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Kapitel 18, Verborgenheit

Astrid blickte die schwarze Flüssigkeit ihres Kaffees an, während heißer Dampf ihr Gesicht wärmte und sie an Robin dachte. Wie es ihm wohl jetzt ging?

„Möchtest du Zucker oder Milch?", fragte Ca, die neben ihr auf der Couch saß.

Müde schüttelte Astrid den Kopf. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihr, dass es nicht mehr lange dauern würde und es wäre schon wieder Morgen. Was für eine verrückte Nacht, dachte sie und nahm einen wohltuenden Schluck bitteren schwarzen Kaffee, das, was sie jetzt brauchte, wenn sie nicht wöllte, gleich im Sitzen einzuschlafen. Aber allein der Geruch von Koffein ließ sie etwas wacher werden.

Der Rest von Rogue Six saß entweder neben ihnen auf der Couch oder hockte im Schneidersitz auf den Boden, Mr. Winters hatte den Sessel für sich beansprucht und Leaga war ohne noch einmal das Thema mit dem „Schwesterherz" anzusprechen, gegangen. Paula durfte eine Nacht bei Mr. Winters bleiben und sich ausruhen, wenn das überhaupt möglich war.

Nach einer kurzen Autofahrt, in der Astrid es mit Cas Hilfe geschafft hatte, Leaga den Überfall zu kurz wie möglich zu erläutern, waren sie bei Mr. Winters angekommen und stiegen mithilfe der Feuertreppe in seine Wohnung, um so wenig Lärm und Aufsehen wie möglich zu erregen. Wenn jemand Licht in der Buchhandlung gesehen hätte, um diese Uhrzeit, wäre das schon ziemlich verdächtig gewesen.

In der Wohnung erzählte Mr. Winters, während er Kaffee aufsetzte - denn sicherlich war jeder erschöpft von den jüngsten Ereignissen - davon, dass Ash mit Robin ins Krankenhaus gefahren war, wo ein fähiger Arzt, natürlich auch Dämon, ihn behandeln konnte. Ca, Aiden, Thomas und Astrid warteten nun darauf, dass Ash vorbeifahren und sie vier nach Hause fahren könnte. In der Zwischenzeit desinfizierten und wuschen sie ihre durch den Kampf hervorgegangenen Wunden und erneuerten ihre Verbände.

„Wie kann es eigentlich sein, dass wir so schnell regenerieren?", fragte Astrid nun und nahm einen weiteren Schluck Kaffee. Wärme durchströmte ihren ganzen Körper.

„Über die Jahre hat unser Körper nicht nur Fähigkeiten zur Selbstverteidigung entwickelt, sondern auch zur Heilung. Deswegen generiert er viel schneller. Zusätzlich durchläuft durch unsere Flügel eine gewisse Magie könnte man schon meinen", erzählte Ca.

„Deswegen die Waffen?"

„Genau."

„Ich konnte mir das sowieso nie erklären. Und dann sagt Mr. Winters, wir wären so normal wie die Menschen selbst."

„Sind wir auch", räumte Mr. Winters ein, als er Aiden seinen Kaffee brachte.

„Aber die Menschen halten alles, was sie sich nicht erklären können, für Übernatürlich. Geister, Engel, Dämonen... alles ganz normal."

„Naja und wie gesagt, können manche diese Energie auch anderweitig nutzen", erklärte Ca weiter.

„Jeder Engel, Dämon, aber auch Mensch hat eine gewisse Energie in sich. Einen Teil davon gibt er nach Außen ab."

„Oh, du meinst, so wie die Aura, oder wenn man manche Menschen aus irgendeinem Grund auch immer nicht leiden kann, weil er schlechte Energien versprüht?"

„Ja, so in etwa", mischte sich Aiden in das Gespräch ein. Thomas saß mit den Rücken an den Sessel gelehnt und schlief.

„Jedenfalls...", setzte Ca erneut an, ihr Ton war etwas gedehnt und hatte einen leicht genervten Unterton, da man sie erneut unterbrochen hatte. Aiden rollte die Augen.

„Jedenfalls kann jeder diese Energie zu kontrollieren lernen, sei es im Gesetz der Anziehung oder darin, gewisse Dinge, sogar Auren zu spüren. Uns Geflügelten fällt es leichter, diese Energie zu kontrollieren, theoretisch könnte auch ein normaler Mensch lernen, seine Energie zu kontrollieren. Buddhistische Mönche zum Beispiel können das auch total gut. Ich finde die sowieso..."

