Kapitel 6
Ich hatte wirklich Angst in den Spiegel zu schauen. Eine Stunde lang hatte man an meinem Kopf herumgeschnippelt und ich hatte keine Ahnung wie das Ergebnis sein würde. Ein Teil meiner Haare war abgeschnitten, das hatte ich mitbekommen, aber es wurde ja noch mehr gemacht.
Im Moment hatte ich noch ein Handtuch auf dem Kopf, was sich aber gleich ändern würde, wenn die Frisörin wiederkam und der Spiegel nicht mehr mit einem Tuch bedeckt wäre.
Hilflos sah ich zu Leana hinüber, die völlig begeistert von ihren blonden Strähnen in den dunkelbraunen Haaren und einem Stufenschnitt war.
Da kam sie auch schon wieder, die Frisörin und ich musste mich meinem Schicksal beugen. Zuerst nahm sie vorsichtig das Handtuch ab und dann auch das Tuch vom Spiegel.
Ich musste ein paar mal blinzeln, bis ich erkannte, dass ich das war. Meine Haare waren plötzlich dunkelbraun, gingen nur noch bis zur Schulter und waren hinten ein ganz ganz bisschen kürzer als vorne. Außerdem waren da noch die leichten Locken, die verspielt mein Gesicht umrahmten. Auch wenn es sehr ungewohnt war, glaubte ich trotzdem, dass es mir gefiel, meine Haare waren jetzt auch viel voluminöser, was ich mir vorher immer gewünscht hatte. Ich lächelte meine Frisörin an und bedankte mich herzlich bei ihr.
Auf dem Weg zur Tür traf ich auf Skye, die plötzlich glatte und extrem lange Haare hatte, sonst war bei ihr nichts verändert worden, dadurch sah sie allerdings viel erwachsener und eleganter aus. Auch meine anderen Freunde sahen alle wirklich schön aus, überhaupt sahen alle Mädchen fabelhaft aus und ich bewunderte die Frisöre alle für ihr Stilvermögen. "Oh Gott, als nächstes kommen die Tanzstunden", sagte Alva und war ganz hibbelig. "Wird schon schief gehen", versuchte ich sie aufzumuntern, obwohl ich mindestens genauso aufgeregt war. Das letzte Mal hatte ich bei unserem Schulball in der 10. Klasse getanzt und da musste man nichts weiter tun, als sich aneinander fest zu klammern.
Wir versammelten uns alle in dem riesigen Ballsaal vom Anfang, indem schon vermutlich 50 Jungen unseres Alters und etwa 10, ich denke mal Tanzlehrer standen.
Wir wurden alle in 10 Gruppen eingeteilt und einem Tanzlehrer zugeordent, das Gleiche bei den Jungen gegenüber.
Zu elft gingen wir in einen privaten Tanzraum und nicht zum ersten Mal bewunderte ich die Größe des Palastes.
Unser Tanzlehrer, Mr Diego, teilte uns nochmal in 5 Paare auf und ich tanzte mit einem großen Jungen mit schwarzen Haaren und braunen Augen, mit dem man sich leider nicht wirklich gut unterhalten konnte, da er auf alles immer nur mit "Mhh" antwortete und ich leider nicht herausfinden konnte, ob er nun ja oder nein meinte.
Trotzdem war er ein guter Tänzer und er relativierte meine Fehler wirklich hervorragend. Auch Mr Diego war ein wirklich guter Tänzer und vier Stunden und achtezehnmal mal auf die Füße treten später, hatte ich den Walzer fast ok gut drauft.
"Gehen Sie jetzt bitte zum Essen", wies Mr Diego uns an und machte noch eine Pirouette, die mich etwas schmunzeln ließ.
Aber von Essen zu hören war wirklich großartig. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich soviel bewegt und war so kaputt gewesen. Mr Diego war wirklich nicht leicht zu begeistern und zig mal hatte ich ein und dieselbe Schrittweise wiederholen müssen.
Müde schleppte ich mich zu meinem Platz und wartete mit halb geschlossenen Augen auf die anderen, die zum Glück bald kamen.
Das Essen verging schnell und danach ging es mit "normalem" Unterricht weiter.
Beim Abendessen dann, waren wir alle etwas energiereicher und schon wirklich gespannt auf die Entscheidung, die uns alle danach erwarten würde. Allerdings wurden die Pläne wohl geändert, denn ein Diener kam in den Speisesaal und verkündigte: "Meine Damen: Da das letzte Gespräch des Prinzen, auf Grund besten Verständnisses noch etwas verlängert wird, muss die Entscheidung verschoben werden. Der König und die Königin bitten Sie inständig um Verzeihung und darum, jetzt auf Ihre Zimmer zu gehen und sich auszuruhen, bis Sie dann pünktlich um zwölf Uhr geweckt werden, damit dann um halb eins das traditionelle Nachtmahl Iléas eingenommen werden kann und danach eine Entscheidung gefällt wird. Ihre Zofen haben ihre Betten schon vorbereitet.
"Wer das wohl ist?", fragte Skye "ich meine das Mädchen, mit dem er so lange redet" "Vielleicht sollten wir uns nicht allzu viele Gedanken darüber machen, aber sie ist bestimmt wunderhübsch", meinte Leana "wenn die Umscheidung soweit verschoben wird, muss sie wirklich was Besonderes sein", stimmte Penelope ihr zu "sei doch nicht so pessimistisch", wies Linnea sie an "Ich bin nicht pessimistisch. Nur realistisch. Außerdem war das viel eher eine Feststellung. Aber wollen wir vielleicht mal gehen? Ich bin wirklich müde und wenn wir in vier Stunden schon wieder aufstehen müssen, würde ich gern noch etwas schlafen" Wir stimmten ihr zu und gingen nach oben in unsere Zimmer, wo wir sofort müde ins Bett fielen und es gerade so noch schafften uns Schlafkleidung anzuziehen und die Fenster zu schließen.
