Grimmauld Platz Nr. 12
Neben dem Hauptquartier war die Einöde von Spinner's End ein Kinderspielplatz. Dieses Haus war das schlimmste Gebäude, welches June je gesehen hatte.
Schon beim Eintreten wurde es ungemütlich, als die Portraits an den Wänden den Neuankömmlingen abschätzende und misstrauische Blicke zuwarfen. June mochte es nicht, von anderen so beglotzt zu werden. Und noch viel weniger gefiel es ihr, wenn dies Menschen taten, die sie überhaupt nicht kannte. Sie war kein außergewöhnliches Zootier. Sie war ein Mädchen wie jedes andere.
Von oben ertönte eine krächzende Frauenstimme:
„Verräter!!!! alles Blutsverräter!!!!! Schlammblüter in meinem Haus!!!!! Dieses unwürdige Pack hat hier nichts in dem Haus meiner Väter zu suchen. Raus!!!!!!!"
June erschrak fürchterlich, als sie die Stimme vernahm und wich zurück, wobei sie gegen Dumbledore stieß. Den Professor brachte dies nicht aus der Ruhe. Er schob June behutsam nach vorne in die Eingangshalle.
„Kimberley Moreno, Mutter von Schlammblütern!!!!!! Blutsverräterin, Abschaum!!!!"
Die Quelle der Stimme kam von einem Portrait, welches eine alte und gehässig aussehende Hexe zeigte. June rümpfte die Nase.
„Beachte sie nicht weiter, dass ist nur Walburga Black, Sirius Mutter. Die war schon immer so.", zwinkerte ihre Mutter und ging zügig durch den Flur hindurch.
Sie schien es nicht im geringsten zu kümmern, dass diese Frau sie in hohen Tönen beleidigte. Sie nahm es einfach so hin. June war immer wieder vollkommen irritiert von dem Verhalten ihrer Mutter. Würde man so über sie reden, wäre sie schon längt gekommen und hätte denjenigen ein Kopf kürzer gemacht. Es war zwar nur ein Porträt. Doch trotzdem konnte man ein solches Verhalten doch nicht tolerieren.
Aber Moment.... Hatte Kimberley den Namen Sirius gesagt? Diese Frau war die Mutter von Sirius Black? War dies dann das Haus von Sirius?
Das konnte unmöglich war sein. Dieses Haus, welches unter dem Fidelio-Zauber lag, war ziemlich düster und heruntergekommen. Es sah aus, als hätte es jahrelang niemand mehr bewohnt. Aber wenn dem so war, könnte es sein, dass keiner auf die Idee kommen würde, den Flüchtling hier zu suchen. Wer würde sich freiwillig hier reinbegeben? Wer würde diesen Ort hier überhaupt finden? Dumbledore meinte, nur die Eingeweihten des Geheimniswahrers würden dieses Haus finden und betreten können. Für Muggel war es komplett unmöglich, nur einen Fuß hier hinein zu setzen. Doch wie schon erwähnt: bei so einer Begrüßung würde es wohl kaum einer freiwillig wagen wollen.
An der Tür stand ein abgehacktes Trollbein, welches nun als Ständer für Junes Regenschirm diente. Und an der Treppe, an der sie vorbei gingen, waren die schrumpligen Köpfe von Hauselfen. Es war nicht so, dass June das Haus nicht mochte. Sie hasste es abgrundtief. Innerlich spürte sie die größte Abneigung.
„Hier soll ich wirklich wohnen?", fragte sie ihren Schulleiter und konnte ihren missbilligen Unterton nicht gut verbergen.
„In der Tat.", meinte Dumbledore nur in seinem großväterlichen Ton.
„Das ist doch wohl ein Scherz.", entkam es ihr. „Wie soll ich in so einem Haus jemals ein Auge zu bekommen."
„Es ist nur vorübergehend, bis das neue Jahr in Hogwarts beginnt.", meinte Dumbledore. „Du wirst nicht alleine sein. Miss Granger und die Weasleys sind auch schon hier."
„Ron und Hermine sind hier?"