„Ca, komm bitte auf den Punkt", flehte Astrid sie an und Aiden lachte.

„Okay, gut. Es ist dennoch schwer, das zu erlernen. Aber manche unserer Art haben es trotzdem geschafft und wenden es auch bei der Heilung an. Frag mich aber bitte nicht, wie genau das funktioniert. Die Magie in unseren Flügeln jedenfalls hilft da auch ein bisschen mit."

„Meine Mom sagt immer, dass in den Flügeln ein Teil deiner Seele liegt", erzählte Aiden und Ca bekam große Augen.

„Da bekomme ich ja eine Gänsehaut", meinte sie und rieb sich die Unterarme.

„Oh ja, das ist gut möglich", lächelte Mr. Winters.

„Also das mit der Seele", fügte er noch schnell hinzu.

„Aber Mr. Winters, wenn wir in unseren Flügeln eine Art Magie besitzen, unterscheiden wir uns dann nicht doch erheblich von normalen Menschen?", fragte Astrid neugierig.

„Du hast immer so viele Fragen", lachte der alte Mann und nippte an seinem Kaffee.

„Magie steckt überall. Allein wie der menschliche Körper so funktioniert, ist Magie. Liebe ist Magie. Die Funktionsweise des menschlichen Gehirns ist Magie. Energieerzeugung und elektrischer Strom ist Magie. Das Zusammenspiel der Umwelt ist Magie. Das ganze Universum steckt voller Magie. Die Menschen haben sich aber an manche Sachen einfach zu sehr gewöhnt und sehen diese Magie nicht mehr."

Astrid war beeindruckt von der Weisheit, die dieser Mann ausstrahlte. Jedes Mal, wenn er mit ihr redete, hatte sie das Gefühl, nach diesem Gespräch ein besserer Mensch zu sein.

„Also ich", fing Ca an, aber ein starkes Gähnen unterbrach ihren Satz, „also ich finde ja, dass es einfach Sachen gibt, die sich der Mensch nicht erklären kann und dann davor Angst hat."

„Deswegen hätten sie Angst vor uns", ergänzte Aiden sie.

„Es ist wie mit den Geistern oder den Seelen. Was der Mensch nicht erforschen oder erahnen kann, dass wird für Übernatürlich erklärt, als nicht existent. Magie. Kein Mensch kann Magie erforschen. Obwohl sie, wie Mr. Winters schon gesagt hat, überall ist."

Mr. Winters nickte.

„Ich sehe schon, je länger wir hier sitzen, desto philosophischer wird die Nacht, oder der Morgen", fügte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr hinzu und fing an zu lachen.

„Euch jungen Leute macht es ja noch nichts aus, eine Nacht durchzumachen."

„Eigentlich täte ich gerade nichts lieber, als mich in meinem warmen Bett zu wissen", widersprach Aiden und streckte sich mit lautem Gähnen.

Kurz darauf hörten sie, wie ein Auto vor dem Buchladen hielt und stellten mit einem Blick aus dem Fenster fest, dass Ash zurück war.

„Also dann, dein Bett wartet", lächelte Mr. Winters Aiden entgegen als dieser aufstand, um Thomas wach zu rütteln. Die Beiden und Ca verabschiedeten sich von Mr. Winters und stiegen schon aus dem Fenster, als sich Astrid nochmals zu Mr. Winters umwandte.

„Ich habe jetzt aber doch noch eine Frage."

„Oho, ich hoffe du möchtest wieder in meinem Laden anfangen. Ich habe nämlich gemerkt, wie viel Arbeit zusammenkommt und kann das Geschäft so wahrscheinlich nicht mehr lange halten."

„Nein, tut mir leid, dafür bleibt mir leider zu wenig Zeit", entschuldigte sich Astrid und fühlte sich schlagartig schlecht, den alten Mann mit all den Aufgaben allein gelassen zu haben, aber er lächelte sie nur weiter an.

„Ich weiß doch. Es war nur ein kleiner Scherz. Obwohl es wirklich schwierig wird, all die Aufgaben zu erledigen, je älter man wird."

„Oh, ich kann mich ja nach einer neuen Aushilfe umhören?", schlug Astrid vor, aber Mr. Winters Blick verdunkelte sich etwas.

„Lieber nicht. Wir wissen ja nie, ob ein Dämon oder ein Engel oder ein ganz normaler Mensch vor uns steht."

„Dahingehend ist ja auch meine Frage... Wenn man Energien spüren könnte, gäbe es da nicht einen Weg, Engel und Dämonen zu identifizieren?"

„Oh doch, natürlich. Beide Seiten nutzten dies, um die Feinde aufzuspüren. Aber es ist eine sehr schwer zu erlernende Eigenschaft und unsere Aura unterscheidet sich auch kaum mit der von Menschen, erst recht noch weniger von Engeln, sodass sich die meisten nicht einmal die Mühe machen, sondern eher spionieren."

„Hm, okay. Danke und auf Wiedersehen", verabschiedete sich Astrid schnell, da sie von unten Ash schon hupen hörte.

„Mach's gut, Astrid. Und schlaf noch ein paar Stunden. Du hast sie dir verdient."


Auf der Fahrt zu sich nach Hause schlief Astrid fast ein. Zuvor hatten sie und Ca sich bei Ash erkundigt, wie es Robin ging, aber Ash hatte nur kurz darauf geantwortet, dass er im Krankenhaus lag und sein Zustand stabil war. Ansonsten war niemanden zu reden zumute. Ca und Thomas wurden zuerst abgesetzt, aber bald fuhr Ash in die Rosenstraße ein. Astrid Körper schrie nach dem immer näherkommenden Bett und ungeduldig stieg sie aus dem Auto aus, als Ash vor dem blauen Haus hielt. Aiden auf der Beifahrerseite war schon längst eingeschlafen. In Anbetracht der Ereignisse und der Tatsache, dass es um sieben Uhr morgens war, wunderte es sie auch gar nicht.

„Also dann, danke fürs Fahren, schlaf noch eine Runde", bedankte sich Astrid bei Ash für seine Dienste.

„Oh, warte mal Astrid", hielt Ash sie auf, nicht direkt durch das Fenster in ihr Haus zu klettern, während er selbst auch aus dem Auto stieg.

„Was ist denn? Brauchst du etwas?"

„Nein, ich, ähm", er kratzte sich etwas verlegen am Nacken. Moment mal, verlegen? Irritiert runzelte Astrid die Stirn.

„Heute Nacht, bei dem Angriff, als du dich quasi vor mich gestellt hast... danke. Und es tut mir leid, dich eine Verräterin genannt zu haben", meinte er, während er den Boden anstarrte. Nachdem Astrid vor Staunen eine Weile nichts gesagt hatte, sah er sie an.

„Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?", fragte er ein wenig unsicher und genervt.

„Ja, irgendwie schon. Ich bin nur überrascht, dass du dich entschuldigst, ich meine... ich hätte das nie gedacht", erklärte Astrid und war sich immer noch nicht sicher, ob das, was Ash gerade gesagt hatte, Realität oder vielleicht doch nur ein Ursprung ihres übermüdeten Gehirns war, und sie gerade halluzinierte.

„Na vielen Dank auch", beschwerte sich Ash und wollte wieder ins Auto einsteigen, aber Astrid hielt ihn zurück.

„Nein, ich wollte nur sagen, danke. Du warst halt nie sonderlich freundlich zu mir gewesen, das musst du zugeben."

Ash zögerte und schaukelte hin und her, bis er schließlich sagte:

„Ich habe meine Gründe."

„Willst du es mir erklären?"

„Was soll ich dir schon erklären, Verr... Ich meine Astrid."

Astrid schmunzelte leicht und trat um das Auto, nur um direkt vor ihm stehen zu bleiben. Zum ersten Mal bemerkte sie jede kleine Sommersprosse auf seinem Gesicht und die Verunsicherung in seinen Augen, die er so gut zu verstecken versuchte.

„Du musst es mir nicht sagen, auch wenn ich der Meinung bin, ich hätte eine Erklärung verdient. Aber bevor du gehst", fügte sie noch hinzu, „sollst du wissen, dass ich dich als Gruppenmitglied sehr schätze. Und ich würde mich für jeden meiner Freunde jederzeit in die Schusslinie werfen."

Bevor sie sich umdrehte und ging, sah sie noch kurz etwas in Ashs Augen aufblitzen, aber da hatte sie ihm schon den Rücken zugekehrt.

„Astrid, warte", sagte dieser keine drei Sekunden später.

