"Evanesco!"
June hätte nicht gedacht, dass die Zeit in Hogwarts ohne Unterricht so schnell wie im Fluge vergehen würde.
Sie durfte den Gryffindorturm nur zum Essen verlassen und wenn Madam Pomfrey sie im Krankenflügel sehen wollte, um ihre Gesundheit zu checken. Wobei die begnadete Heilerin leider nicht wirklich viel für sie tuen konnte. Das schwarze Mal breitete sich aus und bedeckte bald Junes gesamte linke Brust. Die Zeit, die sie alleine verbrachte, las sie einige Bücher und bereitete sich auf den ersten Schultag vor.
Kimberley und June sahen sich leider nicht so oft. Als Junes Bücherliste ankam (per Eule, obwohl Minerva und Albus beide in der Schule waren und von Junes Aufenthalt wussten), war sie dankbar, dass sie das erste Mal mit ihrer Mutter in die Winkelgasse gehen konnte.
Im Bücherladen wurden sie von einigen Hexen und Zauberern abschätzend beobachtet und eine Frau spuckte Kimberley sogar beim Vorbeigehen vor die Füße. June war so ein Verhalten noch nie untergekommen und am liebsten wäre sie der Frau hinterher gelaufen, um ihr einmal so richtig die Meinung zu sagen.
Kimberley hatte June's Bücher von ihrem Geld bezahlt. Normalerweise hatte die Kosten immer Severus übernommen, wofür June sehr dankbar war. Doch sie musste mit den kleinen Beträgen sparsam umgehen und kam von ihm bereits in frühen Jahren eingetrichtert, wie Sparsamkeit funktionierte. Einen kleinen Betrag hatte June von ihren letzten Ersparnissen noch übrig gehabt. Doch Kimberley bestand darauf, es aus ihrer eigenen Tasche bezahlen zu wollen. Sie meinte, June solle es sich ansparen, um mit ihren Freunden am Wochenende nach Hogsmeade zu gehen. June entging aber nicht das stolze Gesicht, als sie an der Kasse sagte: "Ich bezahle das für meine Tochter. Ich bin nämlich ihre Mutter, wissen Sie?"
Kimberley war ziemlich aufgeweckt in der Winkelgasse. Eigentlich genoss sie den Tag viel mehr, als June selbst. Fast vor jedem Schaufenster blieb sie stehen, um die Ausstellungsstücke zu bestaunen. Und sie hatte auch zu allem eine Geschichte parat. Bei einem Tierwesen-Händler hielt sie sogar an und fragte mit ihrem typischen Augenklimpern, ob sie einen Knuddelmuff halten und streicheln dürfe. Der Tierwesenhändler fand Kimberley äußerst sympathisch und dachte wohl zu Anfang, sie würde mit ihm flirten. Als Kimberley jedoch dann June abermals als ihre Tochter vorstellte, wurde er schlagartig ziemlich wortkarg. Kimberley war so in ihrer eigenen Welt versunken, dass sie das natürlich nicht so deutlich registrierte, wie June.
June war vor allem überrascht, wieviel Energie Kimberley in sich hatte. In Hogwarts tat sie sich ziemlich schwer, sich von ihrer Tochter zu verabschieden. Severus, der die beiden beim Abschied beobachtete, musste Kimberley buchstäblich von ihrer Tochter wegzerren. June fand das äußerst amüsant. Sie genoss es, von ihrer Mutter so viel Zuwendung zu bekommen. Das hatte sie sich immer gewünscht. Zwar nicht in dem Maße, aber das war schon in Ordnung. Immerhin sahen sie sich ja auch sonst beinahe gar nicht.
Als der Tag gekommen war und die Schüler allesamt in Hogwarts einreisten, war June schon total aufgeregt. In der Halle suchten ihre Augen nach Maya und Blair. Mit einer herzlichen Begrüßung vielen die drei sich in die Arme und erzählten aufgeregt von ihren Ferien. June hatte diesen Moment auch genutzt, um sich mit Maya auszusprechen. Zwischen den beiden lag immer noch eine kleine Distanz. Die Mädchen entschieden sich, es wieder langsam angehen zu lassen. Blair konnte man die Erleichterung von den Lippen lesen, als die beiden Hexen sich das Wort gaben, eine zweite Chance zuzulassen. Der Junge hatte unter dem Streit ziemlich gelitten. Partei ergreifen zu müssen gehörte nicht zu seinen liebsten Entscheidungen.
