☽ Twenty Eighth Chapter
V E L A R I S
20.April, Wolfstrakt: Olympia
Ohne, dass meine Lippen ein Wort verließ, musterte ich ihn. Wie lange war es her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen hatte? Es kam mir vor als wären es Jahre gewesen.
»Kai«, verließen die Wörter meine Lippen. Irgendwie hatte ich Angst, irgendwie hoffte ich jedoch auch, dass der Junge, der mitten in der Menge stand und mich musterte, als wäre ich ein Geist, wirklich der selbe war, welcher mir Monate zuvor gelehrt hatte zu Kämpfen. Ich hatte ihn so vermisst.
In dieser Zeit hatte sich Kai verändert. Äußerlich sah er fast gleich aus, wie an dem Tag an dem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, doch diese lebensfrohe Aura, welche er immerzu ausgestrahlt hatte, war verblasst. Nun war alles, was er ausstrahlte Erschöpfung gemischt mit einem Hauch von Trauer. Seine Augen schienen müde und seine Haltung nicht mehr so anmutig, wie ich es gewohnt war. Was war nur passiert in der Zeit, in der ich weg war? Was hatte es geschafft eine so starke Person so zu verändern?
»Du bist es wirklich«, murmelte er. Mit schnellen Schritten eilte er auf mich zu, riß mich aus Kovas Händen und zog mich gegen seine Brust. Es brauchte eine Zeit, bis ich realisierte was passierte und es brauchte noch länger, bis auch ich mich traute meine Arme um ihn zu legen.
»Velaris!«, Kovas Stimme war besorgt. »Es ist okay, er ist ein Freund«, murmelte ich. Stumm lauschte dem schnell schlagenden Herz und atmete ich seinen Geruch ein. Wenigstens dieser war noch der selbe.
Es war ungewohnt und in einer Weise schmerzhaft seinen Geruch zu riechen. Er brachte so viele Erinnerungen zurück, glückliche Erinnerungen. Erinnerungen an Kai, das Schloss und Erinnerungen an ihn.
Ein Stechen in meiner Brust brachte mich dazu ihn von mir zu lösen. Mein Blick senkte sich zu Boden. Ich wollte ihn nicht in die Augen sehen.
»Was machst du hier, Velaris?«, fragte Kai. In seiner Stimme lag Verwirrung und Besorgnis. Ich trat einen Schritt zurück.
»Es ist besser wenn du das nicht wüsstest«, sagte ich. Meine Stimme stockte. Er würde es wahrscheinlich sowieso bald erfahren. Ich drehte mich zu Kova und warf ihn einen flehenden Blick zu. Er verstand sofort.
»Ich muss jetzt gehen«, sagte ich. »Warte, Velaris!«, rief Kai und griff nach meiner Hand. Ich wich zurück. Mit einem entschuldigenden Ausdruck drehte ich mich um und folgte Kova, ohne ein weiteres Mal zurückzusehen.
Tut mir leid, Kai, aber in deiner Nähe zu sein, macht meine Schmerzen unerträglich.
⊱⊰
»Hier«, Kova gab mir die weiße Box, welche ich dankend annahm. Stumm nahm ich eine Tablette heraus und schluckte sie. Seufzend lehnte ich mich in den weichen Stoff des Sofas.
Egoistisch... Ich war egoistisch geworden. Stumm griff ich mir an meinen pochenden Kopf. Ich hätte ihn ausreden lassen sollen, ihm eine Chance geben sollen mit mir zu reden.
Doch weil er mich so sehr an Azrael erinnerte, war ich weggelaufen. Dabei war genau dies etwas, was ich mir geschworen hatte nicht mehr zu tun.
»Tut mir Leid, ich hätte dich besser beschützen sollen. Wegen mir leidest du schon wieder«, murmelte Kova.
Ich schüttelte den Kopf. »Du bist der letzte, den man wegen meinen Schmerzen beschuldigen könnte«, sagte ich erschöpft. Bald musste ich mich ihm sowieso stellen, aus diesem Treffen so ein Drama zu machen, brachte gar nichts.
»Nach dem Treffen mit dem Rat, werde ich noch einmal mit ihm sprechen, wenn ich die Chance bekomme«, nachdenklich musterte ich die weiß-gestrichene Decke, des Hotelzimmers. Kova seufzte, doch sagte kein Wort. Er wusste, dass es nichts brachte, mich von etwas anderem zu überzeugen.
»Wir sollten jetzt gehen, oder?«, fragte ich Kova. »Ja«, antwortete er mir leise. Ich machte einen tiefen Atemzug und richtete mich auf. Mit einem Mal schlug mein Herz schneller. Die Nervösität des Bevorstehendem nagte an meinem ganzen Körper.
Mit einem besorgten Ausdruck musterte mich Kova. Er wirkte nachdenklich, doch in seinen Augen spiegelte sich ein weiterer Ausdruck, Zorn. Ich hasste, dass er sich so viele sorgen um mich machte. Er sollte viel lieber sich über die Chance freuen, die wir bekommen hatten.
Plötzlich blieb Kova stehen und drehte sich zu mir. Mit einem undefinierbaren Blick hielt er mir seine Hand hin. Verwirrt musterte ich seine geöffnete Handfläche.
