Kapitel 10
↠ Hold On To Me - Bortharm (feat. Cara Hughes)
Zu meiner eigenen Überraschung verlief ich mich auf dem Rückweg nicht halb so oft wie ich erwartet hatte. Zwar fand ich mich einmal kurzzeitig in der Küche wieder, wo ich von gefühlt hunderten verwirrten Blicken begrüßte wurde, aber das war auch so ziemlich die einzige peinliche Situation, in die ich geriet. Glücklicherweise.
Endlich wieder auf meinem Zimmer ließ ich mich sofort auf das riesige Bett fallen und vergrub mein Gesicht in dem endlosen, weichen Kissenmeer. Ich wusste nicht recht, ob ich lachen oder weinen sollte, wusste nicht recht, was da gerade passiert war. Und obwohl ich es nur ungern zugab, fürchtete ich mich davor, das meine Stunden im Palast nun gezählt waren.
"Ist alles in Ordnung bei Ihnen, Lady Mariella?" Amelies Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Rasch schluckte ich die Tränen, die kurz davor waren meine Wangen hinunterzulaufen, raunter und setzte mich gerade hin.
"Natürlich." mit einem seichten Lächeln hielt ich ihr das Buch entgegen. "Ich hab etwas Schönes in der Bibliothek gefunden."
"Aber - aber - Lady Mariella, es ist Ihnen nicht gestattet Bücher aus der Bibliothek mitzunehmen." plötzliche Panik erfüllte ihre sonst so ruhiges Gesicht.
"Es ist okay, der - " ich hielt inne, sortierte meine Gedanken noch einmal und beendete den Satz dann mit einem: "Es wurde mir erlaubt."
"Sind Sie sich da ganz sicher?" immer noch schien sie nicht ganz überzeugt, ihre hellen Augen funkelten unruhig und am liebsten hätte ich ihr von meinem Zusammentreffen mit dem Prinzen erzählt, um sie zu beschwichtigen. Aber unsere Abmachung niemandem davon zu erzählen schloss auch meine Zofen mit ein.
"Das bin ich." lächelnd nickte ich ihr zu, während sie ein besorgtes Seufzen ausstieß.
"Nun gut, soll ich Ihre Sachen jetzt auspacken?"
"Nein, nein." meine Nase begann etwas zu kitzeln und ich biss auf meine Lippe, die schon bedrohlich zu beben begann. Es lohnte sich doch gar nicht mehr die Sachen auszupacken - selbst wenn es nur so wenig war. In spätestens drei Tagen war ich hier sowieso weg. "Das mache ich schon selbst."
"In Ordnung." Amelie nickte verständnisvoll. "Wollen Sie das jetzt tun oder nach dem Report?"
"Danach." - oder wahrscheinlich eher niemals.
"Gut, dann würden wir Sie jetzt nämlich für den Report vorbereiten."
"Okay." ich ließ mich von ihr zu einem Stuhl führen, der mindestens genauso weich war wie das Bett. Dann machte sie sich daran, meine so elegant zusammengesteckte Frisur zu lösen, sodass meine aschbraunen Haare in weichen Wellen über meine Schultern fielen. Währenddessen setzte sich Lucia vor mich und begann mein, eigentlich noch perfektes Make-Up aufzufrischen und Gabriella verschwand für einige Minuten hinter einer Tür nur um dann mit einem wunderschönen, langen Kleid wieder hervorzukommen. Es war beinahe so blau wie der Himmel an einem wolkenklaren Sommertag und mit vielen kleinen Kristallen versehrt. Ein Kleid, wie es nur eine Prinzessin tragen sollte.
Nachdem Amelie und Lucia mit ihrem Werk fertig waren, halfen sie mir dabei, in das Kleid zu steigen. Obwohl ich normalerweise nicht viel davon hielt bei solchen alltäglichen Aufgaben Hilfe zu anzunehmen, ließ ich es diesmal zu. Alleine hätte ich die vielen einzelnen Teile und Schichten ohnehin niemals richtig legen können. Dieses Kleid bestand nämlich, anders als das Vorherige, hinzukommend aus einem Korsett, das sich perfekt an meinen Oberkörper schmiegte, und einem Reifrock. Noch nie in meinem Leben hatte ich so ein aufwendiges Kleid gesehen, geschweige denn getragen.
Für einen Moment lang fühlte ich mich wie eine Prinzessin und das Spiegelbild, das mir entgegenblickte, verstärkte dieses Gefühl.
Ein energisches Klopfen an meiner Tür ließ mich zusammenschrecken.
Hatte der Prinz den Wachen bereits beauftragt mich aus dem Palast zu bringen?
Mit leicht zitternden Händen öffnete ich die Tür. Auroras ungeduldigen Augen blickten mir entgegen. Zum ersten - und vermutlich letzten Mal war ich erfreut sie zu sehen.
"Los, los! Der Report beginnt gleich!" mit diesen, überraschenderweise freundlich gesprochenen Worten kehrte sie mir den Rücken zu. Ich wand mich noch einmal Amelie, Lucy und Gabriella zu. Alle drei lächelten sie mir ermutigend zu. Ich nickte dankbar, dann folgte ich Aurora. Mittlerweile hatte sie den anderen drei Mädchen, die ihre Zimmer ebenfalls in meinem Gang hatten und allesamt umwerfend aussahen, auch Bescheid gegeben. Gemeinsam schritten wir durch das Labyrinth aus Gängen bis wir bei der großen Treppe ankamen. Dort warteten wir auf die restlichen Mädchen.
Langsam begann das Gefühl von Einsamkeit mich einzuholen. Wir waren 35 ganz normale Mädchen, die sich unter anderen Umständen vielleicht wahnsinnig gut verstehen würden. Aber wir waren auch 35 Konkurrentinnen, die alle gewinnen wollten und bereit waren dafür alles zu geben.
Mein Blick begegnete dem großen Augenpaar des Mädchens zu meiner rechten Seite. Zögerlich lächelte ich. Sie erwiderte es.
"Hey." grüßte ich sie. Vielleicht war ich es, die sich ein wenig mehr Mühe geben sollte jemanden kennenzulernen.
"Hallo." sie schmunzelte etwas. "Ich bin Ophelia. Und du?"
Auf irgendeine Art und Weise zog sie mich in ihren Bann. Ihre sanfte, angenehme Stimme. Ihre strahlenden, freundlichen Augen. Ihr fröhlich, offenes Lächeln.
"Ich bin Mariella - oder einfach Ella. Am besten einfach Ella."
Ophelia lachte herzlich auf: "Es ist meine Freude, dich kennenzulernen, Ella. Du kannst mich auch gerne Lia nennen."
"In Ordnung, Lia."
Einigen Sekunden lang grinsten wir einander an, dann biss sie sich kurz auf die Lippen.
"Und?" fragte sie schließlich.
"Was?" um meine Verwirrung zu vertuschen, lachte ich noch ein wenig. Dieses Mal etwas unbeholfen.
"Was hältst du von dem Prinzen?"
Das war eine sehr gut Frage, die mir nun vermutlich öfter begegnen würde. Eine einfache Frage, auf die es eigentlich eine einfache Antwort geben sollte. Aber die hatte ich nicht. Prinz Aramis - ja, was hielt ich eigentlich von ihm? Nicht viel, eigentlich. Er war durch und durch von Arroganz geprägt, bekam alles in seinen Allerwertesten geschoben und er hatte vermutlich den größten Spaß der Welt mit 35 Mädchen tun und lassen zu dürfen, was er wollte. Aber allem Anschein nach las er auch unheimlich gerne - was heutzutage eine richtige Seltenheit war - und er hatte mir erlaubt, ein Buch aus der Bibliothek auszuleihen.
"Er sieht ziemlich gut aus." erwiderte ich in der Hoffnung es würde Ophelia genügen. "Und du?"
"Ja, das stimmt. Er ist wirklich 'süß'. Und er soll auch unheimlich charmant sein - ich freue mich schon so sehr darauf, ihn persönlich kennenlernen zu dürfen!" mit einem verträumten Seufzer ließ sie ihren Blick zur Seite gleiten.
"Mädchen, Mädchen!" ertönte plötzlich wieder die gewohnte, fordernde Stimme Auroras. "Jetzt wo ihr alle hier versammelt seit, können wir weiter. Folgt mir!"
Sofort richtete die ganze Gruppe ihre Aufmerksamkeit auf Aurora und begann ihr zu folgen. Vermutlich sahen wir aus wie eine Horde Flamingos.
Während wir die großen Türen der Bibliothek passierten, begann mein Herz in Erinnerung an das, was zuvor dort geschehen war, etwas schneller zu pochen. Ich ballte meine linke Hand zu einer Faust und verdrängte die Gedanken so schnell wie es ging.
Kurze Zeit später standen wir wieder im Damensalon. Nur, dass es diesmal ganz anders aussah. Die Spiegel und Stangen mit Klamotten waren weggeräumt worden. Stattdessen standen jetzt einige Tische, Sofas und Fernseher, sowie ein riesengroßes Kamerateam im Raum.
"Setzten wir uns auf ein Sofa?" hauchte Ophelia, woraufhin ich nickte. Es war schön jemanden zu haben, mit dem man weniger allein war.
Just in dem Moment, in dem wir uns setzten, hörte ich eine Stimme meinen Namen rufen. Überrascht schaute ich mich um und sah Olivia in einem prächtigem grünen Kleid. Seitdem wir aus der Limousine gestiegen waren, hatte ich sie nicht mehr gesehen und ich war erleichtert sie in unserer Gruppe wieder zu finden.
"Hey." grüßte ich sie, sobald sie sich neben mir fallen gelassen hatte. "Du siehst wunderschön aus."
"Danke! Du aber auch!" eine zierliche Röte schoss ihr in die Wangen. "Wie gefällt dir -" Sie konnte nicht zu Ende sprechen, denn Aurora forderte uns auf zu schweigen. Und was Aurora sagte - egal wie nett und freundlich sie es auch tat - war Befehl.
Ich lächelte entschuldigend zu Olivia, doch sie zuckte bloß mit den Schultern.
Dann begann der Report. Er war genauso langweilig, wie das letzte Mal und wie ich ihn auch von früher in Erinnerung hatte. Politik, Wirtschaft, Politik, Wirtschaft und noch mehr Politik und Wirtschaft. Das war wirklich das letzte was mich interessierte, wenn ich ehrlich war.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Leitung des Reports endlich an Lucian Freeman übergeben wurde und er sich uns Mädchen widmen konnte. Doch selbst er machte es nicht viel besser, denn er kommentierte lediglich nur einige Videos, die tagsüber von uns gemacht wurden. Ich musste mir mehrmals ein ernsthaftes Gähnen verkneifen.
Zumindest bis ich mich selbst auf dem Bildschirm sah. Am Flughafen. Mit dem kleinen Mädchen.
Alle Blicke richteten sich auf mich. Und wenn Blicke töten könnten, dann hätte die gute Chanel mich jetzt mit Sicherheit schon tausend Mal umgebracht.
Na klasse.
~*~
Ich melde mich mal wieder aus dem Abyss! Und es geht wieder weiter mit Mariella, Prinz Aramis und Co.!
Hoffentlich gefällt euch dieses Kapitel, auch wenn es nur mehr oder weniger ein Überbrückungskapitel ist! Mal wieder! :D
Oben habe ich euch ein Bild von der Flamingohorde angefügt, mit der Ella sich verglichen hat! Das Bild ist unheimlich witzig! :)
Soviel dazu!
Jetzt noch einmal ein riesiges Dankeschön! Ihr macht mich mal wieder so glücklich! 7.500 Reads? Hab ich das überhaupt verdient? :) Danke ihr Lieben! Danke, Danke, Danke!
Und jetzt noch eine Frage an euch! (Man soll ja immer das Publikum miteinbeziehen und so :D)
Und zwar: Wer glaubt ihr wird Ellas 'Beste Freundin' im Palast? - Olivia? Ophelia? Chanel? Oder wer ganz anderes? Oder vielleicht doch niemand?
Das würde mich wirklich mal interessieren!
So, sorry, für die lange Anmerkung!
-Sternengalaxie
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro