Kapitel 9
Es war als hätte die Erkenntnis mich wie ein Blitz getroffen und gleichzeitig wichen wir zurück. "Es...es tut mir leid", stammelten wir beide und gingen noch ein paar weitere Zentimeter auseinander. Irgendwie war ich froh, dass auch er nicht wollte, andererseits wurmte es mich auch ein wenig.
Das würde ich Leana nicht antun können und ich sah ihm an, dass er das gleiche dachte. "Es tut mir wirklich leid... ich war nur so aufgeregt, wegen Leana und dem Ganzen und...mir ist jetzt klar geworden, dass ich Leana wirklich mag und... und ich war wirklich einfach nur aufgeregt wegen ihr und ich wollte Ihnen keinen falschen Eindruck vermittlen.. und können wir das einfach vergessen?", fragte er mich und ich ignorierte die Tatsache, dass er mich anscheinend nur benutzt hatte.
"Natürlich", sagte ich und lächelte ihn kalt an. "Es hätte sowieso nichts bedeutet", fügte ich noch mit eisiger Stimme hinzu und zog mich aus dem Wasser. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen ging ich zu meinem Kleid und zog es klatschnass wie ich war, an.
"Ist alles in Ordnung?", fragte Maxon etwas leiser als normal. "Doch, natürlich", antwortete ich genervt, obwohl ich eigentlich eher verletzt war. "Wenn Sie mir bitte sagen würden wie ich nach draußen komme?" Er zog sich schnell an und bejahte. Er schaltete das Licht aus, dann waren wir wieder in dem dunklen Gang. Wieder versuchte er meine Hand zu nehmen, aber ich zog sie zurück. Mehrmals glaubte ich zuhören wie er ein Gespräch beginnen wollte, es dann aber ließ.
Fünfzehn Minuten später waren wir wieder an der Oberfläche und ich ging schnurstracks zum Gebäuder und ließ Maxon einfach stehen.
Auf dem Gang begegnete mir zu meinem Unglück Alva. Wieso konnten meine Freunde denn noch nicht schlafen? "Amy?", fragte sie überrascht, aber ich hatte keine Lust zu reden und auch wenn es unfreundlich war, ging ich an ihr vorbei. Ich hoffte eigentlich nur, dass keine Kamera mich so gesehen hatte.
Die ganze Zeit über versuchte ich die Kameraleute schon zu meiden und Interviews abzulehnen, was mir aber nur bedingt gelungen war.
Leise öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer indem noch Licht brannte. Meine beiden Zimmergenossinnen saßen auf ihren Betten und unterhielten sich über Gott und die Welt.
Als ich, bis auf die Knochen nass, das Zimmer betrat, schauten die beiden mich leicht erschrocken an. "Amy.... wieso bist du so nass?", fragte Leana leicht pikiert. Hier würde ich nicht das gleiche wie bei Alva tun können und sie einfach ignorieren.
"Ich bin schwimmen gegangen", sagte ich einfach die Wahrheit. "In Kleidung...?", wollte Penelope wissen und hob eine Augenbraue. "Nein. Aber da war kein Handtuch und so musst ich das Kleid nass anziehen" "Aha...", meinten beide und ich ging erst in meinen Schrank um meinen Schlafanzug zu holen, nahm mein Handy auf dem Weg gleich mit und ging dann ins Badezimmer.
Nachdem ich trockene Sachen anhatte und auch meine Haare wieder ziemlich normal waren, schaute ich mich im Spiegel an und ich konnte nicht deuten, was ich da sah.
Er hatte mich nur benutzt um herauszufinden, ob er Leana wirklich liebte. Aber das tat nicht mal am meisten weh. Sondern viel mehr die Tatsache, dass ich ihn wirklich lieben könnte. Es machte immer Spaß mit ihm und bei ihm war ich ganz anders als bei Keith, aber Leana würde ihn bekommen – und nicht ich.
Selbst wenn ich mir nicht mal sicher war, dass Leana ihn nicht nur wegen seines Status wollte.
Ich blickte auf mein Handy um zu sehen, ob mein Bruder geantwortet hatte, aber Fehlanzeige. Drei Mal rief ich ihn noch an, bis ich es aufgab.
Dafür hatte Clara mir eine Nachricht auf meiner Mailbox hinterlassen. "HAAALLLOOO AMY!!! Vermutlich hast du gerade lauter wichtigen Kram zu tun, aber trotzdem wirst du meine erste Brautjungfer werden müssen. Ja du hast richtig gehört! Ich werde heiraten! Ich habe dir doch letztens erzählt, dass meine Mutter mich mit diesem einen Typen verheiraten wollte. Er ist unglaublich nett und lustig und sieht auch noch gut aus. Ich bin ja so glücklich! Bis bald hoffentlich und ich hab dich lieb"
Sie hatte mir wirklich von jemandem erzählt, aber ich hätte nie gedacht, dass sie ihn auch heiraten will. Sonst war sie immer diejenige gewesen, die sich gegen das Verheiratet werden eingesetzt hatte. Aber wenigstens schien sie ihn wirklich zu mögen.
