Jedda musste ein bisschen mit ihren Gedanken alleine sein. Die Begegnung mit Sen war anders gewesen, als sie sonst Menschen begegnete. Sen hatte so menschlich, so zerbrechlich gewirkt, und Jedda war sich sicher, dass wenn sie selbst im Einsatz gewesen wäre, sie Sen niemals hätte umbringen können. Sie hätte nicht das tun können, was sie von ihren Truppen immer wieder verlangt hatte. Es war kein Problem, Saboteure zu töten, das waren Angreifer, aber schuldlose Opfer... Das muss aufhören. Sofort. Es gibt nur wenige Einheiten wie uns, und wenn sie nicht wissen, dass wir kommen... Wir könnten es schaffen. Wir könnten es beenden. Sie musste jemanden aufsuchen, der herausfinden konnte, wo die anderen Einheiten im Einsatz waren: Ihr Überraschungsgast. Doch bevor sie ihn suchen würde, wollte sie noch einmal Sen aufsuchen. Jedda wollte noch einige Sachen mit ihr besprechen, wollte dafür aber lieber mit ihr alleine sein. Manche Fragen stellte man lieber unter vier Augen. Es ist das einzig Richtige. Auch wenn sie mich für immer hasst, ich muss bei ihr anfangen, alles wieder gut zu machen. Oder zumindest versuchen, meine Schuld zu begleichen. Mindestens mein Gewissen erleichtern. Ach verdammt, ich will ihr einfach helfen, ist doch egal, wie ich das rechtfertige. Ich will es einfach.

Und so in Gedanken versunken, rannte sie Kopf voraus in den Menschen, der gerade um die Ecke bog, die Jedda nicht mal registriert hatte.

"Entschuldi-" Nein. Nicht sie. Alle, nur nicht sie. Blut tröpfelte aus Sens Nase. NEIN. Sani... Okay, das käme jetzt sehr panisch. Mach dich nicht zum Affen... "Entschuldige bitte, komm mit mir ins Sanitätsabteil, es ist nicht weit von ihr.", versuchte Jedda den Schaden sofort zu begradigen. Ohne es zu merken, war sie in ein "Du" gerutscht, dass Sen für einen Moment zu irritieren schien, aber als Jedda dies realisierte, war Sen keine Reaktion mehr anzumerken.

"Oh nein, es geht schon, das hört gleich wieder auf."

"Nein, keine Widerrede." Um nicht merkwürdig alle Anreden zu vermischen, entschied Jedda, beim Du zu bleiben. "Ich lasse nicht zu, dass wir dich erst freilassen, und du eine Stunde später von mir hässlich gemacht wirst." Oops. Das hätte nicht rausrutschen sollen. Kommandanten haben keine Gefühle. Kommandanten haben keine Gefühle. Kommandanten -arghh, ich habe Gefühle. Ich fühle mich schuldig. Okay. Das geht noch. Das ist erlaubt. Nicht gut, aber kein Weltuntergang. Solange es dabei bleibt.