Hermine jonglierte mit drei Äpfeln. Es sah wirklich beeindruckend aus, fand Draco, half ihnen aber kein Stück weiter beim Problem, was sie aktuell hatten: nämlich, eine Grillparty für acht Leute zu organisieren. Eine Grillparty, zu der drei Gryffindors und drei Slytherins eingeladen waren, die zwar generell wussten, wer die anderen Gäste waren, aber die das ganze wirklich nur so mittelwitzig fanden. Und die in zwei Stunden stattfinden sollte.
Bisher hatten sie einen Grill. Er war nicht aufgebaut, geschweige denn, dass irgendwer daran dachte, ihn irgendwann anzufeuern. Aber er war da. Eine Tatsache, die man auf grillbare, beziehungsweise generell essbare Dinge leider nicht übertragen konnte. Nun, sie hatten drei Äpfel. Einer davon war gerade im Blumenbeet gelandet.
"Hermine, wir müssen etwas einkaufen.", erklärte Draco.
Hermine fing die beiden übrigen Äpfel auf (beziehungsweise, sie fing einen auf, der andere plumpste zu Boden und rollte ins Gras) und nickte.
"Definitiv.", stimmte sie zu. "Das wird eh lustig nachher, auch ohne, dass alle hungrig sind."
Draco verdrehte die Augen.
"Ich glaube immer noch nicht, dass es so schlimm wird.", räumte er ein. "Ron kenne ich schon, wir kommen miteinander aus. Du kennst Pansy und Blaise, die beiden sind völlig ok und ich habe es noch nie erlebt, dass sie mit irgendjemandem nicht entspannt reden konnten. Harry und Ginny..."
"Ginny hegt nach wie vor einen Groll auf dich, ebenso wie Harry. Und Pansy und Ginny sind in unserer sechsten Klasse mal gewaltig aneinander geraten und haben das immer noch nicht geklärt, weshalb Ginny sich jetzt weigert, auch nur einen Fuß ins Postamt zu setzen und als wir letztens kurz bei Pansy waren, bevor wir zusammen Kürbiskegeln waren, lagen neben ihrem Sofa Quidditchzeitschriften, auf deren Cover sie Ginny Fangzähne gemalt hatte.", ergänzte Hermine und verschränkte die Arme. "Ich glaube, ohne mindestens ein Drama geht das heute Abend nicht über die Bühne."
Draco zuckte mit den Schultern. Hermine kam gut mit Pansy und Blaise zurecht, warum sollte es mit den anderen Gryffindors anders sein?
"Wir werden sehen.", sagte er. "Vielleicht klären wir trotzdem noch die Essensgeschichte."
Hermine nickte und schnappte sich ihre Handtasche von einem herumliegenden Gartenstuhl (es waren nur vier, da würden sie nachher noch was dran ändern müssen).
"Na dann, auf geht's!", rief sie. Draco hob schnell noch die beiden heruntergefallenen Äpfel auf und legte sie auf den Gartentisch. "Wie schwer kann es schon sein, für einen Grillabend einzukaufen?"
Ziemlich schwer, war die Antwort. Insbesondere wenn die beiden Beteiligten gravierend unterschiedliche Vorstellungen hatten, was zu einer Grillparty gehörte und was nicht.
"Also wir brauchen auf jeden Fall Kartoffelsalat.", sagte Hermine und legte eine Packung davon in den Einkaufskorb, der neben ihnen durch den Lebensmittelladen am Ende der Winkelgasse schwebte.
"Sicher?", fragte Draco. "Also ich finde Nudelsalat eigentlich besser." Er schmiss eine Handvoll wahllos aus dem Regal gegriffenes Gemüse dazu.
"Niemand mag Nudelsalat!", protestierte Hermine, während sie durch das Gemüse wühlte, die Gurke, die Zwiebeln und die Paprikas darin ließ, aber den Staudensellerie, die Möhren und den Blumenkohl wieder aussortierte.