In Iléa war es normal, dass man schon so früh heiratete, selbst wenn man noch nicht mal die Schule abgeschlossen hatte.
Ich freute mich wirklich für sie. Clara war ein unglaublich lieber Mensch und es war klar, dass sie nicht lange ledig bleiben würde und sie hatte es auch verdient.
Und trotzdem konnte ich es nicht verhindern, dass mir Tränen die Wangen hinunterliefen, die nicht vor Freude waren. Schnell schrieb ich ihr zurück wie sehr ich mich für sie freute und lehnte mich dann kraftlos gegen die Wand.
Was hatte ich eigentlich getan, dass mein Leben so verlaufen war? Kurz verfluchte ich mein früheres Ich in einem ehemaligen Leben und wischte mir dann die Tränen aus dem Gesicht.
Mit erhobenem Kopf ging ich aus dem Badezimmer und hing mein Kleid in den Schrank. Dann sagte ich meinen beiden Freundinnen, dass ich schlafen wollte und sie fragten nicht weiter nach.
Dass einzig Gute war, dass ich nicht lange wach lag sondern schnell einschlief. Aber wie heißt es so schön: Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben oder vor dem frühen Morgen halt. Denn als ich gegen 2 Uhr nachts von leisen Stimmen geweckt wurde, hätte ich mir eigentlich schon denken können, dass es sich dabei nicht um Leana und Penelope handelte sondern um Leana und eine andere Person, an die ich überhaupt nicht denken wollte.
"Komm, wir müssen uns beeilen. Und sei nicht so laut", flüsterte Leana und Maxon sagte irgendwas, dass ich nicht verstand. In dem Moment tat mein Herz mehr weh, als je zuvor und ich hätte es am liebsten einfach rausgerissen, blieb aber still, obwohl mir nach schreien zumute war. "Was hast du heute Nacht für uns geplant?", fragte Leana leise auf dem Weg zur Tür "Lass dich überraschen, meine Liebste", ich hätte kotzen können. So ein idiotisches Gesülze.
Ich hob meinen Kopf ein wenig und als Leana als erste das Zimmer verließ und Maxon die Tür schloss und sich noch einmal im Raum umschaute, glaubte ich zu sehen, dass sein Blick für einen Moment auf mir verharrte, dann drehte er sich aber schon um und die Tür wurde leise zu gemacht. Da ich weder schreien, noch weinen, noch ein Kissen aufschlitzen konnte seufzte ich leise und blickte wieder auf mein Handy. Endlich hatte mein blöder Bruder zurückgeschrieben.
Es ist etwas mit Mum! Geh einfach nach Hause. Die ganzen Kleider stehen dir sowieso nicht du dumme Gans
Ich verrollte die Augen, wollte aber dennoch wissen, was er meinte. Ich könnte doch nicht einfach gehen und mit meiner Mum war öfter etwas, konnte er sich denn nicht allein darum kümmern? Ich drückte mir mein Kissen auf mein Gesicht in der Hoffnung zu ersticken, als ich aber auch nach 2 Minuten noch atmen konnte wurde es mir zu doof und ich benutzte es wieder als normales Kissen.
Wenn du mir nicht sagst was los ist, dann gehe ich nicht weg.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass mein Bruder mich anlog. Immer wenn er log wollte er keinen Grund nennen, soviel hatte ich gelernt. Als mein Handy wieder in meinem Nachttisch verschwunden war, versuchte ich wieder zu schlafen, was mir wenig später auch gelang.
Am nächsten Morgen hatte ich das Gefühl, ich hätte nur eine Sekunde geschlafen und ich fragte mich, wie Leana es wohl hinbekam die halbel Nacht weg und dennoch gut gelaunt zu sein. "Ist heute nicht ein schöner Morgen?", rief sie aus und ich brummte nur.
Beim Frühstück sagte ich nur wenig und auch der Unterricht ging an mir vorbei, was war denn nur los mit mir? Ich war doch sonst nicht so kaputt. Genervt von mir selbst ging ich in der Pause in einen der Türme, weil ich immernoch hoffte dort ein dunkels Geheimnis zu entdecken.
Allerdings überraschte mich stattdessen etwas anderes. Ein junger Mann, höchstens zwanzig saß in einem der Räume, neben ihm ein Haufen von Waffen und war dabei sie zu putzen.
"Entschuldigung", sagte ich und wollte schon wieder gehen, aber mein Kleid verfing sich in einem rostigen Nagel an der Wand und ich kam nicht mehr los. "Warten Sie", meinte der Mann und stand schnell auf "ich helfe Ihnen". Schnell hatte er mich von dem Nagel befreit. "Vielen Dank... äh..." "Jasper", meinte er und verbeugte sich. "Ich bin Wache hier, aber da ich noch nicht so lange dabei bin, muss ich mich eben auch um die Waffen kümmern" "Da haben Sie aber viel Arbeit", meinte ich und deutete auf den großen Stapel. "Ja, da haben Sie Recht, allerdings muss das jeder machen, der neu anfängt. Ich denke mal Sie gehören zum Casting?" Ich nickte. "Und? Wie ist es so? Macht es Ihnen Spaß mit dem Prinzen?" Ich setzte mein schönstes Lächeln auf und sagte "Es macht wirklich unglaublich viel Freude und der Prinz ist wirklich nett und großzügig und was erzähle ich hier eigentlich? Der Prinz ist ein arroganter Idiot, der anderen etwas vorspielt, nur um sie dann zu hintergehen" Gut, das mit dem arrogant stimmte vielleicht nicht, aber ich durfte doch auch mal übertreiben. Jasper hob eine Augenbraue. "Sonst wird mir immer nur vorgeschwärmt wie toll Prinz Maxon doch ist und wie sehr sich jede wünscht, dass sie die Auserwählte sein möge" "ich würde lieber sterben als so jemanden zu heiraten", ja, auch das stimmte nicht, aber in diesem Moment, kochte die ganze Wut und auch die Verletztheit in mir auf.
"Entschuldigen Sie bitte", kam ich dann jedoch zur Besinnung. "Ich sollte nicht so über ihren Vorgesetzten reden" "Ach... mir macht das nicht", sagte er und grinste mich breit an "es ist ganz angenehm mal jemanden vor sich zu haben, der nicht in ihn vernarrt ist. Wie kommen Sie denn zu ihrer schlechten Meinung, wenn ich fragen darf?" "Sie dürfen, aber zuallererst. Können wir bitten mit diesem Sietzen aufhören? Ich werde noch ganz verrückt dabei? Ich meine Sie sind doch höchstens 20 und ich bin 17" "Gerne. Es freut mich jemanden kennen zu lernen, der die gleichen Ansichten hat wie ich und ich bin übrigens 19" ich nickte und lächelte. "Also... ach ja, ich heiße Amy. Der Prinz kann einen einfach so aufregen, er tut zwar die ganze Zeit so nett und tut so, als wäre man mit ihm befreundet und als würde er einen gern haben, nur damit man dann merkt, wie man sich in seiner Gegenwart wohlfühlt und er einen dann mit zu einer romantischen Höhle nimmt und er einem das Gefühl gibt, dass er einen wirklich mag und nicht einfach nur mag und er einen dann fast küsst, bis er sich gerade noch so besinnt und einem sagt, dass der "Kuss" eigentlich nur dazu gedient hat, herauszufinden, ob er das andere Mädchen, dem er gesagt hat, dass er es liebt, auch wirklich liebt oder sich das nur einbildet!", während des Sprechens war meine Stimme immer lauter geworden, aber ich war froh, das gesagt zu haben.
"Das tut mir leid... denke ich" "muss es nicht. Ich kann ja froh sein, dass ich weiß, was für ein mieser Idiot er ist" "Wer ist denn das Mädchen, dass er eigentlich liebt, oder auch nicht liebt?" "Leana Williams. Ich weiß nicht, ob dir der Name etwas sagt" "Doch, doch, sie war einmal hier oben und hat mich gefragt, ob sie mir etwas erzählen könnte. Ich weiß ja nicht warum, aber irgendwie nehmen mich alle Teilnehmerinnen immer als Kummerkasten", ich musste aus irgendeinem Grund grinsen und Jasper redete weiter. "Auf jeden Fall hat sie mir erzählt, dass der Prinz zu ihr meinte, dass er sie liebe und sie am liebsten wohl auf der Stelle heiraten wolle, er es aber noch nicht tun würde, weil das Casting noch weiterlaufen müsse" Als ich das hörte, war ich wieder auf 180, auch wenn mir nicht ganz klar war wieso. "Ja sicher. Er will doch nur schauen, ob da nicht noch jemand besseres ist, weil ihm Leana nicht genug ist" Es tat wirklich so unheimlich gut mit jemandem zu reden, der den Prinzen nicht vergötterte.
"Sag mal, bist du oft hier oben?", wollte ich wissen "Naja, es gibt oft etwas zu putzen, bis ich befördert werde, also ja" "Freut mich", sagte ich und lächelte. Auf einmal war mir Jasper viel sympathischer als der dumme Maxon und wenn ich es mir recht überlegte, sah Jasper auch ziemlich gut aus, er hatte braune Augen und braune Haare, war ungefähr 1,85 groß und hatte ein süßes Gesicht, dass aber nicht zu weiblich wirkte, das sollte nicht heißen, dass er etwas für mich wäre, ich kannte ihn ja gar nicht, aber trotzdem war ich glücklich, ihn kennen gerlernt zu haben.
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