Kapitel 25
Stur aß Lionel seinen Hauptgang alleine fertig. Sein Zorn auf Saskia wurde noch größer, sie ließ ihn einfach sitzen? Er hatte extra für sie als Nachspeise eine Mousse au Chocolat aus seiner dunklen Schokolade bei der Küchenchefin bestellt. Aber sie war ja einfach gegangen.
Unwirsch nahm er die Stoffserviette von seinem Schoß und wischte sich seinen Mund daran ab. Achtlos schmiss er sie auf den Tisch und stand nun ebenso auf. „Lass mir meine Nachspeise auf das Zimmer bringen!", sprach er unfreundlich zu dem am Saalrand stehenden Bediensteten. Dieser nickte nur schnell darauf und war froh, dass Lionel ging.
Mit riesigen Schritten rauschte er durch den Gang zu seiner Galerie. Dort suchte er sofort Leonardo auf und streichelte über dessen Fell. Sofort konnte er sich dadurch etwas beruhigen. Wenigstens war auf seine Tiere immer verlass, dachte er sich und setzte sich auf eines der Sofas, die in der Galerie herumstanden. Leo folgte ihm dorthin und ließ sich vor seinen Füßen nieder.
Saskia spazierte durch den dunklen Garten, der nur gelegentlich durch verschiedene Lampen beleuchtet wurde. Immer noch enttäuscht vom Verlauf des Abends, ging sie immer weiter weg vom Haus, bis es keine Beleuchtung mehr gab. Erst jetzt wagte sie es stehenzubleiben und ihre Gedanken zu sortieren. Sie blickte in den Himmel hinauf und beobachtete die wunderschön glitzernden Sterne am Firmament. Hier, ohne die Lichter der Großstadt, konnte man so viele davon sehen wie sonst nie.
Fasziniert betrachtete sie das Schauspiel über ihrem Kopf, eine einzelne Träne lief über ihre Wange. Warum nur trat immer etwas unerwartetes in ihrem Leben auf und warum zum Teufel entwickelte sie immer ungewollte Gefühle für jemanden, der sie sowieso nicht erwiderte.
Ungestüm wischte sie sich über die feuchte Wange, wandte den Blick vom nächtlichen Himmel ab und sah zum Anwesen. Imposant wie sein Besitzer stand es mächtig in der sonst so freien Landschaft. Es lag wunderschön beleuchtet am Rande eines Waldes, der ihr noch gar nicht aufgefallen war. Mehrere ebenso beleuchtete Nebengebäude standen dahinter, die wahrscheinlich die Stallungen beherbergten.
Lange stand Saskia dort und nahm die nächtliche Umgebung in sich auf. Langsam aber sicher, wurde ihr kalt und es war auch leicht unheimlich, so ganz alleine im Dunklen in einer unbekannten Gegend zu sein. Da sie sowieso keine Wahl hatte, ging sie langsam wieder zurück Richtung Haus.
Lionel war einfach zu ruhelos, er konnte hier nicht einfach sitzen, er musste sich noch etwas bewegen. Seine enge Bekleidung begann ihn zu nerven. Er zog sein Sakko aus und legte es auf die Sitzgelegenheit. Ebenso zog er am Knoten der Krawatte und beförderte diese dazu. Lionel öffnete die ersten Knöpfe des Hemdes, sofort bekam er mehr Luft. Seine Weste, die er über dem Hemd anhatte, ließ er jedoch an.
Leonardo hatte ihn die ganze Zeit über mit seinen gelben Augen beobachtet, ließ sich aber nicht davon stören und blieb trotzdem liegen. Noch ein paarmal streichelte Lionel über dessen Fell und ging. Er wollte noch zu Ikarus und den anderen Pferden sehen. Danach würde er noch seine geliebte Nachspeise am Zimmer genießen. Der Gedanke allein daran, ließ ihn wieder an Saskia denken.
Er trat ins Freie, atmete die frische Luft ein und ging am Kiesweg entlang zu den Stallungen. Seine teuren Schuhe ließen die Kiesel unter seinen Sohlen knirschen. Gedankenversunken ging er zu dem großen Tor, ohne zu merken dass sich Saskia in unmittelbarer Nähe befand.
Als Saskia den Lord aus dem Seitenausgang heraustreten sah, versteckte sie sich sofort in einer dunklen Ecke unter einem Baum, wo der Schein der Lampen sie nicht erreichen konnte. Neugierig sah sie ihm zu, was er im Begriff war zu machen.
Ohne Sakko sah er noch schlanker und größer aus, stellte sie leicht bewundernd fest. Auch wenn sie von ihm und seiner Art enttäuscht war, konnte sie dennoch nicht umhin zuzugeben, dass er wirklich attraktiv war.
Als sie sich halbwegs sicher fühlte, konnte sie es einfach nicht lassen und wollte unbedingt wissen, was er dort um diese Uhrzeit noch machte. Sie hoffte inständig, dass er sie nicht erwischen würde. Langsam und auf leisen Sohlen schlich sie sich an das Gebäude heran. Vorsichtig ging sie auf das leicht offenstehende Tor zu und hielt ihren Kopf in den Spalt und sah sich um.
Sofort empfing sie der Geruch von Stroh und Stall. Sanftes Licht beleuchtete die Halle und immer wieder war leises Wiehern und Hufgetrampel zu hören. Lionel stand in einiger Entfernung bei einer Pferdebox. Saskia sah ihm weiterhin neugierig dabei zu.
Sanft streichelte er die Mähne und den Hals des Pferdes und sprach leise Worte zu dem Tier. Durch die Entfernung konnte sie leider nichts verstehen, doch es waren mit Sicherheit sanfte Worte um das Tier zu beruhigen.
Saskia beobachtete ihn erstaunt. Sofort bekam sie ein anderes Gefühl und ihr vorheriger Zorn verschwand langsam. Immer noch sah sie gebannt auf seine großen Hände, die zärtlich durch das Fell glitten. Unweigerlich mischte sich ein anderes Gefühl hinzu, als sie ihn beim sorgsamen Umgang mit dem Tier zusah.
Ihr Blick blieb auch kurz an dem offenen Hemdkragen haften, der einen kleinen Einblick bot. Doch leider war er dafür zu weit entfernt, um mehr zu erkennen.
Langsam aber sicher wurde es Saskia zu gefährlich noch länger zuzusehen. Wer weiß, wenn er sich plötzlich zur Türe drehen würde, würde er sie erwischen und das wäre mehr als peinlich.
Schnell zog sie sich zurück und ging leise, aber so schnell wie es nur ging, zum Haus zurück. Den Weg zu ihrem Zimmer hatte sie sich bereits gemerkt, somit war es kein Problem umgehend in dieses zu gelangen.
Leicht außer Atem schloss sie schnell die Türe hinter sich. Das war noch einmal gut gegangen, nicht auszumalen, wenn er sie erwischt hätte.
Völlig entspannt verließ Lionel den Stall der Pferde. Das seine Kleidung wieder einmal dreckig war und den Stallgeruch angenommen hatte, ließ in gänzlich kalt. Langsam schritt er zurück und dachte schon an die leckere Nachspeise, die auf seinem Zimmer bereits auf ihn wartete. Er liebte seine Schokolade einfach.
Als Lionel frisch geduscht und abgetrocknet aus dem Badezimmer trat, nahm er sich den Teller mit der Mousse au Chocolat und setzte sich damit auf sein Sofa. Genießerisch löffelte er die lockere Masse. Dazwischen kostete er immer wieder von der frischen Erdbeer- und Orangensauce die dazu garniert waren.
Nachdem er den leckeren Nachtisch gegessen hatte, fiel ihm erst auf, dass Gem nicht anwesend war. Üblicherweise wartete diese jeden Abend bereits auf ihn.
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