"Jeder mag Nudelsalat!", widersprach Draco und legte den Bund Möhren wieder hinein. Hermine verschränkte die Arme.
"Draco, was willst du mit den Möhren?", fragte sie. "Die schmecken nicht gegrillt. Und ich hasse Nudelsalat, genau wie Harry, Ron und Ginny."
Draco dirigierte den Korb um eine Ecke Richtung Milchwaren.
"Du kannst ja einen Kartoffelsalat besorgen für euch, aber ich kann dir versichern, dass Blaise wieder geht, wenn wir keinen Nudelsalat haben.", erklärte er. "Und die Möhren sind nicht zum Grillen, sondern zum Dippen."
Hermine nickte siegessicher und schob den von Draco ausgesuchten Nudelsalat in die Ecke des Korbes, die am weitesten von ihrem geliebten Kartoffelsalat entfernt war.
"Haben wir überhaupt einen Dip für deine Möhren?", fragte sie dann. Draco spähte in den Korb.
"Noch nicht.", gab er dann zu. Hermine deutete auf ein Regal mit magisch haltbar gemachten Dingen.
"Da müssten Dips dabei sein.", schlug sie vor. Draco nickte und besah sich die Auswahl. Als er sich für zwei Varianten entschieden hatte und sich wieder umdrehte, war Hermine verschwunden. Sie tauchte aber sofort wieder auf, in den Händen gigantische Mengen an Schaf- und Grillkäse.
"Schau nicht so, es gibt nichts besseres, als Käse vom Grill.", sagte sie und lud den Inhalt ihrer Arme in den Korb. Draco runzelte die Stirn.
"Doch.", sagte er dann. "Fleisch vom Grill."
Hermine verdrehte die Augen.
"Wir brauchen noch Brot.", sagte sie dann. Draco nickte, zückte seinen Einkaufszettel und verglich ihn mit dem Inhalt ihres Korbes. Sie hatten keine Gemeinsamkeiten. Im Nachhinein fragte er sich, wie er überhaupt auf die Idee gekommen war, für irgendetwas, was er mit Hermine zusammen machte, einen Plan zu machen.
Es war lustig, sie war chaotisch und spontan, hielt nichts von Einkaufslisten und schien beim Durchsehen der Regale zu entscheiden, was sie in ihren Korb legen wollte. Nichts erinnerte mehr an die Hermine aus Schulzeiten, die für ihre farbcodierten Lernpläne und ihren missbilligenden Blick bekannt gewesen war, wenn etwas nicht so lief, wie vorhergesehen.
Er konnte diesen Gedanken nicht weiterführen, da er von Hermine unterbrochen wurde, die eine gigantische Packung "Marshmellows" in den Einkaufskorb schmiss, gefolgt von zwei Tafeln Schokolade und einer Packung Cracker.
"Was ist das?", fragte er schockiert. Sie zuckte mit den Schultern.
"Für S'Mores.", sagte sie. Die verwirrten Furchen auf Dracos Stirn wurden, wenn möglich, noch ein wenig tiefer.
"Für was?"
Hermines Augen wurden groß.
"Eine Muggel-Süßigkeit aus Amerika.", erklärte sie. "Du nimmst einen Cracker, darauf ein Stück Schokolade und darauf legst du einen gerösteten Marshmallow. Oben drauf kommt noch ein Cracker - und schon hast du einen S'More."
Da Draco noch nie einen Marshmallow gegessen hatte (er hielt sich zumeist von Muggel-Süßigkeiten fern, schließlich waren die der Zaubererwelt umfangreich und ihm hatte nie etwas gefehlt) konnte er darüber nicht wirklich urteilen. Er bezweifelte jedoch, dass die Idee, eine Muggelsüßigkeit mitzubringen zu einem ersten Treffen von Slytherins und Gryffindors nach mehreren Jahren, eine wirklich gute war.
