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„Und du bist sicher, dass es Katzenpfötchen-Abdrücke waren?"
Aufgeregt, wie ein kleines Kind, strahle ich ihn an, als ich ihn an der Hand die Treppe hinauf ziehe. Grinsend über meine Aufregung nickt Harry. „Ganz sicher, ja. Für eine größere Wildkatze wären die Abdrücke zu klein, es wird sich um eine normale Hauskatze handeln." Hibbelig kaue ich auf meinen Nägeln herum. „Wurden die damals wirklich im Haus gehalten? Also, einfach so, ohne Nutzen?" Wieder lacht er auf, bevor er antwortet. „Naja, ganz ohne Nutzen würde ich nicht sagen. Katzen sind sehr gesellige Tiere und ich weiß, dass viele Menschen wohl einfach ihre Gesellschaft mochten. Einfach ein kleiner, flauschiger und warmer Freund, wenn man sich einsam fühlt."
Ich mache große Augen. „Sind die wirklich so zutraulich?" wieder wippt sein Kopf zustimmend auf und ab. „Ja und oftmals wahnsinnig neugierig. Ich bin schon oft beschmust worden, wenn ich im Wald unterwegs war." Sein Lächeln sagt mir, dass mein unausgesprochener Wunsch, das auch erleben zu dürfen, wohl ziemlich offensichtlich aus meinen glitzernden Augen springen muss.
Ich hatte bisher immer bloß aus alten Lehrbüchern davon erfahren, dass es so etwas wie Hauskatzen gegeben haben soll, doch als Harry mir gerade beiläufig erzählte, dass die Spuren im weichen Waldboden, die mich so faszinierten, von einer Katze seien, war ich sofort Feuer und Flamme. So viele Dinge, von denen ich nur vom Hörensagen wusste, sind für ihn so normal. Ich hingegen erschrecke mich noch immer jeden Morgen, wenn der Hahn auf Helgas Farm zu Krähen beginnt.
„Wir können ja demnächst mal Ausschau halten, ob wir eine finden." verspricht er mir daher, bevor er unserem Baum sanft über die Rinde streicht. „Es ist so wundervolle, klare Luft heute..." hält er bereits das dritte mal heute fest. Nachdem wir so aneinander gekuschelt vorhin am Baum gelehnt in der Sonne eingeschlafen waren und dadurch beide ein wenig mit versteifter Muskulatur zu kämpfen hatten, war es Harrys Vorschlag gewesen, nach dem Abendessen noch eine kleine Runde zum See spazieren zu gehen.
Er selbst sagte, wie gern er mittlerweile zu Fuß ginge, anstatt zu fliegen, es würde ein wenig Abwechslung in seine Bewegung bringen. Dennoch passiert es im ab und an, dass er instinktiv knapp einen halben Meter vom Boden abhebt, wenn er aufsteht, was mich allerdings jedes Mal wieder zum schmunzeln bringt. Ich habe ihm schon mehrmals gesagt, dass es mir nichts ausmache, wenn er fliegt, während ich laufe, doch er findet es unhöflich, wenn er mir aufgrund des noch größeren Höhenunterschiedes, als sowieso schon, kaum noch in die Augen schauen kann.
Und so schön wie seine funkeln, bin ich darum auch gar nicht so böse...
„Hier oben ist sie fast noch besser, oder bilde ich mir das ein?" gehe ich auf seine Bemerkungen über die Luftqualität ein. Er nickt eifrig. „Definitiv, hier oben in den Baumwipfeln ist sie aufgrund der Photosynthese noch deutlich angenehmer." Wie so oft, wenn er ganz beiläufig Dinge erwähnt, komme ich mir vor wie der dümmste Mensch auf diesem Planeten. „Fonotes-... was?" frage ich also dämlich nach, er legt mir sanft die Hand auf den Arm und flüstert „Entschuldige bitte... Photosynthese ist das Wort für das, was Bäume tun, um quasi... zu atmen. Vereinfacht formuliert: Sie filtern die Luft mit Hilfe der Sonnenenergie, nehmen dabei Kohlendioxid auf, welches zum Beispiel du, ich und die Tiere ausatmen, und macht daraus Sauerstoff - den wiederum wir zum Leben brauchen." Aufmerksam höre ich ihm zu und versuche ihm zu folgen. „Je mehr Pflanzen wir um uns herum haben, umso besser wird also die Luftqualität für uns."
