55. Kapitel
Es war eigentlich ein ganz normaler Tag. Ein Mittwoch. Die Wolken hingen tief am Himmel und es sah so aus, als würde es bald anfangen zu regnen. Das hofften viele, denn wochenlang schon blieb der Regen aus. Diese Dürreperiode machte sich so langsam auch in der Natur bemerkbar. Die Blüten der Blumen und die Äste der Bäume hingen jeden Tag mehr nach unten oder waren bereits vertrocknet. Der Anblick und das Wetter dazu glich eher dem Herbst, nicht den blühenden und strahlenden Anfängen des Sommers. Ich seufzte.
Niemals, nicht in einhundert Jahren, hätte ich gedacht, dass ich ihn heute wie aus heiterem Himmel wiedersehen würde. Den Jungen, den ich so lange versucht hatte aus meinen Gedanken zu verbannen. Das war leichter gesagt als getan, immerhin hingen in der ganzen Stadt Poster von ihm. Von ihm und den anderen Bandmitgliedern. BTS. Min Yoongi. Wenn ich heute an unsere gemeinsame Schulzeit zurück dachte war es weit entfernt. Es war ein anderes Leben. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass er mich wiedererkennen würde. Oder dass er gerade in dieses Café gehen würde.
Ich betrat meine Arbeitsstelle früh am morgen. Wie jeden Mittwoch, an dem ich Frühschicht hatte. Mittwoch war der einzige vorlesungsfreie Tag in meiner Woche. An den restlichen Tagen konnte ich immer erst nachmittags arbeiten. Das Studium und seine Finanzierung war eine meiner größten Sorgen. Dazu kam noch die Miete und Einkäufe für das normale Leben in Seoul für was ich selten Zeit hatte, da ich die meiste Zeit an Projekten arbeitete und Vorträge vorbereiten musste. Der Job im Café kam mir wirklich gelegen. Es war meistens nicht zu anstrengend und ich bekam einen anständigen Lohn. Außerdem war meine Chefin freundlich, was laut meinen Kommilitonen auch nicht immer der Fall war und ich konnte die freie Zeit, wenn keine Kunden da waren, mit meiner besten Freundin Sana vertrödeln, die ebenfalls in dem Café arbeitete. Mehr konnte ich mir gar nicht wünschen.
Außer... eine kleine Pause hätte mir wahrscheinlich gut getan. Ich tat nichts anderes als arbeiten. Arbeiten und lernen. Ich arbeite so viel an meinen Entwurfsprojekten, dass ich froh war, wenn ich in der Nacht nur vier Stunden Schlaf bekommen konnte. Wenn ich einmal eine freie Minute erhaschen sollte, hatte irgendjemand wieder eine neue Aufgabe für mich, die umgehend erledigt werden musste. Eine Pause von alldem wäre eine willkommene Abwechslung.
An diesem Tag jedoch waren wir nur zu zweit hinter dem Tresen. Unsere Arbeitskollegen hatten frei und ein Kollege war krank geworden und hatte kurzfristig abgesagt. Meine Zusage, den ganzen Vormittag und die Mittagsstunden zusätzlich zu übernehmen, bevor meine sowieso schon gestresste Chefin das Kommando wieder übernahm, sollte ich noch einmal schwer bereuen.
Der Ansturm im Café an diesem Morgen war kaum auszuhalten. Er war zwar auch verbunden mit ordentlich Trinkgeld, aber auf das hätte ich in dieser Situation gerne verzichtet. Mir kam es so vor, als würde sich ganz Seoul an diesem Tag in den kleinen Raum quetschen wollen. Den Grund dafür kannte ich nicht bis sich zwei Mädchen lauthals kichernd darüber unterhielten.