Erwartungsvoll drehte sie sich um. Ash sah wieder auf den Boden.

„Ich bin nicht gut im Nettsein oder darin, neue Freunde zu gewinnen. Generell bin ich jedem skeptisch gegenüber und als du... neu einfach dazu gekommen bist, war ich natürlich nicht so begeistert. Du warst einfach fremd."

Er machte eine kleine Pause.

„Mein Bruder war nicht skeptisch genug gewesen."

„Aiden?"

Ash lächelte sie schwach an, er wirkte plötzlich irgendwie traurig.

„Wir waren mal zu dritt. Anton, Aiden und ich."


Obwohl Astrid viel zu müde war, konnte sie nicht schlafen. Zu viele Gedanken kreisten ihr durch den Kopf. Der Wii-Abend, der schon eine gefühlte Ewigkeit her war, Tobias Worte, Robin und ihr Gespräch, der Kampf, Robin, der andere Kampf, Leagas Bruder, Robin, das Gespräch bei Mr. Winters, Ashs Entschuldigung, Robin... Sie wusste gar nicht, wo ihr der Kopf stand.

Als Ash sich mit den Worten „Ich freue mich auf unseren nächsten gemeinsamen Sprint" und Astrid mit „Schlaf bloß nicht beim Fahren ein und bau keinen Unfall" verabschiedet hatte (Ash meinte noch, er sei solche Strapazen gewöhnt), war Astrid endlich ins Haus gegangen und fand eine am Essenstisch schlafende Pearl vor, welche von ihrem Kommen nicht aufgewacht war. So leise wie möglich schlich sich Astrid in ihr Zimmer, nachdem sie Pearl noch mit einer Couchdecke zugedeckt hatte, zog ihre dreckigen und mit Blut verschmierten Sachen aus und andere bequeme Sachen an und schmiss sich sofort ins Bett, als schon die ersten Sonnenstrahlen ihr Zimmer lichtdurchfluteten. Müde hatte sie die Augen geschlossen, doch nun hielten ihre Gedanken sie wach.

Irgendwann musste sie trotzdem eingeschlafen sein, denn als sie das nächste Mal auf die Uhr sah, war es halb zwei und sie fühlte sich wie gerädert. Eine Sekunde später realisierte sie den Grund, warum sie aufgewacht war. Müde hob sie ihr Handy und sah auf das Display. Ein Anruf von Ca. Stöhnend nahm sie ab.

„Morgen Ca."

„Guten Morgen du Schlafmütze, bist du bereit?"

„Bereit für was?"

„Na fürs Kleidershoppen! Heute Abend ist doch immer noch der Ball!"

Astrid stöhnte erneut auf. Wie konnte man nach so einer anstrengenden Nacht nur so energiegeladen sein?

„Ich glaube nicht, dass ich heute hingehen werde. Wir haben ja auch noch Dämonentraining und ich bin hundemüde."

„Dämonentraining fällt heute aus, weil die gestrige Nacht doch sehr strapazierend war. Und schlafen kannst du noch, bis du schwarz wirst, also komm."

„Ca, bitte, ich will wirklich..."

„Gut, ich bin in einer halben Stunde bei dir. Ich hoffe, du hast bis dahin etwas gegessen und dich angezogen. Bye."

Und schon hatte sie aufgelegt. Ein weiteres Mal stöhnend richtete sich Astrid auf. So schlimmen Muskelkater hatte sie schon lange nicht mehr gehabt. Nach einer ausgiebigen Dusche, durch die sie sich ein wenig wacher fühlte, schlüpfte sie in bequeme Ausgehsachen und ging in die Küche, wo Pearl stand.

„Guten Morgen Astrid, oder sollte ich lieber guten Mittag sagen", lächelte sie ihr liebevoll entgegen.

„Ich habe dir noch etwas Essen aufgehoben, ich wusste nicht, wie lange du schläfst. Gestern Nacht war ja dann doch ganz schön turbulent gewesen."

„Hm", stimmte Astrid ihr müde zu.

Während des Essens erzählte sie Peal von den ganzen Begebenheiten, als auch schon die Türklingel schellte.

„Das wird Ca sein. Sie will mit mir shoppen", erklärte Astrids seufzend auf Pearls fragenden Blick. Diese huschte zur Tür und ließ Astrids Freundin herein.

