6. Kapitel
In der Mittagspause führte mich Nari zielstrebig auf einen Tisch in der Ecke der großen Mensa zu. An dem saßen bereits drei Personen. Das mussten dann wohl ihre Freunde sein, von denen sie mir bereits beiläufig erzählt hatte. Mein Blick blieb sofort an zwei Jungen hängen. Ich hob überrascht die Augenbrauen. Es waren Zwillinge und sie waren wirklich nicht auseinander zu halten. Bis auf ein kleines Detail, das mir sofort ins Auge sprang. Einer trug einen kleinen Ohrring, der ab uns zu zum Vorschein kam, wenn er den Kopf bewegte. "Das sind Johae und Jinho." Sie zeigte auf die beiden und ich winkte einmal schüchtern in die Runde. Naris Hand glitt weiter zu dem dritten Jungen. Er hatte einen schwarzen Pullover an und die Kapuze tief in die Stirn gezogen. Ich beobachtete ihn neugierig.
"Und das hier ist Yoongi.", sagte sie und ich lächelte auch diesem Jungen kurz zu. Er saß zusammengesunken am Tisch. Seinen Kopf hatte er auf seinen Händen abgestützt und es sah beinahe so aus, als würde er in der nächsten Sekunde einschlafen. Er blieb vollkommen regungslos. Bis auf ein kaum merkliches Nicken konnte ich von ihm wohl nicht zu viel erwarten.
"Ich bin Mihee.", stellte ich mich nun auch vor und die Zwillinge nickten freundlich. Yoongi rührte keinen Muskel. Ich blieb unschlüssig stehen, als sich Nari auf einen Stuhl fallen ließ und ich biss mir auf die Lippe, ratlos darüber, was ich tun sollte. "Setz dich doch.", sagte einer der Zwillinge, der mit dem Ohrring und rettete mich so aus meinem Dilemma. Ich glaubte es war Jinho und ich lächelte ihn dankbar an. Danach folgte ein kleines Gespräch über meinen ersten Schultag.
"Woher kommst du? Du hast so einen komischen Akzent.", merkte Johae an einer Stelle an und ich nickte.
"Ich komme aus Deutschland. Meine Mutter ist Koreanerin, mein Vater Deutscher und wir sind vor ein paar Tagen hier hin gezogen.", erklärte ich.
"Ernsthaft?" Ich nickte.
"Wow, war das nicht schwierig für dich? Alles zurück zu lassen?" Johaes Augen lagen mitleidig auf mir. Ich lachte freudlos. Dass es schwierig war, war eine leichte Untertreibung.
"Ist es immer noch. Viel schwieriger, als ihr euch vorstellen könnt.", sagte ich bitter.
"Fühlst du dich da nicht manchmal allein? In so einer großen Stadt?"
Johaes Frage war mich ein wenig aus dem Konzept. Vor allem, weil er damit vollkommen ins Schwarze traf. Seit ich hier war fühlte ich mich allein. Meine Mutter hatte mich hintergangen, mit meinem Vater hatte ich auch nur wenige Worte gewechselt und meine Freunde waren ebenfalls in Deutschland zurückgeblieben. In Südkorea hatte ich bisher noch keinen Anschluss gefunden. Die Kultur an sich war schon überwältigend genug. Nur eine Sache hatte mir in den letzten Tag Halt gegeben und das war die Musik von 'Gloss'. Der Rapper schien mich zu verstehen, auch wenn wir uns in Wirklichkeit gar nicht kannten.
Ich rutschte nervös auf meinem Platz hin und her und Nari winkte ab.