June war erleichtert. Das war eine sehr gute Nachricht. So würde es nicht einsam werden. Vielleicht hatten Ron und Hermine sogar einen Tipp, dieses Gräuel in etwas ansehnliches zu verwandeln. Ein paar Blumenkästen statt den Hauselfenköpfen und vielleicht Fotos von schönen Landschaften aus der schottischen Hochlandsee. Aber das musste wohl Sirius selbst wissen, was er mit diesem Haus anstellen würde.
Dumbledore lächelte ihr zu. Sie kamen in eine Art großes Esszimmer. June entdeckte Mrs. Weasley. Sie wuselte in ihrem langen Kleid herum und schien gerade damit beschäftigt zu sein, den Tisch zu decken. Als sie die drei erblickte, setzte sie ein warmes Weasley-Lächeln auf.
„June, wie schön dich zu sehen! Lass dich drücken!"
June war ein bisschen verwirrt, als die Frau auf sie zukam und sie wie ihr eigenes Kind in die Arme schloss. Sie erwiderte etwas distanziert diese Umarmung und klopfte ihr zärtlich auf die Schulter. Sie hatte Molly Weasley letztes Jahr im Krankenflügel kennengelernt. Sie war eine gutmütige aber auch sehr temperamentvolle Frau.
Aus einer Tür, durch die man wahrscheinlich in die Küche kam, schritten zwei Männer mittleren Alters. Den einen kannte June. Sirius Black hatte sich ziemlich verändert. Seine Haare und sein Bart waren gepflegt und er sah nicht mehr so blass und abgemagert aus. Den anderen Mann erkannte June bloß an den roten Haaren. Das musste der Mann von Molly sein. Rons Vater:
„June Moreno. Es freut mich, dich endlich kennenzulernen.", sagte der rothaarige Mann und gab ihr seine große Hand. „Ich bin Arthur Weasley."
„Es freut mich, Sie kennenzulernen, Sir.", entgegnete sie mit einem Lächeln.
„Wow, ich glaub es nicht. Schniefelus hat dir tatsächlich Manieren beigebracht.", spottete Sirius beim vorbeigehen.
„Manieren, von denen du immer noch träumst, wenn du dir die Flöhe aus dem Fell kratzt, Tatze."
Kimberley war zu ihrer Tochter geschritten und nahm sie schützend in die Arme. Sirius erwiderte es mit einem Grinsen.
„Kimi, ich habe mit deiner Tochter gesprochen. Wir beide haben nach dem Essen das Vergnügen, dass verspreche ich dir.", erwiderte Sirius.
Er ging an ihrer Mutter vorbei und streifte ihre Schulter. Darauf schenkte ihm Kimberley nur einen finsteren Blick.
„Komm Schätzchen, wir gehen erstmal dein Gepäck raufbringen."
Kimberley wollte dem Gewusel im Esszimmer wohl entgehen. Ihr gefiel es offensichtlich nicht, hier zu sein.
„Das ist nicht nötig.", kam es derweil von Sirius. „Das wird Kreacher tuen. Er wird es nicht gerne machen, aber es ist seine Pflicht."
„Wer ist Kreacher?", fragte June.
„Der Hauself, der im Dienst meiner Familie stand.", erklärte Sirius. „Eigentlich ein nutzloser und liebloser Knecht. Aber ich kann ihn leider nicht einfach rausschmeißen."
Oh, warum hatte man sie bloß hierher geschickt? June wäre sogar die heulende Hütte lieber gewesen, als dieses vulgäre Haus. Aber sie ließ dem Geschehen eine Chance. Vielleicht würde alles angenehmer werden, als der erste Blick ihr heute versprach.
Nach einer Weile hatte der Trubel sich schließlich gelegt. Im Raum saßen nur noch Dumbledore, Kimberley und June. Dumbledore holte einen Brief aus seinem Umhang.
„Ich glaube, dieser Brief gehört dir.", sagte er liebevoll und reichte ihn June.
June beäugte den Brief von beiden Seiten und erkannte das rechteckige Papierstück.
„Mein Brief. Aber....den habe ich doch an Ivan geschickt."
Er war nie dort angekommen. Warum? Figaro war ohne den Brief zurückgekehrt. Fragend blickte sie Dumbledore in die Augen.
„Er wurde im Ministerium beim Minister gefunden."
