Kapitel 2
Es fiel Draco wesentlich schwerer, den überraschenden Besuch seiner Schulkameradin zu vergessen, als er angenommen hatte. Obwohl er eigentlich kaum Zeit dafür hatte, wanderten seine Gedanken in der darauffolgenden Woche immer wieder zu dem merkwürdigen Gespräch.
Er verstand nicht, warum sie zu ihm gekommen war und das ließ ihn nicht los. Was hatte Hermine Granger dazu bewegt, ins Ministerium zu gehen, nach seiner Adresse zu fragen und dann an einem Donnerstagabend auf seiner Türschwelle zu stehen, ihm einen kurzen Vortrag darüber zu halten, dass sie ja eigentlich alle Freunde sein könnten und dann die Flucht zu ergreifen?
Sicher, er fand es ja mittlerweile auch kindisch, was damals in Hogwarts gewesen war und möglicherweise hatte sie recht und einige von ihnen hätten sich verstehen können. Aber Draco wäre von sich aus nie auf die Idee gekommen, zu den ehemaligen Gryffindors zu gehen und um einen Neuanfang zu bitten. Nicht, weil er noch immer einen Hass auf sie hegte - sie waren vermutlich ganz nette Leute, nicht dass er sie wirklich kennen würde - sondern einfach, weil es ihm nie in den Sinn gekommen wäre.
Er hatte Freunde und Arbeitskollegen und bei den meisten hatte er keine Ahnung, in welchem Haus sie gewesen waren und es war ihm auch herzlich egal. Und wenn unter diesen Leuten jemand aus seinem Jahrgang aus Gryffindor gewesen wäre, wer weiß, vielleicht würde Draco diese Person jetzt auch in diese Gruppe zählen. Aber das war eben nicht der Fall gewesen (außer vielleicht Harry Potter, der mit ihm zusammen die Ausbildung angefangen hatte, aber da sie sich sehr schnell für unterschiedliche Schwerpunkte entschieden hatten, waren sie sich vielleicht dreimal begegnet) und dieser Verlust, wenn es denn einer war, lag ihm auch nicht unbedingt schwer im Magen. Leute kamen und gingen im Leben - und die meisten seiner Schulkameraden, die nicht zu seinen engeren Freunden gehört hatten, waren eben gegangen. So war es halt und wenn er anfangen würde, allen Leuten hinterher zu laufen, mit denen er irgendwann mal etwas zu tun gehabt hatte, dann würde er ja seinen Lebtag nicht fertig werden.
Also nein, Draco wäre nie von sich aus ins Ministerium marschiert und hätte nach Hermine Grangers Adresse gefragt.
Was also war der Grund, warum er am Freitagnachmittag, zwei Wochen nach ihrem Besuch, genau dort stand und auf die junge Hexe wartete, die das Adressarchiv betreute?
Draco runzelte die Stirn und überlegte, ob er einen Fehler machte. Aber er war neugierig und jetzt, wo Hermine Granger die Gedankenmühle einmal angestoßen hatte, wollte sie einfach nicht mehr aufhören, sich zu drehen.
Aus den langen Regalreihen flatterte ein Stück Pergament heraus und landete vor ihm auf dem Tisch, er faltete es auseinander und las die darauf stehende Adresse. Sie war in einer mittelguten Gegend im Südosten von London. Draco hatte gehört, dass es dort wohl ein kleines Zaubererviertel gab, aber es hatte allgemein einen eher schäbigen Ruf und da er niemanden kannte, der dort wohnte, war er bisher nie dort gewesen. Nun, das würde sich heute ändern, dachte er sich entschlossen, zahlte fünf Knut für die Auskunft und machte sich auf den Weg.