"Lasst das arme Mädchen doch in Ruhe mit euren nervigen Fragen.", mahnte sie die Jungs kopfschüttelnd und ich lächelte sie dankbar an. Auf die Fragen konnte ich wirklich verzichten, gerade weil ich es selbst noch nicht richtig verarbeitet hatte. Bis jetzt war mir noch nicht ganz klar, dass ich nun in Südkorea war und nicht mehr in Deutschland. Das war keine kleine Veränderung, sondern eine große, gerade für mich, die sich in dem kleinen Wohnort in Deutschland ziemlich wohl gefühlt hatte. Den Fakt, dass Mom nun auch öfter in Begleitung von Minseok sein würde, musste ich zu allem Überfluss auch noch verarbeiten.
"Ehrlich gesagt, wäre ich viel lieber bei meinen Freunden in Deutschland geblieben.", gab ich zu und drei Personen am Tisch nickten verstehend.
"Du bist doch mit deiner Familie zusammen. Ist das nicht alles was zählt?" Es war das erste Mal, dass Yoongi das Wort ergriff und ich hob verwundert die Augenbraue. Seine Stimme kam mir unglaublich bekannt vor, dabei hatte ich schon beinahe vergessen, dass er überhaupt anwesend war. Seine weiche dunkle Stimme ließen Schauer über meine Rücken laufen.
Er zuckte gleichgültig mit den Schultern. "Solange du deine Familie um dich herum hast und sie dich unterstützen ist doch alles in Ordnung.", sagte er leichthin und ich schnaubte.
"Es ist nicht alles in Ordnung. Meine Freunde sind in Deutschland. Mein ganzes Leben ist in Deutschland. Das kann man nicht so einfach wegwerfen.", sagte ich und Yoongi schüttelte den Kopf.
"Wenn du so lebst, dann muss dein Leben ziemlich langweilig sein. "
"Wie kommst du darauf?"
Er beugte sich ein Stück nach vorne und faltete die Hände auf dem Tisch zusammen. Ich hingegen runzelte die Stirn. "Du kannst dein Leben nicht immer nur an einem Ort verbringen. Immer mit denselben Menschen. Man braucht auch einmal etwas Abwechslung."
"Trotzdem hätte ich gerne mein altes Leben zurück. Das war mir nämlich spannend genug." Yoongi lachte leise in sich hinein. Dann ließ er sich wieder auf seinem Stuhl zurück fallen. Jetzt war es an mir mich nach vorne zu beugen.
"Du denkst also, dass mein Leben langweilig ist?" Ich schaute ihn herausfordernd an. Wie konnte er so etwas überhaupt sagen? Wie kam er auf so eine Idee? Er kannte mich nicht einmal richtig.
"Absolut.", sagte er mit voller Überzeugung. Ein breites Grinsen zierte sein Gesicht. Er tat ja gerade so, als wäre in seiner Familie alles Friede, Freude, Eierkuchen.
"Und du bist so ein Famlilienmensch, ja?", fragte ich verbissen, aber ich konnte nicht verhindern, dass ein Hauch von Neugierde in meiner Stimme mitschwang. Meine Neugierde wurde allerdings sofort zerschlagen. Er ignorierte meine Frage vollkommen.
"Sei nicht so verbissen, dass sich dein Leben nur an einem Ort abspielen muss. Das bringt dich nicht weiter. Sei froh, dass du da raus bist. Nicht jeder bekommt die Chance in seinem Leben zu reisen.", sagte er überzeugt und ich hob eine Augenbraue in die Höhe.
"Das beantwortet nicht meine Frage." Der Junge seufzte.
"Was war an deinem Leben in Deutschland denn bitte so viel besser als an deinem Leben hier?"
Ich lachte freudlos auf und raufte mir die Haare. Das er das überhaupt fragen musste.
"Alles! Ich hatte Freunde, die ich mein ganzes Leben lang kenne und ein schönes Haus und alles, was ich mir je gewünscht habe." Yoongi sah mich weiterhin verständnislos an. Was war daran denn so schwer zu verstehen?
"Ist es wirklich so schlimm jetzt hier zu sein?"
