8 - Adrenalin in der Nacht
Die Stimmung war ausgelassen, als wir uns um meine Schwester und ihren frisch verlobten Gregor versammelten. Glückwünsche flogen durch die Luft wie Konfetti und ich lächelte, während ich meine Schwester herzlich umarmte.
"Herzlichen Glückwunsch, ihr seid ein tolles Paar", sagte ich und spürte, wie die Freude in mir aufstieg.
Zumindest bis Max neben uns auftauchte, sein dunkles Haar vom Wind zerzaust, sein Lächeln frech und herausfordernd. Ein beklemmendes Gefühl breitete sich in mir aus, als er sich noch weiter näherte. Automatisch trat ich zur Seite, um ihm Platz zu machen.
Er hielt einen Augenblick inne und sah mich durchdringend an, bevor er meine Schwester in den Arm nahm und ihr gratulierte. "Herzlichen Glückwunsch. Gregor hat sich eine großartige Frau geangelt", hörte ich den Schleimer sagen und verdrehte die Augen.
Inga lächelte und ihre Wangen färbten sich ein wenig rot, erlegen von seinem Charme. "Danke, Max. Ich bin aber auch ein Glückspilz."
Ich unterdrückte ein Seufzen und zwang mich, freundlich zu lächeln. Max' Anwesenheit machte mich nervös, keine Frage. Als sich die Gruppe ganz langsam auflöste, wurde es auch für mich Zeit, mich zu verabschieden.
"Es war eine wundervolle Feier", sagte ich zu meiner Schwester, als wir uns umarmten. "Ich freue mich so für euch."
Sie strahlte vor Glück und mein Herz erwärmte sich. "Danke, Lina. Es bedeutet mir so viel, dass du heute hier warst."
Meine Eltern boten an, mich mit nach Hause zu nehmen, aber ich lehnte höflich ab. "Es ist ein riesiger Umweg für euch. Ich nehme einfach ein Taxi", erklärte ich und verabschiedete mich von ihnen. Als ich draußen auf den Stufen vor der Haustür saß und die Nummer der Taxizentrale wählte, wurde mir gesagt, dass es mindestens eine Stunde dauern würde, bis ein Wagen verfügbar war. Ich stimmte zu, schnaubte aber verärgert und legte auf. Eine Stunde warten? Vielleicht sollte ich solange wieder reingehen.
Während ich darüber nachdachte, hörte ich plötzlich Schritte neben mir. Max, der notorische Badboy, kam durch das Gartentor. Ein unbehagliches Gefühl durchzuckte mich, als er näher kam und ich wich seinem Blick gekonnt aus. Doch ich spürte die Intensität, mit der er mich ansah.
Im Augenwinkel nahm ich wahr, wie er den Kopf schüttelte und zu seinem Motorrad ging, das neben der Einfahrt stand. Ich beobachtete, wie er sich darauf setzte. Doch dann zögerte er, bevor er sich entschied, wieder abzusteigen und wieder durch das Gartentor zu verschwinden. Verwirrt über sein Verhalten, fragte ich mich, ob er vielleicht etwas vergessen hatte.
Ich wartete kurz, entschied mich aber, dass es besser wäre, noch in den Garten zu gehen, bis mein Taxi da war. Als ich jedoch aufstand, kam er plötzlich wieder, einen zweiten Helm in der Hand. Wir standen uns schweigend gegenüber und ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte. Nur das leise Rascheln der Blätter und das Zirpen der Grillen war zu hören.
Ein kurzes Lachen entwich mir, als er mir den Helm entgegenhielt. Das war doch absurd. "Soll ich etwa auf deinem Motorrad mitfahren?"
Er zuckte mit den Schultern und grinste schief. "Du kannst natürlich auch hier bleiben, wenn du willst. Ist nur ein Angebot."
Ich zögerte, während er an mir vorbeiging und wieder auf sein Motorrad stieg. "Hast du so eine Abneigung gegen mich, dass du lieber auf ein Taxi wartest?", fragte er. "Hier in der Gegend kann das unter Umständen länger als eine Stunde dauern."
"Naja, ich könnte auch wieder zu den anderen gehen", antwortete ich schulterzuckend, woraufhin er mir den Helm entgegenhielt.
"Ja oder nein? Ansonsten tu mir wenigstens den Gefallen und bring den meinem Bruder zurück. Dann muss ich nicht wieder rein."
Für einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich nicht doch mit ihm fahren sollte. Ehrlich gesagt, freute ich mich unglaublich auf mein Bett.
"Hast du getrunken?"
"Ein Badboy steht nun mal auf gefährliche Abenteuer."
Sein Lachen war spöttisch, aber ich konnte den Scherz in seinen Augen erkennen.
"Aber ich kann dich beruhigen ... Ich trinke nicht, wenn ich fahre. Du darfst wieder aufatmen, Prinzessin."
Verärgert über den Spitznamen, den er mir gab, schnaubte ich und rollte offensichtlich mit meinen Augen. "Denk ja nicht, dass ich meine Meinung deswegen ändere", sagte ich schließlich und nahm den Helm an mich.
Max grinste breit und klappte das Visier seines Helms herunter. "Natürlich nicht." Dann wartete er geduldig, bis ich mich setzte und den Helm aufgesetzt hatte.
Als er den Motor startete, brüllte das Geräusch fast ohrenbetäubend laut. "Bereit?", rief er über den Lärm hinweg. Ich nickte stumm und zitterte, nicht nur wegen der Kälte, sondern auch, weil ich Angst hatte. Bisher saß ich noch nie auf einem Motorrad. Dass mein erstes Mal mit einem Badboy sein würde, machte die Sache nicht wirklich angenehmer.
"Halt dich gut fest", riet er mir, bevor er den Gasgriff drehte und wir losfuhren. Als ich mich auf dem Motorrad hinter Max festklammerte, wurde ich von einer Welle des Adrenalins erfasst, die durch meine Adern raste. Der Fahrtwind peitschte um uns herum und strich durch meine Haare. Es war, als würden wir durch die Nacht davonfliegen, getragen von der Geschwindigkeit und dem Klang des Motors.
Ein atemberaubendes Gefühl der Freiheit durchströmte mich, als ich die Umgebung vorbeiziehen sah. Die Straßenlaternen flackerten, die Häuser und Bäume verwandelten sich zu einem verschwommenen Schleier aus Dunkelheit. Ich fühlte mich lebendig und grenzenlos, als könnte ich alles erreichen, solange ich mich nur fest genug an Max hielt.
Nach und nach schien es mir sogar zu gefallen, die Kontrolle loszulassen und mich dem Rausch der Fahrt hinzugeben. Ein Lächeln breitete sich unter meinem Helm aus, meine Wangen wurden warm und ich schmiegte mich näher an Max, um diesen Rausch noch intensiver zu spüren.
Es war, als würden wir eins werden, verschmolzen mit dem Motorrad und der Dunkelheit der Nacht. Alles um mich herum verschwand und ich konnte nur noch das Pochen meines Herzens und das Rasen meiner Gedanken hören.
Als wir in unserer vertrauten Umgebung ankamen, verlangsamte das Motorrad seine Fahrt und ich spürte, wie mein Herzschlag sich allmählich wieder beruhigte. Max stoppte vor seiner Tür. Mit zittrigen Beinen stieg ich vom Motorrad und nahm den Helm ab. Es war schon fast schade, dass diese aufregende Fahrt vorüber war.
Komischerweise war mir plötzlich unangenehm, dass meine Haare eventuell zerzaust sein könnten. Ich glättete sie hastig mit den Händen und ärgerte mich über meine eigene Eitelkeit. Doch dann schüttelte ich den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Was kümmerte es mich schon, was Max von meinem Aussehen hielt? Er war und blieb ein Badboy und ich hatte keinerlei Interesse an ihm.
"Danke", murmelte ich, bevor auch er den Helm abnahm. Mit einem verführerischen Kopfschütteln richtete er seine verwuschelte Mähne und mein Blick wurde unwillkürlich von ihm angezogen. Es war wirklich unfair, dass ich nichts für ihn empfinden wollte, obwohl mein verräterischer Körper jedes Mal auf seine Aura reagierte.
"Gern geschehen", sagte er kurz und knapp.
Es war ein seltsames Gefühl der Vertrautheit, das sich in mir ausbreitete, als stünden wir inmitten eines vertrauten Traums. Max' Blick ruhte auf mir und ich spürte eine unerklärliche Spannung zwischen uns. Als würden wir uns gegenseitig herausfordern, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Doch in diesem Moment schwieg ich, unfähig, die Worte zu finden, die meine Gedanken ausdrücken konnten.
Stattdessen lächelte ich einfach und versuchte, die unangenehme Stille zu überbrücken.
"Also dann ... gute Nacht", sagte ich und drehte mich um, bevor ich in meine Wohnung ging, doch sein Blick verfolgte mich noch lange, als ich die Tür hinter mir schloss.
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