Nachdenklich schüttle ich den Kopf. „Woher weißt du all das eigentlich?" Zaghaft beginnt er zu lächeln, als er mir die Ranken ein wenig mehr beiseite hält, um mich hindurch gehen zu lassen. „Bei uns Elfen ist Naturkunde eines der wichtigsten Dinge, die uns von Kleinauf beigebracht werden. Wir leben hier so nah mit der Natur zusammen, dass es uns wichtig ist, sie zu verstehen, weißt du?" Verständnisvoll nicke ich, stelle den Korb voll Beeren, die wir auf unserem kleinen Spaziergang gesammelt haben, auf dem kleinen Tischchen vor dem moosigen Sofa ab. Ich liebe ihn, denn er besteht aus einem Baumstumpf als Fuß und einer aus Harz, mit einem Sammelsurium aus allem, was sich im Wald finden lässt, darin eingegossenen, Tisch-Platte.
„Love?" höre ich seine Stimme dann ganz dicht hinter mir, als ich einige der Blaubeeren, welche sich deutlich von den grünen Weintrauben abheben, in meiner Handinnenfläche hin und her kullern lasse. Eine Gänsehaut überrollt mich, als ich realisiere, wie dicht er hinter mir steht, langsam breitet sie sich auf meinen gesamten Körper aus, als sich seine warme Hand auf meine Taille legt. „H-Hazza?" antworte ich, urplötzlich nervöser als noch wenige Sekunden zuvor.
„Hättest du Lust, noch ein wenig mit mir nach oben zu kommen?"
"D-Du meinst, oben... also oben drauf, auf das Blätterdach?" wispere ich unsicher, als ich mich zu ihm drehe. Doch er nickt sofort zustimmend. "Keine Sorge, unsere wundervolle Dame hier sorgt dafür, dass nichts passieren kann." Sanft streicht er über die raue Rinde des dicken Stammes. "Ich wäre vermutlich ähnlich entspannt, wenn ich fliegen könnte..." murmle ich, als es leise über uns zu knarzen beginnt. "Ich fange dich auf, Love, das weißt du." Hauchzart fährt er mit seinen Fingerspitzen meinen Kiefer entlang.
Und da ist sie schon wieder, die altbekannte Gänsehaut...
"Immer." fügt er hinzu, es ist bloß ein leises Hauchen. Ein, zum Glück kaum hörbares Seufzen verlässt meine Lippen, als ich unter seinem Blick für einen kurzen Moment vergesse, wie atmen funktioniert.
Ohja, das hier ist genau das, was Mama immer beschrieben hat. Das bubbernde Herz, der unruhige Atem, das Verlangen, ihn einfach zu packen und nie wieder loszulassen. Auch wenn ich diese Erfahrung das erste Mal in meinem Leben mache, bin ich mir mittlerweile absolut sicher.
Ich bin bis über beide Ohren verliebt in Harry.
Aber... wie gehe ich damit um? Es einfach aussprechen? Ach herrje, als hätte ich dazu den Mut.
Ich lasse schwer schluckend den Kopf sinken, um den Blickkontakt zu unterbrechen, dabei weiß ich doch ganz genau, dass ich ihm nichts vormachen kann. Er spürt jeden einzelnen, so schnell rasenden Herzschlag in meiner Brust.
Aber vielleicht macht es das sogar gewissermaßen einfacher, wenn ich mich nicht erklären muss...?
Ein leises Blätterrauschen vor mir lässt mich aufblicken, sodass ich auf eine kleine, aus Astverstrebungen gebaute Treppe blicke, die mich in die Baumkuppe führt. "Nach dir." wispert der Elf neben mir, woraufhin ich vorsichtig die - wie ich erwarten hätte können - mehr als stabilen Stufen hinaufsteige. Oben angekommen erstreckt sich vor mir ein wirklich einladend wirkendes Blätter-Bett, rundherum gesäumt von etwas in die Höhe ragenden Ästen, Glühwürmchen drehen genügsam ihre Runden und spenden ein wenig Licht.
"Huch..." Ein wenig zucke ich zusammen, als Harry an mir vorbei flattert, sich auf dem weichen Blattwerk niederlässt und lächelnd auf die freie Fläche neben sich klopft. "Ich glaube, würde ich hiervon den Menschen aus Doncaster erzählen, nicht eine einzige Person würde mir glauben." flüstere ich, als ich mich langsam neben ihn setze. "Wie friedlich Eroda von hier oben ist, wenn alle sich für die Nacht zurück ziehen." stelle ich fest und lasse meinen Blick über all die buschigen Baumkronen vor uns schweifen. "Als ich noch allein war, habe ich oft die ganze Nacht hier oben gesessen..." erzählt Harry und legt den Kopf in den Nacken.
"Vor allem, wenn die Nacht so sternenklar war, wie heute." Ich folge seinem Blick in den Himmel, öffne überwältigt den Mund und lasse mich auf meine Ellenbogen fallen. "Oh mein-... wie kann etwas so schön sei-" Ich greife nach seiner Hand und atme aufgeregt ein, "... hast du das gesehen?!"
Er brummt zustimmend. "Hmn, Eroda war zu dieser Jahreszeit schon immer bekannt für seine Sternschnuppen." Sprachlos umklammere ich seine Hand, hauche "Sternschnuppen...", was ihn wohl ein weiteres Mal realisieren lässt, dass ich nicht bloß dieses magische Glitzern in diesem Moment das erste Mal in meinem Leben habe sehen dürfen, sondern mir genauso der Existenz dieser nicht bewusst war. "...kleinste Gesteins- oder Staubteilchen, die dort oben verglühen." erklärt er mir daher unaufgefordert, woraufhin ich ihn traurig ansehe.
"Oh, das heißt, sie sterben quasi?" Er lächelt mich entschuldigend an. "Gewissermaßen schon, ja... aber sie waren bereits tausende von Jahren alt und es ist ein schönes Ende, sie schenken uns auf ihrer letzten Reise noch ein wenig Magie." Ich drücke seine Hand, als sich gleich zwei der winzigen Glitzerdinger auf den Weg machen, eines dem anderen dicht auf den Fersen. "Wie schön kann etwas sein?" wispere ich und kuschle meinen Kopf auf seine Schulter. "In manchen Sternen-Kombinationen kann man sogar Bilder erkennen, wenn man sich konzentriert..." flüstert er und hat mir dadurch eine Aufgabe gegeben, die ich unbedingt lösen will.
Ich weiß beim besten Willen nicht, wie viel Zeit vergeht, wie lang wir einfach bloß die Sterne und ihre beschnuppten Freunde beobachten. Doch was ich weiß, ist, dass ich nie wieder etwas anderes tun will. Einfach bloß mit Harry hier zu liegen, ihm nah zu sein, seine Wärme zu spüren und mich das Glück durchströmen zu lassen, klingt wie die perfekte Tätigkeit, um sie für den Rest meines Lebens auszuführen...
Nach einer bequemen Position suchend, legt er irgendwann seinen Arm um mich, sodass ich noch näher an ihn rücken kann. Ich drehe meinen Kopf etwas in seine Halsbeuge und grabe mit geschlossenen Augen meine Nase hinein, was ihn leise schmunzeln lässt. "Müde?" fragt er und streichelt mir sanft durchs Gesicht. Ich brumme verneinend, murmle stattdessen "Kuscheln" gegen seine Haut. Nur hauchzart drücke ich meine Lippen darauf, spüre dabei deutlich seinen ruhigen, aber starken Puls zirkulieren. Ich streiche mit meinem Nasenrücken über seinen Kiefer, vernehme die leichte Gänsehaut darauf, die mich leise kichern lässt.
Ein kleines Stück rutsche ich mit dem Kopf zurück, als er seinen zu mir dreht und mich von oben ansieht. Der goldene Ring in seinen Augen funkelt mich überglücklich an, während der Rest seines Gesichts etwas unsicher wirkt. Deutlich spüre ich sein Herz rasen und ich bin mir sicher, dass es es nicht bloß so eilig hat, weil es meinem hinterher rennt.
Ich genieße die sanfte Gänsehaut, die sich auf meine Wange legt, als seine Handinnenfläche meine Haut berührt. Liebevoll streicht er mir die Haare zurück hinters Ohr und lächelt mich zaghaft an. Vorsichtig stupse ich mit meiner Nasespitze gegen seine, lausche dem leisen Zirpen der Grillen und dem ruhigen Blätterrauschen durch die leichte Brise um uns herum, während ich genussvoll das immer stärker werdende Glitzern seiner Augen auskoste.
Gott, wie sehr ich es liebe...
Dennoch nehme ich in Kauf, es vorerst nicht mehr bewundern zu können, als ich einfach tue, was sich für mich in diesem Moment absolut richtig anfühlt.
Nur ganz leicht lösen sich Harrys Lippen voneinander, als ich mit meinen dagegen stupse, ein wenig kann ich den Hauch spüren, den sein tiefes Einatmen hervorruft, bevor ich mich traue, sie intensiver zu berühren.
Zunächst noch etwas zaghaft erhöhe ich den Druck, warte auf seine Reaktion, die allerdings bloß aus einem glücklichen Seufzen besteht. Suchend tastet er nach meiner Hand, nimmt sie in seine, als er fündig wird und drückt sie ganz leicht, als wolle er darin Halt suchen. Tief atme ich noch einmal durch, bevor ich meine andere Hand an seine Wange lege, zart mit dem Daumen über seinen Wangenknochen streiche und mit Zeige- und Mittelfinger etwas mit seinem Ohrläppchen spiele. Sein fast geräuschloses Kichern lässt mein Herz höher schlagen, sodass ich mich traue, ein wenig offensiver zu sein.