"BTS müsste gleich mit dem Fotoshooting anfangen.", sagte ein Mädchen aufgeregt. Ich seufzte. Nicht einmal in meiner Arbeitszeit kam ich von den Jungs los. Manchmal wurde das ganze Gerede über sie einfach zu viel. Nicht auszudenken, was die Mädchen tun würden, wenn ich ihnen jetzt sagen würde, dass ich Yoongi kannte, beziehungsweise, dass ich früher mit ihm in einer Klasse und sogar mit ihm befreundet war. Wahrscheinlich würden sie mir gar nicht erst glauben und mich als einen dieser verrückten Fans abstempeln.
Eigentlich müsste ich mich freuen. Ich sollte mich freuen, dass Yoongi es so weit geschafft hat. Ich wusste, dass es immer sein Traum gewesen war von seiner Musik leben zu können. Das hatte er augenscheinlich jetzt erreicht. Er konnte sich vor weiblichen Fans gar nicht mehr halten. Ich schüttelte den Kopf über mich selbst und meine Gedankengänge. Die meisten Fans waren nach einer guten Stunde schon wieder weg. Wahrscheinlich belagerten sie in diesem Moment das Fotostudio in dem BTS abgelichtet wurde. Es war wirklich erstaunlich. In unserer Schulzeit hatte sich so gut wie niemand für Yoongis Musik interessiert, und jetzt? Er hatte es wirklich weit gebracht. Und er hatte es sich mehr als verdient. Es schmerzte mich manchmal noch ein wenig, dass wir den Kontakt zueinander verloren hatten. Aber es wäre wohl nicht anders gegangen.
Der anfängliche Ansturm lichtete sich erst wieder gegen Mittag. Um diese Zeit sah es in dem Café so aus wie an jedem anderen Tag auch. Ein paar Stammgäste tummelten sich auf ihren Stammplätzen und ließen sich nicht weiter von dem stürmischen Wetter vor dem Fenster beeinflussen. Ein paar Passanten, die das Café durch Zufall entdeckten und sich so zeitweise vor dem schneidenden Wind schützen konnten, holten sich ihren Kaffee und gingen wieder hinaus. Einfach und ohne viel Aufsehen zu erregen.
Das war bei der nächsten Gruppe, die in das Café flüchtete ein wenig anders. Es war weniger eine Gruppe, als eine ganze Armee. Eine laute noch dazu. Es waren bestimmt an die zwanzig Leute, die sich gleichzeitig durch die Tür quetschten und die Kapazitäten des Cafés ganz schön auslasteten. Der Lautstärkepegel wuchs von 0 auf 100 binnen weniger Sekunden. Im Bruchteil eines Augenblicks war ich auch schon dabei die Bestellungen aufzunehmen und vorzubereiten. Es war ein einziges Chaos. Und das auch noch so kurz vor meinem Dienstschluss.
Die meisten aus der Gruppe bestellten lediglich ein einziges Getränk oder einen Snack. Der letzte Kunde hatte es allerdings nicht so eilig. Er wollte lieber gleich eine Großbestellung aufgeben. Sana kam mir schnell zu Hilfe, da ich noch mit der vorigen Bestellung beschäftigt war.
"Ein Kaffee schwarz, ein Kaffee mit Milch, eine heiße Schokolade, ein Cappucino..."
Ich stand mit dem Rücken zum Tresen, als die Bestellung kam und meine Nackenhaare stellten sich allein beim Klang seiner Stimme auf. Ich hätte diese Stimme unter hunderten wiedererkannt. Ich musste mir eingestehen, dass ich seine Stimme vermisst hatte, auch wenn ich sie fast täglich im Radio hörte. Ihn jetzt live zu hören war etwas anderes. Ich hätte mir gewünscht, dass sich mein Herz nach so vielen Jahren wieder beruhigt hätte, aber das war nicht der Fall. Mein Herz schlug noch genauso schnell wie vor zehn verdammten Jahren.