"Wie auch immer.", sagte er, weil er keine Lust hatte, zu diskutieren. "Wir sollten uns glaube ich auf den Rückweg machen, wir müssen das auch noch vorbereiten."
Gerne hätten Draco und Hermine behauptet, dass alles vorbereitet, Nudel- und Kartoffelsalat in Schüsseln, der Tisch gedeckt und das Gemüse geschnitten gewesen wäre, als es Punkt achtzehn Uhr an der Tür klingelte.
In der Realität waren sie leider seit anderthalb Stunden dabei, den Grill anzufeuern, die Einkäufe hatten nicht einmal den Weg aus ihrer Tüte heraus gefunden und der Tisch hatte noch nicht einmal genügend Stühle.
Hermine und Draco tauschten einen etwas verzweifelten Blick und Draco sprintete durch das Haus zur Haustür. Er hoffte wirklich, dass es Slytherins waren, die da kamen, aber Hermine hatte offenbar beschlossen, das Risiko, dass es nicht so war, einzugehen und ihm nicht zu folgen. Stattdessen sah er sie, als er noch einmal über seine Schulter sah, mit dem Zauberstab umherwirbeln, vermutlich um es so aussehen zu lassen, als hätten sie wenigstens irgendetwas vorbereitet. Er atmete erleichtert auf, alles andere wäre ihm nämlich sowohl vor seinen Freunden, als auch vor den Gryffindors höchst peinlich gewesen.
Er öffnete die Tür, davor stand Astoria mit Scorpius. Sie hatte eine große Schüssel Salat dabei und eine noch größere Tasche mit Kindersachen. Draco hatte damals, als Scorpius geboren wurde, recht schnell gemerkt, dass diese Tasche voll mit Wickelzeug, Babynahrung, Wechselklamotten und Spielzeug wohl ein ständiger Begleiter werden würde und er hatte recht gehabt. Er war nur froh, dass sie dank Magie nicht das tatsächliche Gewicht der Tasche schleppen mussten.
"As!", begrüßte er sie fröhlich. "Wir hatten doch gesagt, keine Mitbringsel." Da hatte Hermine drauf bestanden, da sie überhaupt keine Lust auf einen Konkurrenzkampf hatte, wer den besseren Dip machen konnte. Draco hatte das als durchaus sinnvoll gesehen und Blaise, Pansy und Astoria mehrfach darauf hingewiesen.
"Ja,", sagte sie. "Aber ein Salat schadet ja nie, oder?" Draco schickte ein Stoßgebet zu Merlin oder wem auch immer, dass ihm das nicht später auf die Füße fallen würde und trat ein Stück zur Seite, um die beiden ins Haus zu lassen. Scorpius stürmte sofort an ihm vorbei durchs Haus in den Garten, wo Draco als erste Tat nach dem Einzug, einen kleinen Sandkasten für ihn eingerichtet hatte.
Sie gingen hinüber in den Garten, wo Hermine zumindest die Stuhlzahl verdoppelt und die Einkäufe auf dem Tisch verteilt hatte. Die beiden Frauen begrüßten sich distanziert, aber höflich. Draco verfolgte das nicht weiter, da es sofort wieder an der Tür klingelte.
Diesmal waren es die Gryffindors: die Potters mit ihren beiden Söhnen (Draco wusste, dass Hermine ihm die Namen irgendwann mal gesagt hatte, aber er hatte sie wieder vergessen - er wusste nur noch, dass der jüngere etwa genauso alt war, wie Scorpius). Beide hatten Harrys Haare geerbt und er schätzte den älteren auf etwa drei oder vier. Neben Harry und Ginny war auch Ron anwesend. Draco musste sich zurückhalten, nicht die Augen zu verdrehen: Gryffindors gab es wohl tatsächlich nur im Paket.