Er sah mich plötzlich aus ganz warmen und sanften Augen an und mein Mund klappte auf. Ich wollte zu einer Antwort ansetzen, aber ich konnte nicht. Ich konnte einfach nichts mehr antworten. Ich war wie erstarrt unter seinem Blick. Jinho fing als erster an zu lachen und ich blinzelte verwirrt. Dann wurde ich rot. Ich hatte ihn bestimmt einige Sekunden lang einfach nur angestarrt.
"Das waren ja mehr Worte, die ich sonst in einer Woche von dir höre, Yoongi.", sagte Jinho und ich meinte sogar auf Yoongis Gesicht ein kleines Lächeln zu sehen. Nari nickte. "Das muss ich jetzt auch erst einmal verarbeiten."
Ich kniff die Augen zusammen. Dass Yoongi mir so vor den Kopf gestoßen hatte, regte mich mehr auf als es sollte und trotzdem brannten sich diese sanften Augen förmlich in mein Gehirn ein. Diese braunen schönen Augen... Ach, quatsch! Er hatte doch gar keine Ahnung wovon er sprach! Er war bestimmt noch nie umgezogen und hatte alle seine Freunde zurück lassen müssen. Er wusste überhaupt nicht wovon er sprach!
Den Rest der Mittagspause saß ich einfach nur bewegungslos da und hörte mehr oder weniger den Gesprächen der anderen zu. Mit Nari verstand ich mich ja von Beginn an super, aber ich glaubte auch, dass ich mit Jinho und Johae gut auskommen würde. Bei Yoongi war ich mir noch nicht ganz sicher. Ab und zu glitt mein Blick zu dem Jungen, der auch recht wenig zu der Konversation beitrug, aber trotzdem alles aufmerksam beobachtete. Ich merkte wie sich seine Mundwinkel ab und zu in die Höhe zogen und seine Augen funkelten, wenn einer seiner drei Freunde eine Witz machte oder irgendeine lustige Geschichte über den Unterricht bei einer gewissen Mrs. Hanja erzählte.
"Du hast Glück. Nachher haben wir eine Doppelstunde bei der Furie.", sagte Johae an mich gerichtet und ich schaute ihn fragend an. Er grinste verschwörerisch.
"Heute wird es besonders witzig werden.", ergänzte Jinho.
"Das Gute ist, dass sich Mrs. Hanja nicht sehr leicht auf die Palme bringen lässt. Das macht es für uns nur umso spannender." Nari grinste.
"Und um was geht es?"
"Die Spielregeln sind einfach. Jede Stunde versuchen wir sie irgendwie zum Ausrasten zu bringen und den Unterricht so zu verkürzen. Derjenige, der das schafft hat gewonnen und bekommt etwas von der Klasse spendiert." Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
"Und ich muss einfach nur den Unterricht aufhalten?", hakte ich nach und Jinho nickte.
"Und du darfst dich nicht erwischen lassen.", warf Nari mit erhobenem Zeigefinger ein. "Das ist wichtig. Es macht ja keinen Sinn, dass du für all deine Mühe auch noch eine Strafarbeit aufgebrummt bekommst."
"Und das ist wirklich leichter gesagt als getan. Die Frau ist wirklich unfassbar beherrscht. Bis jetzt hat es nur einer geschafft sie wirklich auf die Palme zu bringen ohne erwischt zu werden." ich zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe.
"Ach ja, und wer war das?" Nari nickte zu Yoongi. "Yoongi hat es geschafft.", sagte sie und mir fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Der bewegungsunfähige Junge hatte es tatsächlich geschafft seine Lehrerin auf die Palme zu bringen? Das konnte ich mir nun wirklich nicht vorstellen. Beim besten Willen nicht. Er grinste schwach. "Das war es allemal wert.", sagte er und ich fragte mich unwillkürlich, was wohl der Wettgewinn gewesen war. Bevor ich auch nur eine weitere Frage stellen konnte, klingelte es auch schon. Wir packten unsere Sachen zusammen und traten in das altbekannte Klassenzimmer.
