⊱°⊰ .˖*¹⁵
Seufzend rolle ich mich auf der weichen Matratze auf den Rücken und spüre, noch im Halbschlaf, wie warm sie sich unter mir anfühlt. Ich öffne blinzelnd die Augen, schrecke dann hoch, als ich realisiere, dass die andere Betthälfte leer ist.
Ehe ich etwas sagen könnte, höre ich Harrys ruhige Stimme aus dem Nebenraum "Ich bin hier..." sagen, bevor er im Türrahmen erscheint. Er hebt einen Mundwinkel, als ich ihn verwirrt anglubsche, spricht leise "...dein Puls ist in die Höhe geschossen, also konnte ich mir denken, dass du mich suchst." Ich nicke langsam, merke, wie sich ein ausgiebiges Gähnen mit einer Gänsehaut am ganzen Körper ankündigt und werde prompt von Harry dafür ausgelacht, wie ich dennoch versuche, es zu unterdrücken.
"Du brauchst gar nicht so tun, als wärst du nicht gerade aus einem komatösen Zustand erwacht." grinst er breit. Und obwohl ich ihm für das freche Grinsen am liebsten das Kissen an den Kopf pfeffern würde, bin ich für diesen Moment gerade unfassbar dankbar.
Denn er ist echt.
Es ist ein echtes Grinsen, hervorgerufen durch mein verpenntes Erscheinungsbild, das ihn schmunzeln lässt. Echte Gefühle, ohne Kontrolle und Manipulation. Und nicht nur ich darf diese spüren, sondern er lässt sie genauso zu. Daher nehme ich gern hin, dass seine gute Laune auf meine Kosten geht.
Dennoch entscheide ich mich dafür, ihn mit dem Kissen zu bewerfen, welches er allerdings mit einer Hand geschickt abfängt, bevor es seinen Kopf streifen kann. Vielleicht bilde ich mir das auch bloß ein, weil ich selbst noch so verschlafen bin, doch mir fällt in dem Moment erneut auf, wie gut seine Reflexe sind.
Obwohl, wenn ich recht überlege...
All seine Sinne scheinen unfassbar scharf zu sein. Das beweist er mir in diesem Augenblick erneut, als er seinen Kopf ein Stück in Richtung Eingang dreht, um dem Stimmgewirr draußen zu lauschen. Für mich ist es bloß ein unverständliches Gemurmel, doch er wirkt tatsächlich, als könne er verstehen, was dort gesprochen wird.
Da mich sein nachdenkliches auf-der-Lippe-Gekaue etwas besorgt stimmt, frage ich vorsichtig "Ist alles okay?" Aus seinen Gedanken gerissen blickt er wieder zu mir auf und murmelt "Tschuldigung... was hast du gesagt?" Er kommt langsam zu mir rüber und setzt sich auf die Bettkante seiner freien Hälfte. "Warum bist du schon wach?" frage ich nach einem kurzen Blick durch das Astloch überm Bett, durch das ich einen Blick auf den noch rosig-lilanen Morgenhimmel werfen kann.
"Ach, ich..." Er blickt kurz rüber zum Bad und legt dann seine Hand unterhalb seines Bauchnabels auf den zarten, azurblauen Stoff seiner Schlafhose, die er bis knapp darunter gezogen hat. "Mein Magen brauchte Aufmerksamkeit..." brummt er, bevor er sich leise räuspert. Ich blicke ebenfalls auf seine Hand und frage "Oh, ist das mit der Übelkeit immer noch so schlimm?" Er nickt leicht. "Laut Mama kann das auch noch einige Wochen anhalten. Sie hatte bei mir und Gemma extreme Probleme damit und fürchtet, dass es bei mir noch heftiger werden könne, weil... naja, offensichtlich sind meine Hormone gerade noch mehr durcheinander, als bei einer Elfe - oder einem weiblichen Wesen im allgemeinen."