Als Harry dann schließlich die Halle betrat, konnte June nicht vermeiden, dass sie ständig an deren Tisch starrte. Nach einer Weile sagte Maya schließlich:
„Na geh schon, June. Du machst uns noch verrückt, wenn du ständig dort hinglotzt. Das ist schon in Ordnung so."
Sie war Maya äußerst dankbar dafür. Mit einem Glücksgefühl lief sie zu Harry hin. Vor ihm blieb sie jedoch stehen. Sie wurde sich unsicher. Sollte sie ihn wirklich umarmen zur Begrüßung? Oder doch nur die Hand geben?
„Ähm....", stammelte sie. „Ich wollte dir sagen, dass ich mich so freue, dass du freigesprochen wurdest."
„Danke...", entgegnete Harry verdutzt.
Von Ron erntete June einen abschätzenden Blick. Schließlich sprach Hermine sie an:
„Wir haben den Unfall mitbekommen. Wie geht es dir mittlerweile?"
„Gut.", verkündete June wahrheitsgemäß. „Es bleibt nur eine hässliche Narbe zurück. Das ist aber auch das einzigste."
Das mit dem ausbreitenden Mal verschwieg sie. Schließlich war sie kein Buch und Hermine musste daher nicht alles wissen.
In Hogwarts startete alles, wie jedes Jahr. Das, was neu war (und allen nach dem Essen noch in Erinnerung blieb), kam vom sprechenden Hut persönlich, bevor er die neuen Erstklässler in ihre Häuser einteilte. Er sang darüber, dass die Schüler trotz Hausrivalität zusammenhalten sollten. Sonst, so laut dem sprechenden Hut, würde die Schule höchstwahrscheinlich untergehen. Keine sonderlich erfreuliche Rede für einen guten Schulstart.
Das große Festmahl war dagegen ein großes Vergnügen. Der fast kopflose Nick begutachtete June mit neiderfüllten Blicken, wie sie einen großen Teller mit Gemüse und Kartoffelbrei genüsslich verspeiste. Als Geist war ihm schon lange verwehrt, Nahrung zu sich zu nehmen. Irgendwie klang das nach keinem erfülltem Nachleben. June konnte sich selbst nicht vorstellen, eines Tages als Geist in der Welt verweilen zu müssen. Auch die maulende Myrte tat ihr Leid. Dass sie ein Leben lang in der Mädchentoilette hausen musste, war sicherlich kein schönes Schicksal. Der fast kopflose Nick erklärte den Schülern auch, dass der sprechende Hut in den vergangenen Jahrhunderten schon oft Warnungen in Krisenzeiten aussprach. Und June musste zugeben, dass der Hut für einen Hut ziemlich Weise war.
Im Lehrerkollegium gab es dieses Jahr auch Veränderungen. Die erste Veränderung war zu ihrer großen Enttäuschung die Abwesenheit von ihrem liebsten Lehrer Rubeus Hagrid. Statt dem gutmütigem Halbriesen saß Professor Raue-Pritsche vorne am Lehrertisch und würde fortan auch das Fach Pflege magischer Geschöpfe übernehmen. Die andere Veränderung saß direkt neben Severus Snape. Dolores Umbridge. Eine Frau in einer rosa Strickjacke und einem seltsamen Hut.
June war sie vom ersten Blick an unsympathisch. Dolores Umbridge tat etwas ziemlich unhöfliches, was June als respektlos einstufte. Sie unterbrach Albus Dumbledore bei seiner Rede. Mit einem Hüsteln holte sie sich die ganze Aufmerksamkeit zu sich und schritt nach vorne. Dumbledore tat natürlich so, als würde er sich darauf freuen, sie vor die Schüler treten zu lassen. Die anderen Lehrer sahen das ganz anders. Deutlich zu sehen war es bei Professor McGonagall und Professor Snape. Die beiden Hauslehrer warfen sich einen kurzen, überraschten Blick zu, sahen dann aber nachdenklich und ein wenig fremdbeschämt zur Seite, als die Ministeriumshexe anfing, zu sprechen:
„Vielen Dank, Schulleiter, für diese herzlichen Worte des Willkommens."
Auf ihren pinkfarbenen Pumps, passend zu ihrer Blumemhaube, stolzierte sie zu den Schülern und musterte sie alle mit einem Blick, der in June aus irgendeinem Grund Unbehagen auslöste.