Er begrüßte sie auf eine ähnliche Weise, wie Hermine und Astoria das eben getan hatten und deutete dann auf den Weg nach hinten in den Garten.
Gerade wollte er die Haustür schließen, da apparierten Blaise und Pansy mit einem lauten Knall in den Vorgarten. Draco grinste und hielt die Tür noch einmal auf, während er ihnen mit einer lächerlichen kleinen Verbeugung zu verstehen gab, doch bitte einzutreten.
Er atmete erleichtert auf, als jetzt alle Gäste pünktlich da waren, denn er hätte es sowohl den Gryffindors als auch seinen Freunden zugetraut, mehr als einen spitzen Kommentar zu machen, wenn von der anderen Seite jemand zu spät gewesen wäre.
Er folgte den Ankömmlingen in den Garten, wo sich bereits eine etwas seltsame, aber immerhin nicht feindselige Atmosphäre eingestellt hatte.
Mit einem freundlichen Augenzwinkern, das hoffentlich auch so interpretiert werden würde, lud er die Potters ein, dass der Sandkasten groß genug für alle drei Kinder war und beobachtete erleichtert, dass die sich offenbar keinen großen Kopf darum machten, in welchem Haus ihre Eltern gewesen waren.
Hermine machte sich am qualmenden Grill zu schaffen und er sprintete hinüber, um ihr mit seiner nicht vorhandenen Expertise unter die Arme zu greifen.
"Soll das so rauchen?", wisperte Hermine und Draco zuckte nur etwas verzweifelt mit den Schultern und versuchte, sich zu entsinnen, ob er irgendeine Art Zauberspruch kannte, der in dieser Situation nützlich sein könnte.
Mit halber Aufmerksamkeit beobachteten sie, was am Gartentisch passierte und wurden sich wortlos einig, dass es nicht so schlimm war, wie sie befürchtet hatten. Hermine hatte offenbar die Hilfsangebote von allen Seiten dankend angenommen und so saßen Harry und Ginny am einen Ende des Tisches und schnitten Gemüse, während sie ein Auge auf die Kinder hatten und Pansy und Astoria taten am anderen Ende genau das gleiche.
Dazwischen saßen Blaise und Ron, die offenbar zumindest versuchten, ein Gespräch zu führen. Von dem, was Draco über das Knacken des Grills und Hermines Fluchen hören konnte, war es ziemlich steifer Small Talk, aber immerhin, es war ein Anfang.
Irgendwann nahm der Grill einen Zustand an, den Hermine und Draco als zumindest ähnlich dem bezeichnen konnten, was sie sonst von Grills gewohnt waren, wenn die jemand bediente, der auch etwas davon verstand. Sie verteilten wahllos ein bisschen was von allem darauf und setzten sich dann zu den anderen an den Tisch.
Für eine Weile versuchten sie, ein Gesprächsthema zu finden, an dem sich alle beteiligten, aber sowohl Quidditch, als auch aktuelle Politik, Kürbispasteten, Zeitreisen, Schach und Erinnerungen an die Schulzeit schafften es nicht, zu verhindern, dass sich die Gespräche immer nach wenigen Minuten im Sande verliefen.
Hermine und Draco tauschten einen etwas verzweifelten Blick. So hatten sie sich das irgendwie nicht vorgestellt.
Auf einmal richtete sich Pansy auf.
"Riecht ihr das?", fragte sie. Draco schnupperte und konnte sehen, wie die anderen das Gleiche taten.
"Es riecht verbrannt.", stellte Ron fest. Hermine und Draco tauschten einen alarmierten Blick.
"Sind das die Sachen auf dem Grill?", fragte er überrascht.
"Ich dachte, das dauert immer ewig!", protestierte Hermine. "Das ist da doch seit höchstens ein paar Minuten drauf. Harry runzelte die Stirn.