Ich brumme nachdenklich. "Gibt es denn vielleicht irgendwas, das hilft? Deine Mum hat mir neulich auch etwas gegen die Übelkeit geben können, als ich... also an dem Morgen, nachdem wir-..." Ich merke, wie mir die Röte in die Wangen schießt und ich verfluche zeitgleich meinen Puls dafür, dass er jedes mal so schnell und unkontrolliert ansteigt. Als wäre es mir nicht schon unangenehm genug, dass ich ohne darüber nachzudenken die Nacht angesprochen habe, in der wir uns durch die Laken gewälzt haben, bekommt er nun auch noch ungefiltert mit, wie nervös mich das Ganze noch immer macht.
"Was das angeht, wollte ich übrigens auch noch sagen, dass-" Bevor ich vor Nervosität, dass er das Thema nun auch noch vertiefen will, platzen könnte, wird er von einer äußerst ruhigen, sanften weiblichen Stimme unterbrochen.
"Harry, Louis?"
Schlagartig wird mir etwas mulmig, sodass ich mir ohne zu wissen, wer dort gerade auf unserer Terrasse gelandet ist, denken kann, dass es sich um eine äußerst hochrangige Elfe handeln muss. Das Gefühl in meinem Bauch ist ähnlich, wie gestern bei Alvar.
"Nolwe, Rafiliuz, G-Guten Morgen..." Harrys nervöser Unterton, als er aufgesprungen und zum Türrahmen geflattert ist, lässt meinen Herzschlag erneut in die Höhe steigen, weshalb ich auch aufstehen und zu ihm rüber gehen mag, doch stattdessen zische ich schmerzlich auf, als ich mich minimal aufrichte. Harrys Blick zuckt sofort rüber zu mir und murmelt leise "... vorsichtig", als er schneller wieder bei mir ist, als ich gucken kann.
"Bleib ruhig liegen, Liebes, wir bleiben nicht lang." Besagte Nolwe, eine wunderschöne Elfe, mit hüftlangen, rosig-silbrigem Haar und einem mindfarbenen, gewickelten Kleid, schwebt knapp oberhalb des Bodens mit sachten Flügelschlägen zu uns herüber und lässt sich auf dem geflochtenen Sessel daneben nieder, bevor sie den Kopf schief legt und mich aufmerksam ansieht. Ruffy stellt sich hinter sie und lächelt mich leicht an.
"Wie geht es dir, Liebes?" fragt sie leise und legt mir nur ganz leicht die Hand auf den Unterarm. "Ich sehe, Anne hat dich gut versorgt?" Sie blickt an mein nackten Rumpf hinab. Ich nicke zittrig und stammle "J-Ja, es-... mir geht's schon deutlich b-besser..." Sanft lächelt sie nickend, blickt kurz zu Harry rüber und fragt auch ihn, wie es ihm geht.
Er legt seine Hand an seinen Bauch und flüstert fast tonlos "Mir geht's soweit auch gut, uns beiden, denke ich..." Ihr Lächeln wird noch etwas breiter, als sie auf seine Hand blickt, die schützend über seinen Bauch streicht.
Kurz bin ich überrascht, dass er vor ihr direkt von dem kleinen Würmchen spricht, doch dann kommt in mir eine Vermutung auf. Er hat sie recht konzentriert gemustert, als sie herein kam, vielleicht hat er ihren Gemütszustand bezüglich unseres Kindes bereits herausgefunden? Oder er kennt sie gut genug, um ihre Einstellung dazu einschätzen zu können?
"Nun, Ihr könnt Euch bestimmt denken, weshalb ich hier bin." Harry nickt sofort, doch ich weiß weder wer sie ist, noch was sie bei uns möchte.
Ich entscheide mich allerdings dafür, das erstmal für mich zu behalten und höre ihr stattdessen weiter zu.
"Nun, zuerst möchte ich mich für das Verhalten meines Gefährten entschuldigen. Die Entscheidung, die er getroffen hat, war in keinster Weise mit mir oder dem Rat abgesprochen und ich unterstütze sie auch nicht im geringsten. Es tut mir von tiefsten Herzen leid, dass Alvar so unüberlegt gehandelt und dadurch mehrere, kostbare Leben in Gefahr gebracht hat. Ich verspreche Euch, dass das Konsequenzen haben wird, doch diese Entscheidung steht noch aus. Euer Schicksal war heute Nacht das wichtigste Thema im Rat der Ältesten."