„Und es ist so wunderbar, wie ihr Schüler mit strahlender, zufriedener Miene zu mir herauf lächelt."
Wenn man es ehrlich nahm, sahen die Schüler zwar zu ihr hinauf. Zufriedenes Lächeln sah aber in Hogwarts deutlich anders aus.
„Wir werden bestimmt alle bald wirklich gute Freunde sein."
„Ja, garantiert!", sprachen Fred und George wie üblich im Chor und schauten gelangweilt zu Umbridge hinauf.
Umbridge hob ihr Kinn und hinter ihrer aufgesetzten Fassade entdeckte June, was sie so unbehaglich fand.
Diese Frau wirkte, wie eine systematische strenge Bürokratiehexe. Nicht wie eine Lehrerin, die aus eigener Freude Kinder unterrichtete. Sie wirkte auf June wie eine alte Jungfer, die innerliche Frustration hegte und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihr eigenes Ego zu befriedigen, indem sie eine Machtposition ausspielen konnte.
„Für das Zaubereiministerium ist ohne Frage die richtige Erziehung junger Hexen und Zauberer ein Thema von zentraler Bedeutung. Auch wenn jeder Schulleiter dieser historischen Institution etwas Neues hinzugefügt hat, so ist doch Fortschritt allein wegen des Fortschritts Willen auf keinen Fall zu unterstützen. Lasst uns bewahren, was unbedingt bewahrt sein will. Perfektionieren, was uns gelingt zu perfektionieren....Und Gepflogenheiten ablegen, die schleunigst verboten gehören."
Dem Ende der Rede fügte sie noch ein gekünsteltes, mädchenhaftes Lachen hinzu. June begann innerlich, zu würgen.
„Danke, Professor Umbridge. Das war wirklich höchst aufschlussreich.", gab Dumbledore in einem höflichen Ton von sich und applaudierte.
Aus Höflichkeit stiegen die anderen mit ein. Snape war einer von denen, wie June feststellte, die kurz ihre Hände hoben, zweimal einschlugen und dann ihre Hände unmotiviert wieder sinken ließen.
Professor Umbridge war bald das Gesprächsthema Nummer eins. Auch noch beim Frühstück am nächsten Tag in der großen Halle.
„Was? Umbridge am Montag? June, du hast mein größtes Mitleid."
June saß beim Frühstück dort, wo sie all die Jahre schon gesessen hatte. Am Ravenclaw-Gemeinschaftstisch bei Maya und Blair. June wunderte sich über diesen Kommentar. Maya war die lernbegierigste Schülerin auf ganz Hogwarts. Für sie war jeder Unterricht eine Sensation. Kein mitleidserregendes Ereignis.
„Was hat man dir denn heute morgen in den Kürbissaft getan?", witzelte June und sah die braunhaarige gespannt an. Maya zuckte nur mit den Schultern:
„Ich weiß nicht, was du meinst. Auch ich finde mal einen Lehrer doof, ist das so verwunderlich?"
„Wer weiß.", raunte June geheimnisvoll. „Vielleicht ist sie ja doch gar nicht so übel."
„Das meinst du doch jetzt wohl nicht im ernst. Du willst mich auf den Arm nehmen."
Maya schüttelte den Kopf und June musste lachen:
„Ja, da hast du recht. Wenn ich ehrlich bin, hat sie bei mir keinen guten ersten Eindruck hinterlassen. Und bis auf Professor Lupin waren die letzten Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste richtige Versager."
Die Eulen kamen mit ihrer Post herein. Figaro war nicht dabei. Aber das war auch zu erwarten. Von wem konnte June schon Post erwarten? Ihre Mutter war viel zu beschäftigt. Das konnte sie sich denken. Und Ivan würde ihr bestimmt nicht schreiben. Es lag immerhin an ihr, sich endlich zu melden.
Nachdenklich sah sie den versiegelten Brief an, den sie in ihrer Jackentasche trug. June hatte überlegt, ob sie noch einen Versuch startete und vor dem Geschichtsunterricht bei Professor Binns eventuell doch noch einen Schlenker zur Eulerei machen sollte. Aber im letzten Moment entschied sie anders und ließ den Brief zurück in ihre Tasche sickern.