Er erreichte die Adresse wenige Minuten später und sah sich überrascht um. Es war definitiv nicht die schönste Gegend Londons, aber es war auch nicht so heruntergekommen, wie er es sich jetzt aus den Berichten ausgemalt hatte. Es war jedoch eindeutig ein Viertel für Zauberer der unteren Gehaltsklassen und das war der Moment, in dem Draco auffiel, dass er keine Ahnung hatte, was Hermine Granger für einen Job hatte. Nach Hogwarts hätte er seine Hand dafür ins Feuer gelegt, dass sie im Ministerium anfangen würde, aber er war ihr dort in den letzten sieben Jahren nicht über den Weg gelaufen, also hatte sie vielleicht doch eine andere Karriere begonnen. Aber welche?
Er entschloss sich, einfach zu fragen und sah noch einmal auf seinen Zettel, ob er sich die richtige Hausnummer gemerkt hatte, bevor er auf die Tür zuschritt.
Sein Blick fuhr die Reihe von Klingelschildern hinauf und hinunter und blieb an bei Perez/Stibbons/Granger hängen. Teilte sie sich eine Wohnung mit anderen Leuten? Er notierte es auf seine gedankliche Liste mit Fragen und drückte die Klingel.
Für einige Sekunden passierte nichts, dann öffnete sich die Tür und eine Frau um die Dreißig mit lateinamerikanischem Aussehen und einem missgelaunten Gesichtsausdruck erschien im Türrahmen.
"Ja?", fragte sie ungeduldig. Draco räusperte sich.
"Ich suche Hermine Granger.", erklärte er. Die Frau schnaubte.
"Die ist vor zwanzig Uhr nicht hier, das können Sie vergessen.", grummelte sie.
"Ok, danke, dann versuche ich es morgen nochmal." Draco wollte sich gerade umdrehen, da lachte sie trocken.
"Wie oft wollen Sie denn herkommen und sie verpassen?", fragte sie mit erhobener Augenbraue. "Sie wohnt zwar offiziell hier, aber viel Zeit verbringt sie hier nicht. Ich sag Ihnen, wenn es was Wichtiges ist, dann gehen Sie gleich rüber ins Labor, sonst erwischen Sie sie nie."
Draco blinzelte überrascht.
"Labor?"
Die Frau deutete die Straße hinunter.
"Da hinten links und dann immer geradeaus, Sie erkennen es, wenn Sie's sehen, glauben Sie mir.", erklärte sie missmutig. "Schönen Tag noch." Und die Tür fiel hinter ihr ins Schloss.
Draco trat einen Schritt zurück und sah in die Richtung, in die sie gezeigt hatte. Eigentlich hatte er ja keinen Zeitdruck, mit ihr zu reden, vermutlich wäre es also nicht sinnvoll, sie bei der Arbeit zu stören. Andererseits hatte es bei ihrer Mitbewohnerin (?) so geklungen, als würde sie einen Großteil ihrer Zeit dort verbringen, also konnte sich Draco vermutlich überlegen, ob er jetzt dort hingehen würde oder später.
Er könnte, fiel ihm ein, auch eine Eule schicken und um ein Treffen bitten. Aber einerseits bezweifelte er, dass sie ihm nach ihrer Flucht vor zwei Wochen antworten würde und auf der anderen Seite schuf eine Verabredung immer eine gewisse Formalität, die er eigentlich gern vermeiden würde. Außerdem hatte sie auch einfach so bei ihm vor der Tür gestanden, warum also nicht die Geste erwidern?
Er zögerte noch einige Augenblicke, dann machte er sich auf den Weg zu diesem mysteriösen Labor, im Hinterkopf der Gedanke, dass dort hoffentlich an einem Freitagabend nicht so wichtige Experimente stattfinden würden, dass sie einige Minuten Zeit haben würde, mit ihm zu reden.
Das Labor war tatsächlich nicht zu verfehlen. Es lag an der Grenze des Muggelschutzzaubers des Viertels und war dementsprechend nach einem Muggellabor modelliert, mit einem hohen Zaun um das langgezogene Backsteingebäude herum und Warnschildern, die vor Radioaktivität warnten (auch wenn Draco nicht ganz verstand, warum die Muggel Angst vor eingeschalteten Musikgeräten hatten).