„Ich wusste gar nicht, dass ihr shoppen gehen wollt", meinte sie, „Nehmt doch Sunny gleich mit. Ich denke, bei euch ist sie sicher und ein wenig frische Luft wird ihr sicher guttun."

„Ich will nicht, Mom", kam es plötzlich von oberhalb der Treppe und Sunny erschien.

„Ich habe keine Lust zu shoppen."

„Sicher nicht? Es ist für den Halloweenball heute Abend", versuchte Ca, die gerade Astrid zur Begrüßung umarmte, Sunny vorsichtig zu überreden. Diese schnaubte jedoch nur.

„Halloweenball? Shoppen? Feiern? Bin ich hier die einzige, die denkt, dass das viel zu überstürzt ist?"

„Was meinst du?", fragte Astrid und bereute es sofort.

„Mein Dad ist gerade mal eine Woche tot und ihr denkt, ich könnte sofort wieder ein auf heile Welt tun? Mir doch egal, wenn du Astrid dich noch nie so emotional an einen Menschen gebunden hast und es deswegen nicht verstehst. Mir doch egal, ob meine Mom auch plötzlich das alles so gut verdrängen kann, aber ich kann es einfach noch nicht."

Sunny schrie nun fast.

„Das ist uns doch auch bewusst, Spätzchen. Und ich glaube nicht, dass es irgendjemanden von uns hier kalt lässt. Deine Freunde verstehen sicher, dass du Zeit brauchst, aber du musst mit ihnen reden. Sie wollen doch sicher auch nur das Beste", versuchte Pearl ihre Tochter zu beruhigen, aber diese schnaubte erneut und stampfte wieder nach oben. Pearl wollte ihr nach, aber Astrid hielt sie zurück.

„Ich rede mit ihr."

Sie schenkte ihrer Ziehmutter ein entschuldigendes Lächeln, Pearl seufzte nur.

„Ja, ich denke, das ist das Beste."

„Ich komme mit", schloss sich Ca Astrid an.

Zusammen gingen sie hoch und blieben vor Suns Tür stehen, nur um sich noch einmal unsicher anzusehen, bevor sie klopften und zögerlich eintraten. Sunny saß an ihrem Schreibtisch und schien in die Ferne zu starren. Scheinbar hatte sie ihrer Freundinnen kaum bemerkt.

„Sun? Können wir reden?", begann Astrid zögerlich, nachdem sie sich nur wenige Schritte in Suns Zimmer traute, in welchen sie sonst immer mit ihrer Ziehschwester und Freundin stundenlang auf dem Bett gehockt und über banale Dinge gesprochen hatte.

„Über was denn, bitte?", raunte Sun, ohne ihren Blick von der Wand zu nehmen.

„Ich habe keinen Vater mehr und alles, was du scheinbar im Kopf hast, sind Wii-Abende, Schulbälle und Shoppingtouren."

„Das stimmt nicht, und das weißt du genau", versuchte Astrid sich zu verteidigen.

„Natürlich hatte ich zu deinem Vater nicht die emotionale Bindung wie du zu ihm, wie auch, wir hatten ja nicht mal wirklich ein gesundes Verhältnis. Aber du weißt, dass ich auch wirklich bedaure, dass das so ist. Und dass es schmerzt, euch alle so zu sehen. Mit dem Wii-Abend dachte ich, dass ein wenig Ablenkung vielleicht nicht schlecht ist, und auch der Ball heute, zu dem ich nicht mal unbedingt will."

„Ach lass es einfach stecken, Astrid. Was weißt du schon davon, was für mich gut ist. Ich will jetzt keine Ablenkung."

„Aber nur weil du das nicht willst und in deiner Trauer stecken bleibst, was ich natürlich verstehe, denn jeder braucht seine Zeit und ich habe dich nie zu etwas gezwungen, aber nur, weil das so ist, heißt es nicht, dass ich auch auf alles verzichten muss."

Sunny drehte ihren Kopf und funkelte Astrid wütend an.

„Oh, wie schön für dich. Aber dann lass mich einfach mit deinen blöden Kommentaren in Ruhe. Meinen Vater besser kennenlernen? Als ob du das je wolltest. Dir liegt überhaupt nichts an ihm", fauchte sie Astrid an.

„Sun, beruhig dich doch", versuchte Ca nun die Spannung, die sich zwischen den beiden Mädchen aufgebaut hatte, zu lösen.