Ohne mich wirklich von seinen Lippen zu lösen, richte ich mich etwas auf, er gibt meine Hand frei, sodass ich sein Gesicht mit beiden umschließe und ihn ein wenig mehr in die weiche, natürliche Liegemöglichkeit unter ihm sinken lassen kann. Mehrere einzelne, vorsichtige Küsschen drücke ich auf seine Lippen, bevor ich sie erneut etwas länger darauf lege und das sanfte Kribbeln genieße, dass sie immer intensiver auf meiner Haut verteilt. Mein Herz rast wie verrückt, doch ich genieße jeden einzigen, wenn auch so eiligen Schlag in meiner Brust mit jeder Faser meines Körpers.
Ich weiß nicht, ob sich jemals zuvor etwas so gut angefühlt hat, wie das hier gerade.
Eine hauchzarte Gänsehaut bildet sich unter seinen Fingern, als er sie an meine Taille legt, obwohl der Stoff meines Shirts sie noch daran hindert, meine Haut direkt zu berühren. Aber dennoch breiten sich die sich fein aufstellenden Härchen auf meinen gesamten Körper aus, als er mich daran etwas näher zieht und auch von sich aus mutiger wird. Er ist es nämlich letztendlich, der seinen Mund ein wenig öffnet und mit seiner Zunge gegen meine Lippen stupst, tut somit das, wozu ich noch den Mut gesucht hatte.
Doch ich bin froh, dass er es tut, denn es überfordert mich mit meiner Unerfahrenheit viel zu oft, dass er mir all die Entscheidungen überlassen will, wie nah wir uns kommen. Ich verstehe, dass er nichts (mehr) falsch machen will, aber ab und an hilft es mir, ein wenig in die richtige Richtung gestupst zu werden, um auch meinen Mut wieder zu finden.
Denn genau das ist es, was er dadurch hervorruft. Ich schalte den Kopf ab und lasse mich von meinen Gefühlen und den übersprudelnden Hormone lenken, komplett fallen und von dem puren Glücksgefühl durchströmen.
Minutenlang knutschen wir miteinander, komplett vergesse ich alles um mich herum und verliere jeglichen Bezug zur Wirklichkeit, zu Zeit und Raum, bis es plötzlich Harry ist, der mich vorsichtig etwas zurück drückt.
Ganz außer Atem öffnet er erst nach wenigen Sekunden die Augen. Fast wie damals, als wir das erste Mal intim miteinander geworden waren, funkelt der Ring um seine Iris so intensiv, dass ich fast ein wenig dadurch geblendet werde, doch ich liebe die Magie dahinter viel zu sehr, um den Blick abzuwenden.
„T-Tut mir leid, ich-..." stammelt er kurzatmig, „...Ich glaube, ich muss mal kurz... puh" Etwas besorgt streichle ich ihm eine Locke, der ich wohl mit meiner Knutschattacke etwas die Orientierung genommen hatte, aus der Stirn. „Entschuldigung, war es zu viel?" flüstere ich entschuldigend, doch er schüttelt instinktiv den Kopf, um ihn kurz darauf doch etwas unsicher hin und her zu wiegen.
„Nicht direkt, also nicht die Sache an sich, also-..." Mit rosigen Wangen lässt er die Stirn gegen meine kippen und kichert leise, als ich daraufhin seine Nasenspitze küsse. „Aber weißt du, nicht nur meine eigenen Gefühle dabei zu spüren, sondern auch die komplette Gefühlsexplosion, die du durchlebst, mitfühlen zu können, ist auf Dauer ziemlich..." Nach den richtigen Worten suchend gibt er erneut ein leises „Puh" von sich, sodass ich es mit einem „Überwältigend?" versuche.
Lächelnd beginnt er zu nicken, bestätigt „Ja, überwältigend trifft es vermutlich am besten. Tut mir leid, ich wollte es nicht unterbrechen, aber es war plötzlich so unfassbar viel, was ich fühlte und-" Ich unterbreche seinen Redeschwall, indem ich einen Moment, deutlich vorsichtiger, erneut meine Lippen auf seine lege, spüre wie er tief durchatmet und ein wenig der Spannung in seinem Körper loslässt.
„Schon okay, Hazza." flüstere ich, „...genauso wie mir darf auch dir etwas zu viel sein, hörst du? Ich bin froh, dass du mir das sagst und es nicht für dich behältst. Mir ist wichtig, dass du dich genauso wohl fühlst, wie ich es tue."
Er hebt meine Hand vor seine Lippen, gibt meinen Fingerknöcheln einen sanften Kuss und wispert „Ich glaube, durch dich beginne ich zu verstehen, wie sich verlieben anfühlt."
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