Unauffällig musterte sie Maya. Die Schülerin, die letztes Jahr unter der Sorge ihrer Schwester so gelitten hatte, war auf dem Weg der Besserung. Ihr Haar hatte wieder einen wundervollen Glanz und ihre Haut war wieder so weich und leuchtend, wie früher. Das Gesicht, was eingefallen und blass gewesen war, hatte wieder gesunde Farbe angenommen und die Babybäckchen, mit denen Maya einfach unverbesserlich niedlich aussah, luden zum reinkneifen ein. Doch trotz der positiven Entwicklung brachte June es nicht über das Herz, Maya auf Georgina anzusprechen. Dazu waren sie sich noch zu entfernt. Das Vertrauen musste wieder wachsen. Und das brauchte seine Zeit.
Der Geschichtsunterricht bei Professor Binns war zum einschlafen. Sie nahmen die Riesenkriege vor. Ein Thema, was eigentlich ziemlich interessant sein könnte. Doch ihr Lehrer hatte nicht gerade eine Begabung dazu, es aufregend zu gestalten.
Nach Zaubereigeschichte gingen sie hinunter in die Kerker, wo Professor Snape mit ihnen gleich zwei Stunden Zaubertränke durchnehmen würde. Der Professor war schlecht gelaunt wie eh und je.
„Ruhe jetzt!!!!", zischte er gefährlich, als er die Klassentür schloss und nach vorne ging.
Mit wehendem Umhang stellte er sich vor die Klasse und die Schüler verstummten augenblicklich. June wusste genau, wie angsteinflößend er sein konnte. Sie saß neben Neville in der zweiten Reihe rechts vom Lehrerpult.
„Bevor wir mit der heutigen Lektion beginnen, halte ich es angebracht, Sie daran zu erinnern, dass Sie sich am Ende des Schuljahres einer wichtigen Prüfung unterziehen werden. Dumm, wie ein Teil dieser Klasse zweifellos ist, erwarte ich dennoch, dass sie wenigstens noch ein Annehmbar bei ihren ZAGs schaffen. Andernfalls werden Sie mein Missbehagen zu spüren bekommen."
June sah mit Entsetzen dabei zu, wie Snape seine Augen in Neville hineinbohrte. Sie blinzelte warnend zurück und griff unter dem Tisch nach Nevilles Hand, um ihn zu beruhigen. Sie wusste, dass Neville sich vor Snape fürchtete. Und wenn es eins war, was June nicht leiden konnte war, wenn Snape diese Situation schamlos ausnutzte, um seine Macht zu demonstrieren.
June hatte Neville versprochen, ihn zu beschützen. Und daran würde sie festhalten. Snape konnte sie dabei mit so viel Missbehagen, wie er übrig hatte, beträufeln, ohne dass sich ihre Meinung ändern würde. Der Professor gab sich große Mühe, sich nicht von Junes Blicken provozieren zu lassen. Mit aalglatter Stimme fuhr er fort:
„Nach diesem Schuljahr werden viele von Ihnen natürlich nicht mehr bei mir studieren. In meine UTZ-Zaubertrankklassen nehme ich nur die Allerbesten auf. Das heißt, dass einige von Ihnen sich mit Sicherheit verabschieden werden."
Dabei drehte sich bei June der Magen um und ihr Herz begann, zu rasen. Sie war nicht schlecht in Zaubertränke, allerdings auch nicht die Beste. Und sie wollte unbedingt in Zaubertränke bleiben. Tränke brauen waren nicht gerade ihr allergrößtes Hobby. Es ging nur darum, was Professor Dumbledore gesagt hatte. Dass sich die Wege von June und Severus trennen würden. Wenn sich das bewahrheitete, und Dumbledore behielt seine Entscheidungen meist bei, dann würde June Severus nur noch in der Schule sehen können. Snape war nicht der netteste Mensch, aber sie hatte jahrelang mit ihm zusammengelebt. Sie würde ihn auf irgendeine Weise vermissen und sich wahrscheinlich oft fragen, wie es ihm wohl erging, wenn sie ihn nicht zu Gesicht bekam.
„Aber bis zu diesem glücklichen Moment des Abschieds haben wir noch ein Jahr vor uns. Und so rate ich Ihnen alle, die es mit den UTZ versuchen wollten oder nicht, Ihre Anstrengungen darauf zu konzentrieren, das hohe Abschlussniveau zu erhalten, welches ich inzwischen von meinen ZAG-Schülern erwarte."