Ganz am Ende war eine kleine Eingangspforte, die jedoch nicht besetzt war. Warum auch, schließlich war es ein Zaubererlabor, es war also dementsprechend mit Schutzzaubern umgeben. Schutzzauber, die Draco logischerweise nicht durchließen.
Etwas ratlos schaute er an der Fassade entlang: weiter hinten waren einige hohe Milchglasfenster, hinter denen es hell erleuchtet war, der Rest der Räume war dunkel.
Er fuhr zusammen, als sich mit einem leisen Knall ein Briefumschlag vor ihm materialisierte. Seinen Kopf kreuzte der Gedanke, dass er ihn an einen Heuler erinnerte, im gleichen Moment begann der Umschlag auch schon zu sprechen.
"Herzlich Willkommen im temporal-iterialen Labor eins. Leider suchen Sie uns außerhalb der Besuchszeiten auf. Sie finden diese am Haupteingang, bitte besuchen Sie uns gerne wieder."
Der Brief zerbröselte zu Staub und Draco war hin und hergerissen zwischen Ärger, dass er offenbar zu spät war und Verwirrung, was bei Merlin ein temporal-wie war der Rest noch gleich? - was zur Hölle ein temporal-irgendwassiges Labor sein sollte.
Er starrte die Tür noch einige Sekunden an, dann drehte er sich um. Würde er wohl doch eine Eule schreiben müssen. Er ging einige Schritte in Richtung Straße, da gingen auf einmal neben der Tür eine Reihe Lichter an und zwei Gestalten - durch die Milchglasscheibe nur verschwommen erkennbar, eilten in Richtung Tür, Draco vermutete einen Korridor entlang.
"Und wenn das nur wieder ein betrunkener Muggel ist? Was machst du dann, wir können nicht schon wieder einen Obliviate machen, langsam nimmt es überhand!", hörte Draco eine Frauenstimme dumpf durch die Scheiben.
"Aber vielleicht ist es auch die Eule mit den Ventilen, auf die ich seit einer Woche warte, und der Schutzzauber hat sie nur wieder nicht erkannt.", antwortete eine andere Frau und Draco war sich ziemlich sicher, Hermine Grangers Stimme zu erkennen. Die beiden Personen waren jetzt fast an der Tür. "Weißt du noch, letzte Woche, dieser riesige Uhu, den er mit Marco verwechselt hat?"
"Wir müssen dringend an diesem Schutzzauber arbeiten.", stimmte die andere Frau zu und dem konnte sich Draco nur anschließen. Er drehte sich zurück zur Tür, die jetzt aufgerissen wurde.
Da stand Hermine Granger. Sie sah...anders aus, als noch vor zwei Wochen. Ihr Stil hatte sich drastisch verändert und passte jetzt definitiv besser zu ihren unbändigen Locken. Sie trug einen weißen Laborumhang, ebenso wie die Frau neben ihr. Beide sahen überrascht aus, ihn zu sehen.
"Draco?", fragte Hermine schockiert. "Was machst du denn hier? Wie zur Hölle bist du hier her gekommen?" Ohne seine Antwort abzuwarten, winkte sie ihn hinein und schloss die Tür hinter ihm.
Draco runzelte die Stirn, während sie ihm gebot, ihm den Gang hinunter zu folgen, den sie auch eben hochgelaufen war.
"Ähm...ich bin gelaufen?", fragte er ein bisschen irritiert. "Deine Mitbewohnerin hat mir gesagt, wo du arbeitest."
Hermine machte eine wegwischende Handbewegung.
"Nein, ich meine...hier her, in dieses Uni..." Sie unterbrach sich selbst, blieb plötzlich stehen, drehte sich zu ihm um und kniff die Augen zusammen. "Warte...Malfoy?!", fragte sie dann entsetzt.
Dracos Augenbrauen wanderten noch einige Zentimeter weiter nach oben. Erst nannte sie ihn beim Vornamen und schien sich beinahe zu freuen, ihn zu sehen. Und dann nannte sie ihn beim Nachnamen, als wäre er dann eine völlig andere Person und wirkte so, als wäre sie ihm ewig nicht mehr begegnet?
