14. Kapitel
Nachdem auch noch ein paar weitere Mitschüler gefunden wurden, die unbedingt mitspielen wollten, fiel die Wahl schließlich auf den Klassiker schlechthin, obwohl ich es selbst noch nie gespielt hatte. Wahrheit oder Pflicht. Wir setzten uns alle in einen Kreis auf den Boden. Ein blondes Mädchen, welches mir ein wenig arrogant vorkam, hatte sich selbst dazu auserkoren den Anfang zu machen und nahm die leere Flasche, eine blaue Glasflasche, in der vor nicht allzu langer Zeit bestimmt Alkohol gewesen war, besitzergreifend in die Hände. Sie drehte die Flasche und nach ein paar Umdrehungen kam sie schließlich langsam bei Nari zum Stehen.
Nari musste nicht einmal lange nachdenken. Sie wählte Wahrheit. "Gibt es jemanden hier in den du verliebt bist?", fragte das Mädchen wie aus der Pistole geschossen, als hätte sie nur auf diese Möglichkeit gewartet meine Freundin das zu fragen. Nari nickte und nahm einen Schluck von ihrem Getränk.
"Ja, gibt es.", sagte sie. Alle warteten darauf, dass sie weiter sprach, aber sie blieb ruhig. Das Mädchen sah sie fordernd an.
"Und wer ist es?", fragte sie und Nari lachte nur.
"Das war nicht die Frage.", sagte sie und die Blondine sank enttäuscht und mit angesäuerter Grimasse wieder zurück auf ihren Platz. Mein Blick schweifte durch die Runde und über die tanzende Menge hinweg. In wen von ihnen allen war Nari wohl verliebt? Mein Blick blieb an der kleinen Gruppe hängen, die mich von Tag eins an bei sich aufgenommen hatten. Sie verstand sich wirklich sehr gut mir Johae. Konnte es vielleicht sein, dass sie und Johae...? Das musste ich demnächst unbedingt herausfinden. Oder vielleicht würde ich es sogar noch an diesem Abend erfahren. Das blonde Mädchen, dessen Namen ich leider immer noch nicht herausgefunden hatte, sah jedenfalls nicht so aus, als würde sie sich so leicht geschlagen geben.
Das Spiel ging noch einige Runden weiter, ohne dass ich an der Reihe war und in denen sich noch einige weitere leere Flaschen am Rande des Sitzkreises ansammelten. Die Stimmung wurde durch den allgemein steigenden Alkoholpegel immer ausgelassener und auch ich wurde mit der Zeit etwas lockerer, auch wenn ich nur Wasser trank.
Es war schließlich das blonde Mädchen, die die Flasche drehte, welche auf mir landete. Ich schnalzte mit der Zunge. Alle im Kreis sitzenden sahen mich erwartungsvoll an. Ich atmete tief ein.
"Ich nehme Pflicht.", sagte ich so selbstbewusst wie nur möglich. Ich wollte mir nicht anmerken lassen, dass ich dieses Spiel gerade zum ersten Mal spielte. Ein Raunen ging durch die kleine Gruppe.
"Die Neue ist mutig... oder sie tut nur so selbstbewusst.", sagte das blonde Mädchen gehässig und ich rollte mit den Augen. Nari ergriff für mich das Wort.
"Mach dir keine Sorgen um Mihee, Yebin. Stell ihr lieber eine Aufgabe.", sagte sie und nippte kurz an ihrem Getränk. Yebin zuckte mit den Schultern. Ich verschränkte auffordernd die Arme und streckte mein Kinn nach vorne. Sie sollte ruhig merken, dass mir ihr arrogantes Verhalten nichts ausmachte und dass ich mich ganz bestimmt nicht von ihr einschüchtern ließ.
Yebin strich eine Haarsträhne hinter die Ohren und grinste. Ihr Blick fiel auf etwas hinter mir, was ich allerdings nicht sehen konnte und ich ahnte nichts Gutes. Es war ein Fehler gewesen Pflicht zu nehmen. "Du wirst folgendes machen...", fing sie langsam an. Die Kunstpause bewirkte leider genau das, was sie sich mit aller größter Wahrscheinlichkeit wünschte: ich bekam Angst. Es war ein Fehler gewesen überhaupt mitzuspielen.
"Ich will das du eine der Bierflaschen ext. ", sagte sie und mein Mund klappte auf. Sie hatte genauso wie alle anderen mitbekommen, dass ich den ganzen Abend nur Wasser getrunken hatte. Meine Augen verengten sich.
"Ich trinke nicht.", sagte ich schlicht, aber Yebin zuckte mit den Schultern.
"Das ist aber deine Aufgabe. Tja, das tut mir jetzt wirklich leid." Ich schnaubte. Ich wusste zwar nicht, was ich ihr getan hatte, aber ich konnte das Mädchen von Sekunde zu Sekunde weniger leiden. Und sie mich offenbar ebenso wenig.
Nari schritt erneut für mich ein. "Du hast genau gesehen, dass Mihee keinen Alkohol trinkt. Such dir eine andere Aufgabe, Yebin.", verlangte sie von der Mitschülerin und Yebin schaute sie aus überlegenden Augen an. Auch die anderen Mitspieler fingen an gegen die Aufgabe zu protestieren.