Eine kleine alte Frau stand schon an dem Pult und nickte uns zu. Vergleiche zu der Mona Lisa waren auf jeden Fall angebracht. Nicht nur wegen ihrem Haarschnitt, mit dem sie wirklich so aussah wie das berühmte Gemälde von Leonardo da Vinci. So regungslos hatte ich bisher nur Yoongi erlebt. Sie sah so aus, als hätte man ihre Mundwinkel in ihrer Position festgetackert. Sie reagierte nicht einmal, als ich mich vor ihr verbeugte und mich als neue Schülerin zu erkennen gab. Sie nickte nur und wies mich darauf hin, dass ich mich neben Nari setzen konnte. Der Platz war quasi schon für mich reserviert. Nari war allerdings auch die einzige, die ich hier von den Mädchen kannte. Bis auf die üblichen, sich für etwas besseres haltenden Mädchen in zu kurzen Schuluniformen, die sich in der hinteren Ecke des Raumes aufhielten, gab es außer Nari und mir nur noch Jungs. Yoongi, Johae und Jinho hatten sich nebeneinander in die letzte Reihe gesetzt. Die Mädchen atmeten allesamt hörbar auf, als sie die Stühle rückten. In der nächsten Sekunde fingen sie auch schon an zu kichern. Ich seufzte. Das waren also die typischen High School Schülerinnen, die alles dafür taten, dass ihr Schwarm sie auch nur einmal ansah. Armselig. Ich schüttelte den Kopf und wendete mich wieder nach vorne.
Wenn ich mir Mrs. Hanja jetzt genauer ansah, konnte ich den Beginn der Stunde schon gar nicht mehr erwarten. Ich war fest entschlossen, Yoongis Rekord zu brechen. Und ich wusste auch schon genau wie, wenn ich mir das Klassenzimmer genauer ansah.
Die Schulglocke ertönte noch ein zweites Mal und alle Schüler fanden sich auf ihren Plätzen ein. Dann war meine Chance endlich gekommen. Mrs. Hanja warf einen Blick auf die Tafel und seufzte. Mit versteinerter Miene blickte sie in die Schülerschar. "Wäre bitte jemand so freundlich und putzt die Tafel?", fragte sie und ich sprang keine Sekunde später auf. Ein Junge in der ersten Reihe war ebenfalls aufgestanden und schaute mich nun verwirrt an, als ich mit schnellen Schritten an ihm vorbeilief. Ein Lachen ging durch das Zimmer. Nari sah mich fragend an und ich zwinkerte ihr kurz zu. Mrs. Hanja sah mich ausdruckslos an.
"Du bist die neue Schülerin, Yu Mihee, richtig?", fragte sie und ich nickte. "Ja, das bin ich." Sie nickte. "Gut, dann bitte.", sagte sie und zeigte auf die Tafel. "Wir haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit.", sagte sie und ich fing bereits an zu grinsen. Wenn ich fertig war, würden wir bestimmt den ganzen Tag brauchen, das war sicher.
Ich schnappte mir den Schwamm und ging hinüber zum Waschbecken. Hinter mir begann Mrs. Hanja bereits mit dem Unterricht. Koreanisch. Anscheinend ging es um irgendein Buch, was die Schüler gerade lesen mussten. Ich warf einen Blick hinter mich und merkte mit Freude, dass Mrs. Hanja voll und ganz auf ihren Unterricht fokusiert war. Sie verschwendete keinen Blick an mich. Ich drehte den Wasserhahn auf und griff blitzschnell nach dem Putzmittel. Ich verteilte ein wenig davon auf dem Schwamm ließ es einwirken. Dann machte ich mich siegessicher auf den Weg zurück zur Tafel. Ich ging bestimmt zweimal über die gesamte Tafel. Damit ich vollkommen sicher sein konnte. Dann setzte ich mich wieder auf meinen Platz in der dritten Reihe.