Wie ein verwirrter Hundewelpe blinzle ich sie an, habe keine Ahnung wovon sie spricht, doch ich traue mich schlichtweg nicht, sie zu unterbrechen.
"Harold, ich war bereits bei deiner Mutter und habe mich aufrichtig für ihren Einsatz bedankt, doch dir muss ich mindestens genauso eindringlich danken."
Sofort schüttelt Harry auf ihre Worte hin den Kopf, doch sie legt ihm die Hand behutsam auf seine und spricht "Ich mag mir nicht vorstellen, was in dir vorgegangen sein muss, deinen Gefährten so nah dem Tode sehen zu müssen, doch dennoch hast du so geistesgegenwärtig gehandelt und Verndarengill verwendet, um ihn zu retten. Ich kann nicht in Worte fassen, wie unsagbar froh ich bin, dass du so nicht nur deinen Partner, sondern somit zeitgleich auch ein wertvolles Mitglied unserer Gemeinschaft retten konntest."
Mit großen Augen blinzle ich sie die ganze Zeit über an, während sie redet, kann nicht verhindern, dass mir der Mund offenklappt, als sie den letzten Satz ausspricht. Die Elfe, die gerade vor mir sitzt, offenbar die Gefährtin des Oberhauptes, nennt mich einen Teil dieser großen, besonderen Familie? Ihr Partner war da gestern aber noch anderer Ansicht, als er Harry vorwarf, ein Kind von einem Dorfesfremden zu erwarten.
"Ich-... Mitglied der Gemeinschaft?" wispere ich und blicke erst hoch zu Ruffy, der langsam nickt, dann rüber zu Harry, welcher mich sanft anlächelt. Nolwe nickt genauso wie ihr Sohn zuvor. "Ja, Louis, das bist du. Ein sehr wertvoller Teil von uns, denn du bist der Beweis, dass unsere uralten Geschichten nicht bloß leere Erzählungen sind. Nur sehr wenige von uns haben noch an eine Verbindung geglaubt, wie Ihr sie habt und umso wichtiger ist es, diese zu schützen. Lange hat der Rat der Ältesten gestern Abend noch zusammen gesessen und wir sind einheitlich zu einer Entscheidung gekommen, was Euer kleines Wunder angeht."
In Sekundenschnelle schießt mein Puls in die Höhe, weshalb Harry nach meiner Hand greift und etwas näher rutscht. Vorsichtig streicht er mit seinem Daumen darüber und scheint mir ein Gefühl von Sicherheit geben zu wollen, doch ich merke, dass auch er nervös ist.
"Vorallem Rafiliuz hat sich sehr für Euch eingesetzt und war letztendlich die treibende Kraft mit den ausschlaggebenden Argumenten." Beide blicken wir zu Harrys bestem Freund auf, der mit roten Wangen leise "Mamaaaa..." sagt. "Wir haben gemeinsam festgestellt, dass es keineswegs eine Schande ist, das Ihr Nachwuchs erwartet. Ganz im Gegenteil, es ist ganz wundervoll. Es beweißt, dass nicht nur die Schwangerschaft bei männlichen Elfen nicht bloß ein Mythos ist, sondern genauso, dass auch die Fortpflanzung mit Menschen möglich ist. Ihr beiden-"
Sie hält kurz inne, blickt an Harry hinab und legt nur ganz zaghaft ihre Handinnenfläche auf seinen Bauch, "...nein, Ihr drei seid im höchsten Grade schützenswert."
Ich merke, wie mir die Tränen kommen, doch zwinge mich, sie zurück zu halten. Es ist unfassbar, wie viel es mir innerhalb nur eines Tages bedeutet, so etwas zu hören. So schockiert und überfordert ich auch im ersten Moment gewesen sein mag, umso größer wird von Minute zu Minute meine emotionale Verbindung und Liebe zu diesem winzigen Krümelwesen in Harrys Bauch.
Und eines ist mir nun noch klarer als bereits gestern: Jedes Mal wieder würde ich für das Kleine mein Leben riskieren, sollte jemand es gefährden.
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
- ⊱°⊰ -
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro