Kapitel 61
Saskia glaubte nicht richtig gehört zu haben und stand sofort von ihrem Sessel auf. Wahrscheinlich war er gekommen um sie für die Ohrfeige zu rügen. Oder wollte er ihr erklären, warum er das Haus auf sie geschrieben hatte? Sie konnte es nur herausfinden, wenn sie ihm jetzt gegenübertreten würde. „Bitte lasst mich mit ihm alleine sprechen. Es ist besser, wenn ich mit Lionel unter vier Augen rede", sprach sie entschlossen und sah Sam extra an. Immerhin hatte ihr dieser von seinem Zwischenfall mit dem Lord berichtet.
„Ok Sia. Höre ich dich aber herumschreien, oder irgendetwas Ungewöhnliches, kannst du mich nicht daran hindern, dass ich mich einmische", sprach ihr Cousin, denn er wollte nicht, dass sie noch einmal verletzt wurde.
Saskia verlor keine Zeit mehr und trat in den Hof hinaus. Dort stand das wunderschöne Auto, mit dem sie damals von Mihai aus London abgeholt worden war. Damals schien die Welt noch in Ordnung gewesen zu sein.
„Hallo Saskia", hörte sie Lionel, der inzwischen aus dem Oldtimer ausgestiegen war, mit seiner samtenen Stimme sprechen.
„Hallo Lionel", grüßte sie ihn etwas schüchtern, da ihr der gestrige Ausbruch nun unglaublich peinlich war. Wie konnte sie nur ihren ehemaligen Chef eine knallen. Aber es hatte in dem Moment einfach gut getan. Sie sah ihn von oben bis unten an. So leger gekleidet hatte sie ihn noch nie gesehen, ausgenommen natürlich nackt. Sias Wangen wurden alleine durch diesen Gedanken leicht gerötet, was Lionel nicht verborgen blieb.
„Muss ich mich heute in Acht nehmen, oder kann ich ohne Sicherheitsabstand mit dir sprechen?", sagte der Lord mit leicht neckischem Unterton und spielte damit auf ihre Ohrfeige an.
„Lionel ...", antwortete sie und strich sich ein paar Locken aus dem Gesicht, „es tut mir leid was gestern passiert ist. Aber du hast mich mit dem Kuss einfach überrumpelt."
„Ich weiß, ich habe einfach instinktiv gehandelt. Schließlich warst du gegenüber meinen Berührungen nie abgeneigt", stellte er klar, „wollen wir vielleicht ein kleines Stück spazieren gehen, oder möchtest du hier im Hof stehen bleiben."
Sia überlegte hin und her. Sie hatte eigentlich keine große Lust spazieren zu gehen, da sie sich noch immer etwas kränklich fühlte. „Ich habe mich etwas verkühlt und mir wäre es lieber, wenn wir uns setzten würden. Da vorne unter dem Baum ist eine Bank. Wenn du möchtest können wir uns auf diese setzen und über alles reden", gab sie zur Antwort und zeigte zu einer Trauerweide.
„Ich hoffe es ist keine schlimme Erkältung und es geht dir bald wieder besser", sagte Lionel zu ihr und sah sie fürsorglich an. Die Idee mit der Sitzbank gefiel Lionel gut, immerhin reichten die Äste der Weide bis auf den Boden und würden neugierige Blicke der Verwandten von Saskia und ihm fernhalten. „Gerne, gehe schon einmal vor, ich komme sofort nach", meinte Lio zu ihr.
Saskia war etwas verwundert, warum sie nicht gemeinsam dorthin gehen konnten. Aber vielleicht musste er noch ein kurzes Telefonat führen. Sie machte sich gleich auf den Weg und spazierte ohne Hast bis zur besagten Stelle und trat hinter den schützenden Vorhang der Äste.
Lionels Handflächen wurden feucht. Jetzt oder nie, dachte er sich. Er öffnete die hintere Autotüre und holte die beiden zusammengebundenen Rosenstöcke mitsamt dem Gutschein hervor. Er hatte so Angst davor sich gleich lächerlich zu machen, aber er musste Sassy seine Liebe gestehen! Er hielt das Geschenk verkrampft in seinen Händen und trat an die Trauerweide. Als er sich zwischen den Ästen hindurch geschlängelt hatte, sah er die Sitzbank, auf der Saskia saß. Sie hatte ihn noch nicht gesehen, denn ihr Rücken zeigte in seine Richtung.