"Das entspricht nicht den Regeln.", sagte sie hochnäsig und ich seufzte.
"Das hier ist kein Spiel, bei dem es um eine Million Euro geht, das ist Wahrheit oder Pflicht. Hier interessiert es niemanden, ob wir nach den Regeln spielen oder nicht."
Dass ich gegen sie die Stimme erhob, schien sie ganz offenkundig nicht zu erfreuen. Sie starrte mich aus bösartigen Augen an und ich starrte genauso starrköpfig zurück. Der Lärm der Partygäste und der Musik drang in den Hintergrund. Wir starrten uns in die Augen. Keiner von uns beiden war bereit nachzugeben. Ich hatte bis jetzt noch nie einen Tropfen Alkohol angerührt und ich hatte auch nicht vor jetzt damit anzufangen. Yebin bekam anscheinend immer das was sie wollte, sonst hätte sie schon längst nachgegeben. Das Blickduell hätte auch noch einige Minuten weiterlaufen können, aber Jinho machte dem ganzen ein Ende.
"Stellt euch doch nicht so an. Yebin such eine andere Aufgabe für Mihee, sonst sitzen wir hier noch den ganzen Abend." Er stubste mich von der Seite an. "So schnell hättest du bestimmt nicht aufgeben, hab ich recht?", flüsterte er mir grinsend zu und ich schüttelte den Kopf. "Ganz bestimmt nicht. "
Yebin schnaubte kritisierend, schien sich dann aber ihrem Schicksal zu fügen.
"Na schön, dann bekommt Mihee eben eine andere Aufgabe, aber dann gibt es kein Zurück mehr. Eine von den Aufgaben musst du machen.", sagte ich und ich nickte zustimmend. Solange dieses Mal kein Alkohol dabei war, sollte ich die Aufgabe leicht lösen können. Yebin sah nicht wie die hellste Kerze aus und dementsprechend weitreichend stufte ich auch ihre Fragen und Aufgaben ein.
Mit einem Gesichtsausdruck, der mich in der ersten Sekunde zum Schaudern brachte stellte sie mir die neue Aufgabe... und ich hätte am liebsten laut aufgelacht. Wenn es weiter nichts war. Ich hatte mit etwas Schlimmerem gerechnet. Yoongis Augen lagen aufmerksam auf mir. Er hatte die Aufgabe genauso gut gehört, wie alle anderen um uns herum und beobachtete meine Reaktion. Ein paar der um uns stehenden fing bereits an zu lachen. Wenn ich Nari Glauben schenken konnte, erinnerte sich am Morgen sowieso niemand der hier Anwesenden an das Geschehen, also Augen zu und durch.
Voller Tatendrang sprang ich auf meine Füße und bewegte mich zielstrebig nach draußen. Die kleine Gruppe folgte mir. Die eisige Nachtluft schlug mir wie eine Wand entgegen und ich schnappte erst einmal nach Luft. Eine Gänsehaut breitete sich fast augenblicklich auf meiner Haut aus. Ich hüpfte die letzten Stufen der Eingangstreppe hinunter und positionierte mich schnell am Straßenrand. Ich blickte nach links und nach rechts. Bis auf die Leute hinter mir, war niemand zu sehen. Yoongi hatte die Arme verschränkt und zog herausfordernd eine Augenbraue in die Höhe. Die Straße lag geradezu verlassen vor uns und ich wollte mich beeilen um schnell wieder in das warme geborgene Zuhause zu gelangen. Das machte es für mich umso einfacher. "MIN YOONGI, ICH LIEBE DICH!", schrie ich aus vollem Hals und die Menge grölte. Yoongi grinste von einem Ohr zum anderen und ich zwinkerte ihm kurz zu, als ich an ihm vorbei, wieder ins Warme trat.
Die zweite Aufgabe war quasi ein Eigentor gewesen. Yebin hatte sich als erste wieder hingesetzt und schob nun schmollend die Unterlippe hervor. Wenn sie versucht hatte, mich so lächerlich zu machen, musste sie sich etwas besseres einfallen lassen. Yoongi klopfte mir auf die Schulter.
"Ich habe es ja sofort gewusst.", stellte er klar und ich lachte. "Bild dir bloß nichts darauf ein.", sagte ich und zwinkerte ihm erneut zu. Yoongis Mundwinkel zog sich in einem schiefen Winkel nach oben und er grinste.
Die Spieler hatten sich alle wieder hingesetzt. Ich drehte die Flasche voller Elan bis sie bei einem Jungen stehen blieb. Er wählte Wahrheit und ich stellte ihm eine vergleichsweise harmlose Frage. Er beantwortete sie ohne zu Zögern und das Spiel ging so noch eine ganze Weile weiter. Die Flasche wurde gedreht, eine Frage oder eine Aufgabe wurde gestellt und ausgeführt, es wurde gelacht und noch mehr Flaschen wurden geleert und am Rand aufgestellt.