Es brauchte nicht lange bis ich verstand, was er wollte. Schnell legte ich meine Hand in die seine und musterte seinen Ausdruck neugierig. Ein Lächeln blitzte auf seinen Lippen auf und bevor ich reagieren konnte, zog er mich mit sich in den Gang.
Etwas von der Situation verwirrt, stolperte ich ihm hinterher und als mein Blick auf unsere Hände fiel, flackerte ein leichtes Gefühl von Wärme in meiner Brust auf.
⊱⊰
Als ich einige Minuten zuvor gedacht hatte, dieses Gefühl von Nervosität könnte nicht noch schlimmer werden, hatte ich mich geirrt. Nun, wo ich zusammen mit Kova und einigen anderen Wölfen an der großen Tafel saß und darauf wartete, dass die Könige den Saal betraten, war in mir ein Sturm ausgebrochen. Jetzt wo ich kurz davor war meinen Mate wiederzusehen, konnte mein Körper sich nicht entscheiden ob er sich freute oder durch unsere Trennung von Schmerzen überschwemmt werden sollte. Es fühlte sich an als wäre ich kurz davor in Ohnmacht zu fallen.
Mit zusammengebissenen Zähnen klammerte ich mich an Kovas Hand, und bekam dafür einen mitleidigen Blick zu spüren. Ich seufzte, konnte dies nicht schnell vorbeigehen?
Als ein Knall ertönte, zuckte ich zusammen und drohte von meinem Stuhl zu fallen. Verwirrt sah ich in Richtung der aufgeworfenen Tür. Mein Herz setzte aus. »Der König vom Norden, Azrael Illyrain, und sein Bruder, Silan Illyrain«, wurden die zwei Männer, die im Türrahmen standen, von dem verwirrten Sprecher, etwas zu spät angekündigt.
Ich schnappte nach Luft und drückte mich instinktiv gegen die Lehne meines Stuhls. Sofort hatten seine Augen die Meinen gefunden und mich mit einem Blick, in welchem sich viel zu viele Emotionen spiegelten, gemustert.
Als hätte etwas in mir einen Schalter umgelegt, durchflutete mein Körper eine wohlige Wärme. Abermals schrie alles in mir danach zu ihm zu stürmen um nie wieder seine Seite zu verlassen.
Ich war es nicht die ihn verlassen hatte.Wieso tat er so, als hätte er mich genauso vermisst wie ich ihn?
Mit einem brennenden Schmerz in der Brust, brach ich unseren Blickkontakt und wendete mich zu dem Tisch vor mir. Um mich herum schien langsam wieder Normalität in den Saal einzukehren. Ich atmete erleichtert aus.
»Sind die Schmerzen schlimm?«, nahm ich plötzlich Kova, welcher sich zu mir vorgelehnt hatte, wahr. Ich schüttelte den Kopf. Lüge.
Ein Knurren ertönte und ließ mich erschrocken aufblicken. Gegenüber von Kova und mir saßen Azrael und Silan. Azraels Blick war starr auf uns fixiert und seine Augen funkelten wütend in Richtung Kova. Reflexartig rutschte ich von dem Jungen weg.
»Dann lasst uns die Besprechung beginnen!«, ertönte plötzlich die Stimme eines Mannes am Ende des Tisches.
Stumm versuchte ich der Tede des Mannes zu lauschen, jedoch konnte ich nicht vermeiden, dass mein Blick immer wieder zu dem Jungen, mir gegenüber, wanderte.
Auch er hatte sich verändert. Bevor ich Lunya verlassen hatte, hatte Azrael immer etwas von einem verträumten Jungen gehabt, doch der Werwolf, der mir num gegenübersaß, sah aus und hatte die Ausstrahlung eines Mannes, eines Königs. Trotzdem strahlte auch er von etwas trauriges aus, bei ihm schien diese Traurigkeit sogar noch stärker zu sein. Doch im Gegensatz zu Kai, versteckte er sie gut. Nur seine Augen verrieten ihn. Abermals flackerte Schmerz in meiner Brust auf. Sie glichen matten Diamanten. Kein Funkeln, kein Strahlen, nur tiefe Leere und Müdigkeit.
Es tat weh ihn so zu sehen. Ich wollte nicht, dass es ihm schlecht ging. Dies war das letzte was ich wollte. Doch ich war nicht in der Lage etwas daran zu ändern. Du hast jetzt eine Verlobte, Azrael, sie sollte sich darum kümmern, dass du lächelst. Nicht ich.
Ich krallte mich fester in Kovas Hand. So schmerzhaft...
Die Stunde, welche ich in dem Saal saß, kam mir vor als wären es Tage. Stumm hatte ich versucht mich auf die Gespräche zu konzentrieren, doch im Endeffekt bekam ich nur Ausschnitte mit.
Als der Rat endlich das Treffen beendete, war ich die Erste die aufgestand. Mit schnellen Schritten verließ ich, zusammen mit Kova, den Saal. Ich schaute nicht zurück. Erst als ich unser Zimmer betrat und hinter uns die Tür verschloss, konnte ich wieder regelmäßiger Atmen. Seufzend sank ich zu Boden.
Was war das für ein Wiedersehen?
sry, dass es länger kein Update gab🥺
soulfullofwords
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