Ein kleines trauriges Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich mich umdrehte. Sana hatte die Bestellung aufgenommen, während ich dem Kunden seinen Kaffee aushändigte und ein paar saubere Tassen wieder in den Schrank einsortiert hatte. Ich konnte meine Neugier aber nicht unter Kontrolle bringen. Ich musste ihn einfach vor mir sehen. Ich ging nicht davon aus, dass er mich wiedererkannte, geschweige denn, dass er sich überhaupt an mich erinnern konnte. Ich war bloß neugierig.
"Sana macht alles für euch fertig.", sagte ich und ich sah die Verwunderung in seinen Augen aufblitzen als ich sprach. Obwohl so viel Zeit vergangen war hatte er sich in meinen Augen kaum verändert. Er war immer noch Yoongi. Seine Haare standen im wuschelig vom Kopf ab, und seine Augen waren immer noch von demselben wunderschönen braun, an das ich mich so oft zurück erinnerte. Sein Blick glitt über mein Gesicht und seine Augen weiteten sich. Mit einer Bewegung hatte er den Mundschutz von seinem Gesicht gezogen und starrte mich einige Sekunden lang sprachlos an. Ich wartete gespannt auf eine Reaktion.
"Mihee?", fragte er verblüfft und sein Mund klappte auf.
Am liebsten hätte ich erleichtert aufgeseufzt. Er erkannte mich also doch noch. Er hatte mich nicht vergessen.
"Hallo Yoongi.", sagte ich und grinste breit.
Yoongi sah immer noch so aus, als würde er nicht glauben, was gerade geschah. Doch dann passierte etwas, womit ich wirklich nicht gerechnet hatte. Es dauerte keine Sekunde, da war er um den Tresen getreten und hatte mich in seine Arme geschlossen. Ich war so überrascht, dass ich seine Umarmung nur zögerlich erwiderte. Ich konnte die vewirrten Gesichter seiner Freunde aus den Augenwinkeln beobachten und wurde sogar etwas rot im Gesicht.
"Yoongi?" Er hatte mich immer noch nicht losgelassen. Seinen Kopf hatte er in meiner Halsbeuge vergraben. Er seufzte.
"Es ist wirklich lange her.", sagte er und löste sich langsam von mir. Ein breites Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Ein seltenes, aber aufrichtiges Lächeln, auch wenn er müde wirkte. Seine Augen strahlten dafür nur so vor Lebhaftigkeit.
"Alles in Ordnung?"
Ein großgewachsener Junge, oder besser Mann, lehnte sich neugierig nach vorne auf den Tresen. Tatsächlich beobachtete mich eine ganze Reihe von Menschen, die hinter ihm stand neugierig. Den Jungen vor mir erkannte ich. Es war Kim Taehyung. Yoongis Grinsen wurde breiter.
"Das ist Mihee. Wir waren früher zusammen in der Schule. Ich hab sie bestimmt sieben Jahre nicht mehr gesehen.", sagte er.
"Zehn Jahre.", warf ich ein.
"Es waren zehn Jahre." Das Grinsen wurde breiter.
"Ich war noch nie gut in Mathe."
Auf Taehyungs Gesicht trat ein neugieriger Ausdruck.
"Du warst mit Yoongi-Hyung befreundet?" Ich nickte.
"Aber das ist schon lange her.", sagte ich und warf einen schnellen Blick auf den Jungen. Mich wunderte es, dass er mich so schnell wiedererkannt hatte. Zehn Jahre waren eine lange Zeit. Menschen ändern sich. Er grinste von einem Ohr zum anderen. Diese Art Lächeln, die mich schon von Anfang an fasziniert hatte und die die Macht hatten jeden im Raum damit anzustecken.
"Es ist toll dich wiederzusehen, Mihee."
"Hey, hey, hey, was geht hier vor?" Das erste was mir einfiel, als der Junge nach vorne trat war: Wow. Er hatte tatsächlich sehr breite Schultern. Und ein verdammt hübsches Gesicht obendrauf. Ich blinzelte ein paar Mal verblüfft, was er nicht sah, da sein Blick auf Yoongi geheftet war.
Yoongi grinste immer noch.