Immerhin schien er nicht die einzige Person zu sein, die gerade nicht ganz mitkam. Hermines Kollegin wirkte auch etwas überfordert, ganz zu schweigen von Hermine selbst, die nicht so recht zu wissen schien, wie sie mit der Situation umgehen sollte.
"Was zur Hölle machst du hier?", fragte sie schließlich. Draco zuckte mit den Schultern.
"Ich wollte noch mal mit dir reden, wegen dem, was du vor zwei Wochen gesagt hast.", erklärte er dann ehrlich. Hermine blinzelte irritiert.
"Vor zwei Wochen?", fragte sie verwirrt. Draco nickte und fragte sich, ob mit der geistigen Gesundheit seiner ehemaligen Schulkameradin alles in Ordnung war. Hatte sie schon vergessen, dass sie bei ihm gewesen war?
"Ja, du standest plötzlich vor meiner Tür und wolltest mit mir reden?", erinnerte er sie also. Sie wirkte tatsächlich nicht so, als hätte sie irgendeine Erinnerung daran.
"Das kann nicht sein.", erklärte sie. "Vor zwei Wochen war ich nicht mal..." Sie hielt inne und ihre Augen weiteten sich erschrocken. Dann wandte sie sich an ihre Kollegin. "Frankie...war sie...war sie draußen?"
Die Kollegin, Frankie, schien kurz zu überlegen, dann wog sie den Kopf hin und her.
"Nicht meines Wissens, aber wir haben sie jetzt auch nicht auf Schritt und Tritt überwacht...", sagte sie dann leise. Draco sah verwirrt zwischen den beiden Frauen hin und her. Was bei Merlins Bart ging hier vor? Über wen redeten die beiden? Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, in dem Moment schloss Hermine kurz die Augen, schien einmal tief durchzuatmen. Sie sah in Richtung einer schweren Metalltür am anderen Ende des Ganges, dann zurück zu Draco.
"Wie spät ist es?", fragte sie. Draco blinzelte überrascht. Was?
Frankie sah auf eine schmale Muggel-Armbanduhr, die sie am Handgelenk trug.
"Halb sieben."
Hermine straffte die Schultern und drehte sah Draco direkt in die Augen.
"Eine hervorragende Zeit, etwas zu essen.", erklärte sie. "Die Straße runter gibt es einen Stand, der Kürbispasteten verkauft."
Sie marschierte los, zurück in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren. Draco brauchte einen Moment, um sich zu fangen. Sein Magen grummelte bei dem Gedanken an Kürbispasteten (wusste sie, dass das sein Lieblingsessen waren oder war das Zufall? - Vermutlich Zufall.).
Er warf Frankie noch einen entschuldigenden Blick zu, die wirkte jetzt eher amüsiert, warum auch immer.
Dann beeilte er sich, Hermine nach draußen zu folgen.
"Du starrst mich an."
Hermine sah Draco in die Augen und ein schuldbewusster Ausdruck entstand in ihren Augen. Draco kämpfte mit seiner Kürbispastete. Sie saßen auf einer Bank in einem Muggelpark, in dem er noch nie gewesen war. Hermine hatte ihn direkt zum Imbissstand dirigiert, wo sie sich beide eine Pastete gekauft hatten, bevor sie sich in den Park gesetzt hatten. All das war zum einen mehr oder weniger schweigend von statten gegangen und zum anderen unter kontanten Blicken von Hermine, die nicht so unauffällig waren, wie sie zu denken schien.
"Sorry.", murmelte sie und sah hinunter auf die Papierserviette, die sie in den Händen hielt. "Es ist nur...du siehst genauso aus wie...ich dachte, dass du aussehen würdest. Und ich frage mich...wie auch immer, es ist nicht wichtig. Tut mir leid fürs Starren."