Wie verkehrt diese sanfte Aussage in Junes Ohren klang. Glücklicher Moment des Abschieds.
„Heute mischen wir ein Gebräu, was bei den ZAGs häufig verlangt wird. Den Trunk des Friedens. Er kann Ängste lindern oder Aufregung dämpfen. Jedoch Vorsicht! Sollten sie so schlampig und sorglos mit den Zutaten herumspielen, wird dies den Trinker in einen tiefen Schlaf zwingen, aus dem manche nicht mehr erwachen werden."
Snape schnippte mit dem Zauberstab. Die Tür des Zutatenschranks öffnete sich und die Rezeptur erschien an der Tafel. Alle legten sofort los mit dem Brauen ihrer Tränke. Hoch motiviert machte sich auch June an die Arbeit. Mit aufrichtiger Miene schnappte sie sich die Zutaten und begann, alles zuzubereiten. Neville hatte große Probleme beim Umrühren seines Kessels. June wollte gerade hinüberkommen, um ihm zu helfen, da schnellte Snape dazwischen.
„Es wird dieses Jahr nicht geholfen, Moreno. Andernfalls werde ich Ihnen und Longbottom Strafarbeiten erteilen."
Missmutig ließ June sich zurück auf ihren Stuhl sinken und entdeckte Pansy und Draco, die sich kräftig darüber zu amüsieren schienen.
Bald war die Zeit abgelaufen und laut Professor Snape sollte sich ein leicht silbriger Dampf über dem Kessel gebildet haben. Bei June war es eher ein violetter Rauch und bei Neville blieben Dampf und Nebelschwaden seltsamer Weise komplett aus. Snape schlich wie immer durch die Reihen hindurch, bis er bei Harry angelangt war. Das roch nach gewaltigem Ärger!
„Was soll das sein, Potter?", knurrte Snape den Jungen an.
Pansy und Draco drehten sich gehässig um, wie immer, wenn Snape einen von ihnen piesackte. June musste tief schlucken, als sie Harrys Schweißperlen auf der Stirn entdeckte und fragte sich, ob man die Situation noch irgendwie retten könnte.
„Der Trunk des Friedens.", stammelte Harry.
Snapes düstere Stimme wurde ganz sanft und leise:
„Sagen Sie mal Potter, können sie lesen?"
Die Slytherins lachten gehässig auf. Harrys Kiefer spannte sich an:
„Ja, das kann ich."
„Dann lesen Sie mir die dritte Zeile der Rezeptur vor, Potter!"
„Man füge Mondsteinpulver hinzu, drehe drei Mal gegen den Uhrzeigersinn, lässt es sieben Minuten sieden und gebe dann zwei Tropfen Nieswurzsirup bei."
„Und haben sie die dritte Zeile bis zum Ende befolgt, Potter?"
„Nein.", sagte Harry beinahe lautlos.
June rückte nervös auf ihrem Stuhl hin und her.
„Wie bitte?", schnarrte Snape.
„Nein. Ich habe den Nieswurzsirup vergessen."
„Das weiß ich, Potter. Und das heißt, dieser Mischmasch ist vollkommen wertlos. Evanesco!"
Snape schwang seinen Zauberstab und ließ das Gebräu in Harrys Kessel verschwinden.
„Jene von Ihnen, die tatsächlich im Stande waren, die Rezeptur zu lesen, füllen nun ein Fläschchen davon ab, beschriften es deutlich lesbar mit ihrem Namen und bringen es zur Erprobung nach vorne zu meinem Pult."
June und Neville kramten gerade eine Phiole aus ihrer Tasche, als Snapes dunkle Stimme sie zurückholte:
„Hausaufgabe 12 zoll Pergament über die Eigenschaften von Mondsteinpulver und seine Anwendungen. Abgabe am Montag."
Ja, Snape würde sie nicht schon am ersten Tag ohne Hausaufgabe davonkommen lassen. So war er eben.
June sah hinüber zu Harry. Kochend vor Wut saß er da an seinem Platz vor seinem leeren Kessel und beobachtete alle dabei, wie sie ihre Gebräue in die dafür vorhergesehenen Phiolen abfüllten.
Das Kratzen des Schabers von Neville lotste Junes Aufmerksamkeit auf sich. Er versuchte, den massigen Klumpen vom Boden seines Kessels zu bekommen, um ihn abzufüllen. Aber er klebte wirklich widerspenstig.