"Das ist Mihee. Sie ist eine alte Schulfreundin.", erklärte er und der Ältere sah gleich erleichtert aus.
"Oh my my my. Ich dachte sie wäre ein Fan.", sagte er dann lachend und verbeugte sich kurz.
"Ich bin Seokjin, aber nenn mich ruhig Jin.", stellte er sich vor, was ziemlich überflüssig war, da ich all ihre Namen kannte.
Ich lächelte ihn an.
"Ich bin Mihee. Freut mich dich kennenzulernen." Ich warf einen Blick auf die Jungs hinter ihm. "Also euch alle.", ergänzte ich schnell.
Dann ging bereits das Gerangel los und einer nach dem anderen trat nach vorne, verbeugte sich und lächelte fröhlich.
"Ich bin Jungkook."
"Ich bin Jimin."
"Ich bin Taehyung, oder Tae, oder V, was du magst. Ich komme auch aus Daegu, aber wir sind uns nie über den Weg gelaufen, glaub ich.", sagte Taehyung oder Tae oder V oder was ich eben mochte.
"Ich war auf einer Schule im Norden der Stadt,", fuhr er fort und ich nickte.
"Wir waren genau am anderen Ende. Unsere Schule war eher im Süden."
Er nickte verstehend.
"Das habe ich mir schon gedacht. Sonst hätte man sich sicher mal getroffen."
Die Welt war klein.
"Hey Mihee, freut mich dich kennenzulernen. You're my hope, I'm your hope, I'm J-hope. Oder Hoseok, oder Hobi, was du magst.", imitierte er Taehyung, der ihn daraufhin leicht säuerlich anfunkelte.
"Machst du dich lustig?" Hoseok schüttelte schnell den Kopf.
"Nein...nope, nope."
Der letzte Junge, der sich vorstellen wollte, trat nach vorne.
Er überragte mich bestimmt um zwei Köpfe und ich musste sogar ein wenig den Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen zu schauen.
"Ich bin Namjoon. Ich freue mich dich kennenzulernen.", sagte er freundlich.
Ich lächelte sie alle an und verbeugte mich leicht.
"Freut mich euch kennenzulernen.", sagte ich erneut. Yoongi stand immer noch neben mir.
Sein Blick glitt neugierig zu mir und er zwinkerte.
"Er hat schon oft von dir erzählt.", sagte Hoseok in diesem Moment und ich zog meine Augenbrauen in die Höhe.
"Ach, hat er das?", fragte ich nun genauso neugierig und meine Augen lagen auf dem Jungen neben mir. Er lächelte schwach und auf seine Wangen trat ein Hauch von Rosa.
"Ich hab nur die Wahrheit gesagt.", sagte er und ich zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Und die da wäre?", hakte ich nach und Yoongi kratzte sich am Nacken, unschlüssig, ob er nun weitersprechen sollte, oder ob er es doch lieber sein ließ.
"Naja..."
"Er gibt immer damit an, dass er schon vor unserem Debüt einen Nummer-Eins-Fan hatte.", sagte Hoseok und diesmal war ich es, deren Mund aufklappte.
"Und mit sowas gibst du an?", fragte ich fassungslos. Ich lachte, als Yoongi etwas verlegen wurde, während er unsicher grinste. Ich schlug ihm auf den Oberarm.
"Du hattest wirklich etwas für mich übrig. Hast du selbst gesagt.", sagte er leise und hinter ihm folgte ein lautes "Uhh" als Antwort. Ich verdrehte lächelnd die Augen. Solche Worte brachten mich schon lange nicht mehr aus der Fassung wie es noch vor zehn Jahren der Fall gewesen wäre. Oder ich konnte es mittlerweile einfach besser verstecken. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer.
"Wie du bereits sagtest: Ich hatte etwas für dich übrig. Vergangenheitsform.", entgegnete ich woraufhin seine Freunde lachten. Yoongi lächelte ebenfalls.
"Heißt das, ich bin etwa nicht dein Bias?", fragte er und bei der Frage rückten tatsächlich alle Bandmitglieder neugierig näher.