Ich hatte gerade von einer großen Schokoladentorte geträumt, die ich gleich essen wollte, als ich plötzlich leicht wachgerüttelt wurde.
Blinzelnd öffnete ich meine Augen und hätte fast geschrien, als da im Stockdusternen eine Person vor mir stand.
"Erschrick nicht. Ich bin's. Maxon", erklärte er und ich rieb mir meine Augen, damit sie sich etwas schneller an die Dunkelheit gewöhnten.
"Was machen Sie denn hier?!", wollte ich aufgebracht flüsternd wissen. "Ich brauche dringend Ihre Hilfe, kommen Sie bitte mit", flehte er leicht. "Worum geht es denn und wie spät ist es überhaupt?", fragte ich noch. "Es geht um etwas Wichtiges und es ist elf" Noch eine ganze Stunde, die ich zum Schlafen gehabt hätte. "Na gut", sagte ich ein kleines bisschen grimmig, obwohl ich ins Geheim glücklich darüber war, dass der Prinz ausgerechnet mit mir reden wollte. "Ich habe aber noch meinen Schlafanzug an", flüsterte ich. "Das macht nichts, wir müssen uns beeilen", kam die Antwort. "Wie sind Sie überhaupt hier reingekommen?", fragte ich, gerade als wir auf den hellerleuchteten Flur traten. "Mein Diener hat mir den Schlüssel für Ihr Zimmer gegeben" Da fühlte man sich ja gleich nochmal viel sicherer. "Aber wie sehen Sie eigenlich aus?", wollte er nun in normaler Lautstärke wissen. "Wie ein Mädchen mit braunen Haaren", antwortete ich. "So... so verändert" "Das ist ja auch der Sinn des Umstylings", sagte ich lachend über die Verwunderung. "Gefällt es Ihnen denn nicht?", hakte ich nach. "Das habe ich nicht gesagt", verteidigte sich Maxon und wir gingen gemeinsam einen der vielen Wege des Palastes entlang, bis wir in einen Arbeitszimmerähnlichen Raum gelangten, auf dem viele viele Bilder auf dem Boden lagen.
"Und was ist jetzt das Wichtige, wegen dem Sie mir eine Stunde Schlaf geraubt haben?", fragte ich, obwohl ich mir die Antwort durch die Bilder mit den Bewerbungsfotos schon selber geben konnte. "Sie müssen mir helfen jemanden auszusortieren" "Haben Sie keine Angst, dass ich parteiisch bin oder so?" "Sind Sie es denn?" Ich überlegte kurz. "Wird sich zeigen" wir grinsten uns gegenseitig an. "Sie sind die einzige, die meinte, dass Sie kein Interesse an einer Partnerschaft hat, deshalb muss ich das wohl oder übel in Kauf nehmen, aber bitte helfen Sie mir einfach" "Packen Sie doch einfach die raus, die Sie am langweiligsten finden", schlug ich vor "dann müsste ich mehr als 10 rauswerfen", sagte er und ich musste wirklich lachen. "Ok ok", meinte ich, als ich mich wieder eingekriegt hatte "dann nehmen Sie von den ganzen Langweiligen die, die am meisten langweilig sind" "Gut Sie können mir ja beim Auswählen helfen", entschied Maxon und ich verdrehte gespielt die Augen. Fast eine Stunde lang bewerteten wir die Mädchen, was wirklich lustig war. Einfach mit Maxon zu reden und abzuhängen, machte wirklich Spaß und es wäre wirklich schön, wenn wir das Casting als gute Freunde verlassen könnten. Auf der anderen Seite wünschte sich wohl jeder mit dem Prinzen befreundet oder zusammen zu sein.
Am Ende hatten wir zehn Mädchen rausgesucht und ich musste langsam zurück auf mein Zimmer, damit Leana und Penelope nichts bemerken würden. Maxon und ich hatten nämlich abgemacht lieber niemandem etwas von unserem Treffen zu erzählen. Er begleitete mich noch bis zu meinem Zimmer und bevor ich durch die Tür ging, fragte ich noch: "Wer war eigentlich das Mädchen, mit dem Sie noch länger reden wollten?" Kurz lächelte er geheimnisvoll, rückte dann aber doch damit heraus: "Du kennst sie, es ist deine Zimmernachbarin: Leana. Wir hatten gestern Abend verabredet, dass wir uns heute Abend nochmal treffen würden, wollten aber nicht erzählen, wer es ist, weil niemand eifersüchtig werden sollte. Aber während du und Penelope geschlafen haben, hatten wir unser 2. Date und es war wirklich toll" er lächelte versonnen und ich musste mich zu einem Lächeln zwingen, obwohl mir überhaupt nicht danach zumute war. "Das freut mich wirklich für euch", meinte ich, nachdem ich mich wieder gefasst hatte. "Danke. Wir sehen uns dann gleich", meinte er noch und ging den Gang entland und die Treppe hinunter. Ich betrat unser Zimmer und ging mit klopfendem Herzen ins Bett. Wieso ausgerechnet Leana? Sie war meine beste Freundin und ich freute mich für sie, aber andererseits hätte ich am liebsten geheult und wusste nicht mal wieso. Ich war nicht in den Prinzen verliebt und schwärmte auch nicht für ihn, dessen war ich mir 100% bewusst.
Aber warum ausgerechnet Leana?
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