Neville war ziemlich aufgeschmissen. June überkam eine Idee. Sie schaute in der Klasse umher, ob gerade jemand zuschauen würde. Snape hatte ihr den Rücken zugewandt. Sie stupste Neville mit dem Ellenbogen an:
„Hey, nimm das."
Sie hielt ihm ihre volle Phiole hin. Neville sah sie fragend an.
„Aber das ist doch dein-„
„Schon in Ordnung. Ich weiß, was ich tue. Vertrau mir."
Sie zwinkerte ihm zu. Neville zögerte, nahm dann aber ihre Phiole und kritzelte mit zittrigen Fingern seinen Namen drauf. June, die noch eine Menge von ihrem übrig hatte, füllte ein zweites Fläschchen ab. Was sie hier tat, war eindeutig betrügen. Das war June durchaus bewusst. Doch viel schlimmer war es, wie der Professor seine Schüler schikanierte. Und da er nicht mehr ihr Vormund war, konnte sie sich die Freiheit nehmen und seine ungerechten Unterrichtsmaßnahmen umgehen. Wenn Snape Harrys Trank nicht eigenhändig entsorgt hätte, würde sie auch ihm helfen. Doch das wäre zu auffällig gewesen. Und Neville hatte es gerade wirklich bitter nötig. Leise flüsterte auch sie: „Evanesco."
Ihr Kessel und der von Neville leeren sich und standen wieder blitzeblank auf ihren Tischen.
„Wärest du so lieb und würdest meine Phiole mit nach vorne bringen?", fragte sie Neville und hielt ihm ihr Fläschchen hin. Neville willigte ein. June wollte gerade ihre Sachen packen, als eine schneidende Stimme durch den Raum glitt:
„Moreno! Sie bleiben! Der Rest verlässt meinen Klassenraum auf der Stelle und schließt die Kerkertür hinter sich."
Alle Blicke trafen June. Sie gefror auf der Stelle. Hatte er den Betrug bemerkt? Das war doch nicht möglich. Er konnte nicht...er war doch....June rutschte das Herz abermals in die Hose. Das würde Ärger geben! Verdammt großen Ärger! Größeren als bei Harry.
Snape würde nicht mild mit seinen Strafen ausfallen. Sofern er das denn jemals gewesen war, er hatte sie ja genauso behandelt, wie die anderen Gryffindors. Bis auf den Unterschied, dass er ihr gegenüber nicht handgreiflich wurde. Außer.....aber das war ein anderes Thema! Vergangenheit! Nichts weiter!
Die Schüler verschwanden aus dem Klassenraum und Neville warf June kurz noch einen mitleidsvollen Blick zu. June stellte sich vor das Pult und knetete ihre Finger. Snape schrieb mit der Feder etwas auf ein Pergament, legte das Schreibgerät dann zur Seite, verschränkte die Finger ineinander und sah gebieterisch zu June herüber.
„Wie geht es dir?", fragte er eisig.
June sah irritiert drein. Wie? Hatte er das gerade ernsthaft gefragt?
„Sir?", stammelte sie völlig verdattert, doch Snape fuhr ihr ins Wort:
„Beantworte meine Frage einfach!", blaffte er ungehalten und durchbohrte sie mit seinen Blicken.
„Ähm, gut geht es mir. Danke Sir."
„June...", knurrte er unter zusammengepressten Zähnen hervor. „Sag mal, verkaufst du mich etwa für dumm?"
Oh je! Er wusste es! Er hatte sie entziffert. Was würde jetzt geschehen? Schweigend sah sie ihren Lehrer an. Schweigend, wie er sie auch für das erste anschwieg, da er auf eine Antwort wartete. Dann sagte er: „Nur weil Professor Dumbledore gesagt hat, dass ich dich nicht mehr unter meinem Dach deine Anwesenheit ertragen muss, heißt das nicht, dass ich nicht dazu verpflichtet bin, mich um dein Wohlergehen zu sorgen."
„Verstanden, Sir."
„Nenn mich nicht ständig Sir!!!!!", fuhr Snape sie an.
Jetzt war June völlig durch den Wind. War das wirklich Severus Snape, der vor ihr saß? Er schien ihre Gedanken zu lesen.
„Hör auf, albern zu werden. Ich kenne dich, seit du nichts als sabbern konntest. Und jetzt sei ehrlich und beantworte mir meine Frage."