June schluckte. Ihr Herz blieb für einen Augenblick lang stehen. Sie verstand nicht, was vor sich ging. Sie schaute zu ihrer Mutter, dann zu Dumbledore, wieder zu ihrer Mutter und dann auf den Brief. In lieblicher blauer Tinte war darauf der Name IVAN POLIAKOFF verzeichnet. Junes Handschrift.
„Aber warum?", fragte sie völlig verdutzt.
Dumbledore und Kimberley sahen sich kurz an. Dann räusperte sich der Schulleiter:
„Weil du die Tochter von Kimberley Moreno bist."
„Das verstehe ich nicht."
Dumbledore strich sich nachdenklich mit dem Finger über sein Kinn.
„Da das Ministerium weiß, dass deine Mutter mir sehr nahe steht und mit mir zusammenarbeitet, versuchen sie, ihr Vorhaben genauestens zu überwachen. Deswegen habe ich Mr. Stuart mitgeteilt, dass er aufpassen soll, dass du diesen Sommer keine Briefe verschickst."
Er sah ein wenig enttäuscht aus. June fühlte sich auf der Stelle schlecht. Ja, das stimmte. Jefferson hatte ihr gesagt, dass sie keine Briefe verschicken solle. Er hatte ihr vertraut. Und June hatte ihn damit hintergangen, weil sie sich nicht im klaren darüber war, welche Folgen das haben würde. Sie hatte doch keinen Absender darauf geschrieben. Wie sollte das Ministerium also wissen, dass der Brief von ihr war?
„Es tut mir leid, Sir. Ich war diesen Sommer wohl etwas leichtsinnig gewesen. Aber ich verspreche, es nicht mehr zutun.", gab June ehrlich zu und steckte den Brief in ihre Jeansjacke.
„Mach dir keinen Kopf, es ist ja alles nochmal gut gegangen.", meinte Kimberley lächelnd.
Ihre Mutter versuchte sie wieder, aufzumuntern. Das half diesmal nichts. June wollte Antworten haben. Sie sah zwischen Dumbledore und Kimberley hin und her. Doch Dumbledore erhob sich von seinem Stuhl. Die Chance entglitt ihr zum wiederholten Male.
„So ich werde mich jetzt verabschieden. Ich denke, June ist jetzt wohl in den besten Händen."
Kimberley stand ebenfalls auf und gab June ein Zeichen, ihr zu folgen. June gehorchte ohne Widerworte. Im Flur standen Sirius und Arthur Weasley. Sie standen vor dem Portrait, was sie beim Eintreffen so angebrüllt hatte, und kämpfen damit, die Vorhänge vorzuziehen. June fragte sich, was wohl für ein Zauber auf diesem Bild lag, dass selbst die beiden Männer damit Probleme hatten, es ruhig zu stellen.
Professor Dumbledore verabschiede sich und Kimberley ging mit ihrer Tochter die Treppen nach oben. Hier sah es nicht anders aus, als unten in der Eingangshalle. Überall stand Gerümpel herum und es war ziemlich staubig. In den Ecken hingen ein paar Spinnenweben und ein unangenehmer Geruch stach June in die Nase. An einer schwarzen Tür hielten sie an.
Kimberley drückte den silbrigen Schlangenkopf an der Türklinke herunter und sie traten ein.
„Hier wird dein Zimmer für die nächsten Tage sein. Hermine und Ron sind ebenfalls hier. Ihr werdet Sirius ein wenig unter die Arme greifen und das Haus auf Vordermann bringen. Sei aber gewarnt! Unterlasse es, soweit es irgendwie möglich ist, Gegenstände in diesem Haus zu berühren. Sonst könnte es dir übel ergehen."
Als Erklärung hob Kimberley ihre rechte Hand. June sah, dass sich um ihren Ringfinger schwarze Male gebildet hatten.
„Ich wollte eine Standuhr wegschieben. Da hat irgendetwas versucht, mich anzugreifen. Vermutlich sind die Gegenstände hier im Haus mit schwarzer Magie verflucht worden."
Sie schüttelte den Kopf, als sei es ein übler Jungenstreich. Dabei waren schwarze Zauber durchaus ernst zu nehmen. June machte sich Sorgen.
„Aber das bekommst du doch wieder in den Griff, oder?"
Kimberley strich June über die Schulter.
„Keine Sorge. Zum Glück haben wir Severus, der kennt sich mit schwarzer Magie aus. Er hat sich das schon angesehen."