Ich grinste.
"Nein, tut mir leid.", sagte ich und ich meinte zu sehen, dass seine Schultern enttäuscht nach unten sanken. Dann grinste er spitzbübisch.
"Ich glaub dir nicht.", sagte er. Ich lachte.
"Wie auch immer. Wenn du solche Geschichten erzählst, dann ist es nur fair, wenn ich auch etwas über dich erzähle.", sagte ich dann herausfordernd und bei meine Worten wurden seine Augen groß. Seine Freunde allerdings waren euphorisch.
"Geschichten über Yoongi-Hyungs Schulzeit!" Taehyung hüpfte erfreut und ich kicherte.
"Er erzählt immer nur von anderen und nie über sich selbst.", trug auch Jungkook bei.
Bevor ich allerdings auch nur ansetzen konnte, hatte sich schon eine Hand auf meinen Mund gelegt und Yoongi sah mich bestimmt an.
"Keine Geschichten oder ich pack noch mehr aus."
Ich lachte. Unsere Schulzeit war so lange her, dass es mich eigentlich nicht zu kümmern brauchte, was seine Freunde dachten, oder was sie aus meiner Schulzeit erfuhren. Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, was für Geschichten Yoongi überhaupt erzählen wollte.
"Okay, fahr ruhig fort.", sagte ich. Yoongi zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Auch über dein Alkoholverhängnis?", fragte er leise, sodass nur ich ihn hörte und ich erstarrte.
Das Alkoholverhängnis bezog sich auf meine erste Erfahrung mit Alkohol, damals war ich noch in Deutschland gewesen. Allein die Erinnerung war ekelhaft und über alle Maßen peinlich. Ich bereute es ihm erzählt zu haben. Und ich wunderte mich, dass er es überhaupt noch wusste.
Ich schnappte nach Luft.
"Das wagst du nicht.", brachte ich gedämpft hervor, immerhin lag Yoongis Hand immer noch auf meinem Mund. Yoongi grinste boshaft.
"Watch me. Und wie ich das wage. Es sei denn... keine Geschichten über unsere Schulzeit.", forderte er und ich seufzte. Ich gab ihm zu verstehen, dass ich einverstanden war und er ließ seine Hand wieder sinken. Seine Freunde seufzten enttäuscht als ich ergeben mit den Schultern zuckte.
"Mir sind die Hände gebunden.", sagte ich und einer von den Männern, es war Jimin, fing an zu schmollen.
"Ich hatte mich schon so gefreut.", sagte er und ich lachte. Er sah einfach zu liebenswürdig aus.
Yoongi schnaubte. "Mal sehen, was du von so etwas hältst, wenn wir erst einmal Suji über dich ausfragen.", sagte er und Jimins Blick gefror.
"Das- das machst du nicht! ... Yoongi-Hyung..." Jimin schaute ihn aus großen Augen an und ich konnte nicht verstehen, wie Yoongi diesem Blick so lange standhalten konnte. Hätte ich die Macht dazu, würde ich diesem Jungen ohne zu zögern die Welt schenken. Aber ich war so gut wie pleite. Aus dem Plan wurde also nichts.
"Ich könnte... aber ich bin nett.", sagte Yoongi. Bei dem letzten Satz lachte ich und heimste mir dafür einen strafenden Blick ein.
Ich hob abwehrend die Hände.
"Ich bin schon ruhig.", gab ich nach. Yoongi trat wieder vor den Tresen. Seine Augen sahen nun wacher aus, als noch vor wenigen Augenblicken. Er sah sich interessiert in dem Café um.
"Hier arbeitest du also?", fragte er und ich nickte.
"Nur ein Teilzeitjob. Ich studiere und verdiene so nebenbei etwas Geld."
Yoongi zog eine Augenbraue in die Höhe.
"Was studierst du?"
"Ich studiere Architektur an der EWHA.", sagte ich und Namjoon pfiff anerkennend.