„Wir wissen, dass du trauerst, und würden, wie Ada schon gesagt hat, dich nie zu etwas drängen. Es ist okay, wenn du Zeit brauchst zu heilen. Und vor allem musst du mit uns reden, damit wir wissen, wie du dich fühlst", flehte sie Sun fast schon an. Scheinbar hasste Ca Streit.

Sunny starrte zurück zur Wand.

„Ich weiß nicht, was ich fühle. Ich fühle mich wütend, traurig und leer zugleich. Geht das überhaupt?", flüsterte sie kaum verständlich. Ca und Astrid sahen sich besorgt an. Eine Pause entstand, die sich wie eine Ewigkeit anfühlte. Astrid wusste nicht, ob ihre Freundin immer noch wütend war, ob sie sie trösten sollte oder ob sie irgendwas sagen konnte, das Sunny ein wenig half. Machtlos stand sie also weiter wie eingefroren im Raum. Sunny zeigte keine Reaktion.

„Sunny, wir sind für dich da, das weißt du doch, oder?", flüsterte Astrid fast und bei dem Anblick ihrer niedergeschlagenen Freundin sammelten sich Tränen in ihren Augen.

„Du musst das nicht alleine durchstehen", ergänzte Ca.

Doch Sunny schnaubte nur erneut, als hätte die Wut wieder die Oberhand gewonnen.

„Ja genau. Wirklich Leute, macht euch keine Mühe. Vor allem du nicht, Astrid."

Astrid sah Ca verwirrt und verletzt an.

„Was... was meinst du?", stotterte sie.

„Dir scheint es nicht wirklich zu stören, dass mein Vater gestorben ist, dabei war es ja auch deine Schuld. Weil sie dich finden wollen. Nur wegen dir ist mein Vater tot", schrie Sunny, und Astrid bemerkte, wie ihre Stimme bebte. Für sie selbst war es ein Schlag in die Magengrube. Obwohl sie es nicht wahrhaben wollte, spürte sie tief im Inneren, dass Sun recht hatte. Es war ihre Schuld.

Astrid spürte Verzweiflung, Wut und Trauer gleichzeitig in ihr hochkommen. Verzweiflung, weil sie es einfach nicht schaffte, ihrer Freundin ein wenig Trost zu spenden, sondern scheinbar mit jedem weiteren Wort, dass sie aussprach, die ganze Situation noch schlimmer machte. Und weil sie schuld am Tod von Mr. Walsers war. Wut, weil Sunny ihre Hilfe einfach nicht annahm und sie irgendwelcher Dinge beschuldigte, die teilweise gar nicht stimmten und sie mit ihrer Meinung so stur war. Und Trauer, weil sie bemerkte, wie beschissen es ihr eigentlich ging und wie schmerzhaft der Verlust war.

„Sun!", keuchte Ca bei ihren Worten.

„Das ist nicht dein Ernst! Astrid ist an nichts schuld, das weißt du genau."

„Jetzt tu nicht so, Carol. Du weißt so gut wie ich, dass es ohne Astrid hier schon viel weniger Blutvergießen gegeben hätte."

„Aber das ist doch nicht ihre Schuld!", versuchte Ca Astrid zu verteidigen, aber diese stürmte schon aus dem Zimmer raus, Tränen hatten sich in ihren Augen gebildet. Das konnte sie nicht länger aushalten.