Draco schluckte den letzten Bissen seiner Pastete hinunter und runzelte die Stirn.
"Ich habe mich in den letzten zwei Wochen, seit wir uns gesehen haben, nicht groß verändert, nein.", kommentierte er das Ganze trocken. "Wobei ich zunehmend das Gefühl bekomme, dass du dich überhaupt nicht daran erinnerst, je bei mir gewesen zu sein. Lust, mir zu erklären, warum?"
Hermine zupfte an der Serviette herum, dann sah sie wieder hoch.
"Was? Wieso denkst du das? Natürlich erinnere ich mich, bei dir gewesen zu sein. Ich war bei dir, in deinem....Haus. Und wir haben...geredet. Über..." Sie geriet ein bisschen ins Rudern. "Über die guten alten Zeiten!"
Draco musste sich ernsthaft zusammenreißen, nicht laut los zu lachen. Wenn er vorher noch ein bisschen unsicher gewesen war, ob er es vielleicht missverstanden hatte, war er jetzt absolut davon überzeugt, dass sie keinen blassen Schimmer von dem Vorfall vor zwei Wochen hatte. Was er immer noch nicht wusste, war warum.
"Die guten alten Zeiten?", fragte er ein bisschen spöttisch, aber mit einem breiten Grinsen. "Die guten alten Zeiten, als du mich ins Gesicht geschlagen hast und ich deine Zähne habe wachsen lassen und wir uns gegenseitig getriezt und sabotiert haben, bis wir irgendwann in einem Krieg auf verschiedenen Seiten standen? Die guten alten Zeiten meinst du?"
Hermine seufzte frustriert und schmiss ihre zusammengeknüllte Serviette in, oder zumindest in Richtung des nächsten Papierkorbes.
"Bei Merlin.", grummelte sie, während sie aufstand, die Serviette aufhob und jetzt wirklich entsorgte. "Na gut, nein, ich erinnere mich nicht daran, bei dir gewesen zu sein. Wenn du es genau wissen willst, dann war es eine alternative Version von mir aus einem Paralleluniversum, mit der ich den Platz getauscht habe und die dich sehen wollte, weil sie in ihrem Universum mit dir verheiratet ist." Ihr Mundwinkel zuckte nach oben und jetzt konnte Draco sein Gelächter wirklich nicht mehr zurückhalten.
"Einverstanden.", erklärte er dann. "Du willst nicht drüber reden, ich werde nicht weiter fragen."
Sie wirkte erleichtert und Draco ärgerte sich ein bisschen, dass er die Memo nicht ein bisschen früher bekommen hatte, dass sie ihm offensichtlich nicht sagen wollte, was vorgefallen war, dass sie sich nicht erinnern konnte. Aber sie kannten sich ja auch nicht besonders gut, also war es vielleicht auch einfach ein bisschen viel des Guten.
"Worüber habt ihr...haben wir denn geredet?", fragte Hermine dann. Sie stand immer noch neben dem Mülleimer und schien etwas unschlüssig. Draco hob eine Augenbraue.
"Du kannst dich ruhig wieder setzen.", bot er an und rutschte noch ein Stück weiter zur Seite. "Ich beiße nicht."
"Haha." Hermine verzog spöttisch die Mundwinkel. "Du machst mir keine Angst mehr, Malfoy." Sie sah hinüber zu einer großen Uhr an einem Kirchturm. "Ich müsste nur glaube ich so langsam zurück ins Labor. Wir haben ein Experiment am Laufen, wo ich demnächst wieder die Parameter checken muss."
"Oh." Draco erhob sich überrascht. Er hatte angenommen, dass sie für heute Feierabend gemacht hatte. "Natürlich, tut mir leid." Er schmiss ebenfalls seine Serviette weg und machte dann eine einladende Geste. "Wenn du nichts dagegen hast, begleite ich dich noch zurück und beantworte dir deine Frage, wenn du willst."
Hermine nickte und sie machten sich langsam auf den Weg zurück ins Zaubererviertel.