Nari runzelte die Stirn über mein Verhalten. Es war klar, welche Frage ihr auf der Zunge brannte, aber ich schwieg. Meine Augen richteten sich nach vorne. Hoffentlich würde es funktionieren.
Es dauerte noch eine geschlagene halbe Stunde. Eine halbe Stunde in der ich darum bangte, dass mein Plan aufgehen würde und in der ich hoffte, dass Mrs. Hanja doch noch zu der Kreide greifen würde. Nach einer halben Stunde war es endlich so weit. Sie griff nach der Kreide und setzte das Ende an der Tafel an. Ich richtete mich erwartungsvoll auf und im nächsten Moment hätte ich am liebsten laut gejubelt. "Was zum-?" Mrs. Hanja blickte verwirrt auf die Kreide in ihren Händen und wieder auf die vollkommen unbeschriebene Tafel. Sie versuchte es noch ein weiteres Mal, aber es half nichts. Die Kreide schrieb nicht. Die Frau drehte sich um. "Was habt ihr mit der Kreide gemacht?", fragte sie mit erhobener Stimme in den Klassenraum. Ich kniff die Lippen zusammen. Neben mir hörte ich Nari leise kichern. Sie hatte es verstanden.
Mrs. Hanja verschränkte die Arme vor der Brust. "Wer von euch war das?" Ihre Augen schienen jeden einzelnen Schüler genaustens zu observieren. Bei mir schienen sie noch nicht einmal eine Sekunde lang zu verweilen. Ein Glück erwartete man einen Streich nicht von einer neuen Schülerin. Misstrauisch glitt ihr Blick weiter und blieb an einem Jungen in der ersten Reihe hängen. Ich hielt die Luft an. Hoffentlich machte sie jetzt keinen anderen Schüler dafür verantwortlich. Das hätte ich nun auch wieder nicht gewollt. Aber sie nickte nur kurz.
"Geh ins Sekretariat und hol neue Kreide." Der Junge seufzte leise und machte sich ziemlich langsam auf den Weg. In der Zeit, die der Junge brauchte, konnten wir nicht weiter arbeiten, also saßen wir nur auf unseren Plätzen und beobachteten die verwirrte Mrs. Hanja, die ab und zu zu der Kreide griff und noch einen Versuch startete, vergeblich. Nari und ich warfen uns wissende Blicke zu. Die erste Stunde war nun vorbei. Jetzt mussten wir nur noch die zweite Stunde hinter uns bringen. Nach 15 Minuten kam der Junge mit neuer Kreide in den Raum. Ich war mir sicher, dass er sich extra viel Zeit gelassen hatte, um Zeit vom Unterricht zu vertrödeln. Und seien wir mal ehrlich, wer hätte das nicht getan? Der Unterricht der Frau war wirklich zum Sterben langweilig.
Mrs. Hanja griff triumphierend nach der neuen Kreide. Sie warf uns einen überlegenen Blick zu und ich presste die Lippen einmal mehr zusammen. Ihr Lachen fiel in sich zusammen. Die Kreide glitt über die Tafel, aber wie erwartet schrieb sie auch dieses Mal nicht. Ein leises Lachen ging durch den Raum, welches allerdings sofort erstickte, als Mrs. Hanjas Argusaugen über uns Schüler glitt. Sie blieb wieder an dem Jungen hängen, der die Kreide geholt hatte.
"Hyungmin, hast du etwas damit zu tun?" Hyungmin hob beschwichtigend die Hände. "Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen.", sagte er unschuldig und es stimmte ja auch. Er hatte nichts damit zu tun. Es war einzig und allein das Putzmittel, welches verhinderte, dass die Kreide an der Tafel schrieb.