Als ich dachte, dass die Gruppe, in der wir hier zusammen auf dem Boden saßen sogar ganz nett war und mir nichts mehr die gute Laune vermiesen konnte, wurde ich erneut eines besseren belehrt.
"Sch wll das hee ksch.", verschluckte Johae die Worte in einem Atemzug und wir alle sahen ihn verständnislos an. Die Aufgabe galt Yoongi, der nach ein paar Sekunden Bedenkzeit Pflicht gewählt hatte.
"Was soll ich?" Er sah genauso verwirrt aus, wie der Rest von uns. Jinho schnappte sich unauffällig Johaes angetrunkene Bierflasche und stellte sie in sichere Entfernung. Johae hatte eindeutig schon zu viel getrunken. Das wurde mir erst in diesem Moment klar. Ich hatte ihn an diesem Abend nicht einmal ohne eine Flasche in der Hand gesehen. In meinem Magen breitete sich ein mulmiges Gefühl aus.
Er setzte erneut mit seiner Aufgabe für Yoongi an. "Isch sachte, isch wll, dass du Mihee küscht.", sagte er und dieses Mal verstand ich jedes Wort. Meine Augen wurden so groß wie Teller und mein Lachen fiel in sich zusammen.
"Du willst was?", fragte ich und meine Stimme lag dabei eine Oktave höher als normalerweise.
Er grinste nur seelig weiter vor sich hin.
"Du hast misch scho verstandn, Miheeee.", nuschelte er weiter.
Yoongi rollte mit den Augen während Nari erfreut und kichernd in die Hände klatschte. Auch bei ihr wurde der steigende Alkoholpegel langsam aber sicher bemerkbar. "Yoonchi, Yoonji, Yoonji," feuerte sie den Jungen leise nuschelnd an.
"Warum trifft es immer mich?", fragte er und Jinho zuckte mit den Schultern. Die gleiche Frage könnte ich mir selbst auch stellen. Ich biss mir währenddessen auf die Unterlippe und überlegte wie ich aus dieser Situation wieder herauskommen sollte. Würde man bemerken, wenn ich mich jetzt davon schleichen würde, solange Yoongi noch mit dem beschwippsten Johae diskutierte? Das könnte meine einzige Chance sein. Ich hockte mich langsam auf und trat einen kleinen Schritt nach hinten. Keinen Meter weiter stieß ich gegen eine Person.
"Kneifen gilt nicht.", flüsterte mir Soomin ins Ohr. Er war der einzige, der meinen lausigen Fluchtversuch mitbekommen hatte. Und er war der einzige, der so wie ich allem Anschein nach keinen Tropfen Alkohol getrunken hatte. Er schob mich bestimmt wieder nach vorne.
Ich verschränkte die Arme. Ich war sichtlich verärgert. Nicht nur hatte er meine Flucht verhindert, jetzt unterstellte er mir auch noch, dass ich kniff, was ich zwar auch vorhatte, aber es ging einfach ums Prinzip. Niemand durfte mir unterstellen, dass ich vor irgendetwas kniff.
"Ich habe nie gesagt, dass ich da mitmache. Außerdem ist die Pflichtaufgabe nicht für mich, sondern für Yoongi.", stellte ich klar.
Soomin lachte lautlos. "Das ist jetzt dein Problem.", sagte er und zeigte mit dem Finger auf das Geschehen hinter mir. Yoongi schaute mich emotionslos an. Er hatte diesen Ausdruck auf dem Gesicht, der ganz deutlich sagte, dass er diese Aufgabe genauso wenig machen wollte wie ich, sie aber genauso schnell hinter sich bringen wollte, damit der Rest endlich Ruhe gab.
"Also dann," sagte er "Wir werden sowieso nicht drum herum kommen." Ich seufzte. Er hatte wahrscheinlich recht.
Yoongi nahm mein Gesicht in seine Hände und zog mich langsam näher zu sich. Kurz bevor unsere Lippen sich treffen sollten, sah er mir noch einmal in die Augen. Ich schluckte schwer. Dann legte er seine samtweichen Lippen auf meine. Es war nur eine hauchzarte Berührung, aber sie reichte aus, um mein Herz urplötzlich zum Stillstand zu bringen. Ich bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper und es fühlte sich so an, als würde mein Körper abwechselnd heiß und kalt werden. Der Kuss dauerte nicht einmal zwei Sekunden. Yoongi entfernte sich so schnell von mir, wie er auf mich zugekommen war, aber mein Herz raste auch noch zehn Minuten später wie verrückt.
Hoffentlich hatte ich das alles morgen wieder vergessen. Und alle anderen um mich herum am besten auch.
Hey meine Lieben!
Es tut mir unglaublich leid, dass im Moment gar nichts kommt, ich habe viel Stress in der Uni und komme einfach nicht mehr zum Schreiben. Ich hoffe ihr versteht das! Wenn ihr sie noch nicht gelesen habt, guckt vielleicht bei meinen abgeschlossenen Geschichten vorbei (Bon voyage-cruise (BTS-Fan Fiction) und Meeresrauschen). Ich hoffe es geht euch gut und ihr hattet ein schönes Wochenende:)
Bis bald (hoffentlich)
Eure hope_ful
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