"Ich weiß ehrlich gesagt nicht so genau, warum du zu mir gekommen bist. Du sagtest etwas davon, dass du denkst, dass wir uns vielleicht ganz gut verstehen könnten, wenn wir nicht damals in der Schule in verschiedenen Häusern gewesen wären.", berichtete er. "Du dachtest, dass wir versuchen sollten, nochmal von vorne anzufangen, weil wir uns ja vielleicht doch ganz gut verstehen könnten."
Hermine hörte ihm einfach schweigend zu, sie nickte nicht einmal oder sah ihn an.
"Keine Ahnung.", sprach Draco weiter. "Ich weiß nicht, ob das wirklich der Grund war, warum du bei mir warst, du wirktest eher so, als wolltest du wissen, was aus mir geworden ist. Ich bin nicht ganz schlau geworden aus deinem Verhalten, deswegen bin ich heute auch zu dir gekommen, weil ich wissen wollte, was das alles sollte."
"Sorry, dass ich dir das nicht beantworten kann.", murmelte Hermine entschuldigend. Draco grinste sie aufmunternd an.
"Hey, wenn ich in einem Paralleluniversum landen würde, würde ich auch wissen wollen, was aus meinem Ehepartner geworden ist.", scherzte er in Anlehnung an die völlig konfuse Ausrede, die sie ihm vorhin aufgetischt hatte.
"Ja...", stimmte Hermine etwas lahm zu. "Und was war das Ergebnis unseres Gesprächs? Sind wir jetzt beste Freunde?" Ihr einer Mundwinkel zuckte nach oben. Draco zuckte mit den Schultern.
"Es hatte kein Ergebnis. Du bist geradezu aus meiner Wohnung geflohen, als du das Kinderspielzeug gesehen hast. Auch eine Sache, nach der ich dich fragen wollte: Ist es wirklich so unvorstellbar, dass ich Vater sein könnte?"
Er drehte sich zu Hermine um, die ihn schockiert anschaute.
"Du bist was?", fragte sie völlig entgeistert. Draco entglitten die Gesichtszüge. Da hatte er wohl seine Antwort. Hermine schien sich allerdings recht schnell wieder zu fangen und sah mehr als nur betreten aus.
"Entschuldige!", sagte sie dann sofort. "Tut mir leid, das war vermutlich das Dümmste, was ich hätte sagen können. Du bist Vater, kein Ding, völlig normal, Glückwunsch!"
Draco sah stur geradeaus und lief die Straße hinunter. Hermine musste sich ziemlich beeilen, mit ihm Schritt zu halten.
"Hey, Draco.", sagte sie laut. Er blieb stehen.
"Was?", fuhr er sie an. "Entschuldigung angenommen, kein Problem, ich bin überhaupt nicht beleidigt, dass du zweimal völlig entsetzt bist, bei der Vorstellung das ich ein Kind haben könnte! Fühlt sich großartig an, gesagt zu bekommen, dass andere einem sowas nicht zutrauen." Er verschränkte die Arme und sah sie erwartungsvoll an. Sie schwieg beschämt.
"Es tut mir leid.", sagte sie noch einmal. "Ich war überrascht, nicht entsetzt. Ich hätte nicht einfach annehmen sollen, dass ich weiß, was du die letzten Jahren gemacht hast. Ich bin sicher du bist ein großartiger Vater von einem tollen Kind." Sie versuchte sich an einem kleinen Lächeln. "Oder sind es mehrere?"
Bei dem Gedanken an seinen Sohn konnte Draco jetzt auch das Lächeln nicht mehr unterdrücken. Außerdem konnte er ja auch irgendwo verstehen, dass sie überrascht war (auch wenn sie ruhig ein wenig positiver hätte überrascht sein können). Wenn sie ihm sagen würde, dass sie Mutter wäre, wäre er auch schockiert gewesen.
"Nein, eins.", antwortete er. "Scorpius, er ist anderthalb."
Hermine wirkte amüsiert und sie setzten sich wieder in Bewegung.