„Mir geht es wirklich gut, Sir-ich meine...ach vergiss es! Ich meine-„
„Schon gut.", unterbrach sie Snape und schloss für einen Moment die Augen.
"Also, wenn das der einzige Grund ist, warum ich hier bin, ist das äußerst ungünstig. Ich habe in ein paar wenigen Minuten Unterricht bei Professor Umbridge."
Snape ignorierte Junes Bemerkung.
„Setz dich!", befahl er ihr kühl, schnippte mit dem Zauberstab und holte einen zweiten Stuhl zu seinem Pult.
June gehorchte und setzte sich, wenn auch ziemlich zögerlich. Snape war aufgestanden und zu seinem Schrank gegangen. Er holte von oben einige Fläschchen herunter und ein kleines Tuch. Dann kam er zu ihr zurück und mischte alles zusammen.
„Entkleide deine Schulter.", sagte er barsch.
„Ich soll...was?"
„Mach was ich dir sage. Ich muss deine Wunde versorgen und durch den Stoff ist mir das nicht möglich.", kam es nur scharf zurück.
June verzog ihre Miene, entledigte sich dann aber ihrer Robe und griff mit ihrer Hand unter ihren Kragen, um die Wunde zeigen zu können. Der Stoff war leider nicht so elastisch, wie erwartet und sie hatte große Mühe, ihre gesamte Wunde aufzudecken. Snape drehte sich ruckartig um und tunkte das Tuch in seiner Hand in das Gemisch. Dann kam er zu June, packte ihre Hände und zog ihren gesamten Arm aus dem Stoff heraus. June wusste nicht, wie ihr geschah. Völlig perplex starrte sie ihn an. Unter der Einwirkung hörte sie das leise Reißen von den Nähten des Stoffes und saß dann schließlich so vor ihm. Als Snape dann noch den Träger ihres BHs abstreifen wollte, wurde June es augenblicklich zu viel und sie wehrte sich.
„Sag mal spinnst du?", fauchte sie ihn an und schlug seine Hand weg.
Snape starrte sie an und sein Blick verriet, dass er langsam wirklich die Geduld verlor.
„Der Fluch wird sich auf deiner Haut ausbreiten und du wirst dahinvegetieren wie ein verfaulter Kadaver, wenn ich das nicht behandle. Also tu mir den Gefallen und hör auf dich zu benehmen, wie eine biederes altes Weib."
June tat es höchst widerwillig. Ihr Kiefer verspannte sich und sie beobachtete jeden seiner Bewegungen.
Snape hatte recht. Das schwarze Mal des Fluches rankte sich wie Efeu so weit runter, dass es beinahe ihre Hüften erreichte. June schluckte und verzog das Gesicht, als Snape begann, die betroffenen Hautstellen mit dem Tuch abzutupfen. Snape ging dabei behutsamer als gedacht vor, doch trotzdem schaute sie beschämt weg und fixierte mit ihren Augen die Tür.
„Warum kann das Madame Pomfrey nicht machen?", fragte sie nach einer Weile.
Snape schnaufte verächtlich.
„Weil das eine erfahrene Hand benötigt. Eine, die sich mit schwarzer Magie auskennt. Zweifellos ist Madame Pomfrey in ihrem Gebiet überaus qualifiziert. Doch dies überschreitet die durchschnittlichen Fähigkeiten eines regulären Heilers enorm. Und jetzt hör auf, ständig Fragen zu stellen. Ich habe mir das auch nicht ausgesucht."
June verdrehte die Augen. Bald war er fertig. June sah gar nicht hinab, sondern zog sich gleich wieder an. Sie hüllte sich in ihre Robe ein und erntete dabei von Snape ein Augenrollen.
„Mädchen.", grummelte er nur genervt und drehte ihr den Rücken zu. „Du kannst gehen. Wenn Umbridge fragt, sagst du einfach, dass du dir im Unterricht Verätzungen zugezogen hast und ich sie mir angesehen habe."
Das ließ June sich nicht zweimal sagen. Sie schnappte ihre Tasche und stürmte sofort aus dem Klassenzimmer.
Die Uhr verriet ihr, dass Verteidigung gegen die dunklen Künste schon seit 15 Minuten begonnen hatte. Sie musste sich beeilen, wenn sie noch genug Schulstoff mitbekommen wollte. Die Zeit wurde äußerst knapp.
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