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Seine Flügelwurzeln sind lila. Sollte ich wissen, was das bedeutet?
Harry scheint allerdings zu wissen, was sein bester Freund ihm damit sagen möchte, denn nach einem kurzen Moment Stille, höre ich ihn nahezu tonlos "Nein, das-... das ist nicht möglich..." hauchen.
Ein Stückchen schiebe ich das Blattwerk, dass die Lücke im Geäst verschließt, weiter zur Seite und erhasche dadurch einen Blick auf Harry, der sich vor dem Spiegel im Schlafzimmer verrenkt, um darin selbst seine Flügel sehen zu können. Der fassungslose Ausdruck in seinem Gesicht lässt mich unruhig werden. In alle möglichen Richtungen verbiegt er sich, um jeden Winkel erhaschen zu können, doch selbst von hier kann ich deutlich die neue Verfärbung an seinen sonst tiefgrünen Flügeln erkennen.
Mir ist die bereits gestern Abend aufgefallen, doch ich wusste nicht, ob und was das bedeutet, also hatte ich natürlich Angst, ihn darauf anzusprechen...
Er verzieht das Gesicht, als würde ihm erneut schlecht, und fasst sich instinktiv im gleichen Moment an den Bauch. Sein Blick wandert hinunter, bleibt kurz an der Hand auf seinem Körper hängen, bevor er wild mit dem Kopf schüttelt und Ruffy ansieht.
"Das hat eine andere Bedeutung." hält er dann bestimmend fest, doch Ruffy brummt verneinend. "Harry, kein anderes Zeichen unserer Körper ist so eindeutig. Es gibt keine andere Bedeutung, das weißt du." Er dreht sich entschlossen zu ihm um. "Das muss es aber, es ist unmöglich. Ich bin männlichen Geschlechts, Rafiliuz." Doch auch dazu scheint dieser eine andere Meinung zu haben. "Nach allem, was wir wissen, ist es schon möglich."
"I-Ich muss-... Ich gehe damit jetzt zu Mama, die wird mir sagen können, dass es nicht... nicht das ist..." stammelt er und wendet sich von Ruffy ab, um aus dem Baum zu stürmen.
Und kommt damit geradewegs auf mich zu.
Panisch halte ich die Luft an, presse mir reflexartig die Hand auf den Mund, als würde mich das unsichtbar machen. Doch bevor ich das könnte, hält Ruffy ihn im Wohnzimmer am Arm fest, dreht ihn zu sich und sagt eindringlich "Sie wird dir das Gleiche bestätigen, Harry!" Besagter schüttelt hektisch mit dem Kopf. "Nein, es kann nicht sein!"
"Verdammt Harry, hör auf! Du weißt genau, dass ich Recht habe. Du bist schwanger!"
Mein Mund klappt offen und mein Herz setzt einen Schlag aus, bevor es einen ungesund schnellen Takt findet. Ohne es verhindern zu können und obwohl ich damit offenbare, die beiden belauscht zu haben, rutscht mir ein fassungsloses, lediglich gehauchtes "schwanger..." raus.
Harry, der mit dem Rücken zu mir gewandt war, zuckt erschrocken zusammen und fährt herum. Noch nie zuvor habe ich eine solche Überforderung in seinen Augen gesehen, wie in dem Moment, als er mich erblickt. Sein Blick zuckt hinter mir her, als ich langsam den Raum betrete und zwischen ihm und Ruffy hin und her blicke. "Ja, Louis, schwanger. Es besteht kein Zweifel, die Flügel eines Elfen sind wie ein offenes Buch. Und die lilane Farbe ist ein eindeutiges Indiz, nicht ein Fall einer, auf diese Art festgestellten, Schwangerschaft hat sich je als falsch herausgestellt." erläutert Ruffy.