"Warte, ihr habt Zeug auf dem Grill?", fragte er entsetzt. "Was bei Merlins Bart macht ihr dann hier am Tisch?" Er erhob sich ruckartig und lief mit zügigen Schritten hinüber zu dem Gegenstand, auf den Draco einen zunehmenden Hass entwickelte. Er und Hermine standen ebenfalls auf, um zu schauen, wie schlimm es war, aber Pansy kam ihnen zuvor und drückte sie wieder auf ihren Hosenboden zurück.
"Ihr beide bleibt schön hier sitzen.", erklärte sie und verdrehte amüsiert die Augen. "Ich entziehe euch hiermit die Grillrechte." Sie marschierte hinüber zu Harry und leises Gemurmel sowie gelegentliche Lichtblitze ließen vermuten, dass sie versuchten, zu retten, was noch zu retten war.
Draco konnte nicht behaupten, dass er unbedingt traurig war, die Verantwortung dafür, etwas Essbares zu produzieren, losgeworden zu sein und so wie er Hermine kannte, ging es ihr ähnlich.
Nach einigen Augenblicken, die alle am Tisch gespannt zu den selbst ernannten Grillrettern hinübersahen, verkündeten Pansy und Harry, dass sie nochmal von vorne anfangen würden und hofften, möglichst schnell vergessen zu können, was sie hier gerade gesehen hatten.
Die sechs Personen am Tisch rückten ein wenig zusammen und für einige Minuten hatten alle Beteiligten viel Spaß daran, sich über Hermine und Draco lustig zu machen. Die wurden sich mit einem Blick einig, dass sie es nicht schlimm fanden, Opfer einiger Witze zu sein, wenn das bedeutete, dass die Atmosphäre hier im Garten ein wenig besser wurde.
Schließlich schlug doch noch ein Thema von vorhin an und Blaise und Ron begannen, die Vor- und Nachteile verschiedener Schachstrategien zu diskutieren. Ginny und Astoria rutschten ein Stück zusammen und übernahmen gemeinsam die Aufsicht über die Kinder, woraus sich ein kleiner Austausch an Anekdoten entwickelte.
Hermine und Draco tauschten einen begeisterten Blick. Die Stimmung war gut, ihr Plan war aufgegangen: Gryffindors und Slytherins kamen miteinander aus.
Gerade hatten sich Hermine und Draco ebenfalls in ein Gespräch vertieft, da wurden am Grill die Stimmen lauter.
"Ich sage dir, das ist noch nicht durch, das kann man noch nicht essen!", rief eine empörte Pansy, gefolgt von einem genervten Seufzen von Harry.
"Und ich sage dir, es ist fertig!", erwiderte er, ebenfalls mit erhobener Stimme. "Und es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass ich grille, also glaub mir, ich weiß, was ich tue!"
Draco sah auf und konnte erkennen, wie Harry eilig die kleinen Würstchen vom Grill schweben ließ.
"Ich habe auch schon gegrillt!", fauchte Pansy zurück, zückte ihren eigenen Zauberstab und die Würstchen wanderten zurück. "Ich weiß, wie fertige Würstchen aussehen - und zwar nicht so!"
"Ich bin mir sicher, dass ich mehr vom Grillen verstehe als du!", protestierte Harry und schob sie jetzt mit dem Ellenbogen aus dem Weg, um wieder an den Grill zu kommen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich ausgiebig mit einer ursprünglichen Muggeltradition beschäftigt hast!"
"Willst du mir jetzt ernsthaft vorwerfen, dass ich ein Problem mit Muggeln habe?", empörte Pansy sich und richtete ihren Zauberstab jetzt auf seine Brust. "Der Krieg ist acht verdammte Jahre her, im Gegensatz zu euch Gryffindors sind wir in der Lage, unsere Meinung und unser Verhalten zu ändern!"
