Glauben
Ich weiß irgendwie nicht mehr, an was ich glauben soll. Seelenverwandtschaft oder Schicksal müsste doch etwas Gutmütiges sein, es würde nicht daherkommen wie jemanden für wen Besseres sitzen lassen.
Jemanden, den du bis zu jenem Zeitpunkt Liebe deines Lebens genannt hast.
Es braucht nur einen Abend und ein bisschen Uno-Spielen und sich hinter vorgehaltenen Karten angrinsen. Und schon bin ich das Chaos in Person. Und da tritt mein Mitbewohner diesem Chaos gegenüber, ohne es zu erkennen, -
und ich erkenne seines auch nicht. Doch plötzlich, erzählt er es mir: Seine Freundin hat sich von ihm getrennt. Als er mir das erzählte, hat mein Herz wie wild geklopft. Aber irgendwie nicht nur, weil ich Mitleid und Mitgefühl verspürt habe. Ich bin sehr sehr komisch manchmal, und beziehe die Ergebnisse des Lebens ein bisschen zu sehr auf mein eigenes Leben. Das muss ich mir dringend abgewöhnen. Andererseits schafft es eine gewisse Zugehörigkeit (weil ich auch andersherum denke, und wie mein Leben das der anderen beeinflusst) - und es macht unglaublich kreativ.
Ich hab viel Zeit mit meinem Mitbewohner verbracht, um ihn abzulenken. Als wir in der ersten experimentellen Mittags-Frühlingssonne in der Mensa Draußen saßen um zu essen, habe ich mal meine Klappe gehalten. Da habe ich begonnen, das zu lernen, glaube ich. Ich hatte sonst oft das Gefühl, keine tiefgründigen Gespräche führen zu können mit ihm. Und obwohl ich das überhaupt nicht wollte, kratzte mich so etwas immer auf. Doch heute blieb ich sanft und hielt die Klappe und durchstocherte stetig den Auflauf vor mir auf dem in den Boden geschraubten dunkelgrünen Metallgittertisch. Und plötzlich hat mein Mitbewohner mich gefragt, ob ich an Seelenverwandtschaft glaube. Ich habe ziemlich unbedacht (oder intuitiv?) ja gesagt. Er meinte dann, ja, er auch. Jedoch dass so etwas nicht auf den ersten Blick sein müsste, und man auch mit der Zeit immer seelenverwandter werden könnte.
Dann dachte ich wieder, wie einfach-schön-blöd diese Welt doch ist. Aber ich habe genickt. Ich habe nicht gesagt: "So etwas nennt man doch dann vielleicht einfach: Sympathie, Noah? Oder: Freundschaft? Oder: Liebe?". Nein, ich hab weitergestochert. Du kannst dich immer entscheiden: Schicksal oder Werdegang? Liebe oder Zuneigung? Wunder oder Psychologie?
Was aber das Bescheuerte ist: ob das Universum das nun so wollte oder nicht: du kannst dich nicht entscheiden, ob du dich verliebst. Das ist überhaupt nicht einfach-schön-blöd, das ist kackekrasskompliziert.
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