Zittrig atme ich flach ein, fühle mich unfähig, einen vollständigen Atemzug zu tätigen. Auch Harry sieht ähnlich aufgewühlt aus, die Hand erneut auf seinem Bauch liegen, blickt er an sich herab. Sein Blick ist leer, er scheint tief in seinen Gedanken zu hängen, als er für wenige Sekunden die Augen schließt und den Atem anhält. Dann öffnet er sie erneut, blickt erst mich und dann Rafiliuz mit glasigen Augen an.
"D-Der Herzschlag-..." stammelt er kaum hörbar, "...es war nicht mein Herzschlag, d-den ich gespürt h-habe." Ungläubig blickt er erneut auf seiner Hand, die noch immer auf seinem Unterleib ruht, schüttelt langsam mit dem Kopf, als er schwer ausatmend zu realisieren scheint, dass sein bester Freund Recht hat.
Harry trägt ein winziges Lebewesen unter seinem Herzen.
Ich bilde mir ein, auf seinen Lippen ein leichtes Zucken zu erblicken, doch mein leises "A-Aber... wie?" reißt ihn aus seiner Trance und lässt ihn aufblicken. Ruffy, der schon weitaus gefasster scheint, als Harry und ich, erklärt ruhig "Überlieferungen zufolge hat es bereits vor einiger Zeit Fälle wie diese gegeben, Elfen männlichen Geschlechts, die Nachwuchs erwarten durften. Kaum einer von uns hat noch daran geglaubt, doch..." er lächelt seinen besten Freund sanft an, "...ich wusste immer, mein Harry ist etwas Besonderes."
Besagter Elf scheint noch zu überwältigt von der Gewissheit, das dort wirklich ein weiteres, kleines Herzchen in seinem Körper schlägt, denn sein Gesicht zeigt auf die schmeichelnden Worte seines Gegenübers kaum eine Regung. Auch ich fühle mich unfähig zu verarbeiten, was mir gerade mitgeteilt wurde.
Harry soll tatsächlich... ein Kind bekommen?
Unser Kind.
Ist es das? Kann ich mir da überhaupt sicher sein? Ich kenne ihn doch kaum, wer weiß, ob ich wirklich die einzige Person bin, mit der in letzter Zeit intim geworden ist...
Ich schlucke das ungute Drücken in meiner Brust herunter, das sich bei dem Gedanken in mir bildet, er könnte das Kind eines anderen austragen, während er seit wir uns kennen, versucht, mich zu seinem Eigen zu machen.
"Ich muss los, mein Vater wartet auf mich." verkündet Ruffy dann in den stillen Raum hinein, legt Harry noch einmal die Hand auf die Schulter und spricht ruhig "Ich weiß, es ist im ersten Moment überwältigend, aber ich weiß auch, wenn du es etwas hast sacken lassen, wirst du es freudestrahlend allen erzählen. Du wolltest immer Nachwuchs haben, Harry."
Erneut erfüllt anschließend eine nahezu unangenehme Ruhe den Moment, doch ich spüre deutlich Harrys Blick auf mir. Er hat sich auf dem Sofa niedergelassen, vor dem ich noch immer fast regungslos da stehe. Die Gedanken rasen durch meinen Kopf, viel zu viel prasselt gerade auf mich ein und Harrys Augen, die sich zeitgleich in meinen Körper zu bohren scheinen, machen den Druck in meinem Innern schier unerträglich.
Harry wollte immer Nachwuchs haben, sagt sein bester Freund. Auch für mich war immer klar, dass ich Kinder bekommen möchte, auch wenn das in meinem Kopf automatisch bedeutet hätte, ein Leben mit einer Frau führen zu müssen, der ich ein Leben lang hätte etwas vormachen müssen. Doch unabhängig davon, wollte ich mir über die Familienplanung frühestens in 5 bis 10 Jahren Gedanken machen. Dass nicht nur das nun vermutlich einen anderen Weg gehen wird, wird mir in diesem Moment erneut bewusst.