Ca folgte ihr daraufhin. Zusammen gingen sie wieder nach unten, wo Pearl sie hoffnungsvoll ansah, aber Astrid blickte sie nur finster an und marschierte ohne noch einmal ein Wort zu sagen an ihr vorbei in ihr Zimmer. Ihr war eindeutig die Lust an Shoppen vergangen. Ca, die versuchte, sie ein wenig aufzuheitern, erklärte ihr, dass Sunny gerade viel zu emotional war, um irgendwie logisch denken zu können. Doch Astrid spürte die Schuld und wie sie schwer auf ihren Schultern haftete wie ein gigantischer Felsbrocken. Nicht nur das, zum ersten Mal hatte sie eine Auseinandersetzung mit ihrer Freundin gehabt, und sie hasste dieses Gefühl. Sie wollte sich nicht mit ihrer Freundin und Ziehschwester streiten, zumal es die erste Freundin, oder eine ‚Art Freundin' für Astrid gewesen war. Bei Ca hatte sie jedoch nun eine Person, bei der sie all ihren Frust, ihrer Wut, ihr Missverständnis und ihrer Verzweiflung Platz machen konnte. Es war, als würde alles auf einmal zusammenkommen, als würde das Fass überlaufen und die Diskussion mit Sunny war der Tropfen zu viel. Zum ersten Mal redete Astrid darüber, wie ermüdend die ganze letzte Woche für sie gewesen war, wie sie für die Familie hatte stark sein müssen, dass sie ja auch diejenige war, die sich Schwäche gar nicht leisten durfte, weil sie nicht das Recht dazu hatte. Sie redete darüber, wie sehr stressig es war, ein normales Leben mit Schule und ein Dämonenleben mit Training und Kämpfen und Lebensangst unter einen Hut zu bekommen, noch dazu, wo sie es noch nie machen musste. Vor allem die gestrige Nacht, als Robin so schwer verletzt wurde, war sehr beängstigend für sie gewesen. Überall lauerten die Gefahren und Astrid fühlte sich gefangener denn je. Dabei hatte sie doch immer von Freiheit geträumt. Aber dafür hatte sie eine Familie und Freunde gefunden. All die Beziehungen intakt zuhalten, die sie geschafft hatte, aufzubauen, war für sie eine große Schwierigkeit, eben weil sie es nicht kannte. Und jetzt auch noch die Sache mit Sunny und ihre aufkommenden Schuldgefühle. Sie kam kaum noch zum lesen oder zum Tagebuchschreiben, sie hatte kaum Zeit für ihre eigenen Gedanken. Astrid erzählte Ca auch davon, dass die Ungewissheit über ihre Herkunft sie sehr zu schaffen machte, ließ aber den Aspekt mit ihrem Traum aus. Weil sie sich so sehr in Rage geredet hatte und Ca eine erstaunlich gute Zuhörerin war, beichtete Astrid ihr auch, dass sie seit der gestrigen Nacht noch öfter als sonst an Robin dachte, und dass sie das ein wenig gruselig fand. Daraufhin musste Ca jedoch erst einmal lachen, aber trotzdem leuchteten ihre Augen, als hätte sie gesagt bekommen, dass ihre Lieblings-Metallband höchstpersönlich zu ihr nach Hause kommen und nur für sie ein kleines privates Konzert veranstalten würde. Astrid konnte sich schon vorstellen, wieso. Als sie fertig mit jammern war, umarmte Ca sie lange und Astrid liefen automatisch Tränen die Wange herunter, die sich in den letzten Tagen einfach angestaut hatten. Sie war froh, eine beste Freundin gefunden zu haben, der sie, wie ihrem Tagebuch, alles anvertrauen konnte. Oder vielleicht fast alles. Zwei weitere Stunden vergingen, in denen die Mädchen über alles Mögliche redeten, was sie gerade beschäftigte und Ca ihr weiterhin zu versichern versuchte, dass Astrid nicht die Verantwortung für Mr. Walsers' Tod oder den eines anderen trug, und am liebsten hätte Astrid das Gespräch noch Stunden weiterführen können, da sprang Ca plötzlich auf.

„Hey Ada, ich habe eine Idee. Was hältst du davon, wenn wir Robin im Krankenhaus oder bei sich zu Hause, je nachdem, wo er gerade ist, einen Besuch abstatten, wo er doch schon nicht mit zum Halloweenball heute Abend kommen kann? Theoretisch seid ihr ja immer noch verabredet", fügte sie mit einem unterschwelligen Ton und verschmitzten Lächeln hinzu.

„Theoretisch nicht, weil ich nie ‚ja' gesagt habe", widersprach Astrid, obwohl sie am liebsten sofort selbst aufgesprungen und zu Robin geeilt wäre. Sie machte sich Sorgen und wollte unbedingt, wissen, wie es ihm ging, die Ungewissheit über sein Wohlbefinden ließen sie zu ihren zusätzlichen Gefühlen noch ganz verrückt werden.

„Dann hast du es halt nicht gesagt, aber gewollt. Außerdem können sowohl wir als auch er wahrscheinlich gerade etwas Ablenkung und gute Laune gebrauchen", argumentierte Ca weiter und Astrid musste ihr da zustimmen. Obwohl allein die letzten Stunden, in denen sie sich einfach bei ihrer besten Freundin ausgeheult hatte, sie viel besser fühlen ließen, verspürte sie trotzdem den Wunsch, mit Ca zu Robin zu gehen und einfach zu dritt abzuhängen.

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