Am Tisch schienen jetzt alle das Gespräch zu verfolgen, Draco und Hermine sahen sich unsicher an. Das einzige, was Draco davon abhielt, dazwischen zu gehen, waren die beiden gezückten Zauberstäbe, die längst nicht mehr damit beschäftigt waren, sich um die Grillware zu kümmern, die soeben ziemlich nebensächlich geworden war.
"Darum geht es hier doch gar nicht!", rief Harry. "Ich meine nur, dass ich unter Muggeln aufgewachsen und Familienvater bin und deshalb denke, besser qualifiziert zu sein, zu entscheiden, ob diese Würstchen fertig sind oder nicht!"
Pansy klappte schockiert der Mund auf.
"Jetzt bin ich auf einmal nicht mehr qualifiziert, nur weil ich eine Frau bin?!", rief sie. "In was für einer Welt leben wir hier eigentlich?"
Hermine und Draco schnellten gleichzeitig in die Höhe und so wusste Draco, dass er nicht der einzige war, der die Befürchtung hegte, dass dort drüben gleich jemand handgreiflich werden würde.
Bevor sie sich jedoch wirklich einmischen konnten, begann ein neues Geschrei, am anderen Ende des Gartens - im Sandkasten. Das erregte natürlich nicht nur Dracos Aufmerksamkeit, sondern rief auch die entsprechenden Mütter auf den Plan.
Mit einem Blick über die Schulter stellte Draco fest, dass Hermine am Grill angekommen war und, bisher wenig erfolgreich, versuchte, den Streit zu schlichten. Deshalb konzentrierte er sich auf die Situation am Sandkasten.
In den letzten knapp zwei Jahren, die Scorpius nun schon in seinem Leben war, hatte Draco schnell gelernt, zu erkennen, um welchen Gegenstand es in einem Sandkastenstreit wie diesem ging (denn um irgendeinen ging es immer). In diesem Fall war ihm recht schnell klar, dass besagter Gegenstand ein kleines gelbes Drachen-Sandförmchen war - Scorpius' absoluter Liebling.
Aus dem Tränenreichen Bericht von zwei der drei Kinder wurde schnell deutlich, dass James (der ältere der Potter-Söhne) das Förmchen haben wollte, Scorpius ihn aber nicht hatte hergeben wollen und ihn daraufhin mit einem Bagger gegen den Arm gehauen hatte (ganz leicht, wie er selbst beteuerte - im Gegensatz zu James, der ein Drama machte, als würde ihm gleich die Hand abfallen). Erleichtert, dass es eine Situation war, die sich schnell klären lassen würde, drehte er sich wieder zu der Diskussion am Grill herum, die zwar ein wenig leiser, aber nicht unbedingt ruhiger geworden war.
Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass Astoria und Ginny, statt ihre Söhne einfach dazu zu überreden, sich beieinander zu entschuldigen und friedlich weiter zu spielen, anfingen, darüber zu diskutieren, welches Kind die Schuld trug.
Den Auslöser hatte Draco nicht wirklich mitbekommen, aber Ginny argumentierte lautstark, dass es nicht in Ordnung war, dass Scorpius ihren Sohn geschlagen hatte, woraufhin Astoria patzte, James habe ihm doch das Spielzeug weggenommen. Ginny meinte, James habe es ja nur einmal ausprobieren wollen und Astoria fuhr sie an, dass Scorpius sehr wohl das recht hatte, 'nein' zu sagen, wenn andere Kinder sein Spielzeug haben wollten.
"Das ist ja mal die Höhe!", rief Ginny wütend. "Kinder sollte sehr wohl in der Lage sein, ihr Spielzeug mit anderen Kindern zu teilen, wenn sie im selben Sandkasten sitzen!"
"Kinder sollten aber auch lernen, 'nein' als Antwort zu akzeptieren!", gab Astoria mindestens ebenso aufbrausend zurück.
Draco fragte sich verzweifelt, wie es sein konnte, dass ein einfacher Sandkastenstreit zwischen zwei Kindern, die inzwischen schon wieder friedlich miteinander spielten, eine solche Grundsatzdiskussion hatte auslösen können.
"Scorpius hat aber nicht nein gesagt!", patzte Ginny und deutete mit dem Drachen-Sandförmchen (wofür sich keins der Kinder mehr interessierte) auf das entsprechende Kind. "Er hat James sofort geschlagen!"
Astoria riss ihr das Spielzeug aus der Hand.
"James hat auch nicht gefragt!", zischte sie zurück. "Er hat einfach danach gegriffen!"
Das ganze artete in wüste Vorwürfe aus und Draco suchte verzweifelt nach einer Lösung für die verzwickte Situation.
"Will jemand Salat?", rief Hermine laut. Er drehte sich überrascht um. Ginny und Astoria sowie auch Harry und Pansy am Grill verstummten - vermutlich ebenso wie Draco vor Überraschung.
Dann schienen sich alle bewusst zu werden, wie lächerlich es war, im Garten zu stehen und sich gegenseitig anzuschreien. Sichtlich etwas peinlich berührt kehrten alle an den Tisch zurück, wo Hermine nachdrücklich die Schale mit Grillgut mittig hinstellte und begann, den Salat auf Teller zu verteilen.
Wieder kehrte Stille am Tisch ein, aber während Draco sie vorhin als schlimm empfunden hatte, war sie jetzt eine willkommene Abwechslung zum Geschrei von eben.
Alle nahmen sich etwas zu essen, die Kinder tauchten am Tisch auf und verlangten ein paar Würstchen und Brot mit Unmengen an Ketchup. Blaise lobte den Nudelsalat und Ron den Kartoffelsalat, ein wurden einige Höflichkeiten in Richtung Hermine und Draco ausgerichtet.
"Also ich weiß nicht, was ihr in diesen Salat getan habt.", meinte Ginny dann. "Aber er ist wirklich hervorragend."
Draco widerstand dem Drang, kurz verzweifelt die Augen zu schließen.
"Das Kompliment können wir leider nicht für uns beanspruchen.", sagte er dann. "Astoria hat ihn mitgebracht."
Kurz war es still am Tisch. Ginny verzog etwas säuerlich das Gesicht.
"Ach.", sagte sie etwas schnippisch. "Sie durfte etwas mitbringen."
Hermine seufzte, aber nur so leise, dass Draco vermutete, dass es außer ihm keiner gehört hatte.
"Wir hatten eigentlich allen gesagt, bitte nichts mitzubringen.", erklärte sie und hob sofort die Hand, um ihrer Freundin das Wort abzuschneiden, bevor die etwas sagen konnte. "Ihr habt euch dran gehalten, Astoria nicht." Sie hob die andere Hand in Richtung Astoria, die bereits zu einer Verteidigung den Mund geöffnet hatte. "Der Salat ist jetzt da, müssen wir da wirklich ein größeres Drama draus machen, als es ist?"
Sowohl Astoria als auch Ginny schlossen sichtlich unzufrieden den Mund.
"Man muss aber auch zugeben, dass es ein wirklich hervorragender Salat ist.", mischte sich jetzt Pansy ein und Draco verfluchte seine Freundin dafür, dass sie nicht gelegentlich einfach mal die Klappe halten konnte. Denn diese Aussage hatte natürlich genau den erwarteten Effekt:
"Willst du damit sagen, dass Ginnys Salat nicht gut gewesen wäre?", ergriff nun sofort Ron Partei für seine Schwester. "Oh Mann, ihr Slytherins seid echt alle gleich. Erstmal gelten für euch selbstverständlich andere Regeln als für alle anderen und dann sind wir natürlich generell schlechter als ihr!"
Draco widerstand dem Drang, sein Gesicht in den Händen zu verbergen und von dem, was er aus dem Augenwinkel mitbekam, ging es Hermine ähnlich.
"Das müsst ihr Gryffindors ja gerade sagen!", rief Pansy eingeschnappt und sofort brachen alle wieder in wilde Vorwürfe aus. Draco hatte das Gefühl, dass jedes einzelne Vorurteil, was je zwischen den Gryffindors und Slytherins gestanden hatte, in diesen nächsten drei Minuten irgendjemandem an den Kopf geworfen wurde. Darunter mischte sich das Weinen des jüngeren Potter-Sohns (Albus, wie Draco sich wieder erinnerte), dem sein Würstchen runtergefallen war.
Harry, der sich aus dem Chaos der Beleidigungen größtenteils rauszuhalten schien, kümmerte sich zunächst einmal darum, dass sein Sohn aufhörte, zu weinen und eine neue Wurst bekam (davon lagen bei Merlin genug auf diversen Tellern, die allesamt ignoriert wurden), bevor er auf seinen Fingern einen Pfiff losließ, der Draco spontan erinnerte, dass er ehemaliger Quidditchkapitän und seit drei Monaten Professor in Hogwarts war.
"Vielleicht.", sagte er laut, als alle wieder ein bisschen zur Ruhe gekommen waren. "Sind Slytherins und Gryffindors einfach nicht dafür gemacht, miteinander auszukommen." Er warf Hermine und Draco einen entschuldigenden Blick zu und wandte sich dann an Ginny. "Möglicherweise wäre es das beste, wenn wir jetzt gehen."
Ron erhob sich und nickte.
"Ich komme mit.", erklärte er und auch die Slytherins murmelten ihre Zustimmung.
"Sorry, ihr beiden.", sagte Blaise entschuldigend. "Aber dieses Treffen war wohl keine so gute Idee."
Enttäuscht sahen Draco und Hermine zu, wie ihre Gäste aufstanden und einer nach dem anderen begannen, ihre Sachen zusammen zu sammeln. Seufzend stand er dann auf und ging hinüber zum Sandkasten, um Scorpius' Spielzeug wieder in Astorias Tasche sowie die Sandspielzeug-Kiste zu räumen. Ginny tat mit ihren Sachen das gleiche.
"Sorry.", murmelte sie leise, während sie gemeinsam durch den Sand wühlten, um auch die letzte Schaufel zu finden. "Ich hatte wirklich gehofft, dass wir uns zumindest mit dir verstehen könnten."
Draco zog die Augenbrauen hoch und legte das letzte Sandspielzeug in die dafür vorgesehene Kiste.
"Wieso bekomme ich eine Sonderbehandlung?", fragte er ein wenig schnippisch. "Hermine ist mit Blaise und Pansy genauso befreundet, wie mit mir."
Ginny zuckte mit den Achseln, schloss ihre Tasche und schulterte sie.
"Ja, schon.", sagte sie noch, bevor sie sich umdrehte und ging. "Aber an die hat sie nicht in einem anderen Universum ihr Herz verloren."
Oh Mann, Leute, an diesem Kapitel hatte ich echt zu knabbern. Mein Ziel war, dass nicht am Ende einer der Beteiligten als Bitch dasteht, sondern möglichst alle, oder wenigstens beide Seiten gleich verteilt. Mich würde freuen, zu hören, ob ich das geschafft habe.
Es war irgendwie schwerer, als gedacht, dieses Streitgespräch zu schreiben und es ist auch so extrem lang geworden. Ich hoffe, es ist nicht allzu gestellt, sondern halbwegs realistisch geworden.
Das war das vorletzte Kapitel, das nächste kommt auf jeden Fall nächste Woche, denn es ist schon fertig. Es wird auf jeden Fall cool, denn wir haben ja noch eine Menge abzudecken, zumal Draco da ja gerade noch etwas erfahren hat, was er vorher noch nicht wusste.
Es wird diesmal auch wieder keinen Epilog geben, also beenden wir diese Geschichte nächste Woche endgültig.
Bis dann!
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