In den letzten Tagen habe ich viel darüber nachgedacht, ob ich mir tatsächlich vorstellen kann, mein weiteres Leben mit Harry zu verbringen. Und bin zu dem Entschluss gekommen, dass der Gedanke weniger abwegig ist, als er mir zu Beginn unseres etwas holprig gestarteten Zusammenlebens vorkam. Dass ich ihn optisch überaus anziehend finde, ist lange kein Geheimnis mehr, sonst wäre es wohl nie zu dem Geschehenen gekommen, das uns nun in diese Situation gebracht hat.
Und auch seine Art, die ich in den letzten Tagen ein wenig ungefilterter wahrnehmen durfte, gefällt mir irgendwie. Klar, die vergangenen Tage war er überaus ruhig, doch dennoch ist er allen gegenüber hilfsbereit, liebevoll und ausnahmslos immer wahnsinnig freundlich. Ich kann mir vorstellen, würden wir noch einmal ganz von vorn beginnen, könnte ich mir durchaus ein Leben an seiner Seite vorstellen.
Natürlich, ein Kind so früh in einer Beziehung ist definitiv nichts, das den Aufbau dieser erleichtert, aber anderseits ist es auch etwas, das uns auf besonderse Art verbindet.
Eine Verbindung, die auch ich nicht leugnen kann.
Als mich daraufhin allerdings ein Gedanke trifft wie ein Schlag ins Gesicht, kann ich nicht verhindern, dass mein starrer Blick zu ihm hochschnellt und die Worte schneller meinen Mund verlassen, als ich will.
"Du wusstest davon, oder?" zische ich. Perplex blinzelt er mich an. "W-Was meinst du?" flüstert er unsicher. "Du wusstest, dass du schwanger werden kannst." Hektisch schüttelt er den Kopf. "Nein, ich hatte keine Ahnung! Wie kommst du darauf? Ich bin mindestens genauso schockiert wie du, siehst du das nicht?!" Doch erneut ist meine, komplett überforderte, spitze Zunge schneller.
"Du wusstest es und hast meinen besoffenen Zustand ausgenutzt." werfe ich ihm vor. Schockiert, fassungslos, aber vor allem wahnsinnig verletzt blickt er mich mit offenem Mund an. "Du willst mich so unbedingt an dich binden... jetzt hast du, was du willst." zische ich. "Sowas traust du mir zu?! Es ist ein lebendiges Wesen, denkst du wirklich, ich würde solche Mittel nutzen?" brüllt er, als er aufspringt.
"Keine Ahnung, was ich dir zutraue, Harry! Ich kenne dich nicht, aber du bist so einnehmend, nahezu besessen von dieser Idee, dass ich dir gehören sollte und ich verstehe verdammt nochmal nicht wieso! Niemand erklärt mir, was hier abgeht, für jeden ist es nur logisch, dass ich zu dir gehöre, aber es scheint keinen zu jucken, was ich darüber denke. Ihr mit Eurem dämlichen Gelaber von Bestimmung, was ist denn mit eigenem Willen, verdammt?!"
Ihm scheinen die Worte zu fehlen, denn er atmet zittrig, blinzelt mich an und presst die Lippen aufeinander. "Ich schwöre, dass ich nichts davon wusste, Louis." wispert er nach Minuten der Stille, in dem ihm die Tränen gekommen sind. Ich weiß ehrlich nicht, was ich darauf erwidern soll, denn ich habe absolut keine Ahnung, ob ich ihm glauben kann.
Wieder wird es einige Zeit unangenehm still, bis Ruffy erneut in Harrys Baum geschwebt kommt.
"Vater will dich sprechen, Harry." Geistesabwesend nickt dieser, bevor er sich erhebt. Etwas irritiert über dessen verheulten Anblick sieht sein Freund ihn an, dreht sich dann zu mir und spricht "Ich denke es macht Sinn, dass du mitkommst, ich vermute es geht um Eurer Kind..." Er zieht mich am Arm mit sich, sodass ich mich losreiße, um selbst laufen zu können. "Sein Kind." zische ich, weshalb Ruffy mich überrascht ansieht.
"Ich übernehme keine Verantwortung für etwas, was mir untergejubelt wird."
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{soooo... who wants to slap louis in the face? i'll go first ಥ‿ಥ}
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