"Die haben ein sehr schwieriges Aufnahmeprogramm. Es ist schwer reinzukommen.", merkte er an und Yoongi neckte ihn.
"Für dich ganz sicher.", sagte er und ich grinste. Bei der EWHA handelte es sich um eine Frauenuniversität. Yoongi wandte sich wieder zu mir.
"Also eine Uni nur für Frauen? Warum keine gemischte Uni?", fragte er und ich zuckte mit den Achseln.
"Die Uni hat einen guten Ruf und der Campus hat mir auch gefallen. Dort lebe ich auch, es ist sehr schön dort. Außerdem gibt es viele Austauschstudenten, besonders aus Deutschland. So habe ich immer noch Kontakt zu meinen Wurzeln." Ich malte Anführungszeichen in die Luft und Yoongi grinste. Auch Jimin lächelte.
"Meine Freundin kommt auch aus Deutschland. Ich war letztes Jahr mit ihr dort.", sagte er und ich lächelte. Ich hatte seine Freundin Suji schon öfter auf Bildern mit den Jungs gesehen. Damals hatte ich den Dating Skandal um BTS live mitverfolgt. Die Pressekonferenz und die Gerüchte darum, dass Jimin eine feste Freundin hatte waren wochenlang das Top-Thema gewesen. Erst als alles geklärt war, wurde bekannt gegeben, dass Jimin eine Beziehung führte und sie schienen glücklich zu sein. Sie stand nicht besonders im Rampenlicht, aber ab und zu gelangten doch Fotos an die Öffentlichkeit. Das Mädchen schien ein besonders fröhlicher Mensch zu sein.
"Vielleicht treff ich sie ja mal. Dann können wir uns über Deutschland austauschen.", sagte ich und Jimin war sofort Feuer und Flamme. Er wollte mir auch schon ihre Telefonnummer geben, als ihm etwas einfiel.
"Sie wollte uns gleich treffen. Komm doch einfach mit und ich stell dich vor.", schlug er vor und ich war etwas überrumpelt. Ich kannte ihn nicht einmal richtig und trotzdem war er so nett zu mir. Das das Verhalten der Idols, wie es in den Medien angepriesen wurde, tatsächlich ihrem wahren Charakter entsprach, hatte ich bis dahin mit einer Handbewegung abgetan. Ich verstand warum die Jungs so berühmt waren. Nämlich weil das anscheinend wirklich der Fall war. Ich konnte meine Verwunderung jedenfalls nicht verstecken. Yoongi lächelte.
"Du musst nicht mit, wenn du nicht willst. Aber es wäre sicher toll über die vergangenen Jahre zu reden.", sagte er und ich warf einen Blick auf Sana, die die letzten Becher in eine Halterung steckte und mir herüberschob. Ich reichte die Bestellung an Yoongi weiter.
"Danke für die Einladung, aber ich fürchte, dass mein Dienst noch nicht zuende ist.", sagte ich und die Jungs nickten verständnisvoll. Bis Sana einschritt. Die hatte die Unterhaltung natürlich schamlos mit angehört. Sie legte einen Arm um meine Schultern und grinste die Jungs schelmisch an.
"Macht euch keine Sorgen, Jungs. Mihee hat Zeit und würde euch gerne begleiten.", sagte sie und ich schaute sie verdutzt an.
"Aber ich-", wollte ich schon protestieren, aber Sana schnitt mir einfach das Wort ab.
"Sh, Sh, Sh. Ich mach das alles. Du würdest mir sonst Jahre damit in den Ohren liegen", sagte sie gedämpft und Yoongi grinste. Er hatte sie auch gehört.
"Na dann kannst du ja direkt mitkommen.", sagte er und ehe ich mich versah, stand ich schon in meinen Alltagsklamotten vor dem Tresen und lächelte der Gruppe schüchtern entgegen.
"Also dann." Das Wiedersehen mit Yoongi war plötzlich Wirklichkeit geworden.
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