, ist der nicht süß?"
Stolz hielt sie ihn June unter die Nase.
POTTER STINKT stand dort in Großdruckbuchstaben drauf.
June war entsetzt:
„Spinnt ihr jetzt völlig?"
„Ich habe ihr auch schon gesagt, dass sie den abnehmen soll.", grummelte Maya.
„Hey jetzt seid doch mal nicht solche Spaßbremsen.", spottete Georgina.
Aber sie stieß auf ausdruckslose Gesichter. June, Maya und Blair fanden sowas gar nicht lustig.
„Wie würdest du dich fühlen, wenn man so einen Anstecker über dich in der Schule verteilen würde, Georgie?", fragte Maya ihre große Schwester.
„Wieso sollte jemand? Ich betrüge nicht bei einem Turnier. Ich bin 17. Im Gegensatz zu dem zwölfjährigen Potter."
„Er ist 14.", knurrte June. „Und er hat seinen Namen nicht in den Kelch geworfen."
Georgina sah sie abwertend an.
„Hier halt mal."
Sie drückte Blair ihre Tasche in die Hand. Dann kam sie June ganz nahe ans Gesicht:
„Was ist eigentlich dein Problem?"
„Geogie.", ermahnte sie Maya.
„Misch dich da nicht ein.", zischte sie nur.
„Du willst wissen, was mein Problem ist? Das da, das ist mein Problem!"
Sie riss wortlos Georgina den Stecker von der Robe. Es hinterließ einen riesigen Riss im Stoff. Entsetzt sah Georgina an sich herunter. Mit offenem Mund starrte sie die Schülerin an. June war selbst überrascht. Sie wollte ihr kein Loch in die Robe reißen. Das war nicht ihr Plan gewesen. Das war ein Missgeschick gewesen. Es tat ihr leid.
„Warte, ich reparier das wieder-„
„Verzieh dich.", wurde sie von Georgina angeschrien.
Maya und Blair standen dort mit offenen Mündern. June fuhr zusammen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie versuchte, Georgina zu besänftigen:
„Bitte, Georgina, ich..."
„Halt den Mund, du wertloses Halbblut!"
Sie schubste June gegen die Mauer. Maya hielt ihre Schwester fest. June war aber schneller. Sie zog ihren Zauberstab und hielt ihn Georgina unter das Kinn. So nicht:
„Beleidige mich noch einmal, und du wünschtest dir, du wärest nie geboren worden."
Georgina hatte wohl mit der Situation nicht gerechnet. Wütend sah sie June in die Augen.
„Das wird dir noch leid tuen.", fauchte sie.
Dann riss sie Blair ihre Tasche aus der Hand und verschwand. Maya und Blair blieben bei ihrer Freundin.
„Seit wann lässt du dich von anderen so provozieren?", fragte Maya völlig verblüfft.
June realisierte erst jetzt, was sie getan hatte. Sie hatte gerade eine Schülerin bedroht. Irgendwie war es so über sie gekommen. Normalerweise hatte sie sich im Griff, wenn sie wütend war. Noch nie wurde sie so arg von einem Schüler beleidigt. Nicht einmal Malfoy hatte sie jemals so beschimpft.
Sie sah mit Entsetzen den Zauberstab in ihren Händen an. Und dann den Stecker in ihrer Hand.
June umgriff ihn fest mit der Faust, holte aus und warf den Stecker in die Blätter eines Baumes. Die anderen Schüler hatten ihre Auseinandersetzung mitbekommen. Sie starrten June an.
Das ertrug sie nicht. Wortlos verließ sie Blair und Maya und ging den Weg zurück, den sie gekommen war. Ihre beiden Freunde folgten ihr nicht.
Stattdessen blafften sie die anderen Schüler an, als hätten sie gerade den blutigen Baron gesehen.
„Was?", giftete sie eine Hufflepuff Schülerin an.
Sie war so mächtig wütend. Und es tat gut, ihrer Wut auch mal freien Lauf zu lassen. Das, was hier lief, war einfach nur zum kotzen!
Wie konnte man allesamt auf einen einzigen Schüler losgehen?
Es fiel ihr auf. Jeder dieser Schüler hatte diesen Anstecker an der Robe. June dachte, sie wäre im falschen Film. Das Professor Dumbledore so etwas duldete...
Sie ging hoch in ihren Schlafsaal und pfefferte ihre Tasche auf ihr Bett. Dann schmiss sie sich auf die Matratze.
June fühlte sich so, als würde ein Sturm in ihr wüten und alles durcheinander wirbeln. Sie hatte solche schlechte Laune. Hatte sie überreagiert?
War es überhaupt ihr Recht, sich da einzumischen?
Sie wischte sich mit der Handfläche über das Gesicht.
Was bildete diese Georgina sich eigentlich ein?
Sie war doch eine Ravenclaw, genau wie Maya. Sie hätte von ihr ein wenig Vernunft und Einsicht erwartet. Da war ihre kleine Schwester erwachsener, als sie.
Wertlos....Halbblut....
June wusste, was das bedeutete.
Malfoy redete so. Aber in so einer politisch orientierten Familie, wie bei den Walshs, hätte sie das nie für möglich gehalten.
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