Noch ein letztes Mal atmete er tief ein und stieß die Luft aus. „Saskia, i-ich muss dir etwas sagen ...", sprach er nervös und trat in ihr Sichtfeld.
Sia blickte auf und glaubte zu träumen. Lio stand mit zwei wunderschönen Rosenstöcken vor ihr. Ihr Blick glitt weiter zu seinen Augen, die sie leicht verzweifelt ansahen. Sie wollte etwas sagen, aber sie brachte kein Wort heraus. Was hatte er vor?
„Ich möchte dir die Rosen überreichen, damit du sie gemeinsam mit mir in deinem neuen, zukünftigen Heim in den Garten einpflanzen kannst", formulierte er ungeschickt seinen Satz.
Saskias blick verdunkelte sich sofort. Sie wollte das alles nicht! Sie brauchte nicht seine ständigen Geschenke!
Lionel wusste im selben Moment, dass er wieder einmal einen Fehler begangen hatte. Aber dieses Mal ließ er es nicht so weit kommen, dass die Situation eskalieren würde. „Moment! Lass mich alles erklären!", rief er sofort, noch bevor Saskia irgendetwas vernichtendes sagen konnte. Er stellte die Rosen vor Saskias Füße ab und setzte sich dicht neben sie.
Er nahm ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen, in seine und hielt sie fest. Sofort spürte er das vertraute Gefühl, der Berührung und genoss es für ein paar Sekunden. Sie sahen sich wortlos in die Augen. „Bitte Saskia. Ich muss es dir sagen, bitte lass mich ausreden. Du hattest gestern recht. Am Anfang war es nur Lust, die ich für dich empfand. Aber seit du nicht mehr in meiner Gegenwart bist, wurde mir erst bewusst, wie wichtig du mir bereits nach so kurzer Zeit geworden bist!", sagte er ernst zu Sia, die ihn gebannt ansah. „Verstehst du, was ich dir damit sagen will?", fragte er mit rauer Stimme.
„Was soll das alles mit dem Schmuck und vor allem mit dem Haus?! Hilf mir es zu verstehen! Lionel, ich weiß nicht, was in dir vor geht, was deine Gedankengänge sind!", gab sie zur Antwort.
„Verdammt Saskia! Ich liebe dich! Ist das für dich so schwer zu verstehen?!", stellte er ungeduldig seinen Standpunkt klar und hielt ihre Hände etwas fester. Seine Augen studierten ihre Gefühlsregungen ganz genau. Er brauchte endlich eine Reaktion von ihr, sonst würde er hier noch umkommen, so schnell schlug sein Herz.
„Du liebst mich?", fragte sie verwundert. Sie hatte mit allen gerechnet, aber sicher nicht mit einem Liebesgeständnis seinerseits!
„Ja Saskia, das tue ich! Ich würde gerne mit dir gemeinsam alt werden, wie du es gestern so treffend formuliert hast. Auch wenn ich bereits schon alt bin, aber ich werde hoffentlich noch etwas älter", sagte er leicht schmunzelnd zu ihr.
Saskia musste auf seine Aussage hin leicht lächeln und wollte ihn nicht mehr länger auf die Folter spannen: „Lionel, ich liebe dich auch! Schon lange, wenn ich ehrlich bin."
Shahbandar war überrascht, er hatte nicht damit gerechnet, dass sie ihn auch liebte. Er hatte zwar damals ihre verliebten Blicke gesehen, tat es aber als einfache Schwärmerei ab. „Darf ich dich jetzt küssen, meine Löwin, oder muss ich mit einem Kampf rechnen?", fragte er Sia vorsichtshalber. Immerhin war es ihm lieber, keine weitere Ohrfeige mehr zu kassieren.
Saskia nahm sein Gesicht in ihre Hände und sprach: „Küss mich endlich."
Das ließ er sich nicht zweimal sagen und legte seine Lippen auf ihre. Die beiden vergaßen alles um sich herum. Eng umschlungen saßen sie auf der Bank und genossen den Moment. Sia fuhr immer wieder durch seine Haare und drückte sich so nahe wie nur möglich an seinen Körper. Sein typisches Parfum stieg ihr in die Nase, sie hatte ihn so vermisst. Sie hätte ihren alten Löwen am liebsten nie mehr losgelassen.
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