June entdeckte ein seltsames Funkeln in den Augen ihrer Mutter, als sie das sagte. Sie machte sich aber keine weiteren Gedanken darüber.
„Und was sagt er dazu?"
Kimberley bekam ein Schmunzeln im Gesicht und ihre Wangen färbten sich ein wenig rötlich. Dann nahm sie einen gespielten, ernsten Gesichtsausdruck an.
„Bedauerlicherweise ist Ihr Ego mal wieder größer als ihr Können, Mrs. Moreno. Das ist das letzte Mal, dass ich Ihnen helfe.", ahmte sie in einer perfekten Snape-Imitation nach.
Und June begann, zu lachen. Und ihr wurde gerade noch einmal klar, wie sehr sie ihre Mutter und deren Wesen den ganzen Sommer lang vermisst hatte.
Als Kimberley verschwunden war, packte June ihre Sachen aus und ordnete sie um sich herum, um ihrem Zimmer etwas heimatliches zu schenken.
Ihren Koffer nutzte sie als Nachttisch und stellte darauf unter anderem auch den Kompass, den Ivan ihr zum Abschied geschenkt hatte.
Die Nadel war wieder verrückt und drehte sich unkontrolliert nach links und rechts. Sie hatte lange das Gefühl, dass der Kompass vielleicht kaputt war. Dass er womöglich nicht bei ihr funktionieren würde. Doch letzte Woche hatte sie ihn abermals in die Hand genommen und beobachtet, wie die Nadel sich auf der Stelle beruhigte und in Richtung Tür gezeigt hatte.
Das hatte June neugierig gemacht. Sie war der Nadel aus dem Gebäude gefolgt und hatte sich auf die Straße gestellt. Die Nadel bewegte sich nach links und sie hatte begriffen, dass der Kompass sie versuchte, in diese Richtung zu lenken.
June war der Nadel nicht gefolgt. Sie war in die Wohnung zurückgegangen und hatte den Kompass auf ihr Regal gestellt. Die Nadel hatte sich nicht wegbewegt. Tagelang zeigte sie in die Richtung der Zimmertür.
Und jetzt, seid sie hier war, fing sie erneut an, verrückt zu spielen. So als würde dieses Haus negative Schwingungen auf den Kompass übertragen.
June zog ihre Jeansjacke aus und legte sie sorgsam neben ihren Koffer. Dabei fiel ihr Blick auf den Brief, den sie vor einiger Zeit verschickt hatte.
Nachdenklich nahm sie ihn in die Hand. Dann stellte sie ihn ebenfalls auf den Koffer, legte sich erschöpft in das frisch bezogene Bett und sah an die Decke.
June war erschöpft und schloss ihre Augen. Sie fühlte sich müde und würde bis zum Abendessen beschließen, noch ein wenig zu dösen.
Sie hatte es nach all dieser Aufregung wirklich nötig.
Beim Dösen reisten ihre Gedanken nach Hogwarts. Sie stellte sich mit einem Lächeln vor, wie sie vielleicht wieder in ein paar Tagen mit Maya und Blair über das Hogwarts Gelände streifen würde.
Wie sie sich in das Gras setzten, über das Geschehene redeten und die Zeit vergessen würden. Und wie sie sich wieder beeilen müssten, um in den Gemeinschaftsraum zu kommen, bevor die Nachruhe eintreten würde.
Sie dachte an all den neuen Schulstoff, den sie lernen würde. Und dann kam ihr das Gesicht von Severus in den Kopf.
Wie würde sich das Verhältnis unter ihnen jetzt ändern? Was würde passieren? Und was würde sie fühlen, wenn sie ihn nach all der Zeit wiedersehen würde, aber es ihr verboten war, mit ihm zu sprechen...
Irgendwie war das alles ungerecht.
Warum konnte sie nicht einfach ein normales Familienleben haben? Warum musste all die Jahre immer alles so furchtbar kompliziert sein?
Sie wurde von einen Ort zum nächsten geschickt. Wenn sie sich an eine Person gewöhnt hatte, wurde ihr diese wieder weggerissen und sie war wieder auf sich gestellt.
Das Leben war schön aber auf der anderen Seite konnte alles um einen herum auch so furchtbar unfair sein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro