7 - Auf Konfrontationskurs
Inga und Gregor hatten uns kurz allein gelassen und ich stand etwas unbeholfen Max gegenüber. Auch meine Freundin von früher hatte sich einer anderen Gruppe angeschlossen. Diese miesen Verräter ...
Die Stille zwischen uns war fast greifbar, bis Max sie schließlich durchbrach. "Was für ein Zufall", sagte er und hob leicht die Augenbrauen.
Ich seufzte leise und nickte. "Ja, stimmt."
Der Badboy, mein Nachbar, schien weiterhin bemüht, das Eis zwischen uns zu brechen. "Wie war denn dein Wochenende bisher?"
Ich spürte eine minimale Genervtheit in mir aufsteigen. Konnte er nicht einfach merken, dass ich nicht sonderlich an einem Gespräch interessiert war? Der Spruch neulich mit dem Foto war mir zu blöd gewesen und hatte nur meine Vermutung bestätigt: Er war ein eingebildeter Fatzke.
"Na ja, ich war auf einem Konzert", antwortete ich knapp und hoffte, dass er das Thema damit abschließen würde.
Tatsächlich schien er meine Abweisung zu bemerken. "Ist irgendwas? Habe ich dir etwas getan?"
Einen Augenblick lang überlegte ich. Einerseits wollte ich keinen Stress, vor allem weil er der Bruder von Gregor, dem Partner meiner Schwester, war. Andererseits wollte ich auch nicht so tun, als ob wir beste Freunde wären, nur weil unsere Geschwister eine Beziehung führten. Also entschied ich mich dafür, ehrlich zu sein, aber dennoch höflich zu bleiben.
"Auch wenn du anscheinend davon überzeugt bist, dass wir uns gut verstehen könnten, finde ich das leider ganz und gar nicht", begann ich vorsichtig. "Und nur weil wir Nachbarn sind und unsere Geschwister eine Beziehung führen, heißt es nicht, dass wir beide Freunde sind. Und auch niemals werden."
Der Badboy wirkte überrascht über meine Worte und runzelte die Stirn, während ich meinen Standpunkt beharrlich verteidigte.
"Na gut, ich weiß zwar nicht, was ich dir getan habe, aber ich denke, du hast ein völlig falsches Bild von mir."
Sein Tonfall klang etwas gereizt und ich spürte, wie sich eine gewisse Anspannung zwischen uns aufbaute. Dennoch ließ ich nicht locker. "Das glaube ich nicht", beharrte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.
Max lehnte sich gespannt an die Wand, seine dunklen Augen fixierten mich durchdringend. "Dann schieß mal los ... Warum findest du das?"
Bevor ich antwortete, atmete ich tief durch und sammelte meine Gedanken. "Erstens: dein rebellisches Aussehen. Ich bin sicher, unter der Lederjacke befindet sich irgendwo ein Tattoo."
Ein amüsiertes Grinsen huschte über seine Lippen und er nickte bestätigend. "Auf meinem heißen und unwiderstehlichen Körper, meinst du?"
Ich konnte mir ein Augenrollen nicht verkneifen. "Wo wir direkt bei Punkt zwei wären. Deine eingebildete Art."
"Ich nenne es gesundes Selbstbewusstsein", konterte er mit einem selbstsicheren Lächeln.
Schnaubend stellte ich mein leeres Glas auf den Stehtisch neben uns. "Du magst ein völlig falsches Bild von gesund zu haben. Aber gut. Nächster Punkt: Du bist risikofreudig. Und suchst förmlich gefährliche Abenteuer."
"Lass mich raten", unterbrach er mich mit einem herausforderndem Blick. "Mein Bike?"
Ich nickte zustimmend.
"Und weiter?"
"Deine Unabhängigkeit. Keine Freundin, keine Regeln, die du befolgen willst. Was genau hast du eigentlich in den Staaten gemacht?" Ich grinste, als ich mir vorstellte, wie er mit seinem Motorrad über die Route 66 raste und Frauen in Bars abschleppte, ganz genau wie Jake Rivers, bevor er auf Ella traf. Der Typ war sowas von vorhersehbar.
"Gearbeitet", antwortete er knapp und ließ meine Vermutungen unbeantwortet, doch sein Kiefer mahlte gefährlich . "Noch weitere Punkte oder bist du dann fertig mit deinen Vorurteilen?"
"Du bist charmant", sagte ich und ignorierte seinen Kommentar.
Ein selbstzufriedenes Grinsen zierte seine Lippen. "Schön, dass dir wenigstens das aufgefallen ist."
Gott, der Typ ging ja gar nicht ...
Mir war das zu dumm, also seufzte ich nur genervt. "Das war kein Kompliment. Denn deine Art charmant zu sein, ist nicht die Art, die die meisten Frauen wollen. Du weißt, wie man das weibliche Geschlecht um den Finger wickelt, nur dass du keine ernsthaften Absichten hast."
Er zog eine Augenbraue hoch, aber bevor er etwas erwidern konnte, lenkte ich das Gespräch weiter. "Kommen wir zum letzten Punkt. Du hast sicherlich eine dunkle Vergangenheit. Vielleicht warst du sogar im Knast."
Sein Lachen hallte in meinen Ohren. "Klar", sagte er mit einem schiefen Grinsen. "Deswegen war ich auch so lange in den USA. Und daher stammen auch die Tattoos auf meinem muskulösen Körper."
Ich schnaubte leicht amüsiert, wusste jedoch nicht genau, ob er einen Scherz machte oder nicht.
"Wenn du sie dir mal ansehen willst ... du weißt ja, wo ich wohne." Er zwinkerte mir grinsend zu, bevor er mich alleine ließ und sich zurückzog.
Was bildete sich der Blödmann eigentlich ein? Glaubte er wirklich, ich würde mir seine Tattoos ansehen wollen? Ganz bestimmt nicht.
Nachdem ich mir innerlich Luft gemacht und einen weiteren Aperol Spritz geholt hatte, ließ ich mich etwas abseits schnaubend auf einer Bank nieder. Inga bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte, kam herüber und setzte sich neben mich.
"Hey, was ist los?", fragte sie vorsichtig nach und legte ihre Hand auf mein Bein.
Ich sortierte meine Gedanken, bevor ich antwortete. "Es tut mir leid, aber ich kann Max einfach nicht leiden."
"Warum denn?"
Wie sollte ich ihr erklären, dass ich Max mit dem Badboy aus meinem Lieblingsbuch verglich? Sie würde mich wahrscheinlich für verrückt erklären. Doch sein jüngstes Verhalten bestätigte meine Vermutung. "Kennst du das, wenn man von Anfang an einfach keinen Draht zu einer Person findet?"
Inga lächelte und nickte. "Manchmal passt es einfach nicht zwischen zwei Menschen. Das ist völlig in Ordnung. Ihr müsst keine Freunde sein, aber versucht einfach, euch zu verstehen, wenn wir uns alle mal treffen. Jetzt, wo er wieder da ist, wird das vielleicht öfter vorkommen."
Plötzlich erklang das Klingen eines Glases. Gregor stand auf der Terrasse und hielt eine Flasche und einen Löffel in der Hand.
"Oh, eine Ansprache. Komm, lass uns rübergehen", forderte Inga mich auf. Gemeinsam gingen wir nach vorne, wo mein Blick unweigerlich wieder auf Max fiel. Ich stellte mich unfreiwillig neben ihn, weil Inga mich bis dahin an der Hand geführt hatte.
Max hatte wieder diesen unwiderstehlichen Blick drauf, den ich nicht leiden konnte, weil ich wusste, was er in mir auslöste. Das war der Beweis für den Punkt mit dem Charme. Er wusste ganz genau, wie man eine Frau um den Finger wickelte und ich hatte keine Lust, so zu enden wie Ella, die am Ende von Jake Rivers betrogen wurde und ein gebrochenes Herz hatte.
Ich wusste nicht einmal, warum ich dieses Buch so liebte. Vielleicht lag es daran, dass es nicht den typischen Verlauf nahm, sondern realistisch war. Meistens endeten solche Bücher damit, dass der Badboy weich wurde, sobald er "die Eine" traf. Er veränderte sich - natürlich nur für sie. Doch zwischen Jake und Ella gab es kein Happy End und alles andere hätte auch nicht gepasst. Sie waren einfach zu unterschiedlich.
"Darf ich kurz um eure Aufmerksamkeit bitten", begann Gregor, als sich alle vor ihm versammelt hatten. Er bot Inga nach vorne zu ihm und nahm ihre Hand.
Dann bedankte er sich für das Erscheinen seiner Freunde und Familie und freute sich auf einen schönen Abend.
"Aber es gibt noch etwas, was ich loswerden möchte." Er stellte sein Glas weg und nahm beide Hände von Inga in seine. Ich ahnte, was nun passieren würde.
Gregor trat vor seine Gäste, ein Strahlen auf seinem Gesicht, das nur von seiner Liebe zu Inga übertroffen wurde.
"Liebe Freunde und Familie, vielen Dank, dass ihr alle hier seid, um diesen besonderen Moment mit uns zu teilen. Inga, seit dem Tag, an dem ich dich zum ersten Mal getroffen habe, wusste ich, dass du die Liebe meines Lebens bist. Du hast mein Herz auf eine Weise berührt, die ich mir nie hätte vorstellen können. Du bist meine größte Unterstützung, meine beste Freundin und meine größte Liebe. Ich kann mir mein Leben ohne dich nicht mehr vorstellen."
Inga sah ihn mit Tränen der Freude in den Augen an. "Du machst mich jeden Tag zu einem besseren Menschen. Du bringst Licht in mein Leben und erfüllst es mit Liebe und Glück. Ich möchte den Rest meines Lebens mit dir verbringen, jeden Moment, jede Freude und jedes Abenteuer teilen. Deshalb frage ich dich heute vor all unseren Liebsten: Willst du mich heiraten und mein Leben für immer mit deinem verbinden?"
Ein zittriges "Ja" brach aus Inga heraus, begleitet von Jubel und Applaus der Gäste. Gregor zog sie in seine Arme und küsste sie liebevoll.
Es war wirklich romantisch und obwohl ich mich für meine Schwester freute, wusste ich, dass ich Max nun nicht mehr loswerden würde.
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