"Wenn ich den erwische, der dafür verantwortlich ist." Unsere Lehrerin hob die Kreide in die Höhe und schaute uns drohend an. "Ich werde neue Kreide holen.", sagte sie bestimmt. Anscheinend hoffte sie, dass sie heute noch ihren Unterricht durchbringen würde. Ha! Not today! "Benehmt euch solange ich weg bin.", mahnte sie uns.
Kaum war sie durch die Tür in den Gang getreten, brach das Gelächter aus. Hyungmin schaute sich verwirrt um. "Wer war das? Wer hat das gemacht?", fragte er und über das Lachen hinweg wurden die Spekulationen, wer diesen Streich gespielt hatte lauter. Nari sah mich grinsend an. "Mihee hat es geschafft.", sagte sie laut und kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, lagen die Blicke interessiert auf mir. "Wie hast du das geschafft?" "Das ist echt super!" "Wie geht das?" Tausende Schüler bombardierten mich mit ihren Fragen und mein Grinsen wuchs immer weiter. Ich erklärte ihnen den Trick mit dem Putzmittel und sie sahen gleichermaßen verblüfft aus.
"Warum bin ich nicht auf diese Idee gekommen?" Johae schlug sich gegen die Stirn und ich kicherte. Mein Ansehen in der Klasse war von einer Sekunde auf die nächste gestiegen. Jeder wollte wissen, wie ich heiße und warum ich jetzt hier war und alle gratulierten mir zu dem gelungenem Streich. Mrs. Hanja war nun schon eine Viertelstunde verschwunden. Die Stunde würde nur noch zwanzig Minuten andauern.
Kaum hatte ich daran gedacht, trat auch schon wieder unsere Lehrerin in den Raum und alle Schüler huschten zurück zu ihren Plätzen. Sie hielt eine neue Packung Kreide in der Hand. "Jetzt haben wir aber genug Zeit für heute vertrödelt.", sagte sie bestimmt. Sie drehte sich zur Tafel um und kaum eine Sekunde später hörten wir sie wieder seufzen. Dieses Mal musste ich mich wirklich beherrschen nicht auszubrechen. Es war einfach zu komisch und dazu noch bemerkenswert, wie lange die Frau ausgehalten hatte. Kraftlos ließ sie ihre Arme sinken.
"Es hat keinen Zweck. Für heute sind sie entlassen.", sagte sie und mein Mund sprang auf. Dann wurde das Jubeln lauter. Ich hatte es nicht nur geschafft, dass mehr als die Hälfte des Unterrichts ausfiel, jetzt wurden wir auch noch zwanzig Minuten vor Schulende entlassen. Mein Tag hätte nicht mehr besser werden können. Mit einem dicken Grinsen auf dem Gesicht gingen wir schnell an unserer verwirrten und säuerlich dreinschauenden Lehrerin vorbei nach draußen.
Nari klopfte mir auf die Schulter. "Du bist mein Idol, Mihee. Das war einfach klasse.", sagte sie. "Das haben meine Freunde und ich an meiner alten Schule so oft gemacht. Das hat uns so manch eine langweilige Stunde erspart.", erzählte ich und ich konnte in ihren Blicken sehen, wie sie sich bereits ausmalten, in welchen Stunden sie diesen Trick noch anwenden konnten.
"Jetzt komme ich sogar noch früh genug zum Training. ", freute sie Johae und auf meinen fragenden Blick erklärte er, dass er Fußball spielte. Ich nickte und warf einen Blick auf meine Uhr. Es dauerte noch mindestens eine halbe Stunde bis meine Mom mich abholen würde. Wahrscheinlich auch noch in Begleitung von Minseok. Ich seufzte. "Ich muss noch warten. Meine Mutter holt mich ab.", sagte ich und meine neuen Freunde nickten. Jinho, Johae und Nari winkten mir zu und verschwanden dann. Ich erschreckte mich fast zu Tode, als sich neben mir plötzlich jemand räusperte. Yoongi hatte sich neben mich gestellt.
"Ich warte mit dir."
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