"Scorpius?", fragte sie neugierig. "Ein...ungewöhnlicher Name. Hast du ihn ausgesucht?"
Er schüttelte den Kopf.
"Es war Astorias Vorschlag.", berichtete er, auch wenn ihm der Name damals schon gefallen hatte und er ihn auch immer noch schön fand. "Es gibt ja diese Familientradition bei den Reinblütern, seine Kinder nach Sternbildern zu benennen und die hat ihr immer schon gut gefallen. Ich glaube, sie hatte den Namen schon ausgesucht, bevor wir erfahren haben, dass wir heiraten werden."
Hermine lächelte in sich hinein und schien in Erinnerung an etwas zu schwelgen.
"Scorpius Malfoy.", sagte sie laut. "Klingt gut."
"Finde ich auch.", stimmte er mit einem Augenzwinkern zu. Sie sah ihn an und ihr Lächeln wurde etwas breiter. Für einige Sekunden meinte Draco, dahinter eine gewisse Enttäuschung zu sehen, aber vielleicht hatte er sich das auch nur eingebildet.
Sie erreichten das Labor und Hermine fummelte ihren Zauberstab hervor, um sich an den Schutzzaubern zu schaffen zu machen, den Heuler, der ihnen mitteilte, dass sie leider außerhalb der Besuchszeiten kamen komplett ignorierend.
"Woran genau forscht ihr hier eigentlich?", fragte Draco neugierig.
"Zeitreisen.", antwortete Hermine, ohne aufzusehen. Draco blinzelte.
"Ok.", sagte er dann. Was sollte er auch anderes sagen? Das Schloss klickte leise und die Tür öffnete sich. Hermine drehte sich wieder zu Draco um.
"Na gut, dann...", sagte sie und ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen. Draco nickte und trat einige Schritte von der Tür weg, als Zeichen, dass er verstanden hatte.
"Es war trotzdem...interessant, dich noch einmal wieder zu sehen.", sagte er. Sie nickte und drückte die Tür auf.
Gerade wollte sich Draco umdrehen und gehen, Hermine Granger endgültig hinter sich lassen, da fuhr sie noch einmal herum.
"Was machst du morgen?", fragte sie. Er überlegte kurz. Morgen war Samstag, aber kein relevanter Samstag.
"Ich habe noch keine Pläne.", sagte er, auch wenn er nicht ganz wusste, worauf sie hinaus wollte. "Warum?"
"Vielleicht hatte ich doch recht.", meinte sie. "Vielleicht könnten wir uns ganz gut verstehen."
Draco runzelte die Stirn. Wie oft würde sie noch ihre Meinung ändern, wenn es um diese Sache ging?
"Was hältst du von einem Kaffee?", fragte sie. "Bei Florean Fortescues? Morgen sechzehn Uhr? Ich verspreche, da zu sein und nicht wegzulaufen."
Er überlegte ernsthaft, abzulehnen. Aber er hatte ohnehin nicht viel vor und es würde sicher nicht schaden, mal aus dem Haus raus zu kommen, also nickte er doch.
"Einverstanden."
Sie grinste fröhlich, winkte und dann fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
Frohes neues Jahr, ich hoffe, ihr seid alle gut reingekommen! Letzte Woche wurde ja schon wild spekuliert, was es mit dem Kapitel 1 und der plötzlichen neuen Perspektive auf sich hatte. Ich hoffe, jetzt seid ihr ein bisschen schlauer, wenn nicht, muss ich wohl noch an meinen Fähigkeiten arbeiten, euch unterschwellig Dinge mitzuteilen.
Das Kapitel ist wieder ziemlich überlang geworden, aber da ich einen ziemlich genauen Plan für die restlichen Kapitel habe, konnte ich es auch nicht mehr trennen. Ich finde das nicht wirklich schlimm und etwas sagt mir, dass es euch ähnlich geht.
Wir lesen uns nächste Woche wieder, oder vielleicht schon zwischendurch in den Kommentaren...? Bis dann!
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